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2. MW M Schönburger Tageblatt. 98. Sonntag, den 28. April 1901. Ja SmW ZraHri«; als Mmt. Von Leopold Sturm. Kronprinz Wilhelm ist Student in Bonn! Man möchte befürchten oder zu der Annahme Hinneigen, daß ein junger Herr, der schon das Soldatenleben gekostet, der wiederholt im Mittelpunkt glänzender Festlichkeiten gestanden hat, als Student auf der Universität nicht mehr die Treue des Studiums entwickeln könnte, ohne die ein Aufenthalt auf einer Hochschule viel von seinem Werth einbüßt; aber Gustav Freytags, des berühmten Dichters, hartes Wort vom „Prinzenstudium" findet jedenfalls für die Studentenzeit des ältesten Sohnes unseres Kaisers keine Anwendung. Auch das ist ge wissermaßen ein Dienst, und die ruhige Charakterfestig keit des einstigen Erben der deutschen Kaiserkrone garan- tirt, daß erreicht wird, was erreicht werden soll. Der Kronprinz hat bereits sehr bemerkbare Zeichen von Verständniß und von eigener Uebcrzeugung in Studien sachen gegeben, als daß man annehmen könnte, er würde nur das lernen, was ihm eben mitgetheilt wird. In der einfachen Erziehung zu Plön ist der Geist des Prinzen geschult, nach dem Rechten und Edelsten nicht blos zu streben, sondern es auch zu finden und zu be halten. Während sein kaiserlicher Vater das Gymnasium in Kassel besuchte, hat der Kronprinz Gymnasialkurse mit einer Anzahl gleichaltriger Gefährten in der Plöner Kadettenanstalt durchgemacht. Kaiser Friedrich hatte als junger Prinz noch seinen Spccialerzieher, ohne eine Anstalt bürgerlicher oder militärischer Art zu besuchen, aber studirt hat bekanntlich auch er in Bonn nach ab gelegtem Examen. Und wenn auch die ganze Freiheit des köstlichen Studentenlebens nicht einen Thronfolger umfassen kann, er gewinnt doch einen tiefen Blick in das Leben Derer, die berufen sind, dereinst Führer in der Nation zu werden. Enge Freundschaften stammen aus dieser schönen Zeit, auch Kaiser Wilhelm II. hat damals Vertrauen mit Vertrauen erwidert, und die alten Beziehungen sind heute noch nicht abgebrochen. Tie Hohenzollcrn sind eigentlich zu militärisch ver anlagt und geschult, als daß der Besuch einer Universität ihnen »aheläge. Erst mit dem späteren Kaiser Friedrich ist die frühere Hofmeister- und Präzeptor-Tradition unterbrochen, und die Urheberin des Gedankens, den Prinzen eine Universität besuchen zu lassen, war weniger der damalige Prinz von Preußen, spätere Kaiser Wil helm I., als seine Gemahlin, die geistvolle Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar, nachmalige erste deutsche Kaiserin Augusta. Wenn man von Friedrich dem Großen, der eine so harte Schule genoß, wie kaum vor ihm ein Prinz und nach ihm gewiß Niemand, der im Gefängniß saß, als sein Freund Katte hingerichtet wurde, und dann praktisch die Verwaltung gleich einem gewöhnlichen Beamten er lernen mußte, absieht, hat Preußen bis Kaiser Wilhelm I. nur einen einzigen wirklich geistvollen Fürsten gehabt, der auch auf der Höhe der Wissenschaft seiner Zeit stand, Friedrich Wilhelm IV. Friedrich Wilhelm III. war tüchtig, aber kein genialer Mann, Friedrich Wilhelm II. befähigt, aber leichtsinnig, Friedrich Wilhelm I. machte seinen Hofnarren Gundting zum Präsidenten seiner Akademie der Wissenschaften und Friedrich I. gehörte noch zn jenen fürsten, die den Franzosen-König kopirten. Daß er in einem wichtigen Punkte, in dem der Moral, ganz andere Grundsätze vertrat und befolgte, ist sein! Ruhm. Wie sich die Zeiten geändert haben! Bis fast vor hundert Jahren, bis zum Ausbruch der großen franzö sischen Revolution, begaben sich die jungen Prinzen mit ihrem Hofmeister, einem Kavalier und einigen Bedienten an den Hof von Versailles und Paris, um dort die Finessen fürstlicher Würde zu studiren, und nebenbei sollte der Herr Hofmeister Einiges in den Wissenschaften exvlieiren. Es blieb auch zu allermeist bei dem Einigen, die jungen Herren waren mehr in Anspruch genommen, als ihnen, ihren Finanzen und später ihren Ländern gut war. , Ter gnädige Herr Papa, der selbst Pans einst be sucht, und die Frau Mama, die wenigstens seine Moden copirte, drückten zu Allem, was der Herr Sohn an der Seine trieb, die Augen zu, bis die Geld-Ansprüche größer wurden. In den elterlichen Kassen war nicht gerade oft viel überflüssiger Mammon vorhanden, aber wofür waren die Unterthanen da? So mußten diese mit neuen Steuern die Pariser Prinzen-Erziehung be zahlen, so lange es ging, wie sie denn auch für andere hochfürftliche Neigungen Serenissimi mit ihrem Porte monnaie aufzukommen hatten. Am Ende wären die Kosten dieses Pariser Studiums ja auch Wohl zu bezahlen gewesen, aber was die jungen Herren an Prunk und Amüsement in Paris genossen, das wollen sie auch daheim nicht entbehren. Bis zum Regierungs-Antritt mußten sie wohl sich bescheiden, dann aber mehrten sie des Landes Wohlfahrt nur in bescheidenem Maße, die überkommenen Schulden aber so viel, wie es die gute Laune des Hofbanquiers ge stattete. Denn in Paris, woher all' der Staat bezogen ward, da war von vielem Kredit keine Rede. Ja, mit unter hatte es in der guten alten Zeit doch seinen ganz gehörigen Haken. Vermischtes. Fürst Bismarck war als Student ein flotter Fechter. Aus den Bismarck-Acten der „Hannover«" theilt Or. Fabricius in den „Academischen Monatsheften" mit: Bismarcks Activität fiel in die Zeit, in der sich, abgesehen von seinem letzten Semester, die Corps frei bewegen durften, und er hat denn auch redlich seinen Mann im Waffenspiel gestellt. Er hat mit 25 Mensuren die höchste Zahl erreicht, die damals bei den „Han noveranern" und wahrscheinlich auch bei den anderen Corps vorkam. Bei seinen 25 Mensuren hat Bismarck 25 blutige ausgetheilt, erhalten hat er 8 blutige. Als Sekundant ist Bismarck nicht so tüchtig gewesen wie als Paukant. Einen Nachklang aus Bismarcks Fechterthätig- keit enthält das Protocoll vom 7. December 1833, nachdem Bismarck schon nach Berlin übergesiedelt war. Dort heißt es: „Es wurde beschlossen, daß der v. Bis- marck'schc Schläger auf Corpsrechnung reparirt werden sollte." Bismarck hat also auf Mensur seinen eigenen Schläger gebraucht, den er beim Abgang dem Corps überließ. Die Wohnung des deutschen Kronprinzen in Bonn. Das kaiserliche Gartenhaus, das der Kron prinz in Bonn bewohnen wird, stammt auS dem Anfang der 70er Jahre und gehörte ursprünglich dem Millionär Fritz König. Von dem großartigen Anwesen, das früher eine der vornehmsten Zierden der Koblenzerstraße bildete, ist aber — so wird der „Rhein.- Westf. Ztg." geschrieben — außer dem im Renaissance stil gehaltenen Gebäude blutwenig in das Eigenthum des Kaisers übergegangen, trotz des verhältnißmäßig hohen Preises von 450,000 Mk. König's Schwieger sohn, Prof. Finkler, hat die gewaltige Besitzung durch eine nach dem Rhein führende Straße, die sog. Wörth straße, in zwei Hälften zerlegt, die dann von ihm wieder in kleinere Baustellen getheilt wurden. Das Beste an dem jetzigen kaiserlichen Hause ist noch die Rheinseite. Von schönen, breiten Erdabstufungen geschützt, gewährt sie einen prächtigen Ausblick auf den Strom und das herrliche Landschaftsbild mit dem Siebengebirge. Aus der Rheinseite tritt in Form eines halben Achteckes ein Mittelbau hervor, in dem unten der nicht allzu ge räumige Saal liegt. Rechts davon befindet sich das Speise-, links das Arbeitszimmer des Kronprinzen. Auf der entgegengesetzten Seite ist der Haupteingang mit großer Vorhalle. Rechts gelangt man durch das Diener zimmer und den Kleiderraum in das Schlafgemach des Kronprinzen. Daneben liegt das Badezimmer in einem Thurmbau und der sogenannte Wintergarten. Das obere Stockwerk ist ähnlich eingerichtet, enthält aber statt des Speise- und Arbeitszimmers zwei Herrenwohnungen. Es ist zunächst für den Prinzen Eitel Fritz bestimmt, der, wie es heißt, im nächsten Winter ebenfalls nach Bonn kommen soll. Der Garten umfaßt außer Ge wächshäusern auch noch einen Spielplatz, der im Winter zu einer Eisbahn umgewandelt werden kann. Die Stallungen sind auf 10 Pferde, die Schuppen auf 6 Wagen berechnet. Die Möbel-Ausstattung für den Kronprinzen sollte bereits vorigen Freitag in Bonn ein treffen. Wenn Schwabenmädele Durst haben. Bei einer Schulvisitation in der untersten Klasse einer württem- bergischen Mädchenschule fragte der Herr Schulinspector: „Was trinkt Ihr denn, wenn Ihr Durst habt?" Ein stimmig lautet die Antwort: „Most!" „Tas meine ich nicht!" sagt der Herr, „was trinkt Ihr denn zumeist, wenn Ihr durstig seid?" — „Bier!" lautete diesmal die Antwort. — „Aber es giebt doch ein Getränk, das Ihr zu allermeist genießt, das am besten den Durst stillt. Wer giebt endlich die rechte Antwort?" Allge meines Nachdenken, dann strecken sich einige Hände in die Höhe. „So, Kleine, sag' Du es!" — „Wein!" So wahrhaftig in diesem Frühjahr geschehen. Tas Wasser war keinem Mädchen in den Sinn gekommen. Rieseueinuahmen «ud Hungerlühue. Unter die ser Spitzmarke berichtet die Berliner „Staatsbürgerztg.": „Von 5000 Mk. auf 15,000 Mk. ist das Gehalt des ; Confectionärs einer hiesigen großen Firma erhöht wor- !den, und das kam so: Der junge Mann, der kaum j das 24. Iaht überschritten haben dürfte, wurde von ' einem Concurrenzgeschäft verpflichtet. Da er in seiner ' früheren Stellung, in der er 3 Jahre als Lehrling und ^ebenso lange als Confectionär thätig gewesen war, 5000 !Mk. erhielt und jetzt 12,000 Mk. Gehalt erhalten sollte, i zögerte er nicht, das Anerbieten anzunehmen, obgleich ! er noch durch längeren Vertrag seiner Firma verpflichtet war. Er unterschrieb einen Vertrag mit einer Strafe ! von 30,000 Mk. im Falle des Nichteintritts. Als diese ! aber davon hörten, boten sie ihm 15,000 Mk. und außerdem übernahmen sie noch die Ablösung der Strafe. Derartige Summen also können nur um des Concurrenz- ^kampfes willen ausgegeben werden. Darnach müssen die Herren Großconfectionäre doch sehr viel Geld „machen". An die armen Näherinnen aber, mit deren Gesundheit diese Summen bezahlt werden, kommt's nicht." Das verbotene Hoheuzolleru-Drama. Wie man der „Frkf. Ztg." schreibt, hat der Dichter Ernst v. Wil denbruch ein Schriftchen verfaßt, in dem er u. A. er zählt, wie sein Stück „Generalfeldoberst" 1889 in Ber lin verboten wurde. Es war augenscheinlich eine große Staatsangelegenheit, denn der Kaiser forderte vom Für sten Bismarck selbst ein Gutachten, ob die Aufführung unbedenklich sei. Bismarck ließ Wildenbruch zu sich kommen und sprach mit ihm eine Stunde lang über seine dramatische Thätigkeit. Er drückte seine Befriedi gung aus, daß endlich die deutsche Geschichte auf der Bühne verkörpert werde. „Darum habe ich von Ihren Stücken mit Freude Kenntniß genommen, insbesondere von den „Quitzows". Ich habe es immer bedauert, daß die deutsche Geschichte nicht so dramatisirt worden ist, wie s. Z. die englische durch Shakespeare, denn so vornehme wie die englische Geschichte ist denn doch die deutsche mindestens auch." Aber, fuhr er fort, warum wolle denn Wildenbruch gerade diese für Brandenburg- Preußen so wenig ehrenvolle Zeit schildern und „eine der traurigsten Gestalten aus dem Geschlechte derHohenzol- lern, Georg Wilhelm", auftreten lassen? Der Dichter erwiderte, das sei nöthig, weil er noch weitere Dramen folgen lassen wolle; um aber den Großen Kurfürsten (den „neuen Herrn") nach Gebühr verherrlichen zu können, müsse in einem vorhergehenden Stück der Tief stand unter Georg Wilhelm gezeigt werden. Bismarck versprach, den „Generalfeldoberst" selber zu prüfen; er that es und sprach sich für die Aufführung aus. Trotzdem wurde sie verboten . . . Kirchliche Nachrichten der Kirchfahri Calleiberg. Januar, Februar, März 1901. Getauft (25): D. Handarbeiter Oeser in C. S. — D. Restaurateur Gustav Louis Gimpel in C. T. — D. Strumpf wirker und Maurer Ernst Leonhard Eichler in C. T. — D. Strumpfwirker Friedrich Ehregott Krasselt in C. S. — D. Geschirrführer Otto Emil Diener in R. S. — D. Restau rateur Max Oswald Böhme in C. T. — D. Gutsbesitzer und Kirchenvorsteher Friedr. Herm. Härtig in C. T. — E. unedel. T. in C. — D. Strumpfwirker Friedr. Wilh. Funke in C. S. — D. Platinmacher August Friedr. Flämig in C. S. — E. unehel. S. in C. — D. Strumpfwirker Rob. Max Eifert in R. S. — D. Fabrikarbeiter Max Friedr- Günzel in C. T. — D. Maschinenstricker Friedr. Ernst Rudolph in R. S. — D. Strumpfwirker Rob. Emil Friedrich in C. T. — D. Maurer Franz Herm. Parthum in C. T- — D. Haus besitzer Friedr. Aug. Rudolph in R. T. — E. unehel. S. in C. — E. unehel. S. in C. — D. Hofmeister Herm. Rob. Vogel in C. S. — D. Strumpfwirker Rob. Singer in C. S. — D. Strumpfwirker Herm. Ernst Esche in C. T. — D. Strumpfwirker Rob. Emil Berthold in C. T. — D. Böttcher Friedr. Ernst Undeutsch in C. S. — D. Strumpf wirker Ernst Richard Spindler in C- T. Getraut (4): Rudolf Max Winkler, Bäcker in C., mit Anna Clara Wagner das. — Bruno Hugo Stiegler, Fabrik arbeiter in Hohenstein-Ernstthal, mit Martha Milda Parthum in C. — Max Albin Bretschneider, Maschinenstricker in C., mit Anna Minna Vogel in R. — Gustav Adolf Richter, Ur. xbib und Seminaroberlehrer in Waldenburg, mit Anna Aurelie Glänzel in C. Beerdigt (16): D. Fabrikarbeiter Gustav Herm. Vogel in C. T. — D. Strumpfwirker und Maurer Franz Otto Parthum in R. T. — D. Strumpfwirkermeister Friedrich Wilhelm Rudolph in C. Ehefrau. — Strumpfwirker Carl Ernst Schramm in R. — D. Strumpfwirker Hermann Emil Wagner in C. S. — Strumpfwirker Carl Gottlob Weber in C. — D. Strumpfwirker Herm. Osw. Thomasius in C. S — Joh. Christiane Schulze in C. — D. Strumpf wirker Ernst Otto Rudolph in C. todtgeb. S. — Strumpf wirker Johann Gottlieb Wagner in Obercallenberg. — D. Gutsbes. und Kirchenvorsteher Carl Friedr. Schramm in R. Ehefrau. — Strumpfwirker Otto Paul Glaß in C. — D. Spulmeister und Hausbesitzer Moritz Joh. Götze in C. T. — Handarbeiter Johann Aug. Jahn in R. — D. Gutsbes. und Kirchenvorfteher Hermann Härtig in C. T.