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das sei allein im deutschen Reich." (Lebhafter Beifall.) Sehen Sie, meine Herren, das berechtigt mich zu dem Ausspruch, daß beide Confessionen nebeneinander ein großes Ziel im Auge haben müssen: Gottesfurcht und Ehrfurcht vor der Religion, sie zu erhalten und zu stärken. Denn wenn wir auch moderne Menschen sind und leben und streben und dem Erwerb nachgehen auf diesem und jenem Wege, Jeder ist verloren, wenn er nicht sein Leben auf die Basis der Religion stellt. Darum fasse ich am heutigen Tage — an solchem Orte ziemt es sich, nicht nur zu reden, sondern auch zu glauben — mein Gelöbniß in das Versprechen, daß ich das ganze Reich und das ganze Volk, mein Heer, mich selbst und mein Haus unter den Schutz dessen stelle, von dem gesagt ist: Es ist kein Heil außer in Gott, und der da sagte: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Der erste Theil der Rede lautete in den Hauplstellen: »Die früheren Kaisergeschlcchter zogen gen Süden, um das Welt-Imperium aufrecht zu erhalten, und vergaßen Germaniens darob. So mußte allmählich deutsches Land und Volk verkommen. Gleich wie bei der Aloe, wenn sie ihre Blüthe treibt, die ganze Kraft der Pflanze sich zu dieser einen Aufgabe aufrafft und hoch empor strebend Blüthe auf Blüthe entwickelt und das Auge des staunenden Beschauers fesselt, derweilen nun die Pflanze selber zusammenbricht und ihre Wurzel verdorrt: so er ging es auch dem römischen Kaiserthum deutscher Nation. Nunmehr ist ein anderes Kaiserthum entstanden, dem deutschen Volke ist sein Kaiser wieder geworden, den es sich selbst geholt hat: mit dem Schwert in der Faust, auf dem Schlachtfeld ist die Krone erworben, und das Reichspanier flattert wieder hoch in den Lüften. Aus derselben Begeisterung und Liebe, mit der das deutsche Volk an seiner alten Kaiseridee gehangen hat, ist das neue Kaiserreich ins Leben getreten; allein die Aufgaben sind andere: nach außen hin beschränkt auf die Grenzen unseres Landes, um uns von Neuem innerlich stählend auf die Aufgaben vorzuberciten, die unserem Volke jetzt werden, und die im Mittelalter nicht erfüllt werden konnten. Und so sehen wir denn, daß da» Reich, ob wohl noch jung, sich in sich selbst von Jahr zu Jahr kräftigt, während das Vertrauen zu ihm von allen Seiten immer stärker sich befestigt. Tas mächtige dcutfche Heer aber gewährt Rückhalt dem Frieden Europas Dem Charakter der Germanen entsprechend, beschränken wir uns nach außen, um nach innen unbeschränkt zu sein Weithin zieht unsere Sprache ihre Kreise auch «her die Meere; weithin geht der Flug unserer Wissens^aft und Forschung; kein Werk aus dem Gebiet neuerer Forschung, welches nicht in unserer Sprache abgefaßt würde, und kein Gedanke eutspringt der Wissenschaft, der nicht von uns zuerst verwerthct würde, um nachher von anderen Nationen angenommen zu werden. Und dies ist das Welt-Imperium, welches der germanische Geist anstrebt." Der commandirende General des 16. Armeecorps Graf Häseler stürzte Freitag Morgen auf dem Exercir- platz bei Metz mit dem Pferde und erlitt einen einfachen Bruch des linken Unterschenkels. Das Linienschiff „Kaiser Friedrich III." ist mit dem Prinzen Heinrich an Bord von Kiel zur KrönungSfeier nach England abgcdampft. Die Zolltarifcommission des Reichstags hatte Hestern einen sehr heißen Tag. Zur Erörterung standen die Garnzölle und speciell die Schutzzölle für Kammgarn und Streichgarn. Tie Meinungen waren außerordent- lich gcthcilt. Nicht nur bestanden gegensätzliche Auf fassungen innerhalb ein und derselben Partei, zwei Ver treter der nationalliberalen vertreten ganz verschiedene Ansichten, sondern auch die Auffassungen der Regierungs- Vertreter wichen prinzipiell von einander ab. Im Namen der Reichsregierung erklärte Tirector Wermuth, daß eine über die Zollsätze der Regierungsvorlage hinaus- gehende Erhöhung des Kammgarnzolles nicht angängig erscheine, weil sonst die heimische Weberei gefährdet werde, der bayerische und der sächsische Regierungs- commissar verlangten dagegen im Interesse ihrer hei mischen Kammgarnfabriken einen wesentlich höheren Zoll- schuh. Die Mehrheit entschied sich schließlich für den höheren Zoll, und unterwarf die Vorlage nicht nur in dem Zollsätze, sondern auch im System einer erheblichen Aendcrung. Zweimal unterstrichen muß jedenfalls die Thatsache werden, daß im Punkte der Garnzölle Mei- nungsverschiedenheitcn zwischen den Regie- rungsvertretern hervortraten. Das war bisher während des langen Verlaufs der Zolltarifdebatten im Plenum und in der Commission deS Reichstags noch nicht ein einziges Mal der Fall. Hoffentlich bleibt der gestrige Vorgang eine Ausnahme, da andernfalls die Schwierigkeiten und Verwickelungen, die sich einer Lösung der Zolltariffrage entgegrnstellen, ins Unendliche und Unüberwindliche anwachsen würden. England. augenblicklich Unterschriften zu emer Sympathiekundgebung gesammelt, durch die den duren Bewunderung ihren hcldenmüthigen Widerstand ausgesprochen wird, zugleich mit dem Be- merken, daß man ihnen Unrecht angethan habe. Die Adresse spricht die Hoffnung aus, daß der Krieg zu einem vereinigten demokratischen Südafrika führen möge. Portugal. Die halbamtlichen Blätter Portugals sind ermächtigt, die Gerüchte von einer Verpachtung der Provinz Mozambique mit der Delagoabai Seitens Portugals an England für unrichtig zu erklären. Nur die halb amtlichen, warum denn nicht auch die amtlichen? An den Gerüchten scheint also doch etwas Wahres zu sein. ArrS dem Muldenthale. "Waldenburg, 21. Juni. Aus Anlaß des Todes Sr. Majestät des Königs Albert findet nächsten Montag Abend 8 Uhr im Ratyhaussaale hierselbst eine Gedächt- nißfeier statt, zu welcher die hiesige Einwohnerschaft seitens des Stadtraths in heutiger Nummer eingeladen wird. *— Die Landestrauer dauert in Sachsen nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen mit allge meiner Traucrkleidung und Gebrauch schwarzer Siegel beim Könige 12, in den übrigen Fällen 6 Wochen, die Einstellung der Musik und öffentlichen Lustbarkeiten beim Könige 3 Wochen, in den übrigen Fällen 1 Woche, die Kirchentrauer sowie der Gebrauch geränderten Trauer papiers 3 bcz. 2 Wochen. Bei Landestrauer nach dem Tode des Königs findet in allen Kirchen des Landes dreiwöchiges Trauerläuten und Abkündigung des Trauer falles von den Kanzeln statt. So lauten, wie gesagt, die bisher gültigen Bestimmungen. Wenn die Ein stellung der Lustbarkeilen diesmal auf nur acht Tage beschränkt worden ist, so konnte dies nur mit Zu stimmung der höchsten Stelle geschehen und dürfte auf Wünsche zurückzuführcn sein, die von unserem dahinze- schiedenen Herrn und König geäußert worden sind. *-— Die für morgen Sonntag angesetzt gewesene Delegirtensitzung des erzgebirgischen Gauvcrbandes sächsischer Gewcrbevereine in Werdau ist wegen des Ablebens Sr. Majestät des Königs Albert bis zum 6. Juli verschoben worden. — Das Schützenfest in Glaucha» ist aus Anlaß des Ablebens Sr. Majestät des Königs Albert um 8 Tage verschoben worden. — Das Königl. Ministerium des Innern hat für die ständige Vorbildersammlung in Glaucha» auch auf das Jahr 1902 eine Staatsbeihilfe von 1000 Mark bewilligt. — Die H. L A. Richtcr'sche Ziegelei in Zwilka» ist am Freitag Nachmittag abgebrannt. Der angrenzende Zimmerplatz ging theilweise in Flammen auf. Aus dem Sachsenlande. — Der seit einigen Jahren dem statistischen Amt der Stadt Dresden vorstehende Director I)r. Würz burger ist an Stelle des jüngst verstorbenen Geh. Regierungsrathcs Or. Geißler zum Director des statisti schen Bureaus des königl. Stichs. Ministeriums des Innern ernannt worden. — Tie meisten der deutschen Bundcsfürsten, voran Kaiser Wilhelm, werden König Albert in Dresden die letzte Ehre erweisen. Auch Abordnungen aller derjenigen Regimenter werden eintreffeu, zu denen König Albert in näherer Beziehung stand. Tie Mitglieder beider Sländekammern sind telegraphisch anfgefordert worden, sich am Sonnabend an der Uebersührung Ser Leiche des Königs vom Hauptbahnhof nach der katholischen Hofkirche zu betheiligen. — Im Leipziger Bankprozeß begann am Freitag die Zeugenvernehmung. Erster Zeuge war Procurist Wuthe, der Aufschluß gab über das von Erner ein gerichtete besondere Bureau. Zeuge meinte, daß die Buchhaltung dieses Bureaus in engster Verbindung stand mit der Hauptbuchhaltung. Tie Sachverständigen er klärten aber, eine solche Art der Buchführung mache es möglich, daß Schiebungen vorgcnommcn werden können. Der Zeuge war sodann der Ansicht, daß der zweite Tirector Gentzsch über die Geschäfte mit der Treber- gcsellschaft unterrichtet war. Exner mußte zugeben, daß die Sicherheit für den der Trebergcsellschaft gewährten Kredit nur aus den faulen Treberwerthen bestand. Ferner wurden Briefe verlesen, woraus hervorging, daß Exner die Lage der Trebergcsellschaft schon 1898 vollständig bekannt war. Exner sagte, er habe den einen Brief nur geschrieben, weil er Schmidt von einer hohen Dividendenzahlung abhalten wollte. Der Vorsitzende entgegnete: Aber trotzdem zahlte Schmidt die hohe Dividende, und Sie gaben ihm das Geld dazu." Exner schwieg. Keine Antwort ist auch eine Antwort! — In der Nacht zum Donnerstag haben Einbrecher aus einem Geschäftsräume in Leipzig in dem Grund stück Windmühlenstraße 39 einen etwa acht Centncr schweren Geldschrank mit Inhalt gestohlen. Zum Transport des Schrankes haben die Diebe einen Hand wagen benutzt, den sie aus dem Hofraume des Grund stücks mit fortnahmen. Zum Zudecken des Schrankes gebrauchten sie eine große Leinwandplane, die sie sich gleichfalls am Thatorte aneigneten. In dem Schranke befanden sich außer den gejammten Geschäftsbüchern noch etwa 1500 bis 2000 Mk. in barem Gelbe, darunter eine Anzahl Coupons. Außerdem stahlen die Einbrecher etwa einen Centncr Cervelat- und Salamiwurst, sowie 1 Faß Butter, gez. N. 8. 157. Sachdienliche Mit- thsilungen würden zur Kenntniß der Criminalpolizei zu bringen sein. Auf Ermittelung der Thäter und Wiedererlangung des gestohlenen Gutes sind 200 Mk. Belohnung ausgesetzt. — In Leipzig ist ein hervorragender Schulmann gestorben, Professor Hermann Schiller von Wertheim, früher Gymnasialdirector in Konstanz und Gießen. Vor drei Jahren erregte Schillers Kritik der hessischen Gymnasialzustände die allgemeine Aufmerksamkeit. In einer Reihe von Zeitungsaufsätzen zeigte er, wie allent halben das Gymnasialwesen auf das schwerste durch Machenschaften einzelner Schulmänner geschädigt werde, die unter Hintansetzung auch der geringsten pädagogischen Pflicht ihr Amt zur Begünstigung einzelner Schüler be nutzen. Er zeigte, auf welche Art Dummköpfe durchs Gymnasium geschleift und dutchzeschwindelt werden, zum Schaden für die Schule, zum Aergerniß für die besseren Schüler, zum Verderben für die Universität und die wissenschaftlichen Berufe. Die Kritik Schillers hatte eine doppelte Folge. Der Schulmann, dessen Sünden Schiller zum Exempel aufgedecki hatte, erhielt seinen Abschied. Aber die hessische Oberschulbehörde sah sich bemüßigt, Schiller um seines Vorgehens willen zu maß regeln. Schiller antwortete damit, daß er seine Stelle als hessischer Geheimer Oberschulrath niederlegte, und ging zur Universität Leipzig über. Schiller arbeitete aufs eifrigste dagegen, daß unsere Schulen Stätten der geistigen Verflachung werden, in welcher die Selbst ständigkeit der Lehrer wie die Eigenart der Kinder durch den heiligen Bürokratius, Paragrafuzius und Schemitikus mit dem Lineal und Tintenrührer förmlich ausgetrieben werden. Deshalb war er von Collegen und Vorgesetzten viel gehaßt. Sein letztes großes Werk ist eine „Welt geschichte." (Speemanns Verlag, Berlin. Preis 40 Mk.) — Im Revierort Apitzsch bei Leipzig ist am Diens tag ein Arbeiter erhängt aufgefunden worden. Derselbe hat sich am Tage zuvor unter Mitnahme von 100 Mk. eines Handkoffers, der grau überzogen und an den Ecken mit Weißblech beschlagen war, und eines Spazierstockes aus feiner Wohnung in Pausdorf entfernt. Bei dem Tobten wurde nur ein Theil des Geldes gefunden. Die übrigen Sachen sind verschwunden. Wahrnehmungen sind der Criminalpolizei zu unterbreiten. — Am Donnerstag hat sich in Plaue» i. B. in der Dachkammer ihrer Wohnung die im 18. Lebens jahre stehende, in Netzschkau als Tochter eines Kunst- und Handelsgärtners geborene Nymphia Maria Paeßler erschossen. Sie schoß sich aus einem Revolver eine Kugel in die linke Schläfe und war sofort todt. Die Waffe hatte sie früher ihrem Geliebten weggenommen, da sie Angst gehabt hatte, daß dieser Selbstmord be gehen könnte. Der Grund zu dem Selbstmord ist Liebesgram. — Am 17. d. feierte Herr Privatier Franziskus Eduard Zierold in Crimmitschau sein 50jähriges Bürgerjubiläum. In Anerkennung seiner Verdienste als Stadtverordneter brachten ihm die städtischen Collegien unter Ueberreichung einer künstlerisch ausgeführten Ehren urkunde ihre Glückwünsche dar. — Eine gewaltige Explosion die ganz beträchtliche Verheerungen anrichtete, ereignete sich am Freitag Mittag in der 12. Stunde in Callnberg bei Lichtenstein in der Max Keilberg'schen Färberei daselbst. Von dem mit ca. IV, bis 2 Atmosphären arbeitenden Dampffaß prang plötzlich der 8—1r- Centncr schwere Deckel ab, zerstörte das Bleicherei- und Niederlagegebäude, sowie die in ersterem befindliche Maschinerie und flog auf ein gegenüberliegendes Haus, das Dach desselben einschlagend. Auf alle benachbarten Häuser re., sowie Straßen hatte es Garn geschleudert. Unglücksfälle, die infolge dicht daneben Arbeitender sehr leicht möglich waren, sind glücklicherweise nicht zu verzeichnen. — In Oybin traf kürzlich wieder der treueste Sommergast, Herr Or. msä. Mattersdorf aus Dresden, ein, der in dem ihm so liebgewordcnen Oybinthale diesen Sommer seinen 92. Geburtstag zu feiern gedenkt. — Ueber die Aufnahme einer VI. Anleihe von 800,000 Mk. liegt dem Stadtverordnetencollegium in Freiberg ein Nathsbeschluß vor, der in der Sitzung des Collegiums am Freitag zur Bcrathung kommt. Vermischtes. Allerlei. In dem Prozeß der Concursverwaltung der Kasseler Trebcrgesellschaft wegen Steuerrückzahlung ist es nach der „Frkf. Ztg." zu einem Vergleich ge kommen; Staat und Stadt zahlen je 300,000 Mk. zurück. — Von der Unglücksinsel Martinique wird gemeldet, daß von dem Vulkan Pelee eine 5 Meter hohe Schlamm säule ausgespieen wurde und über Baffe Pointe nieder ging. 22 Häuser wurden vollständig vernichtet. — In Tirol ist ein heftiger Erdstoß verspürt worden. In Hall war der Erdstoß so stark, daß der Thurmwächter meldete, der Stadlthurm drohe einzustürzen. — Auf der Zugspitze iu den bayerischen Alpen, dem höchsten Berge Deutschlands, liegt der Schnee 2.40 Meter hoch. — Die Cholera wüthet in der Chinesenstadt zu Schanghai. Täglich zählt man gegen 50 Todte. In den Fremden colonien gab es bisher im Ganzen etwa 40 Todesfälle.