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l und SMbote. ^ Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und die Vororte: Altchemnitz, Mendorf, Bernsdorf, Borna, Furth, Gablenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schöna«. Abonnement: vierteljährl. 1 Mk. 25 Pf. (Anträgen 40 Pf.), sowie monatlich 42 Pf. (Zutragen 15 Pf.) nehmen entgegen die Verlagsexpedition und die Ausgabestellen des Chemnitzer Anzeigers in Chemnitz und obigen Vororten, sowie sämmtlichc Postanstaltei». (PostzeitungS-Preisv-rzeichniß für 1884 Nr. 1059 AnfertionSpreiS: die schmale (Ispaltige) CorpuSzeile »der deren Raum 1b Pf. — (Local-Anzeigen 10 Pf.) — Unter Eingesandt pro Zelle 30 Pf. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen - Annahme für die nächste Nummer bi- Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Casino). Bon den» Unterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll den 1. April 1884 das dem Bauunternehmer Johann Christian Richter in Plauen zugehörige, in Chemnitz an der Nießner- und der Richterstraße gelegene Grundstück Nr. 45 und 4S)'/VII des Katasters, Nr. l?0 des Flurbuchs und Folium was unter Bezugnahme auf den a» hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Chemnitz, am 1t. Januar 1884. Königliches Amtsgericht das., Abtheilung 8. ' N»hr.Tr. Bekanntmachung. Die dem Ziegeleibesitzer Carl Friedrich Beyer In Reichenbrand von der Unterzeichneten Behörde am 23. August 1883 unter Nr. 55 ausgestellte Jahresjagdkarte auf das Jagdjahr 1883,84 ist abhanden gekommen und wird dies behufs Verhütung von Mißbrauch andurch bekannt gemacht. Chemnitz, am 17. Januar 1884. Königliche Amtshauptmannschaft daselbst. Schwedler- Tagesckronik. - 23 Januar. 1484. König Mathias von Ungarn erobert Wien. 1536. Bockold, Wiedertäufer, zu Münster hingerichtet. 1546. Luthers letzte Reise von Wittenberg nach Eisleben. 1799. Neapel, parthenopeische Republik. 18N. Auflösung des Johanniter-OrdenS. 1814. Blücher nimmt Ligny mit Sturm. 1839. Londoner Schlußprotokoll über die Trennung Belgiens von Holland. 1871. Jules Favre trifft in Versailles ein, um mit Bismarck zu unterhandeln Telegramme des Chemnitzer Anzeigers. Vom 21. Januar. Recklinghausen. Auf der Zeche General Blumenthal fand eine Explosion schlagender Wetter statt. Soweit bekannt sind 12 Todte und 10 Verwundete. Die Ursache ist noch nicht ermittelt. Wien. Aus Konstantinopel meldet die „Polit. Korr.", daß die Pforte bereits die Note Öest'erreich-Ungarns in Betreff" drS^HrmdekSr- Vertrages beantwortet hat; sie bestreitet das Recht der Wahl zwischen dem spezifischen Zoll und dem achtprozentigen Werthzoll. Rom. Der dritte und letzte Pilgerzug nach dem Pantheon fand heute in bester Ordnung statt. Die Straßen sind beflaggt und von einer Menschenmenge dicht besetzt. Paris. Nach einer Meldung der «Agenre Havas" aus Pera, wies die Pforte den türkischen Botschafter in London, Musurus Pascha, an, mit England wegen der egyptischen Angelegenheiten in einen Meinungsaustausch zu treten. Petersburg. Der (also wiederhergestellte) Kaiser und die Kaiserin wohnten gestern einem von Rubiustein dirigirten Konzerte bei und wurden enthusiastisch begrüßt. Berlin, 22. Januar Mittags. Der Statthalter v. Manteuffel reist heute Nachmittag 4 Uhr zum Besuche des Reichskanzlers nach Friedrichsruh. Vom fächfifchen Landtage. Bei der Debatte über' die von sozialdemokratischer Seite ein- gebrachte Interpellation betreffs der gegen säumige und böswillige Stcuerrestanten erlassenen Schank- und Tanzstätten-Verbote forderte Herr Staatsminister von Nostiz-Wallwitz den Abgeordneten Schreck auf, seine diesbezüglichen Vorschläge in der konkreten Form eines Gesetzentwurfes der Regierung zu unterbreiten. Dies ist jetzt geschehen, indem der Abg. Schreck den von der Fortschrittspartei und einigen Liberalen unterstützten Antrag einbrachte, die Regierung zu ersuchen, wenn thunlich noch dem jetzt versammelten Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, auf Grund dessen solche Personen, welche mit Absicht oder durch ungeordneten Lebenswandel und dergl. sich in die Lage versetzt haben, öffentliche Abgaben nicht zahlen zu können, einem Schank- und Tanzstätten-Verbote unterworfen werden dürfen. Diesem Antrag ist ein Entwurf eines derartigen Gesetzes beigefügt, dessen Grunvzüge wir hier kurz wiedergeben. Nach demselben kann Per sonen, Welche öffentliche Abgaben irgend einer Art, namentlich Staats steuern, Gemeinde- und Schulanlagen u. s. w., im Rückstände gelassen haben, der Besuch von Schank- und Tanzstätten verboten werden. Zur Erlassung dieses Verbotes sind zuständig in Städten, für welche die Städteordnung für mittlere und kleine Städte gilt, und in Ort schaften deS platten Landes die Amtshauptmannschaften unter Zu stimmung der betr. Bezirksausschüsse, in Städten, in denen die revi- dirte Städteordnung gilt, die Stadträthe. Die Erlassung dieses Ver botes setzt voraus, daß Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nbgabenrestant mit Absicht oder durch Müßig gang, ungeordneten Lebenswandel, unmäßigen Genuß geistiger Ge- tränke oder übermäßigen Aufwand sein« Zahlungsunfähigkeit herbeige führt. Für Erlassung dieses Verbotes ist ebenfalls erforderlich bei einem Angehörigen einer Landgemeinde ein Antrag des Gemeinde- rathes, bei einem Angehörigen einer Stadtgemeinde ein kollegialer Beschluß des Stadtrathes. Ein Abgabenrestant, gegen welchen ein derartiges Verbot erlassen ist, darf weder innerhalb seines Wohn- und Aufenthaltsortes, noch innerhalb der angrenzenden Gemeinde bezirke Gast, oder Schankwirthschaften, oder' öffentliche Lokale, in denen Tanzlustbarkeiten abgehalten werden, oder Räumlichkeiten, in denen Korporationen, Genossenschaften, Vereine, oder geschlossene Ge sellschaften Speisen und Getränke an ihre Mitglieder verabreichen lassen, oder gesellige Vergnügen abhalten, besuchen. Jede Zuwider handlung ist mit Hast bis zu 14 Tagen zu bestrafen. Aufzuheben ist das Verbot, wenn der Restant sämmtliche Abgaben vollständig Bekanntmachung. Der Eiseimießereibesitzer Herr Ernst Eduard Anke in Kappel beabsichtigt, in dem unter Nr. 4 V des Brandverstcherungs-Katafters für Kappel gelegenen Grundstück einen zweiten Kupolofen zu errichten. In Gemäßheit 8 17 der Reichsgewerbeordmmg vom 21. Juni 1669 wird dies mit der Aufforderung hierdurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf besonderen Privatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an ge rechnet, allhier anzubringen. Chemnitz, am 17. Januar 1884. Die Königliche AmtShauptmannschaft. Schwedler- Beyer. Erledigt hat sich die am 9. ds. Mts. an die Wittwe Amalie Rosalie Neubert, geb. Kreher aus Euba erlassene Vorladung. Chemnitz, 19. Januar 1884. Der Königliche Amtsanwalt. I. A-: von Schnorr berichtigt hat. Die Behörde, welche das Verbot, erlassen hat, kann davon alle Gast- und Schankwirthe, sowie alle Korporationen u s. w. ihrer Bezirke, auch die Verwaltungsbehörden angrenzender Bezirke in Kenntniß setzen, dagegen hat eine amtliche Bekanntmachung des Ver botes durch Anschlag an den zu öffentlichen Bekanntmachungen be stimmten Stellen, oder in Gastwirthschaften, oder durch ein Organ der Tagespresse zu unterbleiben. Gast- und Schankwirthe, welche von dem Verbote in Kenvtniß gesetzt worden sind und trotzdem Ge tränke und dergl. an die Restanten verabreichen, sind mit Geldstrafe bis u 100 Mark, oder mit Haft bis zu 8 Tagen zu bestrafen. Bei wiederholter Bestrafung kann ihnen die zuständige Polizeibehörde dir Erlaubniß zur Abhaltung von Tanzlustbarkeiten, Konzerten oder sonstigen geselligen Vergnügen ein Jahr lang verweigern. Gegenden Beschluß einer Behörde, durch welchen gegen einen Restanten ein Schank- und Tanzstättenverbot ertheilt wird, kann von demselben binnen 14 Tagen Rekurs bei der Kreishauptmannschaft eingereicht werden. .L» Montaa setzte die Zweite Kammer die Berathung des Bud gets deS Justiz-Ministeriums soK ÄKg. ^W a lk'y'kr UM dllkü'i' einige Mängel des jetzigen Gerichtsverfahrens, z. B. die Art und Weise der Abnahme des Eides, woraus die vielen Meineide zu erklären seien, ferner das langsame Verfahren in Privatklagsachen. Auch einige Fälle von angeblichen Beeinflussungs-Versuchen des Justiz-Ministeriums auf die Richter führte Redner an, welche Justizminister Abeken richtig stellen zu müssen glaubte. Bezüglich der Eidesabnahme sei bereits Verfügung an die Staatsanwälte ergangen, daß die Vereidung in allen thunlichen Fällen erst nach der Vernehmung der Zeugen vor zunehmen sei. Wenn man ferner bei Privatklagen über Verzögerung und Verschleppung klage, so möge man der betreffenden Behörde An zeige davon machen, »uf keinen Fall aber könne er zugeben, daß Privatklagen anderen Klagen vorgezogen würden. Abg. Opitz hält den Wunsch nach möglichster Beschleunigung der Privatklagsachen für berechtigt, nur sei er nicht in vollein Umsange zu erfüllen, da sonst das Nichterpersonal bedeutend vermehrt werden müßte. Ein anderer diskutirbarer Punkt sei die Oefsentlichkeit der Verhandlungen bei diesen Privatklagcn; man solle doch den Parteien die Entscheidung überlassen, ob diese Verhandlung öffentlich sein solle oder nicht. Als man die Oefsentlichkeit de» Gerichtsverfahrens einführte, habe man nicht beab sichtigt, der Tagespresse einen Unterhaltungsstoff zu geben, sondern man wollte dadurch die Gerichte kontroliren. Durch die Veröffent lichung der Gerichtsverhandlungen in der Presse werde der richter lichen Strafe noch eine öffentliche Brandmarkung hinzugefügt. Er wünscht demnach eine etwaige Beschränkung der Oefsentlichkeit wenigstens bei leichten Straffällen. Abg. Liebknecht wendet sich gegen eine etwaige Beschränkung der Oefsentlichkeit des Gerichtsverfahrens und beklagt sich, daß gerade bei den wichtigsten Verhandlungen über politische Anklagen die Oeffentlichteit ausgeschlossen sei. Wenn die Verbrechen in der letzten Zeit zugenommen hätten, so liege der Grund nicht in der Verrohung der Massen, sondern darin, daß die neueste politische Entwicklung Deutschlands, die fortwährende Verherrlichung des Krieges eine Verachtung des Menschenlebens hervorgerufen habe. Er richtet sodann die Frage an die Regierung, welche Stellung dieselbe im Bundesrath gegenüber dem Gerichtskostengesetz einnehmen werde? In seiner jetzigen Form sei dasselbe eine Ncchtsverweigerung für den ärmeren Theil der Bevölkerung. Ferner tritt er für die Wiederein führung der Berufung in Strassachen ein und befürwortet die Ge währung einer Entschädigung an unschuldig Verurtheilte und un schuldig in Untersuchungshaft Gehaltene. Der Chemnitzer Fall, wo ein Kellner vor Kurzem unschuldig verurtheilt worden war, beruhte auf einem Fehler des Systems, da der Mann durch die über ihn verhängte Untersuchungshaft zu einem wahrheitswidrigen Geständnisse veranlaßt worden sei. Deshalb ersuche er das Ministerium, man solle an die Staatsanwälte Anweisungen ergehen lassen, vorsichtig in der Verhängung der Untersuchungshaft zu sein. Weiter richtet er an die Regierung die Frage, ob es statthaft sei, daß Richter sich an politischen Agitationen betheiligten? Der Nimbus der absoluten Unparteilichkeit der Richter dürfe nicht erschüttert werden, dies aber sei der Fall, wenn ein Richter als Agitator durch das Land ziehe. Abg. Bebel führte ähnliche Bedenken zu Felde. Er wendet sich gegen eine Beschränkung der Oefsentlichkeit des Strafverfahrens. Eine Schädigung der Betheiligten entstehe nicht durch die Oeffent- lichkeit des Verfahrens, sondern durch die Presse. Aufs Schärfste tadelt er dann die politischen Agitationen seitens der Richter, zumal da diese oft in die Lage kämen, über ihre politischen Gegner zu ur- theilen. Justizminister Abeken bestritt, daß nur den Reichen das Prozessiren möglich sei, vielmehr seien gerade in kleineren Sachen die Gerichtskosten sehr gering. Die Nachthcile der Berufung in Straf. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen 1. des Strumpfwirkers Karl Eduard MauerSberger zu Burkhardtsdorf und 2. des Strumpssabrikanten Julius Wilhelm Lang zu Chemnitz, m Firma Wilhelm Lang daselbst, ist zur Prüfung der nachträglich angemeldeten Forderungen Termin aus den 4. Februar 1884, Bormittags 19 Uhr, vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst anberaumt. Chemnitz, den 19. Januar 1884. ' ' Pötzsch, Gerichtsschreibcr deS Königlichen Amtsgerichts. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folium 2605 die Firma Kleßig L To- in Chemnitz, Zweig niederlassung des in Leipzig unter gleicher Firma bestehenden Hauptgeschäfts, eingetragen und zugleich verlautbart, daß der Kaufmann Herr Johann Ernst Kicßig m Leipzig Inhaber dieser Firma ist. Chemnitz, am 19. Januar l884. Königliches Amtsgericht, Abtheilung L. Nohr. T. sachen würden die Vortheile überwiesen. Abg. v. Vollmar erinnert daran, daß der Justizminister vergessen habe, zu erklären, ob er die politische Agitation der Richter billige oder nicht. Nach seiner Meinung wäre es Pflicht der Minister gewesen, die Anklage z« untersuchen und sich nicht darauf zu beschränken, sie für unwahr zu erklären. Er verlangt, daß das GerichtSkostenwesen vollständig geändert werde, und beschwert sich über den Ton, den gewisse richter liche Beamte den Angeklagten aus den niederen Schichten gegenüber anschlügen. Ferner wendet er sich gegen die Androhung und An wendung der Prügelstrafe in den Gefängnissen und richtet die Frage an die Regierung, ob die Prügelstrafe in den Justizgefängnissen ge setzlich erlaubt sei. Abg. Dänisch kann die Weise, in der der Justiz- minister über die an ihn gerichteten Fragen hinweggegangen, nicht billigen, bisher Hobe man die Thatsachen geprüft und dem Landtag darüber Bericht Erstattet, was zu thun der Minister denn auch zusagte. Die Kammer nimmt sodann das gesammte Budget des Justizministeriums, dessen nähere Daten wir bereits untgetheilt, an. > Deutsches Reich. Wie man berichtet, hatten am vergangenen Sonntag die Staatsminister vr. von Goßler und von Boetticher mit dem Statthalter Gkneralfeldmarschall Frhrn. von Manteuffel eine längere Konferenz. Der Statthalter wird seinen Aufenthalt in Ber lin noch um einige Tage verlängern, bez. seine Rückkehr erst am 26. d. M. nach Straßburg antreten. — Am heutigen Dienstag hält das preußische Herren haus seine erste Sitzung in diesem Jahre ab. Auf der Tages ordnung stehen die Eisenbahnverstaatlichungs-Vorlage, die einmalige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betr. das Höferecht in der Provinz Hannover und Petitionen. — Das preußische Abgeordnetenhaus setzte in seiner gestrigen Sitzung die Berathung des Etats der Eisenbahnver waltung fort. Nur der Etalstitel betreffend die Einnahmen der linksrheinischen Eisenbahn veranlaßte einige Diskussion; alle anderen Einnahmen dieses Ressorts inkl. der Einnahmen aus denjenigen Privoteisenbahnen, bei welchen der Staat betheiligt ist, pasfirten debattelos. Schließlich ging das Haus zu den Ausgaben der Eisen bahn über. — Am Mittwoch findet eine Konferenz der preußischen Staats- und größeren Privatbahnen statt. Nach der vor jährigen Anordnung des Ministers Maybach sollen derartige Kon ferenzen alljährlich abgehalten werden, wobei über Erfolg von Sicher heitsmaßregeln berichtet, Erfahrungen ausgetauscht und neue Vorschläge zur Erhöhung der Betriebssicherheit erörtert werden sollen. — Die „Germania" schreibt infolge der Rede des Kultus ministers v. Goßler gelegentlich des Antrags Reichensperger: Ist Falk wieder erstanden? Beginnt eine neue Periode des Kultur kampfes? Nach den gestrigen Worten des Herrn v. Goßler, nach In halt und beinahe nach Ton derselben ist die Frage voll berechtigt! Sollten die Thaten den Worten entsprechen — denn das warten wir zunächst doch noch ab — dann wird der gestrige Tag zu den größ ten Unglückstagen der preußischen Monarchie zählen. Wir können neben der absoluten, kalten und nur mit der Phrase der „Staats- intcressen" begründeten Zurückweisung der Begnadigung beider Erz bischöfe jetzt nur noch ganz kurz auf einige entscheidende Punkte Hin weisen. Der Herr Kultusminister ist überzeugt, schon so viel für die dauernde Herstellung des Friedens gethan zu haben, daß er den ihm dafür gewordenen Dank in Presse und Parlament nicht ausreichend findet. Und dich ist jede kleine Besserung mit Dank und Anerken nung seitens der Katholiken begrüßt worden, obgleich es sich doch nur, um Zugeständnisse von gemachten Fehlern und Wiedergutmachrm- " gaugenen Unrechts handelte. Der Kultusminister erklärte, genau «ore Falk, die Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse in den fünfziger und sechs-iger Jahren, die von Sr. Majestät dem Kaiser 1861 und 1866 eine „wohlgeordnete" genannt worden ist, für eine der Verfas sung nicht entsprechende, dem Staate nochtheilige, die zu beseitigen schon damals fort und fort die Absicht gewesen sei. Also dar Unfehl barkeitsdogma ist doch nicht die Schuld! Und der Kultusminister weist so ausschließlich und ohne jede Anerkennung eines eigenen Rech tes der Kirche auf eine einseitige Staatsgesetzgebung hin, und sieht auch dabei so unendlich viele „Schwierigkeiten", daß wir, günstigsten Falls, sicher nur noch wenig unter ihm weiter zur kirchlichen Freiheit gelangen und Alles hinzunehmen haben als Gnade und Wohlthat. Entsprechen die Thaten den Worten, dann muß der Kulturkampf von Neuem wieder ausbrechen I Es ist hieraus ersichtlich, welche Stimmung im Centrum über die Rede deS Kultusministers herrscht.