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sei er nicht, dagegen bereit, der vorgeschlagenen Zins garantie zuzustimmen. Avg. Richter wendet sich gegen die Absicht, den Bahnbau durch ein Consortium aus führen zu lassen, das sei Sache des Reiches. Angesichts der augenblicklichen Grundlage, wo große Reichsanleihen in Sicht sind, sei es schlecht angebracht, 24 Mill, neuer Anleihen für diese Bahn auf den Markt zu bringen. Schatzsekretär v. Thielmann entgegnet, daß diese 24 Millionen-Anleihe auf dem Geldmarkt absolut keine Rolle spielen würde. Anßer der freisinnigen Volks partei erklären sich noch die Socialdemokraten gegen den Bahnbau in jeder Form, die Vertreter aller übrigen Parteien wünschen den Bau von Reichswegen, oder wenn das nicht sein kann, unter Hinzuziehung des er wähnten Banken-Consortiums. Heute wird die Ent scheidung über den Bahnbau erfolgen, bei dem, wie wir offen sagen müssen, das Risiko jedenfalls kein geringes ist. Zur Kanalvorlage wird aus Münster gemeldet, daß der westfälische Provinziallandtag für die Kanalisation der Lippe gemäß den Beschlüssen der Commission ein treten werde. Die Aussichten der Kanalvorlage werden aber auch dadurch nicht gebessert, vielmehr haben auch die Commissionsverhandlungen der abgelaufenen Woche nur die Annahme verstärkt, daß es mit der Kanalvor lage auch dies Mal nichts wird. Zur Frage der Diätenzahlung an die Reichstags abgeordneten hat die zweite hessische Kammer einstimmig einen Antrag angenommen, der den hessischen Bundes- rathsbevollmächtigten zu ermächtigen ersucht, im Bundes- rath für den vom Reichstage beschlossenen Diätenantrag einzutreten. Oesterreich-Ungarn. Unter Bravorufen und Händeklatschen des Reichsraths und den Protestrufen der Tschechen wurde in der gestrigen Sitzung Graf Vetter v. d. Lilie endgültig zum Präsidenten des Reichsraths gewählt. Kaiser Franz Joseph soll seine Absicht, Prag zu besuchen, auf gegeben haben. Italien. In der italienischen Deputirtenkammer hat der neue Ministerpräsident Zanardelli sein Regierungspro gramm entwickelt. Er kündigte feierlich an, daß Italien auch fürderhin so treu am Dreibunde halten werde, wie bisher. Man weiß Wohl, daß Seitens Frankreichs fort gesetzt Bemühungen gemacht werden, Italien dem Drei bund zu entfremden. Hoffentlich aber überdauert diese vom Fürsten Bismarck zur Erhaltung des europäischen Friedens aufgerichtete Stütze alle Stürme und Unter- minirungsversuche, die auf dieselbe losgelassen werden. Der neue Minister sagte in üblicher Weise für Italien Reformen zu, wie es jeder seiner Vorgänger im Amte auch gethan hat. Man wird bei solchen Versprechungen in Rom nur leider allzusehr an die gleichlautenden in Madrid erinnert. Auf den beiden naturschönen Halb inseln, der pyrenäischen wie der appeninischen, herrscht das sociale Elend unter den Massen in seiner furcht barsten Form. Was nützen den Hungernden politische Reformen und schöne Versprechungen. Könnte ihnen Zanardelli Brot geben und lohnende Arbeit, dann wäre er der Retter des Landes, aber so wird sich das von ihm gebildete Ministerium ebenso schnell abnutzen und in der Versenkung verschwinden, wie es die Cabinette des letzten Decenniums vor ihm gethan haben. Vor läufig wird das neue Cabinet eine gerechtere Verthcilung der Steuerlasten vorzunehmen haben und man abwarten müssen, wie es sich dabei bewährt, ehe man Weiteres sagen kann. Asten. Bei der Hinrichtung des Mörders unsres Gesandten v. Ketteler, des Unteroffiziers Enhai, sollen die Eng länder geradezu widerliche Scene n aufgeführt haben, indem sie sich mit Photographenkasten dicht an den Delinquenten drängten und zahlreiche Aufnahmen machten. Die Chinesen meinen, Enhai sei hingerichtet worden, weil er dem Gesandten die Uhr gestohlen habe, von dem Morde wissen sie nichts oder glauben doch nicht daran. Der chinesische Hof soll als vorläufige Residenz Kaifengfu, Hauptstadt Honans am Gelben Flusse, in Aussicht genommen haben. Danach wäre also die Rück kehr nach Peking noch immer nicht beabsichtigt. Afrika. Ueber Dewet liegen wieder einmal unwahrschein lich klingende Meldungen vor, aus denen man schließen könnte, daß die Engländer über den gegen wärtigen Aufenthalt des wagemuthigen Helden wie schon so oft garnicht unterrichtet sind. Londoner Blätter melden nämlich, Dewet habe sich bei Smithfield von Steijn getrennt. Smithfield liegt nun aber im südöst lichen Oranjefreistaat, während sich Dewet nach den übereinstimmenden bisherigen Angaben im Südwesten dieser Republik aufhalten sollte. Dewet ist also hoffent- lich längst wieder oben auf und wird den Engländern noch viel zu schaffen machen. Böse Dinge scheinen diese auch von dem Burencommandanten Delarey erfahren zu haben, da sie über den Zusammenstoß mit letzterem bei Lichtenburg das bekannte und bezeichnende Schweigen beobachten. In Pearston haben die Buren 2000 Patronen, Gewehre und Lebensmittel erbeutet. Außer diesen und andren mehr oder weniger empfindlichen Ein bußen gerathen die Engländer durch die unaufhaltsame Ausbreitung der Pest in Kapstadt mehr und mehr in Bedrängniß. Die Jubelschalmeien, daß das Ende des Krieges bevorstehe, sind denn auch gänzlich verhallt, und in London betreibt das Kriegsamt mit außerordent licher Beschleunigung die Absendung einer Verstärkungs truppe von 15,000 Mann, die noch im Laufe dieses Monats nach Südafrika abgehen soll. Danach läßt sich auch beurtheilen, wie wenig Bedeutung das englische Kriegsamt den Verhandlungen mit Botha beilegt, die jetzt garnicht einmal mehr die Capitulation der Buren, sondern nur die Herbeiführung eines Waffenstillstandes bezwecken sollen. Die Angabe, daß der Staatssekretär von Transvaal, Reitz, irrsinnig geworden sein soll, beansprucht ver- muthlich nicht mehr Glaubwürdigkeit, als das Gros der britischen Kriegsmeldungen, unter denen sich die Angabe, daß die Zahl der gefangenen Buren im Ganzen sich auf 16,318 Mann belaufe, ganz besonders Hervorthut. Das Genie Dewets, der wie der Blitz seinen Bor- theil wahrzunehmen versteht und auch bei seinem jüngsten Uebergang über den Oranjefluß seinen Verfolgern nur dadurch entging, daß er deren Fehler im Momente für sich ausnutzte, nöthigt sogar den Engländern volle Be wunderung ab. Alle Ehre seiner militärischen Befähigung! liest man in einem Londoner Blatte. ANs dem Mstldemhale. ^Waldenburg, 9. März. Der Landwirthschaftliche Verein Waldenburg und Umgegend hielt am vergangenen Donnerstag Abend im festlich geschmückten Saale der Philipp'schen Gastwirthschaft in Kertzsch sein 25jähriges Stiftungsfest ab, zu welchem sich die Mitglieder und ihre Damen, sowie geladenen Gäste in größerer Anzahl eingefunden hatten. Die Feier bestand in Festtafel und Ball. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Oekonomie- rath Huth in Remse, eröffnete die Trinksprüche mit einem Hoch auf Se Majestät den König Albert und gab im weiteren Verlaufe eine Darstellung der geschicht lichen Entwickelung des Vereins in dem nunmehr abge laufenen Zeiträume von 25 Jahren, mit einer Begrüßung der Gäste und Mitglieder schließend. Alsdann ergriff Herr Kreissekretär Wilsdorf aus Chemnitz das Wort, um in längerer Rede auf die Bedeutung der Landwirth- schaft hinzuweisen und daran anschließend an den Vereins vorsitzenden die große silberne Medaille für Verdienste um die Landwirthschaft zu überreichen. Es folgte ferner die Ueberreichung von Ehrenzeugnissen an die Herren Gutsbesitzer Johann Gottlieb Zscherpe in Oberwinkel und Mühlenbesitzer und Holzhändler Gottlieb Bernhardt in Remse als Mitbegründer des Vereins und in Aner kennung für treue 25jährige Mitgliedschaft. Trinksprüche wurden weiter ausgebracht auf das Fürstliche Haus Schönburg durch Herrn Bernhardt in Remse, auf die Gäste durch den stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Friedemann in Oberwinkel, auf den Verein und sein Wirken durch Herrn Amtsgerichtsrath Bamberg, auf Herrn Wilsdorf durch Herrn Oberlehrer Kaeseberg, auf die Frauen, den Vereinskassirer Herrn List rc., sowie in humorvoller Weise auf die Landwirthschaft durch Herrn Cantor Krause in Remse. Der Festtafel folgte ein höchst animirter Ball. * — Die zweite diesjährige Bezirksausschußsitzung findet Donnerstag, den 21. d., nachmittags 3 Uhr im Sitzungssaale der kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau, Königstr. 3 in Glauchau statt. * — Wer den Zug verpaßt hat, muß seine Fahrkarte bekanntlich sofort nach der Versäumniß dem dienstthuenden Stationsbeamten zeigen, damit dieser sie mit dem Gil tigkeits-Vermerk versehen kann, weil sonst die Fahrkarte verfallen und das gezahlte Fahrgeld verloren ist. Diese Vorschrift ist in dem neuen, am 1. April in Kraft tretenden Betriebs-Reglement des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen auch auf die Fälle ausgedehnt worden, in denen der Reisende die Fahrkarte zum Be treten des Warteraums oder Bahnsteigs (wo dieselben abgesperrt sind) schon benutzt hat. * —- Die Obstbaumbesitzer werden seitens der kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau aufgefordert, im Monat März ihre Obstbäume auf das Vorhandensein der Blut laus genau zu untersuchen und, sofern dieselbe gefunden wird, die geeigneten Vertilgungsarbeiten schleunigst in Angriff zu nehmen. * — Zur Erleichterung des Osterverkehrs wird die Geltungsdauer der gewöhnlichen Rückfahrkarten von sonst kürzerer Geltungsdauer, die am Dienstag, den 26. März, und an den folgenden Tagen gelöst werden, bis einschließlich Freitag, den 19. April d. I., verlängert. Die Rückfahrt muß spätestens am 19. April bis um 12 Uhr Mitternacht angetreten und darf nach Ablauf dieses Tages nicht mehr unterbrochen werden. — Aus Zwickau wird dem „Bogtl. Anz." geschrie ben: Die Kohlenpreise sollen am 1. April wieder er höht werden. So kosteten z. B. Pechnußkohle im Jahre 1895 der Doppelwagen 117 bis 120 Mk., 1900: 138 bis 148 Mk., 1901: 162 bis 168 Mk. und vom 1. April an 174 hjs 176 Mk. — Der „Westlich Sächsische Grenzturngau" hält am 10. März im Parkrestaurant Eckersbach bei Zwickau seinen Gautag unter Vorsitz des Herrn GauvorsteherS Liebold-Crimmitschau ab. Der Gau feiert in diesem Jahre sein 25jähriges Bestehen. — Der 16^ Jahre alte Schüler Willibald Kristen in Rochlitz wurde am Freitag Morgen von Arbeitern todt im Walde unweit des Schlosses daselbst aufge funden. Eine Schußwunde im Kopfe und ein Revolver bekunden einen Selbstmord, den der sehr leichtsinnig geartete junge Mann lediglich aus unverzeihlichem jugend lichen Unverstand verübt haben dürfte. Andere Beweg gründe zu der traurigen That sind nicht bekannt. — Wie die stenographischen Verhältnisse in Sachsen liegen, mußte neulich der Sohn eines Grimmaer Bürger- in unliebsamer Weise erfahren. Er hatte sich um eine Expedientenstelle beim Stadtrath in Würze« beworben, hatte die Prüfung, die sich auch auf Kenntniß der Stenographie erstreckte, bestanden und hätte die Stelle erhalten, wenn er der Gabelsbergerschen anstatt der Schreyschen Stenographie mächtig gewesen wäre. Aus dem Sachseulaude. — Die Mitteleuropäische Eisenbahnconferenz in Dresden wurde am Donnerstag Vormittag 9 Uhr er öffnet. Sämmtliche Eisenbahn-Verwaltungen Deutsch lands, Oesterreichs, Italiens und der Schweiz sind durch 150 Delegirte vertreten. Die Berathungen werden zwei Tage in Anspruch nehmen und Personenverkehrs fragen betreffen. — Ein Verbot von Arbeitslosen-Versammlungen hat die Leipziger Polizeibehörde erlassen, weil die Arbeits losen in der Pleiße-Stadt sich neuerdings mehrfach Aus schreitungen hatten zu Schulden kommen lassen. Die Kürschner Leipzigs lehnten die Forderungen der Arbeit geber ab und beschlossen weiter in dem Generalstreik zu verharren. Da ein Kürschnerstreik um die jetzige Jahreszeit aussichtslos ist, so werden die Leipziger Kürschner ihren Beschluß bald genug bereuen. — Nachdem nunmehr die Dresdner Eisenbahnbauten beendet sind und auch im ganzen Sachsenlandc vielfach Erweitungen an den Bahnlinien vorgenommen wurden, soll nunmehr seitens der Königl. Staatsregierung mit Energie an die Lösung der schon seit Jahren brennen den. Bahnhofsfrage in Leipzig herangetrcten werden. Wie aus in der Regel gut informirter Quelle verlautet, ist in Leipzig für Bahnhofsbauten unter Vorbehalt be reits für nahezu 10 Mill. Mk. Land erworben worden und für den nächsten Landtag eine Vorlage für den Bau eines Ccntralbahnhofes in Leipzig zn erwarten. — Am Donnerstag Vormittag wurde eine in Plag- Witz abgehaltene Versammlung der Arbeitslosen, die sich gegen den Rath wendeten, polizeilich aufgelöst. Darauf hin begaben sich die Arbeitslosen im Zuge nach der inneren Stadt Leipzig, um vor dem Rathhause eine Demonstration zu veranstalten. Die Polizei verhinderte dies jedoch und zerstreute die Demonstranten. — Wie nunmehr bestimmt worden ist, wird der dies jährige Verbandstag der sächsischen Glaser-Innungen am 19. Mai in Planen abgehalten. — An der Bürgerschule in Meeraue soll mit Be ginn des neuen Schuljahres die von den städtischen Collegien beschlossene Errichtung einer höheren Mädchen- schule erfolgen. Sie soll, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen für höhere Mädchenschulen, den Mädchen eine höhere Bildung gewähren, um in ihnen den selbst ständigen Trieb zu eigener geistiger Weiterbildung zu entwickeln, oder ihnen die unentbehrlichen Hilfsmittel zu selbstständiger Erwerbsthätigkeit in die Hand zu geben. — Ein Zwangsverkauf von 60 Stück neuen Uhren war seitens des Amtsgerichtsvollziehers in Crimmitschau bekannt gegeben, später aber der Termin aufgehoben worden, da es sich bei dem Verkaufe, wie festgestellt wurde, um ein schwindelhaftes Manöver handelte. Die mit einem Preise von 20—30 Mk. ausgezeichneten Uhren hatten nach der Schätzung von Sachverständigen nur einen Werth von 3 Mk. 50 Pf. pro Stück und waren von einem auswärtigen Geschäftsmanne, der selbst weder Uhrenfabrikant noch -Händler ist, einem Ver- wandten in Crimmitschau scheinbar verkauft worden, um sie dann wegen angeblichen Forderungsrestes gerichtlich verkaufen zu lassen. Auf das Ersuchen interessirter Geschäftsleute war das betrügerische Gebühren festgestellt und die Auction infolge dessen aufgehoben worden. An anderen Orten, wie z. B. in Zwickau und Aue, soll der Schwindel gelungen sein. — Eine öffentliche Textilarbeitcrversammlung, zu der über 400 Personen den Bergkeller-Saal füllten, war zu Montag abend in Werda« einberufcn. In derselben sollte Frau Luise Zietz-Hamburg über den „Kampf ums Dasein während der Krisis" sprechen, blieb jedoch wegen Unwohlseins aus. Statt ihrer sprach Herr Krapp-Kre feld über daS Thema. Redner äußerte sich jedoch über Unternehmerthum und Regierung in solch hetzerischen Ausdrücken, dag ihm von dem überwachenden Polizei beamten das Wort entzogen und unter lebhaftem Tu mult der Anwesenden die Versammlung aufgelöst werden mußte. — Großes Herzeleid ist ,in Reichenbach über die Familie des Kupferschmiedemeisters Krummholz ganz plötzlich gekommen. K-, ein Mann von 37 Jahren,