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1902 Donnerstag, Sen 13. November ' Filialen: in Allst«dt«al>»b>irg hn H«rn 5LLL-"«n:.^ MiliAMMkiltt L^ULV^IWUD^ Inserate pro Zeile 10 Pf-, in Ziegelheim bei Her« Ldnar» KirSon. LabellarWer La» »ird doppelt berechnet. —^- Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Pe»tg, Lichte-stetv-EaLsberg, und in den Ortschaften der nachstehenden StandeSamtSdezirke: „. ^«ldenbur« ^LunSdsrf S»llen»erg, St. SgidLen, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, L«n,m- L d-rhÄn L cb-r-,«r°, cb°r«in-°l, e«M i E, R°ich».b°ch, R-ms°, R°ch«^ «-»»«f. SMKyWttz, 'LÄwaben, Molkenburg und Zregelherm. K,-s«sbrscher Nr. 9. SchönbUMr Tageblatt , ttltd Filialen: in Altft«dt»ald»b»rs bn S«« Wal-enburger Anzeiger WMerogSbertcht, ausgenommen am 12. November, nach«. 3 Uhr. 766 »m red»cirt «f den «eeresspiegel. rher»0»eterstand -f- 10' 6. (Morgens 8 Uhr -s- 0,,« 0.) Feuchtigkeitsgehalt de» Luft nach d brecht P°l^ 63'/.. Th-»tz««lt -s- 3' 0. Wiudrichtuug: Nord. Niederschlagsmenge in den letzte- 24 Stunden bi, 12 Uhr mittag,: 0,° «m. -amorey!» V Daher Witterungsausstchtev fnr de» 13. November: Halbhelter. bis zu dem Punkte von Nachlauferei, um des bekann ten Bitmarck'schen Ausdrucks zu gedenken, bewegen, den sie verlangen. Wir werden auch kaum je ein wirklich herzliches Einvernehmen mit der englischen Regierung wieder erlangen, unter Concurrenten ist man ja gemein hin nicht sehr viel höflicher zu einander, als es die guten Formen verlangen. Ja, Deutschland und England stehen auf handels politischem Gebiete im eifrigen Wettbewerb zu einander, und wir freuen unS, daß wir das sagen können, denn es bedeutet für den deutschen Namen und die deutsche Intelligenz wahrlich nur das Beste. Es hat viel dazu gehört, um so weit zu kommen, und wenn das in ver- hältmßmäßig kurzer Zeit gelungen ist, so sind das Kriegsjahre friedlicher Arbeit, die doppelt gezählt wer- den müssen, deren Erfolge auch unbedingt festzuhalten sind. Die Ausdehnung unseres Handels hat auch die Verstärkung unserer Kriegsflotte im Gefolge gehabt, und man kann wohl kaum sagen, daß dies Factum unseren britischen Vettern besonders angenehm wäre. Aber am Ende ist der Flotten-Ausbau nur ein Mittel zu dem Zweck, die Handels-Erfolge ein für alle Male zu dauern den zu gestalten. John Bull ist schlechter Laune auch um deswillen, weil er jede enge Fühlung mit irgend einer europäischen Festlandmacht verloren hat. Es ist ein schöner alter britischer Gedanke, die Uneinigkeit der continentalen Mächte zu benützen, um für sich selbst im Trüben zu fischen. Das junge Königreich Italien galt recht lange Zeit als ein ergebener britischer Diener, und an Worten des Wohlwollens hat es von London aus nie gefehlt, so lange man dort versichert dürfen zu sein glaubte, Italien wahre die britische Vorherrschaft im Mittelmeer. DaS war einmal! Italien hat sich sehr kühl und sehr kaltblütig auf dem Umwege über Rußland mit Frank reich verständigt. Die Hoffnungen, die römische Re gierung wieder anderen Sinnes zu machen, sind ver gebens, das ist in London erkannt. Und nun läßt sich auch Deutschland keine bestimmte Rolle zu Gunsten britischer Politik mehr anweisen. Daher der erhöhte Groll, für welchen angeblich die deutsche Burenfreund schaft das Motiv abgeben muß. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Besuch Kaiser Wilhelms beim König Eduard verläuft ganz nach dem Programm. Der König freut sich, seinen kaiserlichen Neffen als Gast bei sich zu sehen, und trank bei einem Festmahl für die Arbeiter seines Gutes Sandringham auf daS Wohl des Kaisers, hoffend, daß er noch oft Sandringham besuchen werde. Der Kaiser wohnte auch der Pflanzung von 13 Bäumen bei. Für die Hinterbliebenen der in Südafrika Ge fallenen seines englischen Tragonerregiments spendete der Monarch 10,000 Mk. Ter Reichskanzler Graf Bülow hat seine Hoffnung, daß die Zolltarifvorlage am Ende doch noch zur An nahme gelangen werde, noch nicht aufgegeben. Das wird daraus gefolgert, daß gerade in den letzten Tagen angesehene Parlamentarier verschiedener Richtungen im Reichskanzlerpalais verkehrt haben, und daß die dort Acrger darüber zur Schau trägt, wie das deutsche Reich, diese Großmacht von bald sechzig Millionen Bewohnern, sich unterstehen kann, eine eigene überseeische Politik zu betreiben. Man hat früher in England dem deutschen Kaiser die herzlichsten Grüße entgegengebracht, wenn sein Besuch als bevorstehend angczeigt wurde. Viel leicht geschah das in der stillen Hoffnung, Deutschland werde davon abkommen, sich seinen Platz an der Sonne zu sichern. Allmählich ist jedenfalls drüben die Er- kenntniß aufgetaucht, daß Kaiser Wilhelm II. der energischste Wahrer des deutschen Rechtes auf jedem Punkte unserer Erde ist, und daß er nicht die geringste Lust hat, die Wahrung der deutschen Interessen sonst irgendwem zu überlassen! ES mag daran erinnert sein, daß gerade britische Zeitungen es waren, die nach der Ermordung des deutschen Gesandten in Peking der Reichsregierung riethen, lieber keine Sonder-Expedition nach China zu schicken, sondern etwa den Japanern die Herbeiführung einer Genugthuung für den Gesandten- Mord zu übertragen. Nichts bewies besser, wie sehr in England unsere Weltmachtstellung nicht allein ver- kannt wird, sondern auch, wie sehr man an der Themse, deren Weiter-Entfaltung fürchtet. Daß Deutschland auf kriegerische Eroberungen ausgeht, das glauben wohl selbst die verbittertsten Alt-Engländer nicht; sie rechnen damit, daß wir ihnen das Wasser des Handels-Ver- dienstes in überseeischen Ländern abgraben könnten, und eine solche Möglichkeit liegt ja allerdings nicht nur im dunklen Gebiet der Zukunft, sic konnte in der Gegen wart schon verschiedentlich als Thatsache verzeichnet wer den. Der einstige arme deutsche Vetter soll aber nun mal nicht dem reichen britischen Verwandten in die Quere kommen, er soll sich lieber ducken. Daher das Lamento, und immer wieder der Zank gegen Deutsch land. Es giebt auch bei uns Heißsporne, die meinen, die Reichsregierung sei England gegenüber viel zu entgegen kommend. Nun ist es ja allerdings Thatsache, daß die officielle deutsche Neutralität während des BurenkricgeS den Briten entschieden geneigter war, wie den Buren, und ^ch sonst ließen sich ja Thatsachen feststellen, die allesammt von etwas Anderem eher redeten, als von irgendwelcher Schroffheit gegenüber dem „stolzen Albion". Aber von einem Jns-Schlepptau-Nehmen der deutsche» Politik durch England kann keine Rede sein, das ist nie und nimmer zu befürchten. Dazu ist vor allen Dingen der Wettbewerb in Handel und Wandel zu groß, in einem solchen Falle hätte für uns ein reeller Verdienst ein Ende. Und gerade weil heut, auf einem forschen Hervorkchren der Reichs-Autorität an fernen Küsten die Handels-Erfolge daselbst beruhen, muß diese Autorität auch unter allen Umständen beobachtet werden, gleich- viel ob es Anderen lieb oder leid ist. Wir haben ja auch in Ostasien zur Genüge gesehen, wie dir Reichs- regicrung nicht daran denkt, die Flinte ins Korn zu werfen- Nüchtern beobachtet, ist von einem Sich-Ducken vor England ebensowenig die Rede, als davon jemals später die Nede sein kann. Alle unsere Anstrengungen, den deutschen satzmarkt mehr und mehr zu erweitern, wären dann nutzlos. England begnügt sich nicht mit einem "" "Waldenburg, 12. November 1V0».! Finger, wenn es die ganze Hand haben kann, das weiß Aus allen Artikeln englischer Zeitungen, auch aus unser Kaiser, trotz aller Sympathie für seinen könig- den herzlichsten, die zur Begrüßung des deutschen Kaisers glichen Oheim, ganz genau. Darum allerdings ist auch laut geworden sind, klingt immer wieder als das schlecht, nicht zu erwarten, daß die englischen Zeitungen jemals oder gar nicht verhehlte Leitmotiv heraus, das den - mit uns zufrieden sein werden, wir können uns nicht geführten Unterredungen den Zolltarif betrafen. Ter Anblick des deutschen Reichstags muß jeden Vaterlandssreuno mit tiefer Weh muth erfüllen. ES liegt der Volksvertretung ein die Volkswohlfahrt in so hohem Maße angehender Gesetzentwurf vor, wie er wichtiger und bedeutsamer garnicht gedacht werden kann. Da wäre es doch nur natürlich, daß die Parteien mit allem Eifer an die Erledigung der großen Aufgabe gingen, und daß sie mit Aufbietung ihrer ganzen Kraft etwas zu Stande zu bringen suchten. Statt dessen aber sehen wir auf der äußersten Linke» blindwüthende Ob- struction; Verschleppung und Vernichtung der Vorlage um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Ansehen und Würde dcS Reichstags, lautet hier die Parole. ES wird nur gearbeitet, damit nichts geleistet wird. Es wird das parlamentarische Prinzip der Mehrheits-Entscheidung auf den Kopf gestellt, es wird das Fundament deS deutschen Parlamentarismus überhaupt in folgenschwerer Weise erschüttert. Aber nicht genug mit diesem Kampfe ohne Wahl der Mittel gegen den Zolltarif. Was die Mchrheitsparteien thun, ist nicht besser, sondern im Grunde genommen noch schärfer zu verurtheilen als das, was sich die Minderheit zu Schulden kommen läßt. Dit Freunde des Schutzzolls wissen ganz genau, daß sie in beschlußfähiger Anzahl, d. h. also in Stärke von mindestens 199 Mann im Reichstagssaale anwesend sein müssen, wenn die Debatten nicht jeden Augenblick infolge der Beschlußunfähigkeit abgebrochen und neue Sitzungen auf den kommenden Tag anberaumt werden sollen. Sie wissen, was mit Saumseligkeit und Ab wesenheit auf dem Spiele steht, vernachlässigen aber gleichwohl ihre Pflicht dem deutschen Volke gegenüber. Solche Pflichtverletzung verdient den allerschärfsten Tadel. Wer jetzt nicht zur Stelle ist, verdient kein Mandat, verdient nicht das Vertrauen seiner Wähler, sofern sein Fernbleiben nicht die allertriftigsten Gründe entschuldigen. Es wird doch noch dahin kommen müssen, daß die Namen der den Verhandlungen unentschuldigt fern ge bliebenen Abgeordneten in den Zeitungen veröffentlicht werden, wie das schon bei früherer Gelegenheit ange kündigt worden ist. Die Vorstände der Mehrheits parteien haben die säumigen Mitglieder natürlich tele graphisch sofort zur Wahrnehmung ihrer Pflicht nach Berlin gerufen. Heute und morgen werden also wohl die Mehrheitsparteien in beschlußfähiger Stärke ver- sammelt sein; aber wie wird es übermorgen ausschauen, wie in der kommenden Woche, im künftigen Monat, wie nach Weihnachten und wie nach Ostern? Ohne Aufwendung der äußersten Energie geht es keine Stunde lang; daS wissen die Parteien, und danach zu handeln, ist ihre Pflicht und Schuldigkeit! Der Antrag Aichbichler auf Abänderung des Ab stimmungsverfahrens kommt auch am heutigen Mittwoch noch nicht zur Berathung und zwar aus folgendem Grunde: Der Mittwoch ist bekanntlich im Reichstage als sogenannter Schwerinstag angesetzt worden, d. h. als der Tag, an dem Jnitiatio-Anträge in einer be stimmten Reihenfolge berathen zu werden Pflegen. Nun wird für den Antrag Aichbichler eine Ausnahmestellung in Anspruch genommen. Er soll nicht zu den Anträgen gehören, die an eine bestimmte Reihenfolge gebunden sind, also nicht zu den an Schwcrinstagen zu berathen- den Gegenständen. Wäre der Antrag Aichbichler auf die Tagesordnung des Mittwoch gesetzt worden, so wäre dieser Tag dadurch zu einem Schwerinstag geworden. Wenn er aber ein Schwerinstag geworden wäre, hätten