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werde, schreibt der Confectionür: Die Berufung des Geheimraths Goldberger in das preußische Herrenhaus steht bevor. Ter Kaiser hat die Berichte des Herrn Goldberger über die wirthschaftlichen Verhältnisse Amerikas mit dem allergrößten Interesse verfolgt. Wir enthalten uns zunächst jeder Meinungsäußerung über die Angabe des Confectionärs, da eine amtliche Aufklärung des Sachverhalts in jedem Falle bald erfolgen wird. Bedeutende Eisenkäufe für amerikanische Rechnung sind in den letzten Tagen in Teutschland abgeschlossen worden. Weitere bedeutende Ankäufe stehen in Aussicht, da die Hüttenwerke der Vereinigten Staaten die Fülle Von Aufträgen nicht bewältigen und als Roheisen nicht liefern können. ' mso sind die Walzwerke mit Auf trägen überhäuft. T^ die amerikanischen Eisenfabrikanten, die sich gegenwärtig in Deutschland aufhalten, überzeugt sind, daß diefe günstige Conjunctur mindestens noch längere Zeit andauern wird, so eröffnen sich für die deutsche Eisenproduction jedenfalls die erfreulichsten Aussichten. Ter Bundesrath hat bekanntlich die Anwendung von Borsäure als Conservirungsmittel für Fleisch wegen ihrer Gesundheitsschädlichkeit verboten. Darob große Entrüstung unter den amerikanischen Fleischexporteuren, die den Versand ihrer Producte ohne diese Säure nicht bewirken können. Tas amerikanische Ackerbau-Departe ment kommt den Fleischexporteuren jetzt zu Hilfe, indem es eine Liste von Einfuhr-Artikeln aufftellen läßt, in denen man das Vorhandensein von Borsäure und anderen Säuren annimmt. Die Anordnung ist der erste Schritt zu Repressalien gegen das deutsche Verbot der Einfuhr von Fleisch, das Borsäure enthält. Deutschlands Außenhandel hat sich in den Monaten Januar und Februar so gestaltet, daß die Einfuhr zurück gegangen, die Ausfuhr dagegen gestiegen ist. Tie Einfuhr betrug 54,9 Mill. Toppelcentner oder 2,3 Mill, weniger. An dem Ausfall sind besonders Holz und Kohlen betheiligt. Tie Ausfuhr bezifferte sich auf 48,6 Mill. Toppelcentner oder 1,9 Mill mehr. Wesentlich stärker war die Ausfuhr von Eisen, Materialwaaren upd Drogen, während Erden, Erze, Kohlen, Instrumente, Maschinen starke Ausfälle brachten. Oesterreich-Ungarn. Der Abgeordnete Schönerer hatte gegen seinen Rivalen Wolff während der neulichen schlimmen Affaire desselben recht uncollegial gehandelt und alles daran gesetzt, um den unangenehmen Nebenbuhler los zu werden. Um so ehrenvoller ist es für den Abg. Wolff, daß er jetzt feurige Kohlen auf dem Haupte seines Fractions- genossen und Widersachers sammelt und alle Argumente zusammenträgt, die den Hurrahruf Schönerers auf das Haus Hohenzollern im österreichischen Abgeordnetenhause, der überall als eine kindische Provocation aufgefaßt worden ist, als erklärlich und entschuldbar erscheinen lassen. Wolf ist im Ansehen seiner Freunde durch diesen Edelsinn wieder eine Stufe höher gestiegen. Frankreich. Im sranzösifchen Parlament wurde der Minister des Auswärtigen Delcasse von einem Abgeordneten mit Fragen über deutsch-französische Beziehungen überrumpelt. Ter Minister leugnete, wie der „Boss. Ztg." gemeldet wird, daß Deutschland vor drei Jahren Frankreich ein Abkommen zum Schutz der portugiesischen Besitzungen in Ostafrika angeboten, Frankreich es abge lehnt und Deutschland es dann mit England abgeschlossen habe. Trotz dieser Antwort hielt der betreffende Abge ordnete seine Behauptung aufrecht, daß zwischen Deutsch land und Frankreich Verhandlungen stattgefunden hätten, die niemals bekannt geworden seien. Redner beruft sich auf eine Aeußerung des englischen Unterstaats sekretärs des Auswärtigen, Cranborne, die das Zuge- ständniß einschließe, daß ein englisch-deutscher Geheim« Vertrag für Ostafrika bestehe und fährt fort: Dieser Geheimvertrag drückt mit seiner ganzen Wucht auf die Transvaalangelegenheiten und habe den Gesinnungs wechsel Kaiser Wilhelms gegen die Buren herbeigeführt. Wäre Deutschlands Einladung von Fankreich angenommen worden, so hätte dieses die Niederlage von Faschoda vermieden. Ueber den französisch-türkischen Conflict hat die Regierung ein Gelbbuch veröffentlicht, in dem mit großer Genugthuung festgestellt wird, daß Rußland in dem Conflict treu zu Frankreich gestanden sei und Frankreichs Action ehrlich unterstützt habe. Hätte die Pforte nicht nachgegeben, so wäre Rußland Schulter an Schulter mit Frankreich gegen sie vorgegangen. Rußland. Die Petersburger Blätter haben die Erlaubniß er halten, das russisch-französische China-Abkommen zu besprechen. Was sie sagen, entspricht also der Meinung der Regierung. Ta schwindet denn der letzte Zweifel an der Bedeutung des Abkommens, wenn man liest: Rußland könne jetzt seine Stellung in der Mandschurei als fest gesichert ansehen. Die Mächte des französisch-russischen Bundes seien genöthigt ge wesen, das durch den englischen Vertrag mit Japan gestörte Gleichgewicht der Mächte im Stillen Ocean wieder herzustellen. Tie Erklärung verkünde nichts Neues, werde aber gleichwohl durch ihren ernsten festen Ton den gewünschten Eindruck machen. England. Tie Sorge Englands wegen des Vorgehens der Russen in Asien ist ebenso groß wie begreiflich. Für Ostasien ist die Sorge und Eifersucht überhaupt in Permanenz erklärt. Aber auch wegen Centralasiens macht sich der edle John Bull unendliche Kopfschmerzen. Die „Times" melden voller Entrüstung, daß Rußland gegen die Gewährung eines Darlehns von 10 Millionen Rubeln Seitens der persischen Regierung die Concession zum Bau einer Eisenbahn von Täbris nach Teheran erhalten habe. Afghanistan, Persien alles in Rußlands Garne, wie lange wird sich England da noch des un angefochtenen Besitzes Indiens erfreuen? Das ist die Frage, die den englischen Staatsmännern keine ruhige Stunde mehr läßt. Türkei. Die Hohe Pforte dementirt die Gerüchte von einer schweren Erkrankung des Sultans Abdul Hamid auf das Entschiedenste. Was sie aber nicht dementiren kann, daß ist die Thatsache von den zahlreichen täglich er folgenden Verbannungen von Personen aus der unmittelbaren Umgebung des Sultans. Hohe Würdenträger, Militär- und Civilpersonen werden aus dem Wloizkiosk gewiesen und in entfernt gelegene Ge biete des türkischen Reiches geschickt. Befindet sich der Sultan körperlich auch wohl, so kann danach sein Ge- müthsleben doch kein gesundes sein. Die ewige, Tag und Nacht andauernde Sorge vor Nachstellungen und Attentaten reibt den Padischah offenbar auf. Es ist auch keine Möglichkeit vorhanden, daß in diesem Zu stande einmal eine Besserung eintreten sollte, so lange nicht durchgreifende und umfassende Reformen in der Türkei platzgreifen und dem Sultan die Herzen seines Volkes zuführen. An solche Reformen ist vorläufig aber garnicht zu denken. Asten. Tie Lage in China verschärft sich mehr und mehr, und der Ausbruch allgemeiner neuer Wirren wird immer wahrscheinlicher. Vorläufig ist ja nur der Süden des großen chinesischen Reiches vom Aufruhr erfüllt, und von Kwangsi nach Tschili oder Schantung ist ein weiter Weg. Tennoch sind ernste Besorgnisse leider nur allzu gerechtfertigt, weil wieder, gerade wie vor zwei Jahren, die regulären kaiserlichen Truppen mit den Aufständischen gemeinsame Sache zu machen be ginnen. Nach amtlichen Meldungen aus Lungtschou, an der Grenze Tonkings, sind sämmtliche Truppen des chinesischen Marschalls Su zu den Aufpändischen über gegangen, wodurch diese einen Zuwachs von 20,000 Mann erhalten, die auf europäische Weise ausgebildet und bewaffnet sind. Ten durch den Uebcrtritt der Su'schen Truppen verstärkten Aufständischen hat die chinesische Regierung keine gleichwcrthige Streitmacht enlgegenzustellen. Tie fremden Mächte müssen sich also selbst schützen, da die Regierung zum Schutze der fremden Interessen außer Stande ist. Ueber die Ursachen des Aufruhrs in den südlichen Provinzen Chinas wird noch gemeldet, daß die Trockenheit die Aussaat von Früh jahrsreis verhindert habe, und die Landarbeiter ge zwungen seien, sich durch Räubereien zu ernähren. Wahrscheinlich stehe eine Hungersnoth bevor. Afrika. Lord Kitchener schweigt über Kriegscreignisse, und er wird seinen Grund dazu haben. Was sich die Londoner Blätter privatim berichten lassen, ist einmal wenig belangreich, ums andere unzuverlässig. Thatsache ist, daß die Buren auf allen Theilen des Kriegsschau platzes in lebhafter Thätigkeit begriffen sind, und daß weder die Führer noch die Truppen an eine Unter werfung denken. Freilich haben sich die Burencommandos in zahlreiche kleine Abtheilungen aufgelöst. Aber wenn die Engländer daraus Hoffnungen auf eine baldige Unterwerfung des Feindes schmieden, so befinden sie sich doch auf dem Holzwege. Ter Kleinkrieg nöthigt die Buren zu ihrer Taktik, die sich doch gerade in den letztvergangenen Wochen glänzend genug bewährt hat. Tie Buren sind auch keineswegs ohne inneren Zu sammenhang, wenn ihre Truppen äußerlich auch als zerstreut erscheinen. Gilt es einen stärkeren Schlag auszuführen, dann sind sic, wie mit Geisterhänden zu sammengeführt, bei einander und spielen den über raschten Engländern verzweifelt übel mit. Tas haben ja die Tage von Klerksdorp und Lichtenburg zur Ge nüge bewiesen. Tie englische Regierung bettelt um Soldaten, sie hat sich von Australien 2000 Mann erbeten, deren Ent sendung nach Südafrika ihr gewährt worden ist. Tie Widerrufung der Verbannungsklaufel in der viel genannten Proclamation Lord Kitchener's wird der „Post" als unmittelbar bevorstehend bezeichnet. König Eduard, der durch die Freilassung und Behand lung Lord Methuens Seitens des Generals Delarey aufs Tiefste berührt worden ist, hat den Kriegsminifter Brodrick zu sich beschieden und diesem seine Willens neigung in einer Weise kund gemacht, die der obersten Kriegslcitung nur den Ausweg lassen dürfte, dem Wunsche des Königs zu entsprechen. Auch die Zulassung von Ambulanzen zu den Concentrationslagern soll nahe be vorstehen. Tie Krankheit von Cecil Rhodes wird in unter richteten Londoner Kreisen als ein unheilbares Nieren leiden bezeichnet. Trotz der schweren Krankheit wünscht der ehemalige Beherrscher Südafrikas nach der Heimat zurückzukehren. An Bord eines Dampfers sind An stalten zur Aufnahme des Kranken getroffen; es ist aber zweifelhaft, ob sich die Ueberfahrt ermöglichen lassen wird. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 22. März. Heute Mittag trafen Se. Durchlaucht Fürst Otto Victor von Schönburg-Walden burg und am Nachmittag Ihre Durchlaucht Frau Erb prinzessin von Schönburg-Waldenburg mit Ihren Durch lauchten der Prinzessin Sophie und dem Prinzen Günther hier ein. *— Die diesjährigen Osterprüfungen der hiesigen Bürger- und Fortbildungsschule, welche in der Zeit vom 17.—20. März stattfanden, erfreuten sich eines zahl reichen Besuches. Gegen 300 Gäste bekundeten durch ihr Erscheinen das lebhafte Interesse, welches sie der Schule entgegenbringen. Aus der obligatorischen Fort bildungsschule wurden 13 Schüler am Schlüsse der Prüfung nach erfüllter Schulpflicht entlassen. Herr Tirector Dietzmann gab ihnen als Geleitswort auf ihren ferneren Lebensweg die Mahnung mit: „Fest stehen immer, still stehen nimmer!" Es wird nochmals da rauf hingewiesen, daß die Aufnahme der neueintrctenden Kinder Montag, den 24. d. M., nachmittags 2 Uhr er folgt. *— Beim hiesigen Stadtrath ist eingegangcn Gesctz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 5 Stück vom Jahre 1902, enthaltend: Verordnung, die Landes-Heil- und Pflegeanstalten für Geisteskranke und für Epileptische, die Pfleganstalten für Geisteskranke, das Landeskrankenhaus und das Landeshospital betr.; ferner 6 Stück, enthaltend: Bekanntmachung, die fort laufende Statistik der Taubstummen betr. Verordnung, betr. die Gebühren der Rechtsanwälte im Verfahren vor dem Landes-Versicherungsamte. Bekanntmachung, die Namensänderung des Rittergutes Neuscherbitz in Rittergut Gundorf betr. Verordnung zu Bekanntmachung einiger Abänderungen der Betriebsordnung für die Haupt- eisenbahnen Deutschlands. Berichtigung. Beim hiesigen Stadtrath ist weiter eingegangen Reichs-Gesetzblatt Nr. 15, enthaltend: Gesetz, betr. die Feststellung eines zweiten Nachtrages zum Rcichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1901. * — Auf Blatt 122 des Handelsregisters für den hiesigen Gerichtsbezirk ist am 19. d. die Firma Max Kleindienst in Waldenburg und als ihr Inhaber der Kaufmann Otto Max Kleindienst hicrselbst eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Handel mit Glas- und Porzcllanwaaren. * — Gestern Abend in der achten Stunde wurde hier in nordöstlicher Himmelsrichung Wetterleuchten beobachtet. * — Im Kaiser-Panorama im Schönburger Hofe hier- selbst kommt morgen Sonntag eine neue Bildcrserie zur Ausstellung, und zwar eine Reise im malerischen Italien, am Lago maggiore, Luganer und Lecco-See. Tic Bilder sind, wie schon bemerkt, außerordentlich plastisch und scharf; der Besuch empfiehlt sich namentlich für Schulen, denn es giebt nichts Lehrreicheres, die Kcnntniß von Ländern und Völkern zu bereichern, als derartige An- schauungsmiltel. * — Im 4. Viertel des Jahres 1901 sind nach den Aufzeichnungen des „Sächsischen Kirchen- und Schul blattes" in Sachsen an Stiftungen 1,673,250 Mk. zu verzeichnen gewesen. Davon sind abgesehen von zahl reichen werthvollen Geschenken zur Ausstattung neuer oder erneuerter Kirchen für kirchliche Zwecke 124,500 Mk. bestimmt gewesen. Bemerkenswerth als erste größere Stiftung für kirchliche Armenpflege ist die Stiftung eines Ungenannten in Höhe von 100,000 Mk., deren Erträg nisse unter Aufsicht des Kultusministeriums durch die Superintendenten von Auerbach und Oelsnitz unter Mit wirkung der Geistlichen zu Unterstützung unheilbarer Kranker, Blinder und Gebrechlicher und in besonderen Nothfällen verwendet werden sollen. Zum Bau einer Kirche in Haselbrunn schenkte ein Plauener Fabrikant 10,000 Mk., der Kirche zu Reichenau 5000 Mk. der dortige Commerzienrath Preibisch, ebensoviel Maler Höpner in Walddorf bei Zittau der dortigen Kirche. Ter inneren Mission dienen 49,000 Mk., darunter 20,000 Mk. zur Begründung der Gemeindediaconie in Crimmitschau von Wittwe Händel geb. Mummert da selbst, 6000 Mk. dem Leipziger Stadtverein und 5000 Mk. einer Kinderbewahranstalt von den Erben des Consul Beckmann, 7000 Mk. dem Bethlehemstift in Augustusbad von vr. Krenkel in Dresden. Zu Unter richtszwecken wurden gestiftet 663,000 Mk., nämlich von Frau Hofrath Professor Puschmann in Wien, ge bürtig aus Leipzig, der Universität 621,000 Mk. für die medicinische Fakultät und 33,500 Mk. zu verschie denen Stipendien und Freistellen. Die Stiftungen für Zwecke des Volkswohls betrugen 187,750 Mk. und blieben wohl infolge der mißlichen Geldverhältnisse ge-