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Schönburger Tageblatt Filialen: in Altstadiwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Tahler, Cigarrenfabrikont an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Herm. Wildenhain; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der ÄbonnementSpreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Inserate pro Zeile 10 PK., für auswärts 15 Ps. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. und Val-enburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnzena«, Lichtenstein-CaSnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen» leubaMederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Lberwiera, Lberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf KerusprKchrr Nr. 9. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. N 99. Donnerstag, seu 1. Mai 1902. Witteruvgsbericht, ausgenommen am 30. April, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 759 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -j- 12 0. (Morgens 8 Uhr -s- 8,i 0.) Fevchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 28°/». Ttzauvvnlt 5,, 0. Windrichtung: Nordwest. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,o mm. Daber Witterungsansfichten für den 1. Mai: Wechselnde Bewölkung mit Neigung zu Niederschlägen. »Waldenburg, 30. April 1902.^ Menschlichkeit im Kriege! In einer Zeit, wo ein mächtiger Herrscher, Zar Nikolaus II. von Ruhland, es auf sich nahm, durch eine Abrüstung der Verminde rung der Kriege den Weg zu ebnen, wo alle Jahre über die Einführung von Weltschiedsgerichten verhandelt wird, und die Genfer Convention bereits länger, denn ein Menschenalter besteht, sollte cs eigentlich überflüssig erscheinen, dies Thema überhaupt aufzuwcrfen. Daß es in Wahrheit ganz anders steht, haben die englischen Gewaltthäligkeiten in Süd-Afrika bewiesen, die heute ja erheblich gemildert sind, aber doch stattgefundcn haben und deren Thatsachen sich nie aus der Welt werden schaffen lassen, so dunkel sie sich auch auf dem Ehren schilde der englischen Nation ausnehmen. Auch dem nordamerikanischen Volke kann der Vorwurf nicht er spart bleiben, daß Angehörige seiner Armee, sogar hohe und höchste Offiziere, sich im Kriege gegen die sich ihrer Freiheit wehrenden Bewohner der Philippineninscln zu Thaten haben hinreißcn lassen, die Alles, was dw Noth wendigkeit gestattet, weit hinter sich zurücklassen. Toch fehlt erfreulicherweise in der nordamerikanischen Union die scharfe Kritik dieses Verhaltens nicht, die sich in England sehr lange Zeit fast ganz ausschwicg. Uns Deutschen hat man auf Grund der albernen sogenann ten Huunenbricfe, wie bekannt, mancherlei anhängen wollen, und gerade Briten und Yankee's haben sich in hämischen Aeußerungen hersorgethan! Sie können jetzt die eigenen Thaten richten! Aus England und Amerika hat man sich auch am Meisten darüber aufgehalten, wenn in Armenien Türken und Christen aneinander- gericthen; aber in Wahrheit sind die Moslems lange nicht so kaltblütig grausam, wie sich englische und ameri kanische Soldaten und selbst Offiziere erwiesen haben. Tie Brutalitäten der nordamerikanischen Truppen ge- gen die Philippinen-Insulaner sind geradezu haar sträubend, das ist mehr wie raffinirte Menschcn-Quälerei, wie die ausgesuchteste Tortur gewesen. Und was da bei den Krug radikal zum Ueberlaufen bringt, ist die Feststellung, daß sich ein commandirrnder Offizier immer auf den Anderen, auf seinen höheren Vorgesetzten be zieht, daß selbst der amerikanische General-Gouverneur der Philippinen-Inseln um diese Dinge gewußt und sie damit geduldet, wenn nicht gar direct gutgeheißcn hat. Mit aller Menschlichkeit Hohn sprechenden Schändlich- keiten haben die Insulaner zur Unterwerfung gezwungen werden sollen! Daß damit nur das Gegentheil erreicht wird, ist schon oft erwiesen, daS wird auch im vor liegenden Fall wieder erkannt werden. Erfreulich ist, und man konnte es von einem solchen Mann schlecht hin auch nicht anders erwarten, daß Präsident Roosevelt über die unerhörten Vorgänge sofort seine allerschärfste Mißbilligung ausgesprochen und eine energische Auf deckung des Vorgekommencn betont hat. Aber die Thatsachen sind doch nun einmal nicht weg zubringe»; Den heutigen himmelstrebenden kulturellen und ethischen Bewegungen steht die Praxis mit vor Brutalität verzerrtem Antlitz gegenüber. Und es ist kennzeichnend, daß gerade Angehörige derjenigen Nationen, welche auf der Bahn zur edelsten Menschlichkeit am Weitesten gekommen sein wollen, sich zu Handlungen Hinreißen lassen, welche den Lcbensanschaunngen ihrer Mitbürger roh und gewaltthätig ins Gesicht schlagen. Die Zeitgenossen verurtheilen solche Vorkommnisse auf das Schärfste, aber die Wirkung dieser vernichtenden Kritik macht sich doch nur sehr, sehr allmählich geltend. ES erscheint also durchaus nicht überflüssig, über das, was im Krieg erlaubt und nicht erlaubt ist, noch einige Worte zu verlieren. Freilich wird das im Rath der internationalen Mächte schwerlich geschehen, überall ver bittet man sich eine Kritik; aber wenn die Dinge so liegen, wie weit, wie unendlich weit sind wir dann in Wahrheit von einer Abschaffung der Kriege entfernt? Und es muß leider gesagt werden, daß wir uns je mehr davon entfernen, je mehr mit Worten über die Kriegsbeseitigung gesprochen wird. Tie Extreme be rühren sich: Auf der einen Seite Leute, die mit ihren Gedanken bis zum Himmel empordringen möchten, die sogar die nationale Ehre von einem Schiedsgericht ab- urtheilen lassen möchten, auf der anderen Seite Kreise, die fester als je an der Erde haften, und die sich dort findenden Interessen unter allen Umständen mit Säbel und Gewehr vertheidigen wollen. Ja, sie sind bereits zur rücksichtslosen Eroberungs-Politik gekommen, alle Kriege der letzten Jahre hatten keinen Funken von Recht mit Ausnahme des China-Zuges. Und die Brutalitäten sind die Folgen des ersten Unrechts gewesen, eins kommt von selbst zum anderen. Potttische Rundschau. Deutsches Reich. Ter Kaiser, der aus Eisenach am heutigen Mittwoch in Berlin zurückerwartet wird, besichtigt am Freitag, dem Jahrestag der Schlacht von Groß-Görschcn, auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam das 1. Garde regiment z. F. Tas kaiserliche Hoflager wird am 15. Mai vom Berliner Schloß nach dem Neuen Palais bei Potsdam verlegt werden. Auf der Wartburg äußerte der Kaiser gesprächsweise: „Hier, auf historischem und sagenumwobenem Boden, den alljährlich zahllose Aus länder betreten, wollen wir zeige», was deutsche Kunst zu leisten vermag." Ter Berliner Historienmaler Oetken wurde beauftragt, das einstige Gemach der heiligen Elisabeth, welches heute als Versammlungsraum für die Gäste des Kaisers oder Großhcrzogs dient, mit Gemälden zu schmücken. Ter Reichskanzler Graf Bülow hatte mit dem Vor sitzenden des Tirectoriums des Vereins der deutschen Zuckeriiidustrir, Geh. Regierungsrath König, eine Unter redung, die natürlich auf die Brüsseler Zuckerconvrntion und das neue Zuckersteuergesetz Bezug hatte, die dem Reichstage in diesen Tagen zugehen werden. Dem preußischen Landtag soll noch ein» Polen- Vorlage zugehen. Es handelt sich nach der „M. A. Z." um einen Entwurf, der Mittel in Höhe von 100 Mill. Mk. verlange, um das bäuerliche Ansiedelungswerk in größerem Stiele als bisher vornehmen zn können. Dem Reichstage sind im Verlaufe der Session, welche diesmal allerdings sehr lang ist, nicht weniger als 115,874 Petitionen zugegangen, von denen der weit aus größt» Theil jedoch erst seit dem Wiederzusammen tritt des Reichstags im November vorigen Jahres datirt. Viele dieser Petitionen müssen unerledigt bleiben. Taher hat die „Deutsche Tagesztg." ganz Recht, wenn sic sagt, dem Reichsbürger solle sein Petitionsrecht durchaus nicht beschränkt werden; cs dürfe aber nicht außer Acht ge lassen werden, daß dieses Recht, wenn jeder bei jeder Kleinigkeit und in jedem auch noch so ungeeigneten Falle davon Gebrauch macht, thatsächlich illusorisch werden mnß. Polizeilich verboten wurden einige socialdemokratische Maifeiern in Berliner Vororten. Es wurde den be treffenden Gastwirthen, die um die Erlaubniß zur Ab-' Haltung von Lustbarkeiten für den 1. Mai ersuchten, geantwortet, daß öffentliche Lustbarkeiten an den Wochen tagen nicht gestattet werden können. s Ä W Die Zolltarifcommission beging am vergangenen Dienstag die Jubelfeier ihrer 50. Sitzung, in welcher eine größere Anzahl von Petitionen nach den Zollsätzen der Regierungsvorlage erledigt wurden. ES handelt sich u. a. um Bier aller Art, Malzextract, Weinhefe, Mineralwasser und Eis. Bei dem Titel „Abgänge von der Verarbeitung landwirthschaftlicher Erzeugnisse" ent steht eine längere Debatte, da von der Mehrheit hier die Festsetzung von Zollsätzen verlangt wird. Schließlich wird aber auch bezüglich dieser Punkte die Regierungs vorlage angenommen. Es folgte die Hauptadtheiluug L, Erzeugnifs» der Nahrungs- und Genußmittel-Gewerbe. Gewöhnliches Backwerk ohne Zusatz von Eiern, Fett, Zucker u. s. w. ist mit einem Zoll von 12 Mk. in der Regierungsvorlage belastet. Der Bundesrath ist aber befugt, für bestimmte Grenzstrecken im Falle eines ört lichen Bedürfnisses die zollfreie Einfuhr von gewöhnlichem Backwerk in Mengen von nicht mehr als 3 Kilogramm, nicht mit der Post eingehend, für Bewohner deS Grenz bezirks nachzulasscn. Ein Compromißantrag Herrl- fordcrt einen Zoll von 16 Mk. im Interesse des deutschen Bäckergewerbes. Ein Beschluß wird über diesen Antrag erst heute gefaßt werden; die gestrige Sitzung füllte die Erörterung über Zollplackereien im Grenzverkehr aus. Tie Nachricht über den Abschluß eines Vertrages mit dem Kongostaat, wonach die von Cecil Rhodes ge plante Cap-Cairo-Bahn nicht durch deutsches Gebiet, sondern durch den Kongostaat geführt werden solle, wird von London aus als unrichtig bezeichnet und hervorgehoben, daß die Bahn durch deutsch-ostafrikanisches Gebiet geführt werden würde. Der richtige Thatdestand, so bemerken dazu die „Berl. N. N.", werde sich wohl demnächst herausstellen. Wie er auch sein möge, so sei jedenfalls der Versuch colonialfeindlicher Kreise, die Frage der Cap-Cairo-Eisenbahn mit der ostafrikanischen Centralbahn in einen inneren Zusammenhang zu bringen, durchaus willkürlich. Diese Bahn wird früher oder später als eine Nothwendigkeit für das wirthschaftliche Gedeihen unseres ostafrikanischen Gebietes zu Stande kommen, gleichviel ob sie an eine englische Linie Anschluß erhält oder nicht. Italien. Aus Rom wird die Demission des italienischen Kriegsministers, des Generals Di San Martino, ge meldet. Der König nahm das Abschiedsgesuch an und betraute den Marineminister Moria mit der einstweiligen Wahrnehmung der Geschäfte des Kriegsministers. San Martino ist der dritte Minister, den das Kabinet Zanar- dclli während seiner fünfvierteljährigen Tauer scheiden sieht. Tie italienischen Minister sind Wechselfällen ebenso sehr ausgesetzt, wie die Minister in allen anderen par lamentarischregierten Staaten. Holland. Ueber das Befinden der Königin Wilhelmina wird heute berichtet, daß alle Anzeichen auf eine Besserung hin- dcuten. Die kranke Fürstin konnte ber»its zeitweise das Bett verlassen. Belgien. Obwohl die aus Anlaß der Unruhen einberufene zweite Milizklasse wieder entlassen worden ist, sind die Zu stände in Belgien doch noch keine derartigen, daß sie besonderes Vertrauen erwecken könnten. So wurde in Thielt eine Fabrik^, von 400 ausständigen