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«I« MM Ker rvt, städtischen Behörden zn Freiberg Amtsblatt für die königlichen yps Beranttvortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. «le«, ! Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angcnom- men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile I oder deren Raum 15 Psg. 146 «tte» ü. Nachmittag M hr 1888. m. ^treffend. Mitglieder rz, et«, chrepel. , daß unser hm. 4 Uhr j'/, Jahren nge unserer Schwieaer- e bewiesen,, nd Blumen- :n Dank. rffenen. LlL. wozu cr- «g tterstü-- »«t lüns- o. I. Nach en Gast- D. Uhr L« lnahme und r Diakonus umcnschmut etzten Ruht- ne «lugt- 42. Jahrgang. Mittwoch, de« 3«. Juni Die österreichische Volksschule. Wenn ein Gut ernstlich gefährdet erscheint, lernt man seinen Werth erst recht schätzen. Deshalb ist in dem österreichischen Nachbarstaate vor wenigen Wochen die vor 20 Jahren erfolgt« Sanktion deS durch die Anträge von Liechtenstein, Herold und Lienbachcr bedrohten Reichs-Volksschulgesetzes als ein patriotischer Festtag vielfach feierlich begangen tvorden. Zur Wiederauf- richtnng deS durch einen unglücklichen Krieg riefgebeugten Reiche» war daS Gesetz bestimmt, welches der damalige Minister Hafner am 2. März 1868 dem österreichischen Abgevrdnetenhause mit den Worten unterbreitete: „Es ist meine Ueberzeugung, das; der 700 ff- 13^ »- Erscheint jeden Wochentag Nachmut. Uhrsürden andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Psg, zweimonatlich 1 M. 50 Ps. und einmonatlich 75 Ps. Mulabnug;«m Abonnement Indem wir das geehrte Publikum Freibergs sowie der näheren und weiteren Umgebung zum Abonnement aus unser jetzt seinen 42. Jahrgang angetretenes Organ: „Freiberger Anzeiger und Tageblatt nebst Sonntagsbeilage Pro 3. Quartal 1889 höflichst einzuladcn uus erlauben, bitten wir die geehrten Abonnenten, besonders die auswärtigen, ihre Bestellungen auf das Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung rcsp. verspätete Lieferung vermieden wird. — Ter vierteljährige Abonnements- Preis betrügt 2 Mark 25 Pfg. Inserate pro gespaltene Zeile 15 Pfennige, finden bei der großen Auflage des Blattes die weiteste und .zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtlichc Kaiserliche Postanstalten, sowie die bekannten Ausgabestellen entgegen. Die Redaktion und Expedition des „Freiberger Ämeiger und Tageblatt." reißeMHyeiaer Md TaMall ' die Volksschule in mehr als einer Richtung für abänderungs- i nhig halte. Die darauf neuerdings erfolgte Einbringung einer * Schul-Novelle gilt als das Zeichen zum Beginn eines heftigen < parlamentarischen Kampfes um die Schule, welche die öfter- reichischen Liberalen init allen gesetzlichen Mitteln bis auf's ; Aeußerste gegen weitere Angriffe zn Vertheidigen fest «ntschloffen ind. Dazu bewegt sie die Ueberzeugung, daß die ersten zwanzig > Jahre der Wirksamkeit des Reichs-Volksschulgesetzes trotz aller > Hemmnisse große Fortschritte auf dem Gebiete des österreichi schen Volksschulwesens ermöglichten. Während z. B. im Jahre 1872 von den österreichischen Rekruten nur 29005 schreibkundig waren, wies das Jahr 1888 fast doppelt so viel schreibkundige Rekruten, nämlich 43772 auf, wovon 24978 aus die Deutschen entfielen. Innerhalb der genannten Zeit ist, nach einer von der Wiener „N. Fr. Presse" veröffentlichten Aufstellung, die Zahl der öffentlichen Volksschulen von 15052 auf 16659 und die Zahl der Lehrkräfte von 34951 auf 55833 gestiegen. Vor zwanzig Jahren gab es in Oesterreich nur ein- bis vierllassige Volksschulen; von den Trivialschnlen waren nur 683 für Knaben und 676 für Mädchen und 11388 Schulen waren für beide Ge schlechter bestimmt. Nach der letztenSchulstatistik bestanden inOester- reich im Jahre 1886 8486 ein-,3841 zwei-, 1570drci-, 1816 vier-, 1146 fünf-, 178 sechs-, 35 sieben- und 8 achtklassige Volks schulen, dann 379 Bürgerschulen, und zwar 211 für Knaben und 168 für Mädchen; von den Volksschulen waren 14344 ge mischte, 1094 waren Knaben- und 843 waren Mädchenschulen; mit vielen dieser Schulen sind Fach- und Fortbildungskurse verbunden. Es ist sonach die Zahl der aufsteigenden Schul- Naffen in der Zeit der Wirksamkeit des Neichs-Volksschulgesetzes namhaft vennehrt nnd dadurch ein intensiverer Unterricht er möglicht tvorden. Die öffentlichen Volksschulen in Oesterreich sind insofern interkonfessionell, als sie ein Gemeingut aller Bekeuntniffe und Stände sind, aber der Religions-Unterricht ist konfessionell, wird den Kindern gleichen Bekenntnisses gemeinschaftlich ertheilt und von den betreffenden Kirchcnbehörden besorgt nnd über wacht. Der mehrfach erhobene Vorwurf über mangelhafte Kenntnisse der Schüler in der Religion trifft nicht die Schul- einrichtnngen, sondern mir einzelne Religionslehrer. Tank den besseren Lehrmethoden, Lehr- nnd Lernmitteln gehen auch in . Oesterreich die Kinder lieber als früher in die Schule und i lernen mehr. Das neue SchulhanS ist der Stolz der Orts- i bewohner; der Lehrer hat eine geachtete und gesicherte Lehens- - stcllnng. Mit Recht sagt das bereits erwähnte Wiener Blatt: „Wenn wir bedenken, daß wir dem Reichs-Volksschnlgesctze die Bei dem veutschen Kaiserpaare fand Sonntag Mittag um 12'/j Uhr eine größere Familien-Frühstückstafel statt, an welcher die preußischen Prinzen undPrinzesinmen und die anwesenden fürstlichen Gäste theilnahmen. Nach derselben begab sich der Kaiser mit den Prinzen zum Empfange des Königs von Sachsen nach dein Anhalter Bahnhofe, welcher, vo» Dresden kommend, ui» 1^/« Uhr mittelst SonderzngeS in Berlin eintraf. Der Kaiser geleitete seinen hohen Gast vom Bahnhofe nachdem Schlöffe, woselbst der König von Sachsen während seiner Anwesenheit in Berlin in den sogenannten Königskammern abstieg. Um 5^ Uhr waren der Kaiser und die Kaiserin mit ihren Gästen in der Bildergalerie des Königlichen Schlaffes zur Familientafel ver eint. Die Festlichkeiten des zweiten Tages aus Anlaß der Vermählung des Prinzen Friedrich Leopold init der Prinzessin Luise Sophie von Schleswig-Holstein fanden mit der Gala vorstellung im Berliner Opernhause ihren Abschluß. Leider erfuhr die Vorstellung während des Waffentanzes in „Rienzi" eine das ganze Haus in Schrecken »nd Aufregung setzende Unterbrechung, über welche bereits in voriger Nummer unter Depeschen Bericht erstattet worden ist. Am gestrigen Vor nittag empfing das deutsche Kaiserpaar gleich nach 10 Uhr den König von Griechenland, welcher von Petersburg kommend am Abend zuvor in Berlin eingetroffen und im Hotel Conti nental abgestiegen war. Der gleichzeitig in Berlin ange langte russische Großfürst Thronfolger war mit dem Kron prinzen von Griechenland sofort nach Stuttgart weiter gereist, um dort deu Jubiläums-Feierlichkeiten beizuwohnen. — Daß der russische Thronfolger seine Fayrt nicht unterbrach, nm dem deutschen Kaiser seine Aufwartung zu machen, hat in Berlin angeblich befremdet. — Auf besoudereEinladung des Kaisers Wil helm ist aber der K-önig von Griechenland gestern noch in Berlin geblieben, um an der Vermählungsfeierlichkeit theilzunehmen, und erst heute Mittag weitergereist. — Gestern Stackmittag Uhr war die Familie des deutschen Kaisers mit oen er lauchten fürstlichen Gasten bei der Vollziehung des StandeS- aktes des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen mit der Prinzessin Luise Sophie, demnächst um 4 Uhr bei der kirch lichen Vermählung anwesend. Hieran schlossen sich dann um 48/4 Uhr im Weißen Saale des Königlichen Schlosses die große Defilir-Kour und daran im Ritter-Saale eine größere Zere- monien-Tafel. Nach dieser nahmen die Vermählungsfeierlick- keiten den programmmäßigen Verlaus, worauf Abeuds 7 Uhr im Weißen Saale des Berliner Schlosses der Fackeltanz der aktiven Staatsminister stattfand und nach diesem, etwa um 7*/, Uhr, die Festlichkeit ihr Ende erreichte. Prinz Friedrich Leopold hat sich gestern Abend nach den Vermählungsseierlichkeiteu mit seiner Gemahlin nach Schloß Glinicke bei Potsdam begeben, nm dort während der nächsten Zeit Aufenthalt zu nehmen. — Der Kaiser und die Kaiserin reisten gestern Abend gegen 9 Uhr nach Stuttgart ab, nm dort an der Jubiläumsfeier Theil zu nehmen. Von Stuttgart fährt das Kaiserpaar am Mittwoch Abenv zur Vermählung des Erbprinzen von Hohenzollern nach Sig maringen. Am Freitag Nachmittag gedenkt der Kaiser wieder in Potsdam einzutresfen. Die Kaiserin begiebt sich dagegen zum Kurgebrauch nach Kissingen, woselbst auch die 4 ältesten ner wurden die Lehrziele in den Realwiffenschaften herabgesetzt, as Turnen als obligatorischer Unterricktsgegenstand für Mäd- ;en beseitigt, die Zahl der einer Lehrkraft zugewiesenen Schüler rhöht, die Enverbung des Entlaffungszeugnisses von den Kenntnissen aus der Religion mit abhängig gemacht u. A. m. Diese Abänderung deS Reichs-VolksschulgesetzeS hatte wiederum die Revision des Statuts für Lehrer-Bildungsanstalten und der VoAchrist über die Lehrerprüfungen, dann eine Abänderung der Lehrpläne zur Folge. Es erging deshalb an die Landes- Schulbehörden die Aufforderung, den neuen Bestimmungen der Schttl-Novelle gemäß die Lehrpläne für die verschiedenen Schulkategorien zu revidiren und Maßnahmen für den abge- ürzten Unterricht der Schüler des siebenten und achten Schul- ahres zn treffen. Die vielfach gehegte Hoffnung, daß durch solche weitgehende Zugeständnisse an die Klerikalen dem österreichischen Volksschul- veseu eine längere heilsame Ruhe geschafft werden würde, hat ich als irrig erwiesen, da bereits fünf Jahre später Prinz Aloys Liechtenstein im Abgeordnetenhause die Einführung der konfessionellen Schule beantragte, der Klerikale Lienbacher und der Jungezeche Herold ebenfalls eine abermalige Abänderung deS Reichs-Volksschulgesetzes verlangten. Im Verlaufe der diesjährigen Budgetdebatte gab sodann der Unterrichtsminister vr. von Gautsch die überraschende Erklärung ab, daß auch er Maßstab in der Kultur eines Staates nicht in der Bildung einzelner bevorzugter Klaffen, sondern in der allgemeinen Volksbildung gelegen ist; diese ist das sicherste Fundament für die Machtstellung nnd Kraft eines Staates." Der Segen, . welchen die neue Volksschule der österreichischen Monarchie brachte, würde wohl ein noch viel größerer sein, wenn dem Schulwesen die zu seiner günstigen Entfaltung unerläßliche Ruhe gegönnt worden wäre. Nicht erst die am 2. Mai 1883 durch «ine Schulnovelle herbeigeführte Abänderung des ursprünglichen Gesetzes, nicht die in neuester Zeit zur Beschwichtigung der Kleri kalen angekündigten weiteren Zugeständnisse haben ungünstig gewirkt, — nein, gleich von Anfang an ist Manches geschehen, was störend einwirkte. Gleich beim Beginn der Wirksamkeit deS österreichischen Reichs-Volksschulgesetzes entstanden ernste Schwierigkeiten, so daß es in mehreren Kronländern langer Verhandlungen bedurfte, um die zur Durchführung des Reichs gesetzes erforderlichen Landesgesetze durchzubringen. In Tirol ist dies bis heute noch nicht gelungen; dort mußte deshalb das Unterrichtsministerium durch Einsetzung provisorischer Schulbe hörden einen Nothbehelf schaffen, bei dem die dortigen Lehrer schlimm wegkommen, da die segensreichen Bestimmungen des Reichs-Vosksschulgesetzes auf sie keine Anwendung finden nnd ihrer materiellen Lage nicht zn Statten kommen. Zunächst erschwerte der Lehrermangel die Durchführung des Reichs-Volksschulgesetzes auch in den übrigen Kronländern Oesterreichs, so daß inan vielfach zu ungeprüften, nicht päda gogisch gebildeten Lehrkräften greifen mußte, was das Gedeihen deS Schullvcsens Anfangs sehr beeinträchtigte. Die wirthschaftliche Krisis des Jahres 1873, welche Staat und Gemeinden zur größten Sparsamkeit zwang, hemmte ebenfalls die gedeihliche Entwickelung -des österreichischen Volksschulwesens, das erst mit dem Beginn des Schuljahres 1874>75 einen erfreulichen Aufschwung nahm, wo feste Lehrpläne und das Statut zur Heranbildung von Lehrern und Lehrerinnen in Kraft traten. Bald darauf begannen aber auch schon wieder die Klerikalen die ihnen verhaßte neue Regelung des Schulwesens scharf zu befehden. Prinz Moys Liechtenstein beantragte am 5. Febr. 1880 im österreichischen Abgevrdnetenhause, die Regierung um Vor legung eines Gesetzes zu ersuchen, wodurch der Ueberbürdung der Gemeinden und Länder mit Kosten für die Volksschnlen abgeholfen, den Siechten der Landesgesetzgebung und den religiös-sittlichen nnd nationalen Bedürfnissen der Bevölkerung dolle Berücksichtigung zu Theil wird. Abg. Lienbacher bean tragte, die Schulpflicht allgemein nur bis zum 12. Lebensjahre dauern zu lassen, eine etwaige Verlängerung derselben aber in das Ermessen der Landesgesetzgebung zu stellen. Von ähnlicher Tendenz waren zwei Schulanträge, welche Graf Wid mann im österreichischen Herrenhause befürwortete. Die österreichische Regierung sah sich durch diese Anregungen veran laßt, am 24. Jan. 1882 eine Novelle zum Volksschulgesetz vor- zulegen, welche den Wünschen der Klerikalen mehrfach Rech nungtrug. Daserst nach langenVerhandlungenzuStande gekom mene nnd am 2. Mai 1883 sanktionirte Gesetz gestand den ndbewohnern und ganzen Gemeinden- solche weitgehende ulbesuchs-Erleichterungen in den letzten zwei Schuljahren , welche einen fruchtbringenden Unterricht für die diese Er- ichterungen genießenden Schüler fast unmöglich machen. Fer- Wehrfähigkeit und die Erwerbsfähigkeit, dadurch eine Förderung der Machtstellung unseres Staates, die Ebenbürtigkeit Oester reichs mit anderen Kulturstaaten verdanken; wenn wir weiter erwägen, daß sich die neuen Schuleinrichtungen im Volke durch zwanzig Jahre eingelebt haben und daß selbst der Arbeiter stand den Segen der neuen Schule vollauf würdigt, so wollen und können wir nicht glauben, daß reaktionäre Bestrebungen aus dem Gebiet unseres Volksschulwesens zur Geltung gelangen und daß der Staat aus sein heiliges Recht, welches er auf die Schule hat, verzichten werde." Tagesschau Freiberg, den 25. Juni.