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Erschein: jcdeT- Wochentnq Nachrnitt. '/,SNHr für dm ^HV U /M1 , andern Tag. Prei» »ierteljrhrllch S Mar! »b P)., zweimonatlich l M. SO Pf. and rinmsnatlich 7b Pf. I Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom ! men räch beträgt der Preis für die gespaltene Zell »der deren Rama 1b Ps. 41. Jahrgang. — Mittwoch, de« 2». Juni. zBerzerM^^ m- Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städttschen Behörden za Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redaktem: Julius Brau» i» Freiberg. Wilhelm zum Heile des Vaterlandes zu walten. Potsdam, den 18. Juni 1888. An mein Volt! Kottes Rathschluß hat über uns auf's Neue die schmerzlichste Trauer verhängt. Nachdem die Gruft über der sterblichen Hülle meines unvergeßlichen Herm Großvaters sich kaum geschlossen hat, ist auch meines heißgeliebten Herrn Vaters Majestät aus dieser Zeitlichkeit zum ewigen Frieden abberufen worden. Die Helden« müthige aus christlicher Ergebung erwachsende Thatkraft, mit der er seinen königlichen Pflichten, ungeachtet seines Leidens, gerecht zu werden wußte, schien der Hoffnung Raum zu geben, daß er dem Vaterlande noch länger erhalten bleiben werde. Gott hat es anders beschlossen. Dem königlichen Dulder, dessen Herz für alles Große und Schöne schlug, sind nur wenige Monate beschicken gewesen, um auch auf dem Throne die edlen Eigenschaften des Geistes und Herzens zu bethätigen, welche ihm die Liebe seines Volles gewonnen haben. Der Tugenden, die ihn schmückten, der Siege, die er auf den Schlachtfeldern einst errungen hat, wird dankbar gedacht werden, so lange deutsche Herzen schlagen, und unvergänglicher Ruhm wird seine ritterliche Gestalt in der Geschichte des Vaterlandes verklären. Auf den Thron meiner Väter berufen, habe ich die Regierung im Aufblick zu dem Könige aller Könige übernommen und Gott gelobt, nach dem Beispiel meiner Väter meinem Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottesfurcht zu Pflegen, den Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes zu fördern, den Armen und Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter zu sein. Wenn ich Gott um Kraft bitte, diese königlichen Pflichten zu erfüllen, die sein Wille mir auferlegt, so bin ich dabei von dem Vertrauen zum preußischen Volle getragen, welches der Rückblick auf unsere Geschichte mir gewährt. In guten und in bösen Tagen hat Preußens Voll stets treu zu seinem Könige gestanden; auf diese Treue, deren Band sich meinen Vätern gegenüber in jeder schweren Zett und Gefahr als unzerreißbar bewährt hat, zähle auch ich, in dem Bewußtsein, daß ich sie aus vollem Herzen erwiedere, als treuer Fürst eines treuen Volkes, beide gleich stark in der Hingebung für das gemeinsame Vaterland. Diesem Bewußtsein der Gegen« seitigkeit der Liebe, welche mich mit meinem Volke verbindet, entnehme ich die Zuversicht, daß Gott mir Kraft und Weisheit verleihen werde, meines königlichen Amtes Die Bestattung Kaiser Friedrichs. Feierliche» Glockengeläute von allen Thürmen der Stadt Potsdam, sowie von den KIrchthÜrmen aller Nachbarorte verkündete gestern Bormittag von 9 Uhr an das Heran nahen der Stunde, in welcher die irdische Hülle des ver ewigten Kaisers zur Ruhestatt geführt werden sollte. Bet dem Beginne des Läuten» traten in dem Schlöffe FrledrichS- kron die Oberhoschargen an da- Kopf- und Fußende des in der JaSPiS-Galerie aufgebahrten Sarges. Gleichzeitig traten der Oberstkämmrrer Graf zu Stollberg-Wernigerode und die Staatsmintster hinter die zu beiden Setten des Sarges aufgestellten Sessel, auf welchen die Kron-Insignien auf Silberkiffen ruhten. Mit dem Reichspanier verfügte sich Feldmarschall Graf von Blumenthal an das Kopfende der SargeS; ihm zur Seite standen die Generaladjutanten von Mischke und von Winterfeld. Zu beiden Seiten deS von einem Baldachin überdachten Altars nahm die Hofgeist lichkeit Aufstellung. Punkt 10 Uhr traten die allerhöchsten und höchsten Leidtragenden und alle zur Trauerfeier er schienenen auswärtigen Fürstlichkeiten aus den Gemächern Friedrichs des Großen, in welchen sich dieselben versammelt hatten, in die Jaspis-Galerie. Die regierende Kaiserin, die Kaiserin Augusta, Großherzogin von Baden und Erb- Prinzeß von Meiningen blieben tm Hintergründe zur Seit: deS AltarS, von Orangerie verdeckt. Neben der Kaiserin Viktoria Augusta standet» auch ihre vier kleinen Söhne, um der Leichenfeier deS Großvaters beizuwohnen. Nach dem Gesänge: „Bald rufst Du mich" von Joh. Seb. Bach trat Oberhofprediger v. Kögel an den Sarg und sprach: „Wir beugen uns in dieser Stunde und an dieser Stätte unter deine gewaltige Hand, Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi. Wie bald hast du über unser Königshaus, über unser Volk neue Trauer verhängt, hast dem jungst in die Ewigkeit vorausgegangenen Vater den Sohn folgen lassen, hast abermals dem Land seinen König, dem Reich seinen Kaiser genommen. In demselben Schlosse, in dem dieser Fürst einst in das Leben trat, hast du ihn seinen Aus gang halten lassen, und an demselben Tage, an dem vor drei Jahren unser Heer einen Feldherrn verlor, hast du diesen Führer zu dir heimgerufen ! An seinem Sarge sagen wir dir in der Abschiedsstunde wehmüthigen Dank für Alles, was du an ihm und durch ihn gethan. für jeden vorbildlichen Zug der Liebe und Leutseligkeit, mit dem du ihn zum Dienen und zum Herrschen schmücktest: für das Einheitsband zwischen Süd und Nord, das er in großer Zeit in ritterlichem Kampf mitschaffen half; für all die heldenmüthige Geduld, mit der er sein langes, schweres Leiden trug, allezeit stille zu dir, allezeit stark durch dich, als den Meister im Helfen; für das gnädige Ziel, das du seiner Trübsal gesetzt hast! Vor allem dafür Dank, daß du dem Vollendeten das Helle Licht deines Evan geliums von Jes» als dem Lamm, das unsere Sünde trägt, hast leuchten lassen, so daß er sein Kreuz zu Füßen des Kremes von Golgatha niederlegen konnte mit dem Gebet im Namen Jeff»: Es kann mir nichts geschehen, als was du selbst versehen und was mir selig ist. Tröste du, Gott alles Trostes, mit den Gedanken deines Friedens die ver- wittwete Kaiserin und Königin, die dreißig Jahre hindurch dem Heimgegangenen ist Lich', nnd Leid' zur Seite stand, die vereinsamte Kaiserin Mutter, träge sie in ihrem neuen Schmerz, laß deine Kraft in ihrer Schwachheit mächtig sein, die Großherzogin von Baden, die binnen weniger Monate den Sohn, den Vater, den Bruder in's Grab hat sinken sehen, unseren Kaiser, unsere Kaiserin, die du an zwei Sterbe betten vorüber auf ernstem Wege zum Throne führst, den eben vermählten Prinzen, den der sterbende Vater noch hat segnen können, die Kinder und die Enkel alle, ja, unser ganzes Volk, das aus einer Trauer in die andere geht. Ach, möchten wir Me bei unserem Gang durch's finstere Thal kämpfen und hoffen, glauben und lieben, beten und bekennen, dulden und überwinden lernen durch deinen Sohn Jesum Christum, unseren einigen Herrn, dem sammt dir und dem heiligen Geiste Lob sei und Preis und Ehre und Anbetung von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen-" Alsdann stimmte die gesammte Trauerversammlung de» Choral an: „Wenn ich einmal soll scheiden". Während nunmehr der Sarg emporgehoben und hinausgetragen ward, intonirte der Chor die Tondichtung Michael BachS: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt".— Die Kaiserin-Wittwe war Inzwischen mit ihren Töchtern in Bornstedt, wo Prediger Stechow einen Gottesdienst abhielt. Al« der Sarg zum Leichenwagen getragen worden, er schien Kaiser Wilhelm mit dem Prinzen Heinrich und dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen vor dem Portal und wartete daselbst bis olle Kränze und Blumensprnden aus dem Sarge befestigt waren. Auf seinen Beseh! wurde sodann noch auf dem Kopfende des SargeS die königliche Purpurstandarte ausgebreitet. Punkt 11 Uhr gab der Kaiser ein Zeichen, worauf der Zug sich In Bewegung setzte. An die Sette deS Kaiser» traten nunmehr zur Rechten und Linken hinter dem Leichenwagen Se. Majestät der König von Sachsen und Se. Königl. Hoheit der Prinz von Wale». Al» der Sarg tm Portal des Schlosse» Frtedrtchskron erschien, tntonirten sämmtliche Mufikkorp», während des PräsentireoS der aufgestellten Truppen, den Choral: „Jesu» meine Zuversicht"; die Trommeln wurde» gerührt und tiefe Rührung ergriff alle Umstehenden. Noch ergreifender sollte ein Bild deS Schmerzes auf Alle elnwirken. Die Kaiserin Augusta hatte sich an daS offene Fenster des Gartensaales tragen lasten und winkte von hier aus unter Thränen dem dahinsahrenden Leichenwagen mit der irdischen Hülle deS geliebten Sohnes nach, bis dieser in dem grünen Parke endlich ihren Blicken entschwand. Oben an einem Fenster sah man die ver- wittwete Kaiserin Victoria, ebenfalls in Schmerz aus gelöst. Der Reichskanzler Fürst BiSmarck war durch Un päßlichkeit verhindert, zu den Trauerseierlichkeiten zu er scheinen. Der Leichenparade voraus ritt der Kommandant der Stadt Potsdam, dann kam das Garde-Husaren-Regimcnt; diesem solgten die Garde-Kürassiere, deren weiße Koller weithin leuchten, ihnen schlossen sich die Lanzenreiter an, zu erst tauchten die schwarz-weißen Fähnchen der ersten Garde- Ulanen auf. Jetzt erklang der Chopinsche Trauermarsch, es war da» Trompeterkorp» de» 2. Garde-UlaneuregimrntS, da» diese ernste Wetse blie». Den Garde-Dragonern, di« nun in der Leichrnparade ritten, folgten die 3. Garde-Mane». Gedämpfter Trommelwirbel schlug an da- Ohr. Bajonette der Infanterie rrblitzten und langsamen, gemessenen Schritte» kamen da» Alexander-Regiment daher, do» Kaiser-Franz-Regt- ment schloß sich ihm an und dann folgte das 3. Garderegiment zu Fuß. Unter Trauermärschen und mit gedämpftem Trvmmelklang kamen die andern Regimenter daher, die Garde-Füsiliere, das 4. Garde-Regiment, die Elisabether, die Garde-Jäger, die Garde-Schützen, und hinter ihnen Deputationen von Mannschaften aus allen Regimentern, dir Pioniere, der Train zu Fuß, Fußartillerie, ein Bataillon de» Eisenbahn-Regimenr» bildeten den Schluß der eigentlichen Leichenparade. Eine Eskorte de» Regi ment» des Gardes du CorpS, bestehend au» 10ffizier und 40 Mann, stellte den Uebergang zu dem zweiten Theil des Zuges dar. Hinter den Hosfourteren schritt die Geist lichkeit einher, in der ersten Reihe die Berliner Dom geistlichkeit, auf dem rechten Flügel Stöcker, neben Ihm Bayer und in der Mitte Kögel, in weiterer Folge Persius, Rogge, ihnen schloffen sich die anderen Potsdamer evangelischen Geistlichen und die aus den benachbarten Dörfern an. Die katholische Geistlichkeit bildete den Schluß der Abthetlung dieses Zuges. Die Kastellane, die Ltvräedienerschaft, die Kammerdiener und alle die Personen, welche die persön liche Dienstleistung beim Kaiser Friedrich hatten, waren die Nächsten im Zuge; dann folgten die Beamten deS Hof« marschallamt», der Schloßbaukommission, und Garten- Direktion, des OberceremonienamtS, des Obermarstallamtes, der General-Intendantur der königlichen Schauspiele und deS HosjagdamtrS. Die königlichen Pagen machten in ihrer Trauertracht einen recht charakteristischen Eindruck. Di« nunmehr folgenden Gruppe umfaßte die Leibärzte und alle die Aerzte, welche dem Kaiser bei der letzten Krankheit bel- gestanden. Sir Morell Mackenzie war nicht unter seinen Kollegen; wohl aber vr. Howell; an der Spitze derselben schritten v. Wegner, v. Bergmann, Bardeleben, in zweiter Reihe folgte vr. Bramann. Vier adelige Marschälle ge leiteten zum anderen Theil des Zuges, in dem die ReichS- insignien geführt wurde», hinüber; die Minister waren die Träger derselben und zwar wurde getragen a. daS Kur- schwert von den StaatSministern von Scholz und Grafen von Bismarck Schönhausen, b. der Kurhut von demStaatS- minister von Goßler, o. die Kette de» Schwarzen Adler ordens von dem StaatSminister von Boetticher, ä. da- Reichsinsiegel von dem StaatSminister vr. von Friedberg, o. da» Reichsschwert von dem Staats- und Krieg-mlnister Bronsart von Schellendorff, t. der Reichsapfel von dem Staatsminister vr. Freiherrn v. Lucius, Z. das Reichs- zepter von dem StaatSminister von Maybach, k. die könig liche Krone von dem Oberst-Kämmerer Otto Grafen zu Stolberg-Wernigerode; die königlichen Hofchargen, die