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1. Maze M Lchönburger Tageblatt. Sonntag, Sen 22. Juni 1902. Eine heimste Wünsche offenbarte. Wenn ich auch von ihren ) Casucha's heißen die Häuser der Peruaner. Sie machten sich sofort über die erlegten Thiere suchten die besten Stücke zum Braten heraus richteten das andere Fleisch zum Räuchern ein. Am kommenden Sonntag war Jahrmarkt. her, und Zeit dazu, denn schon hetzten die vor Jagdlust sinnlosen Hunde auf sie ein. In donnerndem halsbrechendem Fluge stoben sie an den Hängen dahin; sie stürmten von verschiedenen Seiten hernieder und zersprengten das Rudel. Das wüthende Gekläff der Hunde mischte sich in unser Freudengeschrei, es war ein Anblick voll der tollsten Bewegung, der leidenschaftlichsten Erregung. Die Guanacos scheinen derartige Erlebnisse schon zu kennen. In weiten Sätzen, die Köpfe zurückwerfend, flüchteten sie voll der tollsten Angst. Jetzt kam an uns die Reihe. Ohne weiter zu zielen, feuerten wir unsere Büchsen in den wilden Haufen hinein, und hatten dann auch die Genugthuung, zu sehen, daß, nachdem die flüchtigen Thiere verschwunden waren, zwei prachtvolle Thiere verendend am Boden lagen. Ein drittes Thier war anscheinend schwer verletzt entkommen, wurde aber kurz vor dem AuSgang der Schlucht von den verfolgenden Hunden gestellt und zu Boden gerissen. Wir weiteten die erlegten Thiere aus und luden sie aus eine provisorisch zusammengeschnürte Tragbahre. Tann traten wir mit unserer Jagdbeute, dieselbe abwechselnd tragend, den Heimweg an. In unserer Casucha angekommen, wurden wir von unseren weiblichen Hausangehörigen jubelnd empfangen. gestürzt worden sind, je nach ihrer Reichhaltigkeit mit 2—20 Procent Kochsalz (Chlornatrium), sodann mit 1—6 Prozent Magistral, einem Gemenge von geröstetem Kupfer und Schwefelkies, und schließlich mit Quecksilber von Thieren und Menschen durchtreten (titurirt) werden. Die schweselsauren Salze von Kupfer und Eisen im Magistral werden durch das Kochsalz in die entsprechende Chloride umgesetzt, während Natriumsulfat entsteht; Kupfer und Eisenchloride verwandeln das metallische und theilweise auch vererzte Silber in den Erzen zu Chlorsilber, das wieder durch Quecksilber reduzirt wird und mit diesem Amalgamsilber bildet. Das Silber wird dann ebenfalls durch Lamas zur Küste transportirt. Mehr als die Hälfte der Silber- production geht nach Deutschland. Mit dem Ausbau der Cordillcrenbahn über Orogo nach Cerro de Pasco hat sich die Silberproduction wieder durch Betheiligung ausländischen Kapitals ge hoben, und dürste sich jetzt auch wohl der Bergbau mehr den modernen Productionsweisen angepaßt haben. Tie Arbeitszeit in den Minen dauerte nur sechs Stunden, da der peruanische Arbeiter sich nicht gern abquält. Seine Arbeitsleistung war daher auch nur minimal. Nach Rückkehr von der Arbeit wurde einige Stunden Siesta gehalten, während sich unsere weiblichen Familienmitglieder dem süßen Dolos kur nionto Hin gaben. Nach kurzer Zeit hatten wir uns mit den Sitten und Gebräuchen unserer Haus- und Arbeitsgenossen so ziem lich vertraut, auch einige Brocken der peruanischen Sprache uns zu eigen gemacht, so daß sich bald ein ganz inniger Verkehr zwischen den Töchtern unseres Hauswirths und aus beiden „Abenteurern" entwickelte. Namentlich war es die zweite Tochter, Sennorita Dolores, welche in ihrer glühenden Beredsamkeit mein Herz be zauberte und mir in ihrer melodischen Sprache ihre ge- Menge von Verkäufern drängte sich rufend und lebhaft gistukulirend durch den Menschenstrom. Hier am Boden zockte in sicherer Ecke ein Bursche, der Melonen zu verkaufen hatte, saftreiche Früchte, die in Peru unge mein viel angebaut und stark begehrt werden. Vor ihm hielt ein handelslustiger Bäckerbursche auf einem geduldigen Maulthiere; seine Waare befand sich in zwei olid gearbeiteten Lederkasten, die an beiden Seiten eines ReitthiereS hingen. An ihm vorbei ritt ein Bauer, der Gräser und Luzerne, ein vielgebrauchtes Viehfutter, zum Verkaufe in die Stadt gebracht und die Hälfte seiner Ladung bereits abgesetzt hatte. Dort hielt ein Bursche mit einem Korbe vor sich auf dem Pferde; von dem Inhalte deS Flechlwerkes, süßen Feigen, kaufte ich auf stummen Wunsch meiner angebeteten ToloreS einen Theil, wofür sie mir durch eine stumme Verbeugung ihren Dank abstattete und mir liebevoll die Hand drückte. Hier ritt ein Milchmann mit großen Kannen an der Seite seines stattlichen Thieres; schon sein Aeußeres verrieth, daß sein Geschäft Gewinn brachte. Milch ist in ganz Südamerika, trotz des Reichthum von Rind vieh, ein kostbarer Gegenstand; auf mancher der großen Haziendas, die Hunderte von Kühen halten, ist zuweilen kein Tropfen Milch zu haben, weil die Thiere nur ganz kurze Zeit Milch geben. Eine Menge von Leuten lief in der Straße umher und erfüllte die Luft mit ihrem Geschrei; sie boten Kerzen, Gefrorenes und Con- sect feil. Bei dieser Gelegenheit konnte man auch wieder bemerken, auf welch' abergläubischer, niedrig religiöser Stufe die Nachkommen der alten Jnkaperuaner standen. In einem benachbarten Laden hatte sich ein Santero, ein Bettelmönch, niedergelassen; die Besitzer und alle Vorbcikommenden verabreichten ihm unentgeltlich allerlei Gaben, wofür sie das von dem Mönch mitgeführte Heiligenbild küssen durften. Man braucht sich wirklich nicht zu wundern, wenn die Bevölkerung Perus ständig zuriickgcht, weil die Sterblichkeit in den ärmeren Klassen und der Indianer infolge der Pocken und sonstigen an steckenden Krankheiten eine Zunahme unwahrscheinlich macht. Auch meine angebetete Tolores machte den Wunsch geltend, das Heiligenbild küssen zu dürfen, dem ich mich aber arg widersetzte, indem ich ihr durch wohl verständliche Zeichen zu verstehen gab, daß ich sie dann nicht mehr küssen würde. Sie nahm denn auch er- röthend Abstand von ihrem Beginnen, indem sie mir einen dankbaren Blick zuwarf und eine dunkle Gluth welle sich bis auf ihren wohlgeformten, von zwei langen schwarzen Zöpfen überschatteten Nacken ergoß. Wie viel Ansteckungsgefahren mögen derartige Unsitten wohl in sich bergen? Tas ungebildete Volk weiß hier aber nichts davon. In anderen Läden wieder standen Leute aus dem Volke und verzehrten Wassermelonen, oder tranken mittels eines Metallröhrchens den heißen Aufguß von Mahö, dem bekannten in Südamerika all gemein beliebten, vielbenutzten Paraguaythee, welcher sich in kleinen Flaschenkürbissen befand. Abends fanden auf einem freien Platze allerlei Tanzbelustigungen statt, wo die weiblichen Einwohner zahlreich vertreten waren und begehrlich nach einem s flotten Tänzer ausschauten. Auch mein Freund Oskar !war mit seiner Freundin Juez, der ältesten Tochter peruanischen LicbeSergüssen nicht viel oder gar nichts verstand, so gab mir doch die beredte Sprache ihrer braunen Augen das zu verstehen, was sie mir sagen wollte. Stundenlang konnte ich mich nachmittags mit ihr in den Bergen Cerro de Pascos umhertreiben und die wunderbare Gestaltung dieses herrlichen Berglandes bewundern. Wir konnten vielleicht 14 Tage in unserer neuen Beschäftigung sein, als in Cerro de Pasco Jahrmarkt gefeiert werden sollte. Wie schon früher erwähnt, wurde dieser Festtag besonders reichlich durch Speise und Trank gefeiert. Eines Nachmittags lud uns unser Hauswirth zu einem Pirschgange ein, um im Gebirge einen Guanaco- braten zu beschaffen. Wir bewaffneten uns jeder mit einer Büchse und stiegen bergaufwärts, begleitet von den beiden großen Hofhunden unseres Wirths und ich speciell noch von den Segenswünschen meiner angcbete- ten Tolores, welche alle Gebetssprüche der „Santa Mater" auf mich herabflehte. Es war ein wunderschöner Nachmittag. Tiefblau, vollständig wolkenfrei wölbte sich der Himmel über den Bergen, majestätisch erhob sich die Sonne hinter den Eis- und Schneeriesen der Lordilleren. Scharf und kalt strich der Höhenwind um die Casucha.*) Wir kamen bald in tiefe Schluchten, die zum Theil von ticfgrünem Baumschlag erfüllt waren, während an dere aus endlosen Felsenmassen und Steingetrümmer bestanden. Bald wurden die Hunde unruhig, wir be obachteten die eifrig stöbernden Thiere mit größter Auf- merksamkeit, jeden Augenblick gewärtig, des ersehnten Wildes ansichtig zu werden; unsere Hoffnung wurde je doch getäuscht. Wir vertheilten uns nun, sodaß wir eine Reihe bildeten, und strebten suchend an den Bergwänden hin. Unser Ton Jose, so hieß unser Hauswirth, machte seine Sache als Bergjäger vortrefflich. Nach kurzer Zeit schon konnten wir an den eifrigen Spuren der Hunde erkennen, daß sie auf ganz frische Spuren gelangt waren; sie gebärdeten sich durchaus ungeduldig und waren kaum zusammen zu halten. Jetzt gab uns Don Jose ein zur Vorsicht und Be hutsamkeit ermahnendes Zeichen, dann winkte er mit den Armen nach rechts und links, damit andeutend, wir sollten uns im Kreise ausbreiten. Wir gehorchten rasch seinen Anordnungen, und bald hatten wir die Genugthung, ein starkes Rudel der Guana- coS aus einer ziemlich geräumigen, rundum von Bergen eingeschloffenen und keinerlei ernstliche Bodenhindernisse bietenden Fläche zu erblicken. Jetzt stieß Jose hallenden Jagdruf aus, die bedrohten Thiere stutzten; aber nur einen Augenblick hatten sie Zwanzig Amte unter dem Sternenbanner Smmka's. Aus dem Tagebuche eines Leichtmatrosen von I. Köster. König AtSerL -j-. Du bist "icht mehr. Es hat der strenge Tod Dich von dem Herzen Deines Volks gerissen. Er nahm Dich fort, der lange schon gedroht, Und heiße Thränen wir um Dich vergießen. Du warst ein Führer uns in Noth und Krieg, Dem wir, nächst Gott, zumeist vertrauen konnten, Und unser Heller Stern warst Du im Sieg, In dessen Ruhmesglanze mir uns sonnten. Du hast die deutsche Treue Dir bewahrt, Unwandelbar und lauter im Gemüthe. Gerechtigkeitssinn hat in Dir gepaart Sich mit der größten, reinsten HerzenSgüte. Wohl selten hat ein König, so wie Du Ein reiches Maß von Tugenden besessen. Drum, gingst Du nun auch ein zur ew'gen Ruh, Dein Sachsenvolk wird niemals Dich vergeßen. Lydia Volke. wurde. Tas einfache Abendessen bestand, wie fast alle anderen Mahlzeiten, aus Hülsenfrüchten; auch in den anderen niederen Klassen Chiles und Perus bilden Erbsen und Bohnen mit getrocknetem Uarque (getrocknetes Fleisch) die Hauptnahrung. An Sonn- und Festtage», zu letz teren gehörte auch der Jahrmarktstag, wurde auch mal ein Guanacobraten aus den Wäldern der Anden be schafft, dabei durste natürlich nicht die große, umflochtene Flasche, die „Tamajuana" mit AniSschnaps fehlen. Tie Mahlzeit wurde in der Weise bereitet, daß man auf einmal sofort große Mengen Hülsenfrüchte einkocht, deren eine» Theil man warm, den Nest kalt genießt. Bei dieser einfachen, aber kräftigen Kost fühlt man sich vollkommen wohl und stark. Nach dem Abendessen wurde die „Tamajuana" im Kreise herumgehen lassen und wir von den sämmtlichen Gliedern der Familie zum Trinken eingeladen. Wenn wir auch dem peruanischen Kauderwelsch noch nichts verstanden, so gaben uns aber die feurigen Blicke der peruanischen Schönen genug zu verstehen. Wir hatten anscheinend einen großen Eindruck auf diese gemacht. Unser Nachtlager erhielten wir mit den beiden Söhnen zusammen, während die weiblichen Glieder der Familie ihren Schlafronm neben uns hatten, nur durch einen einfachen Bretterverschlag getrennt. Am andern Morgen gingen wir nach gememschaft- lichcr Einnahme der Morgenmahlzeit zur Arbeit. Ter Silberbergbau in Corro de Pasca hat sich wohl bis auf den heutigen Tag noch auf sehr primitiver Stufe erhalte». Tie Silbererze kommen in Corro de Pasco in zwei Haupteingängen vor, welche sich fast unter dem Marktplatz der Stadt kreuzen. Tas Silber erz wird von den männlichen Arbeitern gehauen und dann in Körben, sogenannten Tragkörbcn, von den Weibern aus den Stollen befördert, welche bis vor einigen Jahren noch TageSstollen waren, d. h. ihren EinganS von der Seite hatten. Von hier aus wurde das Silbererz durch Lamas ebenfalls in Tragkörben, Von denen jedes Thier zwei trug, nach den Amalgam mühlen transportirt. In diesen Amalgammühlen erfolgte die Gewinnens von Silber und Gold durch Amalga mation; cs ist mes ein Hüttenproceß, bei dem die Ge winnung ""1von Quecksilber nach amerikanischem System, der Haufenamalgamation, erfolgt. Diese Haufeuaumlgamation, der sogenannte Patioprozeß, wurde 1557 von Bartolome de Medina in den spanisch- amerikanische« Besitzungen eingeführt. Dieser Proceß besteht darin, bap z amalgamirenden Erze, nachdem fein gemahlen 'm Amalgamir-Hofe (Patio) in H°ufen (M°nt°neS) v°„ 15 vis 30 Ctr. auf- Nachdruck verboten. Ein peruanisches Hauswesen. — Primitiver Silbcrbergbau. — Tas Amalgamationsver fahren. — Eine Guanaco-Jagd. — Peruanischer Jahrmarkt und seine abergläubischen Unsitten. Nachdem wir mit unseren neuen Hausgenossen be kannt geworden waren, wobei uns die peruanischen Schönen nach echt peruanischer Sitte direct in Beschlag nahmen, setzten wir uns zum Abendessen, welches an einem langen hölzernen Tische mit Bänken eingenommen