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bord vorn beschädigt, blieb aber noch etwa eine halbe Stunde schwimmend und sank dann auf 40 Meter Wassertiefe, nachdem die gesummte Besatzung unverletzt von Schiffsbooten und Torpedobooten der Flotte gerettet worden war. Der Zusammenstoß erfolgte beim Durch fahren der „Wacht" zwischen „Württemberg" und „Sachsen". Die Ursache lag in dem ungenügenden Functioniren des Steuerapparates der „Wacht". Beide Schiffscommandanten genießen den Ruf recht erfahrener Seeoffiziere. „Sachsen" hat gerade am Bug unter der Wasserlinie einen bedeutenden Sporn, der dem kleinen Kreuzer verhängnißvoll geworden ist. Da Verluste an Menschenleben nicht zu beklagen sind, so haben die Schiffe der Manöverflotte glänzend bewiesen, daß sie im Rettungswesen vorzüglich ausgebildet sind. „Wacht" hat eine Wasserverdrängung von 1253 Tonnen und eine Maschinenkraft von 4000 Pferdekräften bei 19 Seemeilen Fahrt in der Stunde. Im Jahre 1886 wurde er in einer Länge von 80 und einer Breite von 9,6 m gebaut. Er ist mit sechs Schnellladekanonen armirt und trug eine Besatzung von 145 Mann. „Sachsen" ist ihm in jeder Hinsicht überlegen. Der Ersatzbau wird sich auf etwa 5 Mill. Mk. belaufen, denn nach den Erfahrungen über Hebungsversuche von gesunkenen Kriegsschiffen auf hoher See muß angenommen werden, daß die „Wacht" in der Tiefe wird liegen bleiben müssen. Zur Verhökerung des Zolltarifs war gemeldet worden, daß der Herausgeber der Londoner Finanzchronik mit Wissen und Genehmigung des deutschen Reichs kanzlers ihn erworben habe. Darüber war ein großer Tamtam in der Presse der äußersten Linken ausge brochen. Jetzt stellt die „Nordd. Allg. Ztg." amtlich Folgendes fest: Am 24. Juli erhielt der Herr Reichs kanzler von einem ihm persönlich unbekannten Herrn aus Hamburg die Mittheilung, daß einer Londoner Zeitung eine Abschrift der Tarifvorlage zum Kauf an- geboten sei. Noch ehe seinerseits zu dieser Eröffnung Stellung genommen werden konnte, traf am 25. Juli aus Hamburg die Meldung ein, daß der Herausgeber der Finanzchronik die fragliche Abschrift der Tarifvor lage bereits erworben habe. Vom Reichskanzler hat der betr. Hamburger Herr in dieser Sache keine andre Mittheilung erhalten, als einen Ausdruck seines Dankes für die Anzeige der Veruntreuung von amtlichem Material zum Zolltarif, mit dem Hinzusiigen, daß die Veröffentlichung jedenfalls unerwünscht sei. Der Effect des Zwischenfalls bestand alsdann in der sofortigen amtlichen Publikation des Entwurfs und die war allen Interessenten erwünscht. Hinsichtlich der Verpachtung der Bahnhofswirth- schaften sind nach dem „Berl. Tgbl." für Bayern neue Bestimmungen angekündigt. Angebote von augenfällig übertriebenen Pachtsummen sollen künftig von vornherein ausscheiden, und es wird derjenige Pächter berücksichtigt, der bei annehmbarem Pachtgebot für eine gute Wirth- schaftsführung die meiste Gewähr bietet. Ueber einen gesetzlichen Schutz der Bauhand werker sind im preußischen Justizministerium zwei Entwürfe ausgearöeitet. Wie es heißt, sollen sie der öffentlichen Meinung unterbreitet werden. Ter deutsche Handelstag wird Ende dieses Monats " eine Plenarsitzung abhalten, um den Zolltarifentwurf zu > erörtern. Das Hauptgewicht wird auf die Beseitigung < des Doppeltarifs und die den Seehandel erschwerenden Bestimmungen gelegt werden. Frankreich. Anläßlich des Zarenbesuches hat eine scharfe Jagd nach Anarchisten und Nihilisten begonnen, von denen Frankreich in diesen Tagen überfluthet worden - sein soll. Aus Petersburg ist der Pariser Sicherheits behörde die Nachricht zugegangen, daß seit einigen Tagen eine Anzahl Nihilisten und Anarchisten aus Rußland 1 verschwunden seien. Zwischen Petersburg und Paris I findet in dieser Angelegenheit ein reger Depeschcnwechsel ' statt. Aus mehreren französischen Provinzstädten sind > die Polizeidirectoren nach Paris gekommen, um Nach- I forschungen darüber anzustellen, ob etwa aus Marseille ! oder Toulon verschwundene, als Anarchisten bekannte Personen sich nach Dünkirchen oder Compiögne begeben ! haben. ! In Sachen des Conflicts mit der Türkei ist ' Frankreich entschlossen, bis zum Aeußersten zu gehen. Tie Regierung hat zwar noch kein Geschwader abge schickt, aber den Sultan an einer Stelle angegriffen, wo er vielleicht am empfindlichsten ist. Sie droht nämlich, die zahlreichen Geheimpolizisten auszuweisen, die der I Sultan zur Ueberwachung der Jungtürken in Frankreich ! und namentlich in Paris unterhält. England. Die ganze englische Presse schwelgt gegenwärtig ordent- l lich in Erinnerungen an alle die Unthaten, die wir i Deutschen in Frankreich verübt haben sollen. Tie f ganze Mache geht, wie die „Kreuz-Ztg." hervorhebt, offenbar dahin, den britischen Landsleuten, die anfingen, von der eigenartigen Kriegführung am Kap doch etwas wie Scham zu empfinden, zu beweisen, wie milde man i mit den Buren verfahre, und wie andre Nationen es i noch viel schlimmer getrieben hätten. Daß die englische i : Presse zu diesem Behufe gerade über deutsche Krieg- : führung Lügen verbreitet, ist bezeichnend und soll nicht t vergessen werden. t Spanien. Es ist unglaublich, mit welcher Unverschämtheit fort- > gesetzt in der spanischen Postverwaltung gestohlen i wird, und dabei haben die Diebe noch dis Frechheit, : die in den entwendeten Briefen gefundenen Wechsel, die : sie nicht zu Geld machen können, mit unfläthigen Be- - merkungen versehen, den Bestohlenen durch die Post zuzusendcn. Vor einigen Tagen bewilligte der Minister- rath einen neuen außerordentlichen Kredit von 300,000 Pesetas als Entschädigungen für „verloren gegangene" Einschreibe- und Geldbriefe. Asten. Wie der britische Staatssekretär des Innern erklärte, soll das Schlußprotokoll in Peking nun bestimmt heute oder spätestens morgen unterzeichnet werden. Wir wollen hoffen, daß dem so ist, obgleich wir durch die vielen Falschmeldungen über die bevorstehende Unter zeichnung des Schriftstücks allmählich mehr als skeptisch geworden sind. Der Pekinger Berichterstatter der Londoner „Times" erzählt seinem Blatte, daß Rußland den Widerstand Chinas gegen die nachträglichen Forderungen hinsicht lich des Ceremoniells für den Empfang der Sühne gesandtschaft in Berlin unterstützt habe. Ter Zwischen fall lieferte, wie der „Voss. Ztg." aus London gemeldet wird, Rußland die gewünschte Gelegenheit, sich China geneigt zu zeigen. Während der Dauer des Zwischen falls verkehrte der russische Gesandte täglich mit Lihung- tschang und rieth ihm an, China möge fest bleiben. Der Gesanvte soll auch gesagt haben, der Zar, der nie mals aufhöre, Freundschaft für China zu bekunden, habe den deutschen Kaiser ersucht, Schonung gegen China zu üben und ihm Demüthigungen zu ersparen. Das alles sind Londoner Angaben, und das besagt für ihre Glaubwürdigkeit wohl genug! Afrika. Vom Kriegsschauplätze ist wenig Neues zu melden. Die Buren haben ein paar Proviantzüge der Engländer ausgeplündert und niedergebrannt, die Begleitungs mannschaft gefangen genommen oder, soweit sie Wider stand leisteten, erschossen. Die Engländer suchen dagegen ihre Triumphe nicht mehr im Kampfe gegen die Buren, sie haben wohl eingesehen, daß das nutzlos ist, sondern haben sich ganz dem Spionenfang und der standrecht lichen Hinrichtung einiger unglücklicher Gefangenen ge widmet. Amerika. In dem Streit zwischen Venezuela und Columbien hat die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord amerika bekanntlich ihre guten Dienste angeboten, zu gleich aber erklärt, daß sie unter allen Umständen die Verkehrssicherheit auf dem Isthmus zu wahren vissen werde. Auf Columbien, die schwächere Partei m dem Streite, hat Nordamerikas Machtwort seinen Eindruck nicht verfehlt. Columbien will die Vermittlung Mac Kinleys annehmen, da cs einsteht, daß cs bei einer Ablehnung den Kürzeren ziehen würde. Venezuela ist zu einem Vergleich dagegen nicht geneigt, erklärt, Columbien trage an den Verwickelungen ganz allein die Schuld und fordert nun, daß dieses die Suppe auch ! ausesse, die es sich eingebrockt habe. Ans dem Mnldenthale. *Waldenb«rg, 6. September. Se. Durchlaucht Prinz Sigismund von Schönburg-Waldenburg hat Schloß i Zomssen am 4. d. M. verlassen, um sich nach seiner , Herrschaft Glatzen in Böhmen zu begeben. i * — Beim hiesigen Stadtrath ist eingegangen Reichs- ! Gesetzblatt, Nr. 37, enthaltend: Zusatzübereinkommen zu : dem internationalen Uebereinkommen über den Eisen- ' bahnfrachtverkehr vom 14. October 1890; desgleichen ! Nr. 38, enthaltend: Bekanntmachung, betreffend diejenigen > obersten Verwaltungsbehörden und höheren Verwaltungs- 1 behörden im Deutschen Reiche und in der Oesterreichisch- Ungarischen Monarchie, sowie in Bosnien und in der i Herzegowina, deren Urkunden nach den Verträgen zwischen ' dem Deutschen Reiche und der Oesterreichisch-Ungarischen 1 Monarchie vom 25. Februar 1880 und 13. Juni 1881 ! einer Beglaubigung nicht bedürfen. < * — Tie am 1. October 1901 fälligen Ziusscheine l )er Hypothekenpfandbriefe Serie I und V der Säch- ! ischen Bodencrditanstalt in Dresden werden nach einer I im Jnseratentheil unserer vorliegenden Nummer befind- ! lichen Bekanntmachung bereits vom 16. September d. I. ab bei sämmtlichen Pfandbrief-Verkaufsstellen eingelöst. * — An indirecten Steuern wurden im Jahre 1900 m Sachsen vereinnahmt 71,238,548 Mk. Im vorigen > Jahre wurden von 1,555,443 Beitragspflichtigen < 35,242,546 Mk. Einkommensteuer entrichtet. Der l Reinertrag der Staatsforsten, deren gesammte Fläche > 1899 173,936 Hectar betrug, stellte sich auf 8,324,956 : Mark. I * — Wiederholt ist unter den im Königreich Sachsen : wohnenden Katholiken eine Abkehr von Rom in größerem z Stile zu beobachten gewesen. Vor siebzig Jahren schon, i im Jahre 1830, machte sich eine regelrechte evangelische i ° Bewegung in Dresden geltend. ES erschien eine noch t heute lesenswerthe Schrift, „Wünsche für eine zeitge mäße Reformirung der katholischen Kirche in Sachsen", der sich die „Grundzüge der rein katholisch-christlichen > Kirche zunächst in Sachsen und Schlesien" anschlossen. : Nicht weniger als 127 Hausväter traten damals allein , in Dresden aus der katholischen Kirche aus. Eine : zweite Bewegung „Los von Rom" setzte Mitte der vierziger Jahre mit dem Deutschkatholicismus ein, der namentlich unter den Katholiken in Dresden, Leipzig und Chemnitz begeisterten Anklang fand. Wie cs scheint, will sich in der Gegenwart eine dritte evangelische Bewegung anbahnen, ja die confessionelle Statistik lehrt, daß eine solche in Sachsen bereits vorhanden ist. Aus dem Berichte des Landesconsistoriums über den Zustand der evangelisch-lutherischen Landeskirche in den letzten fünf Jahren erhellt, daß jetzt unter den Katholiken Sachsens ein mächtiger Zug zur evangelischen Kirche vorhanden ist. Während vor fünfundzwanzig Jahren die Austritte zur evangelischen und die Uebertritte zur römischen Kirche sich noch die Waage hielten und im Jahre 1889 nur erst 101 Katholiken evangelisch wur den, schnellt die Zahl der Katholiken, die zur Landes kirche übertraten, im Jahre 1898 auf 310, im Jahre 1899 auf 508 und im Jahre 1900 auf 570 empor. Diesen gewaltigen Zahlen stehen in den letzten drei Jahren nur 54, 41 und 46 Protestanten gegenüber, die katholisch wurden. - *—- In den letzten Tagen brachten viele sächsische Blätter eine Notiz über Steuerfreiheit militärischer Uebungsmannschaften; diese Steuerfreiheit besteht aber nur in Preußen und den unter preußischer Militär- Oberhoheit stehenden Staaten. In Sachsen besteht diese Einrichtung nicht. *— Im Sommer des Jahres 1900 sind in Sachsen 9,257,682 Obstbäume gezählt worden, und zwar 2,540,341 Apfelbäume, 1,604,194 Birnbäume, 3,674,225 Pflaumenbäume und 1,438,923 Kirschbäume. Unter je 100 der im Lande vorhandenen Obstbäume wurden gezählt 40 Pflaumen-, 27 Apfel-, 17 Birn- und 16 Kirschbäume. — Falsches Geld und kein Ende, möchte man sagen. Am Fahrkartenschalter des Glauchauer Bahnhofs wurde am Tienstag wiederum ein falsches Markstück mit der Jahreszahl 1882, Münzzeichen nicht erkennbar, ange halten. Das Falschstück ist sehr leicht kenntlich, da sich das Gußloch über den Buchstaben P86 im Worte „Deutsches" befindet und an dieser Stelle im Rande eine Vertiefung entstanden ist. — Tie Stadtgemeinde Zwickau war für dieses Jahr mit 582,430 Mk. zur Einkommensteuer eingeschäht worden, reclamirte aber und erlangte Herabsetzung des Einschätzungsbetrages auf 227,087 Mk., bez. Herab- setzung der Steuer von 23,280 Mk. auf 9040 Mk. Die Reclamationscommission erkannte an, daß auch der zu gemeinnützigen Zwecken bestimmte Reingewinn der Sparkasse usw. einkommensteuerfrei sei. — Der Landwirthschaftliche Lehrer Michael aus Auer bach, eine Kapazität auf dem Gebiete der Pilzkunde, veranstaltete in Ane eine Pilzausstellung und hielt am Tienstag vor den Mitgliedern des Gewerbe- und Erz gebirgsvereins einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag über die Pilze im Haushalte, der Natur und des Menschen. — Der erst seit einigen Jahren bestehende, aber bereits über hundert Mitglieder zählende Königl. Sächs. Miliärverein Zschadras; und Umgegend begeht Sonntag, den 8. d., das Fest seiner Fahnenweihe. Zu dieser Festfeier, > für welche die Königl. Landesanstalt Zschadraß einen geeigneten großen freien Platz zur Verfügung ge stellt hat, haben bereits 27 Brudervereine mit Fahnen und Musikchören ihre Theilnahme zugesagt. Herr ?. Pflugbeil von Zschirla wird die Weiherrde halten. Möge diese patriotische Feftfeier, die sehr imposant zu werden verspricht, von recht freundlicher Herbstwitlerung begün stigt sein! — Die Mordthat in BörlU bez. Heyda erregt auch in Wurzen großes Aufsehen. Die ermordete 16jährige Dienstmagd Hedwig Apitz stammt aus Wurzen, auch wohnen daselbst Verwandte des Mörders Reinhold Nietzschke. Die schreckliche That scheint aus Eifersucht erfolgt zu sein. Tie Apitz, welche ein Verhältniß mit Nietzschke unterhielt, hatte mit Soldaten angebändelt. Dieses Vorkommniß scheint den Nietzschke so eregt zu haben. Alle eifrigst betriebenen Nachforschungen nach dem Mörder waren bis jetzt erfolglos. Aus dem Sachseulaude. — Bezüglich der Dresdener Bank laufen fortgesetzt ungünstige Gerüchte um. Nun hat das Institut zwar ein Communique veröffentlicht, in dem es erklärt, an den verschiedenen Bankbrüchen der neueren Zeit ganz unbetheiligt zu sein, aber es hat seltsamer Weise ver mieden, eine mit Zahlenangaben versehene Semestral- bilanz herauszugeben. Dieser Umstand war natürlich nur geeignet, die schlimmen Gerüchte noch ernsthafter zu machen, und so sind denn auch wegen dieses alten und stets für bombensicher gehaltenen Bankinstituts allerlei Befürchtungen verbreitet.