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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 05.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188310054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18831005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18831005
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-10
- Tag 1883-10-05
-
Monat
1883-10
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 05.10.1883
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An nnd Ttadistutc» Nr. 64. Freitag, 5. Oktober. Seite 2. »>/ M die Senatoren und Deputaten, die Civil- und Militärbehörden, wäh rend draußen vor dem Bahnhofe eine dichtgedrängte Volksmenge stand, welche den Monarchen, als er nach dem Escurial fuhr, mit stürmi schen Zurufen begrüßte. DaS königliche Schloß ist, abweichend von der sonst so strengen Etikette des spanischen Hofes, für Alle geöffnet, welche den König begrüßen wollen. Fast sämmtlich: Souveraine haben demselben telegraphisch ihr Bedauern wegen der Pariser Vorgänge ausgedrückt. Die skandalösen Vorfälle in Paris haben vielfach den Glauben erweckt, daß Frankreich für die dem König Alfons und damit indirekt der deutschen Nation zugefügten Beleidigung von Deutschland zur Verantwortung gezogen werden dürste. Wir glauben, daß man hierin irrt, da es nicht im Interesse unserer Friedenspolitik wäre, die französische Republik, welche in ihrer gegenwärtigen Verfassung, trotz allen Kriegsgeschreis der nicht regier enden Parteien, doch noch eine Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens ist, in Verlegenheit zu bringen. Ein Protest gegen die französischen Ungezogenheiten würde gleichbedeutend mit der Erhebung des Vorwurfs sein, daß die Republik als Staatsform unfähig ist, die Beobachtung der Gesetze internationalen Aufstandes zu gewähr leisten. Und hiermit wäre es ausgesprochen, daß dies nur die Mo narchie zu thun vermöchte. Für uns Deutsche aber könnte es schwerlich wünschenswerth sein, dem Grafen von Paris, dem orleanistischen Kronprätendenten einen Hebel in die Hand zu spielen, der ihm den Griff nach der Krone Frankreichs erleichtert. Die ganze Politik des Fürsten Bismarck spitzt sich seit geraumer Zeit dahin zu, der republi kanischen Staatsform in Frankreich Vorschub zu leisten, weil diese dem monarchischen Europa gegenüber am wenigsten bündnißfähig er scheint. Jede ernste Gefährdung der republikanischen Regierung durch deutsche Reklamationen müßte die Aussichten der Orleans, wieder zur Herrschaft zu gelangen, natumothwendig fördern. Ein orleanistisches Frankreich würde läer für die monarchischen Staaten alliancefähig, und somit eine viel dringendere Gefahr für den kontinentalen Frieden sein, als eine noch so hetzerische Republik. Da sich einmal die deutsche Politik in den Geleisen dieser Erörterung bewegt, ist nicht anzunehmen, daß von Berlin aus die Ungezogenheiten, welche sich die Pariser gegen den König von Spanien erlaubten, irgend welche direkte Ahn dung erfahren dürften. Dänemark. Der Kreis der in Kopenhagen versammelten Fürstlichkeiten scheint sich noch in letzter Stunde um eine Person ver mehren zu wollen. Wenigstens wird aus Kiel gemeldet, daß daselbst der Kronprinz von Portugal am Montag eingetroffcn und Dienstag Nachts nach Korsör, der Hafenstadt auf der dänischen Insel Seeland, weitergereist ist; augenscheinlich beabsichtigt der Prinz, der dänischen Königsfamilie ebenfalls einen Besuch abzustatten. Am Donnerstag oder Freitag gedachte das griechische Königspaar; über Lübeck und Wien die Rückreise ainutreten, während die Abreise Kaiser Alexanders nach Petersburg dem Vernehmen nach erst in nächster Woche erfolgt; von einer Begegnung desselben mit Kaiser Wilhelm ist nicht mehr die Rede. Serbien. König Milan von Serbien ist am Montag nach Belgrad zurückgekehrt und hat das serbische Cabinet Pirotschanatz nur diesen Zeitpunkt erwartet, um seine Demission einzureichen. Dieselbe ist vom König in Anbetracht des Umstandes, daß die Neuwahlen zur Skupschtina entschieden gegen das bisherige serbische Ministerium aus gefallen sind, auch angenommen worden. Mit der Neubildung des Cabinets hat der König den Vicepräsidenten des Staatsraths, Christic, beauftragt, über dessen politische Parteistellung und Gesinnung außer halb Serbiens allerdings noch so gut wie nichts bekannt ist. Das Ende der Vagabondage. Ob wir es erleben werden, das Ende dieser Landplage, der Vagabondage, die Müßiggang und alle Laster groß zieht, aus der sich die große Zunft der Verbrecher rekrutirt? Wir wagen diese Frage nicht zu entscheiden, obgleich von allen Seiten, in den Städten, wie auf dem Platten Lande, die denkbar größten Anstrengungen gemacht werden, dieses Unwesen einzuschränken. Ein Mittel scheint uns aber noch nicht genügend beachtet zu werden, das gerade am ehesten den gewünschten Erfolg erzielen kann: der Zwang zur Arbeit! Wir müssen der Gerechtigkeit Rechnung tragen und zwischen den armen Reisenden resp. Handwerksgesellen, die wirklich Lust zum Ar beiten haben, aber oft lange vergebens mit ihren Papieren umher- Die Nihilisten. Historische Novelle nach Jules Lavigne von S. Wtth. (Fortsetzung.! „Im Anfang haben wir uns in den Schatten gestellt, dunkle Winkel ausgesucht, wir haben uns so zu sagen, in Höhlen verkrochen, so daß wir noch bis auf diesen Abend uns in dieser obskuren Schenke zusammenfinden; freilich erhellt durch unser hohes, glänzendes Streben, aber nicht geeignet, den Tempel der Wiedergeburt des Menschen vorzustellen." „Das muß anders werden." „Wo Schatten war, werden wir Licht verbreiten, die Gesellschaft zieht sich vor uns zurück, wir werden sie aussuchen. Statt den Glanz der Feste zu meiden, wollen wir sie besuchen, man wird uns überall an treffen." „Wenn wir Stellen und Ehrenämter erhalten können, werden wir uns hüten, sie auszuschlagen. Im Gegentheil, wir wollen streben, in die Festung einzudringen und uns da festzusetzen, wie der Wurm in der Frucht." „Ich denke, dieser Plan wird Euch nicht mißfallen." „Im Anfang werden die Sündlosen, die Unbestechlichen, die Reinen sich dagegen auflehnen." „Aber was liegt mir, was liegt Euch daran." „Die Reinen: das sind die Unfähigen." „Die Unbestechlichen: die Dummen und Ungeschickten." „Die Sündlosen: suchen Ausflüchte, sie schieben hinaus, was so schnell wie möglich geschehen müßte, sie versäumen die Gelegenheit, sie verdienen die Mißachtung des Schicksals, welches an ihnen vorüber geht, ohne sie zu beachten." Man konnte bemerken, daß Parlowna sich in ihrer eigenen Be redsamkeit berauschte, Wladimir hörte ihr mit scheinbar gleichgiltiger Miene, doch sehr begierig zu, Serge mit seinem gewohnten Tiefsinn. „Wladimir stimmt mir zu, ich weiß es," sagte Parlowna, was Euch betrifft, Serge, so weiß ich, daß Ihr Euch zu den Reinen zählt, von denen ich so viel Schlimmes sage. Nun, meine Freunde, waS liegt an einem kleinen Uebel, wenn man damit Großes erreicht? Was schadet es, wenn Ihr Eure Ansichten vorübergehend verleugnet für das Wohl der Partei? Für mich ist die Politik, die Alles auf morgen verschiebt, unverständlich, ich mag nichts von ihr wissen." „Ich habe versprochen," sagte Serge, „ich werde mein Ver sprechen halten." „Oh, von Euch werde ich nicht viel verlangen," erwiderte Parlowna, „nur daß Ihr schweigt, mir nicht hindernd in den Weg tretet, und besonders keine moralischen Vorlesungen haltet, denn eigen- thümlicher Weise scheint Ihr die alten Moralisten zu verabscheuen und doch habe ich Euch im Verdacht, einen neuen zur Herrschaft bringen zu wollen." Die Frcunda lächelten; sie fuhr fort: ziehen, und den eigentlichen „Stromern" unterscheiden. Tin armer Kerl von Handwerker, oder sonst ein ehrlicher Arbeiter, der recht schaffene Lust hat, sein Brod selber zu verdienen, und im Besitz guter Papiere ist, braucht nicht sofort mit Zwangsmaßregeln angefaßt zu werden, und über diese Classe würde auch Niemand groß Nagen, denn jeder Meister weiß selbst, daß es während des Manderns ohne Fechten nicht immer abgeht; aber die Unschuldigen müssen mit den Schuldigen leiden. Für Diejenigen, welche arbeiten wollen, muß. in jedem Orte ein Ardeitsnachweisungsbureau errichtet werden, das unter be hördlicher Controle steht. Es ist kein Ort so Nein, daß nicht dieser oder jener Einwohner für eine kürzere oder längere Arbeit einen passenden Menschen suchte; da ist der Verdienst für die „armen Reisenden", und wer arbeiten will, nimmt ihn gern mit und verzichtet auf das Betteln. Den echten Rittern von der Landstraße liegt allerdings wenig am Arbeiten, sie ziehen das Betteln vor. Sie kümmern sich um Arbeitsnachweis nicht im Geringsten, und hier hilft allein der Zwang, das bittere Muß! Wenn kein Einwohner solchen Patronen auch nur einen Pfennig oder ein Stück Brod giebt, so müssen sie sich schließlich an die Behörde wenden, aber ein Stadtgeschenk darf nur verabfolgt werden, wenn der Petent eine bestimmte Arbeit dafür ausführt. Paßt ihm das nicht, so wird er per Schub entfernt, um im nächsten Orte dieselbe Erfahrung zu machen. Schließlich wird auch der arbeits scheueste Mensch mürbe, der Hunger zwingt ihn zur Arbeit. Bei einiger Aufmerksamkeit der Polizei und sofortiger Meldung der ange sprochenen Personen wird es stets schnell gelingen, solche Subjekte zur Haft zu bringen. Und die Arbeit? Jede Behörde kann Arbeiter gebrauchen auf städtischem Terrain; cs wird in der Regel immer etwas zu thun geben, und wäre es nur Holzhacken oder Straßenfegen Sollte das aber wirklich nicht der Fall sein, so wird sich bei einem Privatmanne schon Beschäftigung auflreiben lasten, die Hauptsache ist, nicht umsonst! Und, nebenbei bemerkt, was für die Vagabonden gilt, trifft auch oft für sogenannte städtische Arme zu, die behaglich auf Kosten der Stadt leben und nur dann zu arbeiten pflegen, wenn das gereichte Armengeld verzehrt ist. Auf diesem ganzen socialen Gebiete muß überhaupt eine größere Strenge Platz greifen, die deshalb aber noch keineswegs in Härte auszuarten braucht. Was hat denn die Vagabondage so unendlich gefördert? Unsere eigene Gutmüthigleit, die verkehrte Mildthätigkeit Personen gegenüber, die hinterher ihre Wohlthäter auslachen und ihnen gar noch mit Un dank lohnen. Weshalb man hier noch mit Güte Vorgehen soll, sehen wir nicht ein. Wir haben oben schon gesagt, daß wir nicht von den wirklichen „armen Reisenden" sprechen, hier läßt sich schon ein Auge zudrücken, sondern von den Strolchen, welche ohne Arbeit auf anderer Leute Kosten bequem leben wollen. Wir müssen die Arbeitsscheu als eine Krankheit betrachten! Hilst nicht gelinde Medizin — und das haben wir gesehen — so müssen Radikalmittel angewandt werden, damit nicht Unheilbarkeit zuletzt eintritt. Wir müssen immer bedenken, daß die Vaganten die Rekruten des Verbrecherthums sind, welche, der Arbeit entfremdet, dem Laster in die Arme fallen, und so eine Gefahr für glle besitzenden Elasten bilden! Wollen wir aber nicht, daß das Letztere geschehe, so dürfen wir auch nicht die Hände in den Schooß legen und klagen! Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. — Gestern Mittwoch Abend fand in der hiesigen freundlichen St. Johanniskirche der erste Abendgottesdienst statt. Derselbe war auch sehr gut besucht und die ruhige Lage der Kirche, welche dem nächtlichen Treiben und Lärm entrückt, ist auch ganz für diesen neu eingerichteten Abendgottesdienst geeignet. Herr Diaconus b>ie. Ackermann, welcher diesen Gottesdienst eröffnete, besprach in war men Worten die Bedeutung und wies auf den Segrn hin, welcher sich an diese stillen Abendstunden, die hi r im Gotteshause verbracht, werden, knüpft. Die sämmtlichen Herren Geistlichen der Stadt haben sich i» der freundlichsten Weise bereit erklärt, diese Abendgottesdienste mit zu unterstützen und so möge diese neue Einrichtung zum sittlichen und religiösen Leben der Bewohnerschaft von Chemnitz beitragen und der allmächtige Gott seinen Segen dazu geben. —* Der Bau unsrer Petri kirche, deren Platzfrage eine lange Reihe von Jahren hindurch vcntilirt worden ist und noch in der letzten Stunde ihrer Entscheidung vieles Debattiren veranlaßt hat, wird nun nach dem Eingang der Baupläne und Entscheidung der „Um nun auf die Gräfin Stasia zu kommen. Ich kann nicht sagen, daß sie meine Freundin ist; obschon sie stets freundlich und wohlwollend sich mir gegenüber benimmt, scheint es mir doch beinahe, als habe sie eine Art Widerwillen, eine unerklärliche Abneigung gegen mich gefaßt." „Ihr seht, ich mache mir keine Illusionen." „Aber wie sollte das Lamm den Wolf lieben? Das Reh den Jäger? Ich verarge es ihr nicht, denn ich selbst, habe ich nicht gegen diese schwächliche Stasia, dieses zierliche Kind eine unüber windliche Antipathie?" „Woher kann diese kommen?" sagte Serge. „Das wäre doch zu stark." „Zu stark? und warum? Ich will Euch nicht die Gründe vorenthalten, die, meiner Ansicht nach, sie in mir hervorgerufen haben. Stasia, jung, schön, reich, angebetet, nahm Unterricht bei mir, die ich häßlich bin, vor der Zeit gealtert, arm und von Jedermann mit Härte behandelt. Sicherlich ist sie nicht verantwortlich für diese Gaben der Natur, so wenig ich es bin für die Mißgunst des Schicksals." „Weshalb dieser grelle Unterschied?" „Warum wird sie geliebt und ich nicht?" „Warum wird sie lieben mit Aussicht auf Gegenliebe, während dessen ich ... ." Hier hatte dieses starke Weib, scheinbar ohne Herz, ohne Nerven, diese skeptische und verdorbene Parlowna eine Anwandlung vorüber gehender Schwäche, einen Moment der Rührung. Sie ward schnell Meister dieser Empfindung und fuhr fort: „Während ich keine Erwiderung finden werde, und wenn ich Alles opferte, mein Leben selbst, kein Blick würde mir werden, ich würde nur Verachtung ernten." Wladimir und Serge wechselten erstaunte Blicke. O! ich weiß wohl, was ich sage," fuhr Parlowna die Achsel zuckend, fort: „Aber handelt cs sich darum? Wir sind hundert Meilen weit von unserem Thema entfernt. Die Gräfin Stasia hat Fehler, die für uns von Werth sind, wenn wir Nutzen daraus zu ziehen verstehen und sie zu unserm Bortheil zu verwenden wisteu. „Sie besitzt ein leichtbcwegliches Herz, eine große Leichtgläubig keit, Neigung und Ueberspanntheit; sie ist fromm, ein wenig Mystikerin und, Dank meinem Einfluß, nicht weit davon entfernt, unserer Partei anzugehören." „Wäre es möglich!" murmelte Serge. „Es ist so, wie ich Euch sage, Wie oft, wenn sie mir zuhörte, hat sie das Unglück der armen Menschheit beklagt; wie oft geseufzt bei der Erzählung der Leiden, von denen seit Anbeginn die Bewohner dieser Erde aus Schlamm und Staub heimgesucht wurden. Wie oft hat sie die Unvollkommenheit der Naturgesetze und die Unmöglichkeit des Vorhandenseins einer Vorsehung erkannt. Dann gestand sie zu, daß Alles schlecht sei, daß Allem das Eisen des Chirurgen und das des Schafrichters Noch thue. Oft, wenn ich sie so durchdrungen und hin gerissen sah, war ich auf dem Punkte, ihr die Verbrüderung vorzu- Preisrichter darüber gewiß sehr bald zur That werden. — Im Hinweis hierauf ist es gewiß nicht uninteressant, zu erfahren, daß man vor länger als sechszig Jahren- bereit- von einer Petri kirche in Chemnitz gesprochen, resp. geschrieben hat. In einem 18 5 erschienenen Buche, betitelt „Reisedurch Sachsen und Böhmen im Jahre 182.' und 18 3, von !)>-. Bischof, Großherz. Sachsen - Weimarischer Criminalastestor" steht wörtlich zu lesen: „Von einem Thurme der Peterskirche in Chemnitz kann man die freundliche Stadt und ihre reizende Umgebung übersehen." Lebte der Autor dieses Schriftchens noch, so würde derselbe die Freude haben, zu erkennen, wie sein damaliger Irrt hum nach länger als «i Jahren doch noch zur Wahrheit wird. — Der „Verein Deutschland", dessen Zweck es ist, vom Stand punkte der Unterstützung nationaler Bestrebungen aus: Weiterbildung und Vervollkommung im allgemeinen Wissen durch Vorträge und Diskussionen, an welchen letzteren sich ein Jeder betheiligen kann, zu erzielen, giebt soeben seinen ersten Geschäftsbericht aus, aus dem wir ersehen, daß der Verein seit seiner Begründung im November 188 nicht unwesent liche Fortschritte gemacht hat. Im vorigen Winter sprachen an >7 Vortragsabenden unsere bewährtesten, heimischen Redner, zu denen sich auch noch auswärtige gesellen. Sprechen werden in diesem Winter die Herren Reußner, 0>'. Ohorn, Schubert, von Soden, Glaser aus Braunschweig, Walther, Prof. 0>- Rühlmanu, Prof. Kellerbauer und noch viele andere. Der Verein wird am 10. November im Mosellasaal auch eine öffentliche Lutherfeier veranstalten. Leuten, denen an einer nicht kostspieligen Mitgliedschaft eines Bildungsvereines gelegen ist, kann der „Verein Deutschland" nicht genug empfohlen werden und wünschen wir letzterem auch im neuen Geschäftsjahr ein fröhliches Gedeihen. — Das Bürgerrecht hiesiger Stadt erlangten laut städtischem Jahresbericht im vorigen Jahr 271 Personen, wovon 35 ansässig» die übrigen unansässig waren. — Im verflossenen Jahre 1882 trugen zur Dienstbotenkranken kaste 5 26 Personen bei, wodurch eine Gesammteinnahme von 15,408 M. erzielt worden ist. Auf Kosten der Kaffe wurden 331 Dienst boten im hiesigen Krankenhaus verpflegt und belief sich der Kur kostenaufwand auf I > ,.'86 M.; nach Abzug der für Erhebung der Steuern erforderlichen Ausgaben, blieb vom Jahre !882 ein Ueber- schuß von 366.' M. gegen 12 6 M. im Jahre >881. — Arbeits-Jubiläum. Einem im Geschäft des Kaufmanns Herrn Otto Hinkel hier thätigen Appreteur, Herrn Karl Friedrich August Aurich wurde aus Anlaß seiner 25jährigen Thätigkcit von Seiten des Rathes ein Ehrendiplom überreicht. — Neuer Kindergarten. Herr Hertwig eröffnete am 3. dss. infolge vielseitiger Wünsche im Odeon auf der Bernsbach straße einen neuen Kindergarten. — Es dürfte vielleicht noch manchem unserer Leser unbekannt sein, ist aber sicher für alle interessant, daß der „goldene Helm" in der inneren Klosterstraße, eines der ältesten, hiesigen Gasthäuser, seit dessen Umbau, der diesen Sommer geschah, eingegangen ist. Aber der glänzende goldene Helm, das Wahrzeichen des stattlichen Hauses, strahlt jetzt in v rjüngter Pracht herab und verdient auch die allge meine Bewunderung der Chemnitzer, denn in den ehemaligen Restaurationsräumen sind jetzt zwei bedeutende Ladengeschäfte etablirt. — Zwei Chemnitzer Kinder, ein Knabe von 12 und ein Mädchen von 0 Jahren wurden vor einigen Tagen Nachts von einem Frankcnberger Schutzmann dabei betroffen, wie sie auf einem Felde 2 Kaninchen weideten. Die Kinder,bei denen man 11 Mark baares Geld vorfand, wurden im Rathhausgefängniß beherbergt und am andern Tage nach Chemnitz transportirt, wobei sich herausstellte, daß der Knabe in einem großen dortigen Handschuhgeschäft, in welchem er engagirt war, einen Einbruch verübt und dazu auch noch eine« Kinderschiebewagen entwendet hatte. Das hoffnungsvolle Bürschchen wollte mit seinem Keinen Schwesterchen nach Amerika reisen! Den Wagen hatte der Junge in Ebersdorf im Stiche gelasten. —* Am 1. d. M.. Nachmittags in der vierten Stunde, wurde ein an der Leipzigerstraße hier wohnhaft gewesener Handarbeiter in seiner Wohnung erhängt ausgefunden und polizeilich aufgehoben. — Wenige Stunden später wurde ein an der Hartmannstraße wohnhaft gewesener Zeugschmied ebenfalls erhängt aufgefunden und polizeilich aufgehoben. In beiden Fällen sind die Selbstmordmotive unbekannt. —* Gestern Abend gegen 8 Uhr war ein an der Außenseite der auf dem Neustädtermarkt stehenden Menagerie mit 15 z Ctr. Heu und schlagen, aber ich unterließ es doch immer wieder, aus Furcht vor ihrer Schwachheit und Mangel an Energie." „Sie ist schön," sagte Wladimir. „Sie ist schön wie gut," erwiderte Serge „Wo hast Du sie gesehen?" „In ihrem Wagen auf dem Prospekt und ein andermal bei einer Vorstellung in dem Alexander-Theater, es war an jenem Abend, an welchem die Nilson die Rolle der Ophelia sang." „Keiner von Euch," sagte Parlowna, „kann sie kennen wie ich, die sie als Kind gesehen, in dem Uebergangsalter zur Jungfrau und sie ist ein herrliches Mädchen, eine wunderbar schöne Gestalt. Sie stammt auch nicht aus Klein-Rußland, sie kommt weder von der Camara noch von Moskau, sondern aus dem Gouvernement Venza. In dieser südlichen Provinz giebt es jene vollkräftigen schöne« Brünetten mit rosigen Lippen, tiefblauen Augen und prachtvollen langen Haaren. Eine solche ist die Gräfin und ihre feurige und auch zu gleich schmachtende Schönheit ist das Spiegelbild ihrer Seele. Am letzteren hat mich oft etwas Scheues, Furchtsames gestört." „Es wäre ein Verbrechen," murmelte Serge, „nach dieser Stirne zu zielen." „Und dennoch werdet Ihr es thun, Serge, wenn Euch daran gelegen ist, Euer Wort zu halten." „Wie," sagte Wladimir erbleichend, „Serge, so ist es gemeint?" „Hört mich beide an," erwiderte Parlowna. „Es hanoelt sich für uns nicht darum, auf die gewöhnlichen Schwachheiten der Mensche» zu spekuliren. Sv dumm sind wir nicht Nun scheint mir aber» Ihr mengt persönliche Interessen in unsere Unterhaltung, unsere Pläne. Das wäre ein Fehler. Wir können unser Ziel nur erreichen, wenn wir jeglichen Individualismus in uns ertödten, nur sür das allgemeine Beste arbeiten, ohne unseren eigenen Interessen nur einen einzigen Blick zuzuwendcn. Ist die- auch Eure Ansicht? Wo nicht, so ist es überflüssig fortzufahren. Ich werde andere Männer für mein Unternehmen suchen und werde sie auch finden.,, „Ihr, Parlowna, wißt, wie ich darüber denke. Jedes Mitglied der Partei muß der Partei Alles opfern," erwiderte Serge. „Ganz gewiß," sagte Wladimir, der, weil er nichts zu verlieren hatte, auf alle Fälle diese ziemlich gefahrvolle Ansicht vertrat. „Wenn dem so ist, werden wir uns leicht verständigen." „Serge, ich kenne Dich, Du bist, was man so nennt, ein ehr liches, edles Geniüth. Aber Du hast nicht das entsprechende Aeußere, um auf Stasia verführerisch zu wirken. Dir fällt die Mission zu, sie zum Nihilismus zu bekehren und ihr Vermögen zu verwalten. Das ist Alles, wozu das Schicksal Dich anweist. „Du, Wladimir, bist schön, Dein Anblick macht die Herzen der jungen Mädchen höher schlagen. Du wirst Stasia heirathen." In der Aufregung und dem Schwung der Rede dutzte sie jetzt ihre Zuhörer. Bei diesem so rasch hingcworfenen Worte konnte Wladimir, ob schon er Achnlichcs erwartet hatte, doch nicht umhin, durch ein plötz-
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