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Badem über die inneren Amtsfragen, erörterte das Vor gehen der Regierung im böhmischen Landtag, sprach von den Vorfällen in Eger und erklärte, es sei zweifellos, daß der Erlaß gegen die deutsch-böhmischen Abgeordneten gerichtet gewesen sei und eine vorsätzliche Gesetzverletzung involvire, welche die Erhebung der Ministeranklage recht fertige. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen links.) Abg. Funke beantragt, das Haus wolle beschließen, daß der Ministerpräsident, der vom Haufe abwesend ist, der Verhandlung beiwohne. Vicepräsident Abrahamowicz wollte diesen Antrag nicht zur Abstimmung bringen und ertheilte dem nächsten Redner das Wort. (Stürmische Unterbrechung, Rufe links: „Abstimmen!". Der Lärm äußert sich bei jedem Versuch des Vicepräsidenten, dem nächsten Redner das Wort zu ertheilen.) Da die Wieder herstellung der Ruhe unmöglich erscheint, unterbricht der Vicepräsident die Sitzung. Während der Unterbrechung erscheint der Ministerpräsident im Saal, die Sitzung wird wieder eröffnet. Kraurreis,. Die Mehrzahl der Pariser Blätter spottet über das dem Präsidenten Faure von der Pariser Kaufmannschaft gegebene Bankett und betonen, daß solche Ehrung noch keinem einzigen der früheren Präsidenten von Thiers bis Casimir Perier widerfahren sei. Mit Felix Faure sei es freilich eine andere Sache, er sei der erste Großkaufmunn, der auf den Thron Frankreichs gelangt sei. Das Fest mahl selbst, an dem etwa 700 Personen theilnahmen, verlief aufs glänzendste. Präsident Faure brachte dabei einen Trinkfpruch aus, den er vorher im Ministerrathe bekannt gegeben hatte. Faure erinnerte zwar an die Trinksprüche, die kurz vor der Verabschiedung von Ruß land auf dem Pothouau gewechselt worden waren, ge brauchte jedoch nicht selbst das Wort „Allianz". Der Präsident schloß seine im Uebrigen kaum bemerkenswerthe Rede mit dem Hinweis auf die Weltausstellung 1900, bei der die Einigkeit Frankreich unbesiegbar machen werde durch die Initiative und die Arbeit für den Ruhm und die Größe des Vaterlandes. Epauier». In seinem Verhalten zu Cuba spannt Spanien augen scheinlich viel mildere Saiten auf als es die Regie rung der Conservativen zu thun beliebt hatte. Obgleich auch der neue Ministerpräsident Sagasta dem General Llanco, welcher an Weylers Stelle den Oberbefehl über die Cubaexpedition erhalten hat, eine Verstärkungstruppe von 500 Mann beigegeben hat, weiß er doch nur zu gut, daß es den Spaniern nicht gelingen wird, mit Waffengewalt Herr der Insurgenten zu werden. Er ver sucht die Pacification der Insel daher auf anderem Wege herbeizusühren. So hat z. B. der Ministerrath beschlossen, die bedeutendsten politischen und Verwaltungsposten auf Cuba Cubanern anzubieten, so alle wegen Theilnahme an dem Ausstande Deportirten zu begnadigen. In Spaniens Interesse liegt es noch mehr, als in dem Cubas, daß der Friede so bald als möglich wiederhergestellt wird, Spanien kann daher garnichts besseres thun, als den Wünschen der Insurgenten so weit als irgend möglich nachzukommen. Daß diese Wünsche nicht bloß Kleinig keiten enthalten, ist richtig; den Spaniern bleibt aber nichts anders übrig, als auch dann noch den Willfährigen zu spielen. Die Socialist cn in Madrid haben in einer großen Versammlung die Einführung der allgemeinen Wehr pflicht m Spanien gefordert. Die gesammte Presse hat zu dieser wichtigen Frage Stellung genommen und die angesehensten Blätter stimmen der socialistischen Forderung zu. Der „Jmparcial" fordert die Regierung auf, die Reform baldthunlichst vorzunehmen, und meint, sie sei von hoher socialer Bedeutung; die Gerechtigkeit erfordere, daß die Blutsteuer von sämmtlichen Kindern des Landes entrichtet werde. Nur so werde die von den unteren Klaffen erhobene Hauptbeschwerde verstummen und das Heer eine wahre Vertretung des Vaterlandes sein. Be stände die allgemeine Wehrpflicht bereits, dann wären die Mißbräuche im Cubakriege nicht vorgekommen. Aus dem Mutdemhale *Waldeubnrg, 16. October. Der October hat uns noch ganz unerwartet einige schöne Herbsttage beschert. Nach den überaus kalten Tagen vom 6. bis 10. d. mit Nachtfrösten ist die Temperatur erheblich gestiegen, so daß das Thermometer gestern Mittag 20° 6. Wärme im Schatten zeigte. Der Barometerstand ist seit mehre ren Tagen ein beständiger, so daß zu erwarten steht, daß das jetzige Wetter noch einige Zeit anhält. * — In Glauchau ist im Naake'schen Kaiserpanorama am Markt vom 17. bis 27. d. eines der furchtbarsten Dramen der jüngsten Zeit zu sehen, nämlich das Unglück aus dem Chodinsky-Felde bei Moskau, bei dem bekannt lich gegen 4000 Menschen ums Leben kamen. Aber auch die Stadt Moskau selbst mit dem prächtigen Kreml und die Krönungsfeier wird im Panorama zu sehen sein. Näheres darüber enthält daS Inserat in heutiger Nummer. * — Die nach dem 1. d. fälligen Coupons der bis herigen 4procentigen preußischen Consols und 4procentigen deutschen Reichsanleihe haben, nachdem der Zinsfuß dieser Werthpapiere auf 3'/» Proc. herabgesetzt ist, soweit sie zur Abstempelung eingereicht worden sind, den nunmehrigen, geringern Werth in blauer Stempelfarbe aufgedrückt er halten. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß von solchen Coupons eine große Anzahl nicht zur Abstempelung cin- gereicht ist und nach dem früheren Werthe in Zahlung gebracht werden dürfte. Natürlich haben auch diese Coupons trotz des fehlenden Aufdrucks nur den herabge setzten Werth. Also Achtung bei der Annahme von Coupons! * — Vom gestrigen Tage an bis zum 16. December darf nach sächsischem Jagdgesetz auch das weibliche Reh wild abgeschoffen werden und Rehwild, das im Laufe der letzten Wochen auf den Wildpretmärkten ziemlich knapp gewesen ist, wird von jetzt ab volle zwei Monaie hindurch wohl wieder reichlicher angeboten sein. Mu alleiniger Ausnahme der Krammetsvögel, welche noch bis zum 15. November gesetzlichen Schutz genießen, darf nunmehr in Sachsen alles Haar- und Federwild erlegt werden. In den preußischen Jagdgebieten begann gestern nicht nur die Jagd auf Rehricken, sondern auch aus weibliches Roth- und Damwild und dessen Kälber. Reh kälber dagegen haben das ganze Jahr hindurch Schonzeit. — Am Mittwoch Nachmittag 3 Uhr versammelte sich die Glauchauer Diöcesangeistlichkeit im Theaterlokal zu Glauchau zu ihrer diesjährigen Herbstconferenz, die, ein geleitet durch den Gesang des Liedes: „Valet will ich Dir geben" und ein Gebet des Herrn Sup. Weidauer, zunächst in bewegten Worten des letzteren von dem kürz lich erfolgten Tode des Oberhospredigers I)r. Meier in Dresden Kenntniß nahm, auch ein Telegramm an das Landesconsistorium absandte mit dem Ausdruck tiefer Trauer um den Hingeschiedenen, treuer Fürbitte um den rechten Ersatz, unwandelbarer Treue gegen das Kirchen regiment. Sodann hielt Herr Pastor Hertcl aus St. Egidien eine kräftige pastorale Ansprache über Jerem. 1, 7 — 8, in welcher er den Propheten Jeremias als ein Vorbild für die Prediger hinstellte, daß sie von ihm lernen möchten 1. was sie predigen sollen, 2. wem sie predigen sollen, 3. in wessen Kraft sie predigen sollen. Weiterhin erstattete Herr Pastor Albrecht aus Hohenstein einen eingehenden Jahresbericht über die Thätigkeit des ephoralen Preßausschuffes, der mit großer Befriedigung und lebhasrem Dank gegen die Mitarbeiter ausgenommen wurde. Eine von den Genannten vorbereitete Einleitung zur Besprechung der auf der letzten Hohensteiner Pasto ralconserrnz von Pfarrer Kühn in Dresden ausgestellten Thesen über die rechte Würdigung des Sakraments des heiligen Abendmahls mußte wegen einer längeren De batte über die künftige Gestaltung der Herbstconferenz auf die nächste Frühjahrsconferenz vertagt werden. Gesang und Segen beschlossen die brüderliche Zusammen kunft. — Die älteren städtischen Baracken in Zwickau, welche die Stadt ausstattete, sind für 27,000 Mk., die beiden neuen Bataillonsbaracken, welche das Zwickauer Regiment ausstattet, für 37,600 Mk. an den Reichs- milttärsiscus vermiethet worden. Aus dem EachsenlEde. — Die Uebergabe der neuen Fahnen an die Bataillone der neugebildeten Regimenter des 12. Königl. sächsischen Armeecorps wird am 2. December, dem Gedenktage der Schlacht bei Villiers, durch Se. Majestät dem König in Dresden erfolgen. — In diesen Tagen sind die Eröffnungen an die Unterbehörden wegen der vom Ministerium des Innern für die Waffergeschädigten bewilligten Unterstützungs gelder ergangen und ebenso sind vom Landeshilfscomitee die ausgeworfenen Geldbeträge an die Amtshauptmann schaften und Stadträthe, die die Auszahlung übernommen haben, überwiesen worden, so daß die im Königreich Sachsen von der Hochfluth Ende Juli Betroffenen in den allernächsten Tagen in den Besitz der ihnen bewilligten Unterstützungen gelangen. — Das am Dienstag in einem Theile der Oberlau sitz aufgetretene Gewitter war von heftigsten Regengüssen und elektrischen Entladungen begleitet, die mannigfachen Schaden angerichtet haben. In Wehrsdorf schlugen zwei Blitze in die Kirche und zertrümmerten ca. 60 Fenster scheiben; auch andere Gegenstände wurden beschädigt. Ebenso schlugen in Sohland a. d. Spree zwei Blitze ein und zwar in das Grumbtsche Sägewerk, ebenfalls ohne zu zünden. In Ober-Cunnersdorf traf ein Blitz strahl das auf dem Felde stehende Geschirr des Fabrik besitzers Kießling, schlug die Deichsel weg, so daß die Splitter umherflogen. Kurz vorher waren die Pferde ausgeschirrt worden, die sonst sicher getroffen worden wären. — Der Verein für Geschichte Dresdens hielt am Mittwoch Abend im Saale des Stadtarchivs auf der Kreuzstraße eine sehr zahlreich besuchte Vortragsversammlung ab und eröffnete mit der letzteren gleichzeitig die Arbeiten seines Winterhalbjahres. Herr Stadtarchivar vr. Rich ter, der erste Vorsitzende des Vereins, begrüßte die Ver sammlung und brachte die während des Sommers zur Ausnahme gelangten 18 neuen Mitglieder zur Kenntniß und Bestätigung. Weiter ist zu erwähnen, daß der Ver ein für Thüringische Geschichte und Alterthumskunde mit dem Dresdner Verein in Schriftenaustausch getreten ist. Herr Oberjustizrath v. Göphardt hielt sodann seinen angekündigtcn Vortrag: „Karl August v. Gersdorf, bio graphische nnd armeegekchichtliche Studie" und schilderte auf Grund bester archivalischer Quellen den Lebensgang des genannten Kurfürstlich Sächsischen Ministers und Generals, der als zweiter von 4 Brüdern am 14. März 1704 in Dresden geboren wurde und auch in seiner Vaterstadt nach einem reichbewegten Leben am 11 Fe bruar 1787 verstarb. — In einer vom Oberbürgermeister vr. Beutler in Dresden einberufenen, von verschiedenen Stadtverord neten, zahlreichen Künstlern und Kunstfreunden besuchten Versammlung ist beschlossen worden, im Jahre 1899 in Dresden eine deutschnationale Kunst- und kunstgewerbliche Ausstellung zu veranstalten. — Die Erben des verstorbenen Herrn Commerzienrath Joseph Bondi in Dresden haben dem Gemeinnützigen Verein daselbst zum Gedächtniß an ihren Vater die Summe von 100,000 Mk. zur Errichtung und zum Betriebe eines Joseph Bondi-Hauses zur Aufnahme er holungsbedürftiger Kinder gestiftet. — In der Schlußsitzung des Hauptsestausschuffes für das 2. sächsische Kreisturnfest in Planen wurde mitge- theilt, daß sich die Gesammteinnahmen auf 52,058.43 Mk. belaufen, denen 49,360.86 Mk gegenüberstehen, so daß ein Ueberschuß von 2,697.57 Mk. vorhanden ist. Von dem Ueberschuß sollen u. A. erhalten die durch Hochwasser geschädigten Turnvereine Sachsens 600 Mk., die Heubner-Stiftung 250 Mk., der Verein für Errich tung eines Ferienheims in Schöneck 200 Mk., die dortige Schutzmannschaft, die Feuerwehr, der Knabenhort, die Ortscolonne je 50 Mk., der beim Turnfest verunglückte Turner Wich 100 Mk. — Der Vorsitzende der nationalliberalen Fraction des sächsischen Landtages, Geh. Commerzienrath Georgi in Mylau, hat sich in einer vor den Landtagswählern zu Reicheubach gehaltenen Rede für eine stärkere Heran ziehung des fundirten als des nichtfundirten Einkommens zur Besteuerung ausgesprochen. Es sei daher neben der Einkommensteuer noch, wie in Preußen, die Vermögens steuer einzuführen oder eine Erweiterung der Erbschafts steuer vorzunehmen. Der nächste Landtag werde sich mit der erstern, vielleicht mit beiden zugleich zu befassen haben. Auch die gegenwärtige Finanzlage Sachsens mache nie Vermehrung der Staatseinnahmen nothwendig. In Bezug auf die Einführung der Dreiklassenwahl sür den Landtag betonte der Redner, daß die Haltung der Socialdemokraten selbst die Wahlrechtsänderung herbei- gczogen habe. Im Landtage von 1893 bereits brachten die Socialdemokraten den Antrag ein, das allgemeine, gleiche und directe Wahlrecht allen Staatsangehörigen, , männlichen und weiblichen, schon vom 21. Lebensjahre ab zu geben. Trotz der Ablehnung brachten die Social demokraten in der nächsten Tagung 1895 erneut den selben Antrag ein mit einer vernichtenden Kritik des be stehenden Wahlrechts, das mit seinem Census (3 Mark Staalssteuer) große Wählermaffen ausschließe und durch aus weg muffe. Dieser Vorstoß habe bei der Mehrheit der zweiten Kammer eine „geradezu explosive Wirkung" erzielt; mit elementarer Kraft sei das Bewußtsein zum Vorschein gekommen, daß man nicht wieder nur mit einer Resolution antworten könne, sondern daß ein Gegen- schlag erfolgen müsse. Habe man sich doch schon vorher mit Besorgniß die Frage gestellt, wohin es führen sollte, wenn dereinst diese im Landtag jetzt schon in solcher Weise austretende Socialdemokratie die Mehrheit habe. Das neue Wahlgesetz unterscheide sich wesentlich von dem preußischen, indem es durch verschiedene Einschränkungen den plutokratischen Charakter desselben abgestreift hat. Auch ist die Wahl nicht öffentlich, sondern geheim. Das Gesetz sei zur Nothwehr geschaffen und solle nur das Ueberfluthen der Socialdemokratie eindämmen, habe dafür aber die politische Bedeutung des Mittelstandes ganz ! wesentlich erhöht. — Vor einiger Zeit sind in Crimmitschau mittels Einbruchs eine beträchtliche Anzahl seltener Silber- und Kupfermünzen, sowie werthvoller Schmucksachen gestohlen . worden. Der Kriminalpolizei in Zwickau ist es jetzt gelungen, einen großen Theil jener gestohlenen Sachen in Zwickau ausfindig zn machen, die vor 8 Tagen ein etwa 20 bis 22 Jahre alter Mensch, der sich Falk i nannte und den Eindruck eines den besseren Ständen js angehörenden jungen Mannes machte, verkauft hat. k* — Die Stadt Gottleuba hat zu Gunsten alter und 1 bedürftiger Feuerwehrleute, die 20 Jahre lang der frei willigen Feuerwehr daselbst angehört haben, zum An denken an das Regierungsjubiläum Sr. Majestät eine Stiftung von 500 Mk. errichtet. Die Zinsen der Stiftung werden jedesmal am 23. April an 1 bez. 2 Mitglieder vertheilt. — Ein bedauerliches Vorkommniß trug sich vorgestern in Mülsen St. Mtchelu zu. Die Ehefrau H. da selbst verließ ihre Wohnung gegen Abend. Man fand nach einiger Zeit die Unglückliche, welche Wöchnerin ist, in einem dortigen Teiche bis an den Hals im Wasser stehend vor. Zwar noch lebend, aber in einem Zustand, der das Schlimmste befürchten läßt, wurde die allgemein geachtete Frau nach ihrer Wohnung gebracht. — Anscheinend will man daran gehen, in der Gegend j von Jöhstadt, näe dies früher reichlich geübt worden, 4^