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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.12.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188912288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18891228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18891228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-12
- Tag 1889-12-28
-
Monat
1889-12
-
Jahr
1889
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.12.1889
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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite S ittSV < Der Engländl Southan Lewis ft hat, oder dieselben — 2 Bekannti vermieth Verkaufs 100 Mk 30. d. D anzubrtt — Nc der stä find auf Einnahn Rechuun als: 123 Kultusm zirkssteu Major, Takt, ( Prograi dein Le die Frei weil die und wn Kopf neigte, umschlang Gertha in ausjauchzender Freude den Hals Frau Mathildens; dann tanzte sie mit zierlich gehobenem Kleide uni Muller und Bruder herum, um gleich darauf, in jeder Bewegung angeborene Grazie und Lebhaftigkeit, aus dem Salon zu wirbeln. Galt es doch nun, in dem eigenen Stübchen die Vorbereitungen zu dem Feste zu treffen. Als die Portisrc hinter Gertha zusammengesnllen, hatte Frau von Truchseß den Arm des Sohnes genommen und den jungen Man» sanft in das Wohnzimmer geführt. Hier nöthigte sic Hubert zum Niederfipcn und nahm selbst ihm gegenüber aus dem Sosa Plaß. Einen Moment nur schaute sie forschend in das Gesicht ihres Lieblings; dann sagte sie mit leise vibri- rcnder Stimme: „Tein sehnlichster Wunsch wird erfüllt werden, mein Sohn! -Herr Bürgermeister Arthvld, das einflußreichste Mitglied des von Frau von Tobern ernannten Stiftsvorstandes, hat mich heute durch ein Billet benachrichtigt, daß man Dich einstimmig zum Stistsarzt erwählte." Ein Heller Frcndenschein verklärte das Gesicht des jungen Arztes. Jetzt erhob er sich rasch von seinem Platze, und zu der Mutter eilend, faßte er erneuert ihre Hände und zog sie fast leidenschaftlich an seine Lippen. „O, Mama, wie danke ich Dir!" sagte er dabei, und auch seine Stimme zitterte vor Erregung. Frau von Truchseß schüttelte den Kopf, und liebkosend über das blonde Haar ihres Sohnes streichend, erwiederte sie: „Du dankst mir so herzlich, mein Kind, und hast doch nicht Ver trauen genug zu Deiner Mutter, um ihr zu gestehen, weshalb Dich die Nachricht, dazu erwählt zu sein, der ärztliche Berather meiner armen Stiftsdamen zu werden, auf diese Weise bewegt. Von einem pekuniären Vortheil kann wohl kaum die Rede sein Deinen Einnahmen als Badearzt gegenüber." Als der junge Mann verlegen den Kopf senkte, setzte Frau Mathilde lebhafter hinzu: „Du hast auch gar nicht nöthig, mir erst Deine Geheimnisse zu offenbaren, denn ich kenne sie bereits. Ich weiß — unter brich mich nicht, Hubert, ich bitte Dich darum," schaltete sie ein, als seine Lippen sich jetzt auch, wie zur Gegenrede, öffneten. Dann fuhr sie in tieferregtem Tone fort: „Ich weiß, in die Seele meines Sohnes ist ein Fcucrbrand gefallen, sein Her, hat sich jenen Gefühlen erschlossen, die einmal wenigstens jedes Menschendasein beherrschen." „Mutter!" Die alte Dame sah ihn traurig an, dann zuckte ein weh- müthiges Lächeln um ihren schönen Mund, und sie erwiederte leise: „Oder willst Du es leugnen, Hubert, daß Du zum erste» Mal trotz Deiner neunundzwanzig Jahre — liebst? Willst Du Deiner treuesten Freundin gegenüber streiten, daß Dein Auge sich berauscht hat an der zarten Mädchenerscheinung, die Du vor acht Wochen in meinem Salon gesehen? — Willst D» es leugnen, daß es in Deiner Seele jubelte, als Du dann er ¬ fuhrst, i schöne 8 und sich Sie wort nr Hände ü gedacht, zu wolle noch au Gesuch daran g nicht ge: Dich üb bergs kb serbischen dem dar« der Komi wache der bei der H Am tag gefe« welcher c dann wr Sr. Maj Prinz ist 10 Jahr« Von brasiliani „Durch < für die und der vember k bemessen neues W< Menge d Verfügur recht auf den gro worden i Regierur nehmen vorgeschr Reuter" 23. Dezk Militärs vor ein unterdrü gegangen neuerdin zeichnen! Mar nicht All dem, wo welche r sind, da^ diesen z mus, N lasten si aber da! dem Fr« kappten daß ihr« gicbt es man nn man ha! sind di Taste (L Fremdw betrachte Kamme: gorie bi man lie Tagesschau. Freiberg, den 27. Dezember. Der deutsche Kaiser wohnte am Dienstag Nachmittag der Weihnachtsbescheerung beim Lehrbataillon in Potsdam bei. Die Weihnachtsbescheerung für die Kaiserliche Familie, welcher beide Majestäten, die Mutter der Kaiserin, Prinz und Prin zessin Friedrich Leopold, sowie der Erbprinz und die Erb- prinzessin von Meiningen beiwohnten, sand am Dienstag Nach mittag uin 5 Uhr im Muschelsaale des Neuen Palais statt, wo zwei große und füns kleine Christbäume ausgestellt waren. Unter den Geschenken für die drei ältesten Prinzen befanden sich drei von dem Sultan geschickte Sättel von blauem Sammet mit breiter goldener Stickerei und vergoldeten Steigbügeln. — Der deutsche Reichstag wird nach Wiedereröffnung seiner Sitzungen zunächst die Etntsberathung in zweiter Lesung erle digen. Es sind neben einigen kleineren Etats und etlichen zu rückgestellten Positionen noch der Militär- und Marineetal zu erledigen. Mit dieser Arbeit wird man in etwa acht Tagen fertig werden können. Alsdann soll die zweite Lesung des Sozialistengesetzes aus die Tagesordnung gesetzt werden. — Der Generaldirektor der Zölle und indirekten Steuern, Fabri cius in Straßburg i. E- hat aus Gesundheitsrücksichten seine Entlastung eingereicht. — Der „Staats-Anzeiger für Württem berg" meldet gegenüber den Gerüchte», wonach unlet de» Truppen der Stuttgarter Garnison die Influenza herrsche, daß die Garnison nur einen sehr geringen Krankenstand habe. Ebenso wenig sei in den übrigen Garnisonen Württembergs die Influenza vorhanden. — Wie die Münchener „Allgemeine Zeitung" meldet hat der Prinz-Regent von Bayern genehmigt, daß die bayerischen Briefmarken in den für die Werthzeichen des Weltpostvereins geltenden Farben hergestellt werden. Die neuen Marke» werde» von Neujahr 1890 ab bez. nach dem gänzlichen Verbrauch der alten bayerischen Marken verkauft werde». In dem Befinde» des erkrankte» bayerischen Minister präsidenten v. Lutz ist keine Aenderung eingetretcn; die Nacht zum 26. d. Mts. hat der Kranke unruhig verbracht. — Der Vizepräsident des bayerischen Abgeordnetenhauses, Oberlandes- gerichtsrath v. Alwens, ist gestern früh gestorben. Nach Mittheilnng czechischcr Blätter soll die österreichische Regierung die Absicht hegen, selbst Ausgleichsverhandlungen mit den dcutschböhmischen Abgeordneten über den Wiedereintritt in den Prager Landtag vorzunehmen. Diese Verhandlungen würden zunächst ohne Zuziehung czechischcr Vertrauensmänner stattfinden. Von maßgebender Seite wird die mehrfach aufgestellte Be hauptung, daß der jetzige italienische Unterstaatssekrelär Fortis zu Oberdank und dessen Attentat in Beziehungen gestanden habe, als vollständig aus der Lust gegriffen bezeichnet. — In der Nähe der Stadt Mcntone wurde am Dienstag der franzö sische Fischer Balmora mit seiner Barle „Sainte Devote" in italienischen Gewässern betroffen und durch italienische Zoll beamte mit Revolverschüssen verjagt. — Bei dem Weihnachts- empsange der Kardinäle hielt der Papst am Dienstag eine längere Ansprache, in welcher er die Verfolgungen hervorhob, denen die Kirche insbesondere in Italien ausgesetzt sei. Katho lische Anstalten würden mit allen Mitteln bekämpft, sowohl solche, welche der Verbreitung dcs Glaubens dienten, als auch die, welche die Linderung der Noth unter der Menschheit zum Zwecke Hütten. Unter solchen Umständen mache sich ei» Mangel an wahrer Freiheit, welche zur Ausübung des apostolischen Amtes absolut nothweudig sei, immer mehr fühlbar. Der Papst küudigtc außerdem eiuc Encyklika über die katholischen Pflichten an. Die Sünden der Väter. Novelle von M. Widdern. (Nachdruck verboten.) Fast auf dem Gipfel einer kleinen, bewaldeten Anhöhe am Ostseestrande, aber noch auf dem Terrain des Badeortes S., erhebt sich ein stattliches villenartiges Gebäude, dessen archi tektonische Schönheit de» Blick des Vorübcrwandelndcn fesselt. Es ist das Helenenstift, ein Hcimathshaus für alleinstehende Datnen, dessen Begründerin die verwittwcte Präsidentin von Döbern in S. gewesen. Kinderlos und ohne nahe Verwandte, setzte die edle Frau das Städtchen S., in welchem sie ihr Leben zu beschließen gedachte, zur Universalerbin ihres ganzen Vermögens ein, legte demselben jedoch die Verpflichtung auf, mit -dem dritten Theil der außerordentlich bedeutenden Kapi talien, aus welchen ihre Verlassenschaft bestand, armen, allein stehenden Damen gebildeten Standes eine gemüthliche Heim stätte zu gründen. Zugleich ernannte sie zur Oberin desselben im Voraus ihre intimste Freundin, Frau Mathilde von Truchseß, und bestimmte die Summe, welche das Gehalt der Dame aus machen sollte. Der Wille der Erblasserin wurde in allen Punkten in Ehren gehalten. Schon zwei Jahre, nachdem sich die Augen Helene von Döberns für immer geschlossen, stand das villenartige Stiftsgebäude vollendet inmitten der schattigen Bäume aus der Höhe, und vor ihm breiteten sich blumenumkränzte, saftiggrüne Rasenplätze, lagen trauliche, von wildem Wein umrankte Lauben. Heute aber, zu Beginn unserer Erzählung, waren auch die hübschen Räume der Villa bis aus die letzte der kleinen Wohnungen bezogen, und auch diese letzte sollte schon in wenigen Stunden eine Bewohnerin in sich ausnehmen. * * Frau Mathilde von Truchseß hatte soeben einen ganzen Strauß köstlicher Rosen in das Wohnzimmer der erwarteten neuen Stiftsdame getragen und die rothcn, gelben und weißen Blüthen dort vor dem Spiegel in zwei hübschen Vasen geordnet. Jetzt zupfte ihre Hand mit hausmütterlicher Sorge die frisch aufgesteckten Fenstervorhänge zurecht und warf noch einen letzten prüfenden Blick auf die freundliche Einrichtung der beiden Stübchen, welche der Adoptivtochter des kürzlich verstorbenen Ministerialraths von Starenberg die verlorene Heimath ersetzen sollten. Zufrieden mit ihrem Werk, verließ die hohe, vornehme Frauengestalt mit den edlen Gesichtszügen die kleine Wohnstätte wieder und schritt langsam den langen Korridor mit seinen zahlreichen Thüren entlang, welcher nach ihrem eigenen, um vieles umfangreicheren Qnartier führte. Kaum hatte die schlanke Hand der Dame, an der man den Ehering vermißte, die Thür zu ihrem Wohnzimmer geöffnet, als ihr wie ein Sturmwind, ein reizendes, brünettes Mädchen von kaum siebzehn Jahren enigegensprang. „Mamachen — süßes Mamachen!" rief die Kleine und um schlang aufgeregt den Hals der ernsten Frau. „Hubert ist im Im Auftrage des Kaisers war Prinz Friedrich Leopold von Preußen am 1. Nov. bei der Enthüllung des Kurfürst Joachim- Denkmals in Spandau anwesend. An demselben Tage empfing Fürst Bismarck in Friedrichsrub den Besuch des Grafen Kalnoky. Der Reichstag, dessen Verhandlungen Herr v. Mal tzahn mit einer großen Etatsrede eingeleitet hatte, setzte indessen seine Berathungen eifrig fort. Das Kaiserpaar verließ den Bosporus am 6. Novbr. und kehrte nach kurzem Aufenthalt auf Korfu, in Venedig, Monza und Innsbruck nach Potsdam zurück. Fast gleichzeitig mit der Nachricht von dem Untergang der Peters'schen Ennn-Expedition verbreitete sich die Kunde von der bevorstehenden Ankunft Stanleys und Emins im deutsch- ostafrikanischcn Gebiete. Am 10. Nov. kamen Beide in Mpwapwa an und gelangten von dort nachBagamoyo, wo ein schwerer Unfall Emin an der Weiterreise verhinderte. Am 21. November wurde in Karlsruhe der badische Landtag eröffnet, dessen Vertagung am 15. Dezember erfolgte. In den letzten Tagen dieses Monats verweilte der Kaiser in Pleß, Breslau und Ohlau. Am 2. Dezember wohnte das Kaiserpaar in Berlin der Eröffnung des Museums für Naturkunde bei; zwei Tage später trat der Kaiser eine Reise an, die ihn nach Dessau, Darmstadt, Worms und Frankfurt a. M. führte, wo ihm überall die begeistertsten Huldigungen dargebracht wurden. Am 13. Dezember weilte der Kaiser wieder in Hannover; zwei Tage später als Taufgast des Herrn von Alvensleben in Neu gattersleben; eine beabsichtigte Fahrt nach Hummelshain zum Herzog voy Altenburg wurde noch in letzter Stunde durch ein Unwohlsein des Kaisers vereitelt, von dem sich der letztere jedoch glücklicherweise bald wieder erholte. Der deutsche Reichs tag, der am 6. Dezember wenigstens das Bankgesetz unter Dach und Fach gebracht hatte, vertagte sich am 13. desselben Monats. Die kurz vorher erfolgte Erneuerung des Kartells verbürgt den Fortbestand der jetzigen reichsfreundlichen Mehrheit des Reichs tages. Durch die Aushebung der Sperre wurde der Friede in den rheinisch-westfälischen Grubengebieten besiegelt, während die Unruhe im Saargebict noch sortdauert. Die bei Pangani erfolgte Gefangennahme und Hinrichtung des Rebellenführers Bushiri läßt eine baldige vollständige Bewältigung des ost afrikanischen Ausstandes hoffen. Auf allen Gebieten der deut schen Politik, sind demnach die Aussichten für das kommende Jahr die denkbar günstigsten. Für unser engeres Vaterland Sachsen war das nun ver flossene Jahr durch das im ganzen Lande mit Begeisterung be gangene Jubiläum des Fürstenhauses Wettin ein Fest- und Jubeljahr. Der wiederholten Anwesenheit des Kaiserpaares in Sachsen ist bereits gedacht worden. Aus Anlaß des Jubel festes trat der sächsische Landtag am 12. Juni zu einer außer ordentlichen Session zusammen, während welcher Maßregeln zur Linderung der von einem Unwetter hart betroffenen Ort schaften beschlossen wurden. König Albert schloß die Landtags- fession am 20. Juni mit einer Thronrede. Nachdem am 15. Oktober die Ergänzungswahlen zum sächsischen Landtage statt gesunden hatten, trat der letztere am 11. November in Dresden - zusammen und wurde zwei Tage später von Sr. Majestät dem König feierlich eröffnet. Nach Ablauf der Weihnachtsserien wird sich die sächsische Volksvertretung mit den noch unerledigt gebliebenen Aroeiten beschäftigen. Die Stadt Freiberg hatte folgende Ereignisse zu verzeichnen: die 32. Hauptver sammlung der Gasfachmänner Sachsens und Thüringens (17. März), der allgemeine Bauerntag (23. März) die Eröff nung der deutschen Gerberschule, die Wettin-Festtage (Mitte Juni), das Jubelfest des Elbgausängerbundcs (4. und 5. Aug.) und die Einweihung des neuen Reichspostgebäudes am 26. Ok.t Mit großer Schnelligkeit verbreitet sich der Bergarbeiter- Ausstand in Belgien und macht sich schon allenthalben Kohlen mangel bemerkbar. Die Zahl der Streikenden in dem Kohlen gebiet von Charleroi beträgt bereits 10 400. Die Ruhe wurde bisher nicht gestört. Dem „Temps" zufolge wäre die französische Regierung geneigt, der Konversion der egyptischen Schuld zuzu stimmen, wenn England den Willen offenbarte, zu einer Räumung Egyptens durch die englischen Truppen zu ge langen. Im Uebrigen würde die französische Regierung den Gedanken anregen, einen Theil der durch die Konversion erzielten Ersparnisse dazu zu verwenden, daß das eigentliche egyptische Heer gegen entsprechende Verminderung des Bestandes der eng lischen Okkupattoustruppen vermehrt werde. Die neuesten Pariser Blätter melden, daß die Influenza in Paris während der Festtage einen ganz besonders ernsten Charakter annahm. Die Krankheit, welche zuerst gutartig auftrat, geht jetzt oft in Lungenentzündung und Lungenkongestion über. Die Kranken häuser sind unzureichend, die Kranken aufzunehmcn, weshalb in den Höfen und Gärten der Krankenhäuser Zelte aufgeschlagen wurden. In der letzten Woche betrug in Paris die Zahl der Gestorbenen nach dem amtlichen Ausweis 200 mehr als in der Vorwoche. — Der heilige Stuhl verwarf Boulanger's Gesuch uni Nichtigerklärung seiner Ehe. Vielleicht ist es ihm ein Trost, daß seine Freundin, Madame de Bonnemain, dieser Tage eine Erbschaft von 10 Millionen gemacht hat, sodaß er auf absehbare Zeit vor Noth geschützt ist. Im englischen auswärtigen Amte ist die Antwort Portu gals günstig ausgenommen worden, indem dieselbe den loyalen Wunsch bckunoet, die Angelegenheit iir versöhnlichem Geiste zu behandeln. Der portugiesische Minister des Auswärtigen, Gomes, verwies in einer Unterredung mit dem Korrespondenten der „Daily News" auf die freundschaftlichen Beziehungen Portugals zu Deutschland in Folge des vernünftigen Abkom mens bezüglich ihrer Interessen in Südafrika und äußerte die Hoffnung, daß England seine ungerechten Forderungen auf geben werde. Als das finnländische Leibgarde-Regiment .am Dienstag in der russischen Hauptstadt zur Kirchenparade versammelt war, verlas der Kommandeur desselben ein Telegramm deS Zaren aus Gatschina, in welchem derselbe sein lebhaftes Bedauern darüber aussprach, daß ein Unwohlsein ihm nicht gestatte, der Parade beizuwohnen. Zur Frühstückstasel, welche nach der Parade im Anitschkow-Palais zu Petersburg stattfand, erschien die Kaiserin von Rußland. Der rumänische Senat genehmigte die Entlassungsgesuche des Präsidenten Florescu und der Vizepräsidenten Gherassi und Boresco. Sodann wurde mit 52 gegen 36 Stimmen Cretzulesco zum Präsidenten gewählt. Derselbe dankte am Donnerstag für die Wahl und erkannte die Geschicklichkeit und Ehrenhaftigkeit der Regierung an, welche er, obgleich er keiner Partei als aktives Mitglied angehvre, zu unterstützen versprach. — Cretzulesco war früher Gesandter in Berlin, Rom und Petersburg. — In der rumänischen Deputirtenkammer erklärte der Ministerpräsident Mano Angriffen Catargiu's ^gegenüber, daß er eine konservative Vereinigung von gleichgesinnten Elementen ehrlich anstrebe. Catargiu habe die Krisis verursacht, weil er die sosortige Auflösung des Parlaments verlangte; übrigens habe Catargiu selbst ihn seiner Zeit dem Könige empfohlen. Die Rede des Ministers wurde von der Kammer mit großem Beifall ausgenommen. lieber die serbische Grenze kamen dieser Tage bei Tobliha etwa 250 Arnauten unter dem Vorwande, Holz zu holen. Sie beantworteten aber die Ansforderung des Kommandanten der Salon! Weißt Du, er Hal mir ein Billet mitgcbracht für das heutige Badesest iin Kurhause. Ach, Mamachen," setzte das Mädchen hinzu, als sie bemerkte, wie ein Schatten über das Antlitz der Mutter flog, „ich bitte Dich, sieh' doch endlich einmal das erwachsene Mädchen in mir! Denke daran, daß auch ich ein Recht besitze ans ein wenig Lebensfreude und Lebensglück." Fran von Truchseß schüttelte fast düster den schönen Kopf mit den« blonden, vollen Haar. Dann nahm sie die Hand ihres leidenschaftlichen Kindes, und die Kleine langsam mit sich fort ziehend, erwiederte sie : „Laß unS nur erst ein vernünftiges Wort mit Hubert sprechen, Gertha!" Sie schob bei diesen Worte» die braune Plüschportiere aus einander, die ihr Wohnzimmer von dem eleganten Empsangs- salon trennte. Einen Moment blieb sie, das lebhafte Töchterchen dicht hinter sich, auf der Schwelle stehen und schaute nach der Fensternische. Hier saß hinter einem Marmortischchen ein junger Mann, dessen ernstes Gesicht, im Profil gesehen, eine ganz unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Antlitz der Oberin zeigte. Die schöngeformten Hände hielten ein prächtig gebundenes Album und unvcrlvandt hastete sein Blick auf einem kleinen Bildchen darin. „Hubert!" sagte Frau von Truchseß halblaut, aber mit einem Tone unendlicher Zärtlichkeit. Sofort richtete sich der Angerufene in die Höhe und wandte sein Antlitz voll der Mutter zu. „Guten Morgen, Maina", erwiederte er ansstehcnd, mit an genehmer, volltönender Stimme. Frau von Truchseß entgegen gehend, faßte er ihre Hand und zog sie mit kindlicher Ehrer bietung an seine Lippen. „Nicht wahr, Du hast mich um diese Zeit nicht erwartet?" fuhr er fort, als die Mutter liebevoll seine Wange streichelte. „Doch ich tras gestern Abend aus der Promenade mit dem Ehepaar Sternseld zusammen. Die liebe alte Generalin ließ mir aber nicht Ruhr, bis ich ihr versprochen, meinen ganzen Einfluß auf Dich, mein Mütterchen, dazu anzu wenden —" „Ich weiß bereits, um was es sich handelt," unterbrach Frau von Truchseß den jungen Mann mit einem Lächeln, das ihrem ernsten, strengen Gesicht gar wunderbar stand. „Die Generalin verlangt, daß unsere Kleine aus den Kinderschuhen schlüpfe, und hat Dich zu diesem Behuf überredet, Billets zum heutigen Badefest zu nehmen. Gertha ist natürlich Feuer und Flamme in der Aussicht, die Gesellschaft kennen zu lernen, und ich —" Frau von Truchseß seufzte tief schmerzlich aus, suhr aber bald darauf fort: „Uno ich — füge mich Deinem Wunsche, mein Sohn! Ich weiß ja, die lieben Augen der Generalin werden über das Mädchen wachen, welches leider so viel von dem leichtfertigen Sinne seines Vaters geerbt hat —"sie setzte dieses leise hinzu, so leise, daß die letzten Worte von ihren Kindern unverstanden blieben; beide hatten nur die Zusage der Mutter vernommen. Aber während Hubert befriedigt den
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