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Zugleich weit verbreitet in den Städten Pevig, LrmzeSkU, sichteusteivrEaLnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsvorf, Callenberg, St. Egrdren, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba Liederhain, Langem uba-Oberhain, Niederwiera, berwrera, berwinkel, Lelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schla rmitz, KerrtfUrrcher Ns. s. Schwaben, Wolkenburg Mid Ziegelheim. 1902 Dienstag, Sen 30. December Wttternngsbertcht, ausgenommen am 29. December, nachm. 3 Uhr. Barometerstand 747 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -f- 7,5° 6. (Morgens 8 Uhr -s- 5,5° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 64°/». Thauvunkt -i- 1" 0. WindrichtlMg: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 1,° mm. Daher Witternngsansstchten für den 30. December: Trübe bis halbheiter mit Neigung zu Niederschlägen. Waldenburg, 29. December 1902. Kein Deutscher giebt sich wegen der venezolanischen Händel irgendwelcher Sorge hin, ein Jeder ist über- zeugt, daß es der Thätigkeit des Reichskanzlers gelin ge» wird, im Verein mit England Alles zum besten Ende zu bringen. Aber unmöglich können wir doch übersehen, daß so viele Kräfte sich regen, dem Deutschen Reiche seine Bewegungsfreiheit einzuengen. Der Ge danke, daß Deutschland darauf ausgehe, sich allenthalben große Colonialreiche zu gründen, wie er i« französischen, englischen und nordamerikanischen Zeitungen immer wie- der anslaucht, ist zu albern, als daß ein» ernste Be schäftigung hiermit sich irgendwie verlohnte. Der tyat- sächlichcn Amlektlonspolitik der genannten drei Länder gegenüber muß immer von Neuem die deutsche Be scheidenheit hervorgehoben werden; was haben wir denn z. B. in Ostasicn? Das Stück Kiautschau, das sich mit dem Besitz anderer Mächte an Ausdehnung überhaupt nicht vergleichen kann. Aber wir können auch aus diesem Bischen etwas machen, und weil dies cckannt wird, ist der Aerger groß. Daß wir in Amerika aber nichts wollen, ist nachgerade so oft von deutscher Seite gesagt, daß nur die zu anderen Behauptungen kommen können, die nicht hören wollen. Was diese Auslandstimmen zu ihren abfälligen Be- Häuptlingen veranlaßt, muß in der That blindwülhiger Haß gegen Deutschland genannt werden. Man muß doch wirklich denken, der englische Dichter Kipling, dem unser Kaiser während seiner letzten Krankheit so theil- nehmende Zeilen widmete, sei übergeschnappt, da er ein Gedicht veröffentlicht, worin er es aus's Tiefst» bedauert, daß die Briten mit der Hunnen-Brut, den Deutschen, gegen Venezuela zu Felde zögen. Das Stück ist fast unglaublich, aber es ist wahr, und nachdem der deutsche Kaiser erst vor ein paar Wochen in England gewesen. Wie sehr die deutsche Reichsregierung Kipling's Vater- land durch ihre wohlwollende Neutralität während des Burcnkrieges nützte, um nur dies hervorzuheben, das zu erkennen, ist man in London entweder nicht ge- scheidt genug, oder man will es nicht einräumcn. Ein Skandal bleibt das heutige Treiben jedenfalls. Als Frankreich seine bekannte Expedition nach Mitylene sandte, um dem Sultan die Taschen zu erleichtern, da glänzte Beifallslächeln auf allen Gesichtern; kein Mensch wagte auch nur von einem Schiedsgericht zu reden, ob wohl die französischen Ansprüche an Sultan Abdul Hamid von der Türkei viel weniger begründet waren, als heute die deutschen an Präsident Castro von Venezuela. Uns denkt man Vorschriften machen zu können, und weil das nicht wirkt, spektakelt man. Man spektakelt, trotzdem di» Reichsregierung, England zu Liebe, sich sogar mit dem Gedanken eines Schiedsgerichts befreundet. Die Haltung von Herrn Roosevelt und seinen Ministern in Washing ton ist auch nicht kalt und nicht warm, sie fürchten Fallstricke, wo nicht einmal Zwirnsfaden zu sehen sind. Die Herren Verhalten sich korrect, das bestreitet Nie mand, aber diese Korrektheit macht nach allen warmen deutschen Freundschaftsbeweisen für die nordamerikanische Union doch einen merkwürdigen Eindruck. Wir sehen eben, ganz unverhüllt herausgesagt, daß alle unsere sogenannten guten Freunde uns am Liebsten zwischen Alpen und Nordsee hocken sähen, daß wir uns nicht auf's Wasser trauten und überhaupt nicht von uns reden machten, und vor allen Dingen nirgendwo in der Fremde politisches Ansehen und geschäftlichen Vortheil gewännen. Sie sagen das nicht laut, aber was die Zeitungen schreiben, ist noch viel schlimmer, und deren j Ton läßt ebenso, wie kühle Korrecthcit auf Manches schließen. Tas deutsche Reich wird sich dadurch in seiner ruhigen Auffassung der Dinge nicht beeinflussen lassen, aber am Ende könnten wir die Speisekammer für inter nationale Liebenswürdigkeiten mal ein Bischen fest ver- schließen und uns eine Vorrathskamme für internationale Korrectheit anlegcn. Es kommen schon Gelegenheiten, sich ganz korrect zu beweisen. Wenn Jemand nicht weiß, wie groß Deutschland da steht, hieran kann er es erkennen. Um einen kleinen Krauter oder einen Koloß mit tönernen Füßen wird ein solches Aufhebens nicht gemacht, es wird gefürchtet, daß Deutschland mit jedem neuen Schritt vorwärts magnet artig sich immer neue Macht heranzieht. Der deutsche Michel ist bescheiden, er traut sich's selbst nicht zu, daß er fertig bringt, was Andere von ihm meinen; aber am Ende wird er doch lernen, sich so zu fühlen, wie es sein muß, um nöthigenfalls die Ruthe schwingen zu können. Politische Run-schau. Deutsches Reich. Bei der Ncujahrsfeier im Berliner Schlosse wird das Kaiserpaar von allen seinen fünf Söhnen umgeben sein. Im vorigen Jahre fehlte der auf einer Uebungs- reise im Mittelmeer befindliche dritte Sohn, Prinz Adalbert von Preußen. Aus dem Bunde der Landwirthe ist der Führer der freiconservativen Reichstagsfraction, der Abgeordnete v. Kardorff-Wabnitz, ausgeschieden. Ueber den Grund seines Austritts schreibt er der „Post": Gegen über der Kriegserklärung, welche der Vorsitzende des Bundes der Landwirthe gegenüber der deutschen Reichs- partci zu erlassen für gut befunden hat, können meine Parteigenossen selbstverständlich dem Bunde der Land wirthe nicht mehr angchören. Ob die deutsche Reichs partei von der Bildfläche unseres parlamentarische» Lebens verschwindet oder nicht, darüber werden die nächsten Wahlen Aufklärung geben; aber die Partei hat stets den stolzen Wahlspruch gehabt: „Erst das Vaterland und dann die Partei." Diesen Wahlspruch hat sie auch im Zolltarifkampf nicht verletzt. Der zweite preußisch« Lchrertag wurde am Sonnabend in Magdeburg eröffnet. Es liegen Be schlußanträge vor, dahin zu streben, daß das Grund gehalt für Lehrerstellen nicht weniger als 1200 Mk. jährlich beträgt. Der Einheitssatz der Altcrszulagen müsse auf mindestens 150 Mk. im Jahr festgesetzt wer den. Die Bestimmungen über die Miethsentschädigung respective die Anrechnung dieser oder der Dienstwoh nung bei der Pensionirung, sowie die Bestimmungen über die Entschädigung für den Kirchendienst und die Anrechnung der Landbenutzung für die Lehrer sollen günstiger gestaltet werden. Ter Lehrertag wird sich auch mit den Schulzuständen zu Trakehnen in Ost preußen beschäftigen. Frankreich. Pariser Blättern zufolge hat Herr Pelletan, der bekannte französische Marineminister, sein Abschieds- ges uch eingereicht. Die Ursache des Rücktrittseiltschlusses ist offenbar die Behandlung gewesen, die dem Minister von der Budgetcommission zu Theil geworden ist. Nach anderen Mittheilungen ist nicht Herr Pelletan gegangen, dessen Redseligkeit nur noch^durch seine Unverfrorenheit überboten wird, sondern der Cabinetschef des Marine- Ministers, Herr Tissier. In Paris ist die verhaftete Schwindlerfamilie Hum bert nach einer dreißigstündigen Fahrt jetzt eingetroffen. Die saubere Sippschaft, die im Madrider Untersuchungs- Gefängniß schon einen Empfangssalon hatte, hat die Fahrt im Schlafwagen zurückgelegt, ist also nicht zu sehr angestrengt. Nun werden die französischen Zeitungen sich erst mit Detail-Schilderungen ins Zeug legen. Wäre die Sache nicht für die Sensationssucht der Fran- zosen so charakteristisch, sie wäre direct widerwärtig. Türkei. Der russische Minister des Auswärtigen, Graf Lambsdorff, hat seinen Besuch in Serbien und Bul garien unter den größtmöglichsten Ehrenerweisungen beendet und begiebt sich mm nach Wien, wo er mit dem Leiter der österreichischen auswärtigen Politik das besprechen wird, worauf es ankommt, die künftige Ge staltung der Verwaltung der macedonischen Frage. Was in Nisch in Serbien und in Sofia in Bulgarien gesprochen ist, war mehr Höflichkeit und die Klarmachung, daß auf der Balkanhalbinsel nur das geschehen soll, was der Zar im Einvernehmen mit Kaiser Franz Joseph will. Und dies wird erreicht werden, so daß die Welt bald wieder in der erfreulichen Lage sein wird, die Gescheidtheit der russischen Diplomaten gebührend zu bewundern. Afrika. Herr Chamberlain reist und red«t in Süd-Afrika weiter, nachdem er mit entsprechendem Glanz empfangen worden ist. Seine Worte sind vor der Hand nur Wendungen, die für den Kern d«r Sache noch nichts besagen wollen. Erst dann, wenn er mit den That- sachen herausrückt, was nun wirklich werdrn soll, wird man aufzumerken haben. Amerika. Dem internationalen Handel mit den Philippi nen soll die Regierung der Vereinigten Staaten nicht dieselben Rechte gewähren, die sie den amerikanischen Schiffen zu Theil werden läßt. Die deutsche uud eng lische Regierung sollen deshalb in Washington Vor stellungen wegen Verletzung des Grundsatzes der „offenen Thür" mit dem Bemerken erhoben haben, daß z. V. der Ausfuhrzoll auf Hanf bei Verschiffungen nach Amerika zurückgezahlt werde, während er bei Exporten nach Deutschland oder England thatsächlich gezahlt werden müsse. Die venezolanische Streitfrage wird nun doch nicht vom Präsidenten Roosevelt, sondern von dem Haager Schiedsgericht beigelegt werden. Roosevelt hat sich wohl über das Vertrauen gefreut, das ihm die Mächte mit ihrem Ersuchen, er solle den Schiedsrichter spielen, bewiesen; er verkannte jedoch nicht, daß die llebrrnahme dieser Rolle für ihn nicht unerhebliche Schwierigkeiten darböte. Roosevelt wäre durch Uebe» nähme des Schiedsrichteramtcs in die Lage gekommen, in einer Angelegenheit als Richter zu fungiren, in der er bis zu einem gewissen Grade Partei ist. Tas war dem Präsidenten der Vereinigten Staaten peinlich; ernsterer noch waren die Bedenken gegen die Ueber- nahme einer Bürgschaft für die Erfüllung der Venezuela von den Mächten auferlegten Forderungen. " Das Cabinet zu Washington hat in dieser Frage mehrfache Berathungen abgehalten, deren schließliches Ergcbniß die Ueberweisung der venezolanischen Streitfrage an das Haager Schiedsgericht gewesen ist. Die Ueber-