Volltext Seite (XML)
gegenwärtig 108, von denen 102 in Städten, 6 in Landgemeinden ihren Sih haben. Bei der letzten Volks zählung am 1. December 1900 zählte man im ganzen Lande 4,199,758 Seelen, demnach kamen im Durch schnitt auf jeden Ämtsgerichtsbezirk 38,516. Auf den Amtsgerichtsbezirk Waldenburg kamen 13,590 Bewohner 'n 25 Ortschaften, davon hatten 21 Dörfer unter 1000 und 3 Dörfer zwischen 1- bis 2000 Seelen. *— Bei den Postkarten ist nach einer Bekanntmachung des Reichspostamts künftig eine Firmen- oder sonstige das Eigenthum nachweisende Bezeichnung in Form klein eingelochter Buchstaben in gleicher Weise wie bisher schon bei den Postfreimarken unter der Voraussetzung statthaft, daß die Werthzeichen als echt und noch nicht gebraucht sicher kenntlich bleiben. — In Thurm ist seit mehreren Tagen ein Hilfs lehrer verschwunden, lieber die Veranlassung hierzu laufen verschiedene uncontrollirbare Gerüchte um. — Tas Stadtverordnetencollegium in Zwickau be schäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit der von der Königl. sächsischen Staatsregierung geplanten Aenderung -er gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Gemeinde, besteuerung, nach der künftig nur eine directe Steuer nach dem Einkommen bis 75 Proc. der Staatsein- kommensteuer gestattet werden soll, während die sonstigen Bedürfnisse durch eine indirecte Steuer ausgebracht werden sollen. Es wurde angeregt, den Rath zu ersuchen, ge meinsam mit den Stadtverordneten und im Verein mit anderen Städten gegen diese geplante Aenderung Schritte zu thun. — Am Sonntag Nachmittag hat es in Zwickau bei einem Gewitterregen gedonnert. — An der Bürgerschule in Grimma wird von Ostern ab stenographischer Unterricht (Gabelsberger'sches System) ertheilt werden. — Montag den 24. und Dienstag den 25. d. M. findet in Grimma die zwölfte Jahresversammlung des Sächsischen Gymnasiallehrervereins statt, dessen Vor sitzender zur Zeit Herr Professor Or. Gilbert, Rector -er Fürstenschule in Grimma, ist. Aus dem Sachseulande. — Tie 2. Kammer genehmigte am Montag nach einiger Debatte die Anträge zum mündlichen Berichte der Finanzdeputation der 2. Kammer über Kapitel 64, 67, 69, 71 und des ordentlichen Staatshaushalts etats für 1902/03, Departement des Innern betreffend, nnd erledigte sodann einige Petitionen. Nächste Sitzung Dienstag. — In einer der letzten Sitzungen der sächsischen Zweiten Kammer leistete sich der Abgeordnete Töpfer- Böhlen eine unfreiwillig-humoristische Stilblüthe. Er beschwerte sich bei der Besprechung des Justizetats darüber, daß die Amtsgerichte bei der Gewährung von Strafaufschub während der Erntezeit nicht einerlei Praxis hätten. Manche gewährten ihn, manche nicht. In seiner Gegend zum Beispiel sei ein ländlicher Arbeiter zur Verbüßung einer Gefängnißstrafe sozusagen direct vom Feld weg verhaftet worden, weil er bei einer Schlägerei einem Anderen ein Stuhlbein an den Kopf geschlagen habe. „Mir ist," fuhr der Abgeordnete fort, „im Vorigen Jahre dasselbe passirt ..." — Tableau! Unbändige Heiterkeit der gesammtcn Kammer. Als das Gelächter etwas nachläßt, fügt der Redner erläuternd hinzu: „das heißt, nicht ich bin eingesperrt worden, sondern einer meiner Feldarbeiter ..." — Eine schwere Verletzung des linken Auges zog sich am Sonnabend Nachmittag in Leipzig in der Charlottenstraße der 6 Jahre alte Sohn eines dortigen Schneidermeisters dadurch zu, daß er beim Spielen auf die Spitze seines Kreiselstockes fiel und diese ihm durch das obere Augenlid ins Auge drang. — Tas in Berlin entlarvte Blumenmcdium Anna Mothe aus Chemnitz ist, wie jetzt bekannt wird, schon 'Ul Jahre 1897 vom Schöffengericht Zwickau wegen ihres spiritistischen Unfuges bestraft worden. Sie wurde auch dort in spiritistischen Sitzungen entlarvt und ging dann nach Berlin. — Fünf Selbstmorde meldet der Chemnitzer Polizei bericht vom 10. d. In der Westvorstadt vergiftete sich ein Kaufmann mittels Cyankali, in der Ostvorstadt er hängte sich in seiner Wohnung ein Sattler und in der Zwickauer Vorstadt erschoß sich ein Werkmeister. Ferner wurden zwei Dienstmädchen, ein 15jähriges, das ans Furcht vor Strafe, und ein 22jähriges, das aus Schwer- muth in den Tod gegangen war, todt aus dem Schloß teich gezogen. — Ter kürzlich verstorbene Commerzienrath Eugen Esche in Chemnitz hat durch letztwillige Verfügung ein Kapital von 300,000 Mk. zur Errichtung einer unter Verwaltung des Rathes der Stadt Chemnitz stehenden Stiftung angewiesen mit der Bestimmung, daß dieser Betrag zur Errichtung und Unterhaltung von Häusern verwendet wird, in denen würdigen und bedürftigen alten Leuten unentgeltlich Wohnungen zu gewähren sind. In erster Linie sollen bei Vergebung der Wohnungen frühere Arbeiter und Arbeiterinnen der Firma Moritz Saml. Esche berücksichtigt werden. — Zu dem Rothe-Schwindel wird aus Chemnitz ge meldet: Der Gärtner Döring, Vater des Schwieger sohnes der Frau Rothe, bemerkte auf Anfragen von privater Seite, er habe um den Humbug schon lange gewußt, aber geschwiegen, weil die Rothe ihren Unter halt damit verdient hat. Gewundert habe er sich nur, daß es noch so viele Dumme giebt. — An der voraussichtlich am 1. Juli zur Eröffnung kommenden Neubaulinie Wechselburg-Chemnitz sind 9 Verkehrsstellen eingerichtet worden. Es sind: Göritz hain, Stein, Mohsdorf, Schweizerthal-Diethensdorf, Markersdorf-Taura, Auerswalde, Unterwittgensdorf, Hei nersdorf und Glösa. Von diesen sind Mohsdorf und Heinersdorf nur für den Personen- und Gepäckverkehr eingerichtet. Außerdem ist noch eine Güterladestelle Furth vorgesehen. — Am Donnerstag ist in Meerane einer der be kanntesten Jnsectenforscher, der Weber Lehrbaum, ge storben, der als Entomologe weit über die Grenze seines Vaterlandes bekannt war. Seine Sammlungen, die er hinterläßt, haben einen hohen wissenschaftlichen wie pekuniären Werth. Herr Lehrbaum hat sich namentlich als Schmetterlingsforscher große Verdienste um die Wissenschaft erworben, da er von vielen Arten die noch unbekannten Raupen entdeckt hat. — Tie Stadtverwaltung in Auerbach i. B. beabsich tigte, von der von der Aufsichtsbehörde bereits genehmigten Anleihe in Höhe von 350,000 Mk. den Betrag von 105,000 Mk. vom Landwirthschaftlichen Kreditverein im Königreich Sachsen zu entnehmen. Da indessen von dem genannten Kreditvereine der Stadt das Ansinnen gestellt wurde, einen Coursverlust von nahezu 6000 Mk. mit zu übernehmen, so beschlossen beide städtische Collegien am 4. bezw. 5. März, das Darlehen Von der Zittauer Sparkasse zu entnehmen, welche die Summe zu 3^ Prozent Verzinsung und ohne Coursverlustan spruch hergicbt. — Ter „Oelsn. Volksbote" veröffentlicht in seiner letzten Nummer das Protocoll über die erste in diesem Jahre abgchaltene Sitzung des Schulvorstandes zu Oelsnitz i. E. Es ist daraus das Folgende zu ent nehmen: Herr Pfarrer Frhr. von Teubern eröffnet die Sitzung mit Worten des Bedauerns, daß der lang jährige, bewährte Vorsitzende Herr Gemeindcvorstand Beck nicht wieder den Vorsitz führen könne, da dieser nicht wieder gewählt worden sei; er knüpfe daran den Wunsch, daß dieses Ausscheiden der Schulgemeinde nicht zum Schaden gereichen möge. Er lehne es bestimmt ab, den Vorsitz zu übernehmen, ebenso lehne er den stellvertretenden Vorsitz und desgleichen heute den provi sorischen Vorsitz entschieden ab. Herr Markscheider Neubert, in Vorschlag gebracht, lehnt ebenfalls ent schieden eine Wahl ab, trotzdem er mit 7 Stimmen gewählt wird. Es erfolgt ein neuer Wahlgang, bei welchem 12 Zettel unbeschrieben abgegeben werden und Herr Glasermeister Louis Anger 2 Stimmen erhält. Herr Anger — welcher vielfach als Urheber der Nicht- wicderwahl des Herrn Beck angesehen wird — erklärt sich mit ganzen 2 Stimmen nicht als gewählt und will das Amt nun auch nicht annehmcn. Auf Vorschlag des Herrn Pfarrer wird darauf die Wahl des Vorsitzenden von der Tagesordnung abgesetzi. Weiter kommt zur Vorlage das Schreiben des Kirchenvorstandes, daß Herr Lehrer Keil zum Organisten gewählt sei; der Schulvor stand beschloß jedoch mit 8 gegen 4 Stimmen in namentlicher Abstimmung, die Zustimmung zu dieser Wahl zu versagen. — Tas dem Gutsbesitzer Gustav Fischer in Thal heim i. E. gehörige große Bauerngut brannte am Sonnabend früh '/^5 Uhr ab. Das Feuer entstand im Wohngebäude. Ter anstrengenden Thätigkeit der dortigen freiwilligen Feuerwehr, sowie der Ortsspritze gelang es, das Seitengebäude zu retten. In kurzer Zeit ist es dort das vierte Bauerngut, welches ein Raub der Flammen wurde. — Erstickt ist in der Nacht zum Mittwoch die 30 Jahre alte Frau des Rittcrgutsarbeiters Ludwig in Taltttz bei Oelsnitz. Herbeigeführt worden ist der Tod dadurch, daß ein Halsgeschwür, wegen dem die Frau demnächst operirt werden soll, plötzlich aufgegangen war. Altenburg, 11. März. Heute vollendet ein hiesiger Bürger, dessen Name in der Welt der Gelehrten weit und breit bekannt ist, sein 70. Lebensjahr. Es ist dies Herr Geh. Hofrath Professor Or. Kluge, bis zum Jahre 1889 Lehrer am hiesigen Gymnasium und noch jetzt Vorsteher der Landesbibliothek, sowie Hosbibliothekar Sr. Hoheit unsers Herzogs. Geboren in Ehrenhain, besuchte er in den vierziger Jahren das hiesige Friedrichs- gymnasium und vollendete dann seine Studien in Jena, Heidelberg und Leipzig. Tort wirkte er auch als Lehrer wie als Geistlicher, erwarb sich 1856 den Doctortitel und drei Jahre später die Würde eines Lizentiaten der Theologie. Am weitesten ist sein Name getragen worden von seiner „Geschichte der deutschen Nationallitteratur", die jetzt in 33. Auflage erscheint, in die französische, englische und italienische Sprache übersetzt worden ist und sogar an der japanischen Universität zu Tokio als Lehrbuch benutzt wird. Auch andere Werke von ihm haben zahlreiche Auflagen erlebt, und so ist es gekommen, daß sich der Jubilar als Schriftsteller wie als Gelehrter eines vorzüglichen Rufs erfreut. Mögen ihm die körper liche Rüstigkeit und die Frische des Geistes in dem bis herigen Grade noch recht lange erhalten bleiben, daß ihm der Lebensabend möglichst ungetrübt verfließe. Deutscher Reichstag. 161. Sitzung vom 10. März. O/i Uhr: Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Lesung des Gesetzentwurfs zum Schutze des Genfer Neutralitätszeichens. Zum Z 1 hat die Commission den Zusatz beschlossen, die Erlaubniß zur Verwendung des Rothen Kreuzes soll denjenigen Vereinen oder Gesellschaften nicht versagt werden dürfen, welche sich im deutschen Reiche der Krankenpflege widmen und für den Kriegsfall zur Unterstützung des militärischen Sanitätsdienstes zugelassen sind. Mit diesem Zusatz wird das Gesetz zum Schutze des Genfer Neutralitäts zeichens auf Antrag des Abg. Prinz Carolath (nl.) en dloo angenommen. Es folgt die dritte Lesung des Etats. Abg. v. Komierowski (Pole): Ich kann die Ungereimt heiten nicht mit Stillschweigen übergehen, die der Abg. Satt ler im Januar über die galizischen Verhältnisse vorgebracht hat. (Ohorufe links.) Fürst Radziwill hat diese Ungereimt heiten freilich sofort widerlegt (Lachen); ja freilich, es mag das allerdings dem Herrn Sattler sehr unbequem gewesen sein. (Lachen bei den Nationalliberalen.) Was Sattler über die Volksschulverhältnisse in Galizien und die Sprachenfrage in den Bezirken mit ruthenischer Bevölkerung gesagt hat, ist grundfalsch gewesen. Redner geht dann auch noch ein auf die Frage der erschwerten postalischen Bestellung von Briesen mit polnischen Adressen. Es handelt sich hier um schreiende Ungerechtigkeiten. Ich schließe mit der Feststellung der That- sache, daß in meiner Heimatprovinz schwerer wirihschaftlicher und namentlich landwirthschaster Nothstand herrscht. Abg Hasse (nl.) nimmt den Abgeordneten Sattler, der noch immer wegen Krankheit abwesend ist, gegen die uner hörten Angriffe des Vorredners, rabulistische Sophistik und hakalistische Rabulistik, wie der Vorredner sich u. a. ausge drückt hatte, in Schutz. Präsident Graf Ballestrem: Ich erfahre erst letzt aus dem Munde des Vorredners, daß der Abgeordnete von Komierowski dem Abgeordneten Sattler auch Klatsch nach „Aliwciber-Manier" vorgeworfen hat. Ein solcher Ausdruck ist mit der Ordnung des Hauses unverträglich. Ich werde das Stenogramm nachsehen und behalte mir Weiteres vor. Abg. v. Wunstorf Welfe): Die centralistische Politik des Reiches verdient Tadel. Dazu gehört auch die Polenpolitik Preußens, durch die man ganz loyale Bürger, die Polen, geradezu mißhandelt. Auch die wirthschaftliche Politik ge fällt mir nicht, man treibt damit dem Zollkriege zu. Abg. v. Komierowski (Pole): Dem Abgeordneten Hasse erwidere ich, Herr Or. Sattler ist ja in voriger Woche schon zwei Tage anwesend gewesen und deshalb habe ich ihn selbst verständlich auch heute, bei einer so wichtigen Verhandlung, hier erwarten dürfen. Staatssekretär des Reichspostamts Krätke: Ich muß dem Abgeordneten v. Komierowski gegenüber doch auf das Aller- bestimmteste erklären, daß in der Provinz Posen auch den Polen gegenüber das Briefgsheimniß gewahrt wird; von einer Verletzung desselben kann gar keine Rede sein. Abg. v. Dziembowski-Pomian (Pole): Ich habe dem Herrn Staatssekretär zu erwidern, daß ich bei den Special- erat der Reichspostverwaltung auf diese Frage zurückkommen werde; ich werde alsdann dem Herrn Staatssekretär Nach weisen, daß die Verletzung des Briefgeheimnisses doch That- sache ist. Damit schließt die Generaldebatte. Beim Etat des Reichskanzlers wünscht Abg. v. Dzrembowski-Pomian (Pole) Trennung der Aemter des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsiden ten. Der Reichskanzler würde dann mehr Zeil haben für die Reichsgeschäfte und mehr Zeit, Wünsche des Reichstages sorgfältiger zu überlegen. Der Reichskanzler würde dann auch der Präponderanz des Staatsgedankens auf die Reichs- politik besser entgegsntreten können. So namentlich in der Polenfrage. Für das Reich liegt doch gar keine Gefahr einer Polonisirung vor. Staatssekretär Graf Posadowsky theilt mit, der Reichs kanzler sei durch ein leichtes Unwohlsein verhindert, heute hier anwesend zu sein. Was der Vorredner soeben hier be rührt hat, dafür gilt keineswegs der Grundsatz: Reichsrecht geht vor Landrecht, sondern das betrachtet die preußische Re gierung als ihre Angelegenheit. Und auch ein etwaiger Be schluß des Reichstags würde die preußische Regierung in vieler ihrer Auffassung nicht beirren. Nach einer Entgegnung des Abg. v. Dziembowski schließt diese Debatte. Präsident Graf Ballestrem: Auf Grund meines Ein blicks in das Stenogramm rufe ich nunmehr den Abgeordne ten v. Komierowski wegen dessen beleidigender Aeußsrung in Bezug auf den Abg Or. Sattler zur Ordnung. Beim Etat des Auswärtigen Amts beantragte Abg. Münch-Ferber (nl.) die Errichtung deutscher Handels kammern im Auslande. Der Antrag wurde abgelehnt. Beim Etat des Reichsamts des Innern kam Abg. Wurm (Soc.) auf die bekannte 12,000 Mark-Affäre zurück. Staatssekretär Graf Posadowski erwiderte, er selbst trage in diesem Falle die volle Verantwortlichkeit, und widmete dem verstorbenen Director Wödtke einen sehr ehrenden Nachruf. Dienstag 1 Uhr Fortsetzung. Schluß gegen Vt? Uhr. Vermischtes. Allerlei. In Gothenburg (Schweden) kam es zu Ruhestörungen ausständiger Bäcker, welche die Ent fernung deutscher Arbeiter forderten. Zahlreiche Per sonen wurden durch Steinwürfe verletzt. — Der weit bekannte Schriftsteller Hermann Ludwig Allmers, Hof besitzer zu Rechtenfleth an der Weser, hat am Montag das Zeitliche gesegnet, etwas über 81 Jahre alt. Er ist besonders bekannt geworden als Verfasser des