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Amtsblatt für die königlichen nab städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. Verantwortlicher Redakteur in Stellvertretung: F. Beygang in Freiberg. 1S5. j Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. V^UHr für den andern Tag. Pret« vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich i M. 50 Pf. und einmonatlich 75 Pf. 41 Iahrga», Mittwoch, den W. «ngnst. Inserate »«dm bi« Bormittag 11 mm »nd dMLgt d« Preis für di» »der deren Man« 1b spalten» Zeil« Die Kämpfe um Mafiauah. Am Sonnabend hat der italienische Geschäftsträger in Paris dem französischen Minister des Auswärtigen, Goblet, die Antwort Crispi's auf die letzte französische Note vom 3. d. Mts. mitgetheilt, welche die Aufrechterhaltung der Kapitulationen m Massauah verlangte. In dieser Antwort erklärte der italienische Ministerpräsident, daß die Regierung Italiens von dem Wunsche beseelt sei, Alles zu vermeiden, was die Verhandlungen verbittern könnte, auch nicht auf die Thatsachen zurückkommen wolle, welche sie zur Be setzung Massauahs drängten, das, von Egypten und der Pforte verlassen, kaum herrenlos bleiben konnte. Die Be setzung Massauahs erfolgte noch vor der Berliner Konferenz, brauchte also den Mächten nicht angezeigt zu werden, weil eine solche Formalität erst auf der Konferenz für solche Fälle vereinbart wurde. Auf die Behauptungen Goblets bezüglich der Kapitulationen erwidert Crispi in seiner Note: .Wenn ein Land, wo Kapitulationen bestehen, in die Verwaltung einer christlichen und zivilisirten Macht über geht, ohne daß die Souveränetät geändert wird, wie in Bosnien, auf Cypern und in Tunis, so hören im Allge meinen die Kapitulationen nur in Folge des Einvernehmens zwischen der okkupirenden Macht und anderen Mächten auf. Selbstredend hören die Kapitulationen auf, wenn em Land, wie Algier, die Dobrudscha und die kraft des Berliner Vertrages an Rußland abgetretenen Gebiete, nicht nur in die Verwaltung, sondern in die volle Souveränetät einer christlichen und zivilisirten Macht übergeht. Man begreift nicht, daß dieselben Personen, welche widerstandslos in den italienischen Staatsschatz fließende fiskalische Steuern be zahlten, plötzlich einfache kommunale Abgaben, welche zu örtlichen Verbesserungen bestimmt sind, zu zahlen ver weigerten. Dieser Widerstand wurde durch einen fran zösischen Agenten hervorgerufen, der nur mehr aus Dul dung Konsular-Funktionen in Massauah ausübte. Noch sonderbarer ist es, daß derselbe kraft formeller Vollmachtm von Paris handelte, wie dies seine Regierung in Beant wortung der Beschwerden Menabrea's ausdrücklich bestätigte. Die Thatsache, daß eine fremde Regierung ohne greifbaren Grund eine Bevölkerung zur Verachtung der Gesetze des Landes, welches sie bewohnt, aufreizt, ist eine so ernste, daß es, um sie für möglich zu halten, der Er klärung Menabrea's bedarf, daß er dies aus dem Munde des französischen Ministers des Aeußern vernahm." Angesichts solcher mit den Rücksichten, die sich auf dem Friedmsfuß lebenden Mächte schulden, so wenig vereinbar- uchen Handlungen fragt die Note, was Frankreich ange trieben habe, so zu handeln. Frankreich habe gar kerne Interessen in Massauah und sei nur zu Gunsten der Griechen eingetreten, um den gegenwärtigen Zwischenfall heraufzubeschwören. Der französische Agent in Massauah konnte als solcher nicht mehr anerkannt werden, weil er vertrauliche Beziehungen zu dem Negus und den abessi nischen Führern an der Grenze unterhalten hatte. Die italienische Note schließt mit den Worten: „Die Mächte werden wissen, auf welcher Seite das Unrecht ist, ob auf Seite der Macht, welche die öffentliche Ordnung sicher stellt, oder auf Seite der Macht, welche eine ruhige Be völkerung zum Trotz gegen die Autorität der eingesetzten Gewalten aufreizt. Die meisten Mächte haben sich bereits ausgesprochen und die italienische Regierung ist hoch erfreut darüber, daß sie den Zwischenfall zu ihrer Kenntniß ge bracht hat. Sie legt Werth darauf, ihn als geschloffen zu betrachten und im Frieden auf der Linie zu beharren, die sie sich vorgezeichnct. Sie wird bis zum Ende im Rothen Meere die Interessen Vertheidigen, die sie unter ihren Schutz genommen und von denen sie glaubt, daß sie die Interessen der Gerechtigkeit, des guten Rechtes und der Zivilisation sind". Allem Anschein nach ist der Zwischenfall damit keines wegs abgeschlossen, denn der französische Minister Goblet beab sichtigt, auf die lange italienische Note kurz und schneidig zu ant- Worten; außerdem ist aber auch die Pforte mit einem frei lich sehr verspäteten Proteste gegen die Einverleibung von Massauah und Umgegend in den italienischen Besitz hervor getreten und hat damit gleichzeitig Stellung gegen die Hin fälligkeit der Kapitulationen genommen. Die Pforte mag damit Rußland und Frankreich einen Gefallen erwiesen haben. Italien wird sich aber durch die türkische Ver wahrung kaum abhalten lassen, seine einmal gewonnene Stellung am Rothen Meere zu sichern, da alle anderen europäischen Staatsmänner damit einverstanden sind, Italien ein zivilisatorisches Werk rubig vollenden zu lassen, zu dem vorher Niemand Lust verspürte. An die Möglichkeit einer Wiederbegründung der türkischen oder egyptischen Herrschaft in Massauah glauben die Franzosen selbst nicht, ein Anfall an Abessinien würde aber dem allgemeinen Interesse wider sprechen, weshalb der Verbleib Massauahs in italienischem Besitz von Allen gewünscht werden muß, die nicht durch New und Haß verblendet sind. Großen Gewinn hat Italien bisher von dieser Kolonie am Rothen Meere freilich nicht gehabt; die errungenen oder noch zu erhoffenden Vortheile stehen in keinem Verhältniß zu dm bereits dafür gebrachten Opfern an Gut und Blut. Die nationale und vor Allem die militärische Ehre erfordern aber das weitere Festhalten eines Besitzes, der von den Gegnern Jtalims auf so rück sichtslose Weise angefochten wird. Das Ansehen des jungen Königreiches würde empfindlich leiden, wenn es sich von abessinischen Räubem den Anfang seiner kolonialen Be strebungen wieder entreißen ließe. Schon die bisherige, so wenig erfolgreiche Art der Kriegsführung in der Umgegend von Massauah war nur zu sehr geeignet, den zahlreichen Gegnern Italiens Muth zu sehr gefährlichen Angriffen zu machen. Wenn nicht Frankreich wüßte, daß Englands Flotte unter Umständen zum Schutze dec langgestreckten italienischen Küsten dimen würde und daß Deutschland und Oesterreich-Ungam sich verpflichtet fühlen, bei einem Angriff auf Italien dem jungen Königreich Truppen zum Beistand zu senden, so wäre die Frage über die Herrschaft im Mittel meere längst zur blutigen Lösung gekommm. Durch die jüngste Niederlage in Saginati ist das Ver träum zur Tüchtigkeit des in Massauah kommandirmden italienischen Generals Baldiffera tief erschüttert worden. Die Entsendung von 600 Baschi-Bozuks unter Führung eines italienischen Hauptmanns und von vier Lieutenants gegen einen Feind, der eine feste Stellung im Rücken hatte, war, gelinde gesagt, eine Unvorsichtigkeit. Die italienischen Truppen können bei der jetzt um Massauah herrschenden Gluth keine Rekognoszirungen selbst unternehmen, während die aus egyptischen Dienstm übernommenen Baschi-Bozuks auch bei solcher Hitze leistungsfähig bleiben. Die Letzteren eigneten sich aber wegen ihrer Disziplinlosigkeit wenig zu einer selbständigm Aktion, bei welcher die Ehre der italieni schen Waffen auf dem Spiele stand. Die sie befehligenden fünf italienischen Offiziere sollen bei dem Sturmlaufe gegen die Befestigungen des abessinischen Prinzen Debeb Wunder an Tapferkeit verrichtet haben, aber sie opferten sich um sonst. Als die Abessinier sich kräftig zur Wehre fetzten und die als Hilfstruppen Italiens mit vorgerückten Assaortiner ihnen beistanden, da stoben die egyptischen Söldlinge wie Spreu vor dem Winde auseinander. Es war auch ein unverzeihlicher Fehler, den Assaorttnem noch Vertrauen zu schenken, die seit dem Ueberfall von Dogali keine zuver lässigen Bundesgenossen mehr sind. Als Ras Alula als Preis für die gefangenen italienischen Reisenden die Aus lieferung von sechs assaortinischen Führern verlangte, war der italienische General Gen« so schwach, dieser Forderung nachzukommen, worauf Ras Alulah die eingeborenen Freunde Italiens unter gräßlichen Martern hinrichten ließ. Da mals haben die Assaortiner einsehen gelemt, daß sie nichts von einer Kriegsleitung zu erwarten haben, welche die guten Dienste treuer Bundesgenossen nicht besser zu belohnen weiß. Unter dem Eindruck der Hiobsbotschaft aus Sagmatt und des Zerwürfnisses mit Frankreich ist der leitende Staats mann Italiens, Crispi, nach Valdieri zu dem König Hum bert geeilt, um über alle weiteren Schritte mit seinem Mo narchen zu berathen. Von Valdieri aus reiste Crispi Sonntag nach Turin, wo er Nachmittags 2^, Uhr eintraf und von den Spitzen der Behörden auf dem Bahnhofe be grüßt wurde. Bald darauf ist er nach Mailand und von da mit der Gotthardbahn weiter gereist. Allem Anschein nach begab er sich nach Friedrichsruh. Dort wird wohl das entscheidende Wort über die italienische Kolonialpolittk gesprochen werden, gegen welche Frankreich und wohl auch Rußland und die Türkei ankämpfen. Wer aber als Bundesgenosse Deutschlands und Oesterreich-Ungarns vor aller Welt dasteht, dem soll und wird kein Haar gekrümmt werden. Tagesschau. Freiberg, de« 21. August. Wie zu erwarten war, hat die entschlossene Frankfurter Rede deS deutsche« Kaiser» die Franzosen schwer geärgert. Der Pariser „Temp»" meint: „Diese militärische Sprache scheint zu den Gewohnheiten de» neuen Staatsoberhäupter zu gehören." Der sonst sehr krtrg»lustigen „France" zwang die unzweideutig« Sprache Kaiser Wilhelm» die Versicherung ab: „Wir werden niemals angretfe», aber wir wollen t» der Lage sein, uns nachdrücklich zu vrrthetdtgen, falls man unS angretfen wird." Dazu bemerk die „Köln. Ztg.": „Auch Deutschland wird nicht angretfen; daS hat Kaiser Wilhelm ebenso fest ver sichert, wie die Thatsache, daß Deutschland die Errungenschaften seiner großen Kämpfe bi» zum letzten Blutstropfen vertheidige« wird. Weshalb e» trotzdem rüstet, rüstet im unver hohlenen Hinblick auf seine Nachbarn im Westen? frage» die Franzosen. Weil e» die Erfahrung gemacht hat, daß eS eitel Beginnen ist, mit der Republik gute Beziehungen zu erstrebe«, weil «Stäglich sieht, daß der Revanchegedanke bei der politisch« Wühlerei aller Partei« die einzig wirksame Triebkraft ist, well die Stetigkeit der Regierung und der bestehende« Regie- rungSsorm so wenig verbürgt ist, daß neue Umwälzungen Deutschland täglich neuen Verhältnissen gegeuüberstellen könne« und eS sich gegen die Möglichkeit schützen will, noch einmal von einem französischen Abenteurer zertreten zu werde», weil endlich eS zu der Einsicht der bedauerliche» Wahrheit gekommen ist, daß die Furcht Frankreich» vor der Stück DattschlaudS uud seiner Bundesgenosse» der festeste Hort d«S Frieden» ist. Deshalb rüstet eS und bereitet sich vor zu neue« Kampfe, den «S ebensowenig sucht wie fürchtet." — In der Ansprache, welche Se. Majestät der Kaiser Wilhelm II. am Sonnabend nach der Besichtigung deS 1. preußischen GarderegimrutS zu Fuß an dasselbe richtete, hob Allerhöchstderselb« hervor, daß «» ihm eine Freud« s«t, gnad« am Gedenktage der Schlacht von St. Privat daS Regtmrnt zu sehe», an einem Tage, der für die ganze Armee bedeutend und ein Gedenktag au Viel«, welche nicht mehr find, sei. Ferner sprach Se. Majestät die Hoffnung aus, daß daS Regiment, wenn die Zett einmal a« dasselbe herantrete, nicht zurückftehen werde vor dem, waS eS an jenem Tage vor 18 Jahren tapfer geleistet habe. — Am Sonntag Vormittag nledigte dn Kaisn Regierung» ange- legenheiten und nahm einige Vorträge entgegen. Gegen Mittag stattete die Kaiserin Augusta den Majestäten im Marmor« palai» einen Besuch ab, welchen der Kaiser am Nachmittag erwiederte. Gestern früh begab sich der Monarch auf dsm Dampfer „Alexandra" nach Spandau und besichtigte dort von S Uhr ab das 4. Garde-Regiment, sowie daS 3. Gack«» Grenadier-Regiment Königin Elisabeth. Die Rückkehr nach dem Marmorpalais erfolgte wieder auf dem Dampfer „Ale xandra". Gestern Nachmittags 5 Uhr fand in Gegenwart deS Kaisers und der Königlichen Prinzen im Katharlnmholz bei Potsdam das Adlrrschießrn der Offiziere statt. — Dir deutschen Erwerbungen in Ostafrika haben einen glänzende« Abschluß gesunden, da sich die Nachricht bestätigt, daß der ost- afrikanischen Gesellschaft am 15. August von dem Sultan von Zanzibar dir Zollverwaltung und die gefammt« Verwaltung und Rechtspflege an der Küste übergeben und deren Flagge gehißt worden ist. Auch die Garnisonen gehen an die Gesell schaft über. ES geschah daS in Gemäßheit eine» schon mit dem vorigen Sultan im verflossenen Jahre abgeschlossenen und vom jetzigen in etwas veränderter Gestalt abgeschlossenen Vertrage». Die außerordentliche Bedeutung dieser Thatsache bedarf keines Kommentar». — Der „Hannoversche Courter" meldet, daß Rudolf von Bennigsen kein Mandat zum preußi schen Abgeordnetenhaus annehmen wird. — Die 29. Haupt versammlung des Verein» deutscher Ingenieure ist gestern in Breslau im Festsaale deS Bincenzhause» zusammen getreten und Namen» der Staatsregierung durch den OberrrgierungS- rath Strauß, Namen» der Stadt durch den Oberbürgermeister begrüßt worden. — Zur silbernen HochzeitSfeirr de» Grase« Stolberg-Wernigerode ist in Wernigerode gestern Mittag der Großhrrzog von Mecklenburg-Schwerin rtngetroffen und wurden dort für heute das Herzogspaar Johann Albrecht, fowie all« Mitglieder der Reußtfchen Stolberg'schrn Familie erwartet.— Der dritte internationale Binnenschiffsahrts Kongreß trat gestern im Saalbau zu Frankfurt a. M. zusammen. Derselbe ist von 700 Theilnehmern besucht. Der StaatSmintster v. Boetticher begrüßte den Kongreß Namens deS Reiches und Preußen» und überbrachte demselben Grüße Sr. Majestät de» Kaiser». Ober bürgermeister vr. Miquel eröffnete die Verhandlungen mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser. Ein von dem StaatS mintster v. Maybach au» Toblach elngrlaufene» BegrüßungS- telrgramm wurde sofort beantwortet. — Die Frage der An legung eines großen KriegShafen» bet Danzig, welche in den letzten Tagen mehrfach erörtert worden ist, beschäftigte die zustehenden Kreise bekanntlich schon seit Anfang der siebziger Jahre. Man hat auch bereits in dieser Beziehung auf die Denkschrift über die Marine hingewiesen, welche dem Reichs- tage im Jahre 1873 vorgelegt worden war. Aus'» Neue ist