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reitmM Kiyeia^ und Tageblatt. " Amtsblatt für die königlichm M städtischen Behörden zu Freiberg Md Braud. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. EHchem» jeden Wochentag Nachmittags Uhr fLr den Mittwoch, -tu 30. Oktober. zweimonatlich I üO Ps. uno emmonantchPs. Inserate werden bis Bormittag l 1 Uhr angcnom- men und beträgt der Preis sür die gespalten« Zeile I ooN oder deren Raum Ib Pfg. Nachbestellungen auf die Monate November Md Dezember werde« -um Preise von 1,80 Mk. von alle« kaiser lichen Posta«stalten, sowie von den bekannten Ausgabestellen und der unterzeichneten Expedition angenommen. . . Die Expedition des „Freiberger Anzeiger". Gruß an Sie von der Stadt des PerilleS und von den Säulen des Parthenon her, dessen erhabener Anblick mir tiefen Eindruck macht. Wilhelm." Wie wir gestern in einem Theil der Auflage unter Depeschen mittheilten, brachte Kaiser Wilhelm bei dem in Athen veran stalteten Prunkmabl einen Trinkspruch auf die griechischen Majestäten, daS griechische Volk und die königliche Hauptstadt > aus, welche ihm und der Kaiserin einen so glänzenden herz lichen Empfang bereiteten. Er schätze sich glücklich, daß seine Schwester Griechenland angehören werde und sei überzeugt, >aß sie in dem erlauchten griechischen Königspaare zweite Eltern Das abgeauderte Sozialistengesetz. Dem deutschen Reichstage ist am 26. d. M. der kurz vorher vom Bundesrathe angenommene Gesetzentwurf über die Ab iänderung des Sozialistengesetzes vom 21. Oktober 1878 zuge gangen. Darnach werden aufgehoben die Bestimmungen, denen zufolge Beschwerden gegen Anoronungen der Behörden nur an die Aufsichtsbehörden stattfinden dürfen, ferner die 88 22 bis 26 des jetzt bestehenden Sozialistengesetzes. Bei Beschwerden über Verbote von Kassenvereinen, über Auflösung oder Verbote von Versammlungen, Verbote von Druckschriften und Einsamm lung von Beitrügen für sozialdemokratische Zwecke würde dar nach der ordentliche Beschwerdeweg offen stehen und würden sich je nach der Gesetzgebung der Einzelstaat«« die Gerichte oder die Verwaltungsgerichte damit zu beschäftigen haben. Besondere Wichtigkeit wird dem jetzt in folgender Fassung erscheinenden 8 24 des Gesetzes beigemessen: „FürBezirkeundOrtschasten, welchedurch die im 8 1Abs. 2 bezeichneten Bestrebungen mit Gefahr für die ^öffentliche Sicherheit bedroht sind, kann von den Zentralbehörden »der Bundesstaaten, soweit dies nicht bereits landesgesetzlich zu lässig ist, mit Genehmigung des Bundesraths für die Dauer lvon längstens einem Jahr angeordnet werden, daß Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder I Ordnung zu besorgen ist, der Aufenthalt in den Bezirken oder «Ortschaften von der Landespolizeibehörde versagt werden kann, i Die auf Grund des Absatz 1 getroffenen Anordnungen der »Zentralbehörden sind durch den Reichsanzeiger und auf die für llandespolizeiliche Verordnungen vorgeschrievene Weise bekannt Izu machen. Dem Reichstage muß darüber sofort, bezw. bei I seinem nächsten Zusammentreten Rechenschaft gegeben werden. »Auch nach Ablauf der für solche Anordnungen gestellten Frist dürfen Personen, welchen der Aufenthalt in den bezüglichen Bezirken oder Ortschaften versagt worden ist, den Aufenthalt in denselben nur mit vorgängiger Genehmigung der Landespolizei behörde nehmen. Wer den auf Grund vorstehender Bestimm ungen erlassenen Verfügungen der Landespolizeibehörde zu widerhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Auf Mitglieder deS Reichstags oder einer gesetzgebenden Ver sammlung, welche sich am Sitze dieser Körperschaften während der Session derselben aufhaltrn, finden die im Absatz 1 erwähnten Anordnungen keine Anwendung." Eine wesentliche Milderung des Gesetzes liegt in der Aufhebung der Befugniß, unter gewissen Voraussetzungen Gastwirthen, Buch händlern ic. den ferneren Gewerbebetrieb zu untersagen und Personen das Recht zur Verbreitung von Druckschriften ic. zu entziehen. Eme weitere Abschwächung der jetzt geltenden Bestimmungen liegt darin, daß das Erscheinen einer periodischen Druckschrift künftig erst dann verboten werden soll, wenn nach Erlaß des Ver- I botes einer einzelnen Nummer daS Verbot einer weiteren Nummer I erfolgt. Bisher genügte zur Verhinderung deS Weitererscheinens I einer periodischen Druckschrift das Verbot einer einzigen Nummer. I Nach der neuen Vorlage soll die Beschwerde-Kommission auch I künftig ihres Amtes walten, während dieselbe aber bisher aus I nur neun Mitgliedern bestand, von welchen vier aus der I Mitte des Bundesrathes gewählt sein mußten, wird die neue I Kommission aus einem Vorsitzenden, den der Kaiser ernennt, I und aus elf Mitgliedern zusammengesetzt. Diese werden vom Bundesrathe aus den Mitgliedern der höchsten Gerichte und I Verwaltungsgerichte des Reiches oder der einzelnen Bundes- l staaten gewählt. Die Entscheidung der Kommission erfolgt durch I sieben (bisher 5) Stimmen. Verhandlung und Entscheidung I erfolgen in geheimer Sitzung. Die Entscheidungen ergehen nach freiem Ermessen und sind endgiltig. Die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes ermächtigt nach dem jetzigen Gesetzentwurf die Behörden nicht mehr dazu, die Abhaltung von Versamm lungen von vorheriger Genehmigung abhängig zu machen; es soll nicht mehr die Verbreitung von Druckschriften auf den Straßen w. untersagt werden dürfen, es sollen keine Beschränkungen des Besitzes von Waffen erfolgen dürfen. Die Wirkung des kleinen Belagerungszustandes wird darauf beschränkt, daß die Ausweisung von Personen erfolgen darf. Neu ist in dieser Hinsicht die Bestimmung, daß nach Ablauf der Frist des kleinen enden und daß sie vom griechischen Volke mit Liebe ausge nommen werde. Brausende HurraHS folgten dem hierauf auS- gebrachten Hoch. Alsdann toastete der König von Griechenland auf die Kaiserin Friedrich.—Gestern Mittag fand im Schlöffe zu Athen die Zeremonie des Handkusses statt. Die gesammte Generalität, die Staatswürdenträger, die höheren Offiziere und die Damen der vornehmen Gesellschaft defilirten im Tyronsaale vor dem Kronprinzen Konstantin und seiner Gemahlin, deren Hände sie küßten. Gestern Abend sollten bei günstiger Witte rung auf dem MarSfelde in Athen die geplanten großen Kunst feuerwerke abgebrannt werden. Dieselben gaben Darstellungen aus der Geschichte des alten Hellas, aus dem griechischen Uuäb- hängigkeitskriegr und aus der Regierungszeit des Königs Georg. Die Schauspiele wurden von 48 ttaliemschen Feuerwerkern vor geführt, deren Materialien in 165 einzelnen Kisten von Italien nach Athen geschafft wurden. 60 große Ballen mit pyrotechnischer Mischung sür geruch- und rauchfreies bengalische» Licht waren dieser Sendung beigrfügt. Mit diesem Lichte werden drei Abende von S bis 1 Uhr 15 öffentliche Gebäude erleuchtet. Heute Vormittag 11'/, Uhr sollten im kronpruqkiche» PickniS in Athen die Mitglieder deS diplomatischen Korps, nm 12 Uhr die außerordentlichen Vertreter der fremden Höfe, uot 12^, Uyr die Damen des diplomatischen Korps und die der Athener Gesellschaft erscheinen. Heute Abends findet im Königlichen Schlosse ein großer Hofball statt. Die Besichtigung der Akro polis wird von den Kaiserlichen Gästen in Gesellschaft der übrigen Fürstlichkeiten und unter Führung deS Königs Georg vorgenommen werden. Bis zum großen Thor der Burg wirb dem herrschaftlichen Zuge eine Schwadron Kavallerie voran reiten. Längs des Aufstieges werden alsdann die Offiziere der griechischen Armee und Marine mit entblößten Degen Spalier bilden, während di« Mannschaften deS König lichen Elite-Korps der Enzonen an sämmtlichen Bau denkmälern mit aufgepflanztem Seitengewehr Posten stehen. — Die Prinzessinnen Viktoria und Margawtbe von Preußen haben ihrer Schwester als Brautgeschenk ein Album dargebracht, auf dessen Blätter getrocknete Blume» auS dem Park des Schlosses Friedrichskron sinnig aufgeklebt find, welche die Prinzessinnen dort im Laufe deS letzten Sommers gesammelt haben. Unter die Blumen haben die Spenderinnen eigenhändig LieblingSverse der Prinzessin Sophie von Goethe, Heine und Longfellow ein gezeichnet, während der Rand der einzelnen Alknm-Blätter mit Zeichnungen verschiedener deutscher Maler auSgefüllt ist. Der russische Thronfolger überbrachte der Prinzessin - Braut eine» Diamantschmuck und ein prachtvolles silbernes Theeservice; die Tassen und Kannen tragen in einem Medaillon die russisch«» Initialen K. und S., die Schalen sind geschliffenes GlaS mit goldenem Untersatz; das Ganze ist in altrussischem Stil gehalten. Dem Kronprinzen überbrachte der Zarewitsch die Galauniform des Newa-ReglmentS, dem der griechische Thronfolger al» Lieutenant ü la suito angehört. Dre Hochzeitsgabe d«S König» Humbert von Italien, ein herrlich«» Diadem im Wesche von 300000 Lire, trägt IN Brillanten den Anfangsbuchstaben der jungen Fürstentochter; es gehören dazu 25 prächtige Steine. — Kaiser Wilhelm verlieh dem griechischen Ministerpräsidenten Tricupis das Großkreuz des Rothen Adlerordens, dem griechi schen Minister des Aeußeren Dragumis, sowie dem deutschen Gesandten in Athen Le Maistre den Rothen Adlerorden erster Klasse. Der König von Griechenland verlieh dem Prinzen Heinrich von Preußen, dem Herzog Paul von Mecklenburg und dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck das Großkreuz des Erlöserordens. — Dem Vernehmen nach werden der Kaiser und die Kaiserin bis zum 31. d.Mts. in Athen verbleiben und an diesem Tage ihre Reise nach Konstantinopel antreten, woselbst die Ankunft voraussichtlich am 2. November erfolgen dürste. Der Rückweg von Konstantinopel nach Berlin dürfte über Italien erfolgen. — Der preußische Hof legte gestern für den verstorbenen König von Portugal Trauer auf drei Wochen an. — Ein Reskript des Königs von Württemberg sagt mit Be ziehung auf das versuchte Attentat gegen den Prinzen Wilhelm m Beantwortung der Adresse des ständischen Ausschusses: „Nach den vielen Beweisen von Liebe und Verehrung, die uns kürzlich beim Regierungs-Jubiläum zu Theil geworden sind, berührte uns jene Unthat besonders schmerzlich. Doch finden wir darin, daß dieselbe als Ausfluß eines kranken Sinnes und eines ge störten Geistes zu betrachten ist, sowie in den zahlreichen, un» Belagerungszustandes die ausgewiesenen Personen nur mit Ge nehmigung der Landespolizeibehörde zurückkehren dürfen. Die Bestimmung, „daß die Beschränkung der Geltungsdauer des bisherigen Gesetzes in Wegfall kommt," hat bereits vielfache , Bedenken veranlaßt. Der Verzicht auf die periodische Fristbe stimmung mag manchen Parteien schwer fallen; was die Reichsregierung damit bezweckt, ist ganz offen in der Begrün dung der Vorlage gesagt. Es gilt, die sich von Zeit zu Zeit wiederholenden Reichstagsverhandlungen über das Sozialisten- ' gesetz zu beseitigen, welche nach de» Worten der Begründung „den Vertretern der Sozialdemokratie immer den geeignetsten Anlaß bieten, ihre revolutionären Anschauungen und Ziele unter Verdächtigung und Verunglimpfung der Regierungen und ihrer Organe ins Land zu tragen." Es läßt sich unschwer voraussehen, daß es im deutschen Reichstage gerade über diesen Punkt zu heftigen Debatten kommen wird, da schon jetzt vielfach in den Blättern der Opposition der Vorwurf austaucht, eS handle sich bei dieser Bestimmung einfach darum, das Aus nahmegesetz zu einem dauernden zu machen. Um dies zu ermöglichen, wurden einige Verbesserungen und Milderungen des alten Gesetzes in Vorschlag gebracht. Dieselben reichen aber nach Ansicht der oppositionellen Ptesse nicht aus, um den Ver zicht auf diejenige Sicherung gegen den Mißbrauch der Bestim mungen des Sozialistengesetzes zu gestatten, welche in der jetzigen Nothwendigkeit der periodischen Erneuerung des Gesetzes vorhanden ist. In den Regierungskreisen erwartet man nichtsdestoweniger, daß die in dem Entwurf enthaltenen Erweiterungen und Ver stärkung her Rechtsbürgschasten gegen etwaige Mißgriffe sowie die vorgesehenen Abmilderungen einzelner Bestiinmungen von den Betheiligten volle Würdigung finden werden. Die neue Vorlage enthält die Bemerkung, daß das Gesetz mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft treten soll, daß somit das jetzige Sozialistengesetz unter Umständen schon vor seinem am 30. September 1890 erfolgenden Ablauf außer Geltung treten würde. Daraus folgert daS „Franks. Journal" die Absicht der Reichsregierung, bereits bei den bevorstehenden Reichstagswahlen di« Klagen über die Härten des Sozialistengesetzes einzuschrünken. Das Letztere wird übrigens in der eben begonnenen letzten Session der Legislaturperiode des deutschen Reichstages den Hauptberathungsgegenstand bilden und alle anderen Vorlagen in den Hintergrund drängen. Nach der Ansicht der preußischen Regierungsblätter hat das Sozialistengesetz den gehegten Er wartungen entsprochen. Die ministeriellen „Berl. Pol. Nachr." schreiben darüber: „Die öffentliche Ruhe und Ordnung ist er halten worden, und die Sozialdemokratie ist auf begrenzte Di strikte beschränkt geblieben. Hier wird eS einer langdauernden Zeitwirkung der positiven Sozialreform auf der Grundlage des praktischen Christenthums bedürfen, bis die Sozialdemokratie überwunden ist. WS dahin bedarf es zweifelsohne besonderer Abwehrmittel, wenn anders die nämlichen Gefahren, zu deren Verhütung das Sozialistengesetz erlassen ist, nicht wieder her antreten sollen. Wird hiernach auf absehbare Zeit der außer ordentlichen Vollmacht des Sozialistengesetzes nicht zu entrathen sein, so ist es klar, daß die Beibehaltung des Systems der Be schränkung der Geltungsdauer auf feste kurzbemessene Fristen die Notwendigkeit wiederholter Verlängerung dieser Frist in sich schließen und daher auf lange Zeit die Fortdauer derjenigen schweren Mißstände bedeuten würde, welche nach der bisherigen Erfahrung mit der jeweiligen Verlängerung des Sozialisten gesetzes verknüpft find. Die Verhandlungen vorüber haben er fahrungsgemäß der Wirksamkeit des Sozialistengesetzes entgegen gewirkt; sie sind aber auch geeignet, den Heilungsprozeß empfindlich zu verlangsamen und so den Zeitpunkt binauszuschieben, mit welchem außerordentliche Gebrauchsmittel zu entbehren sind. Die Beseitigung der kurzen Fristen empfiehlt sich daher sowohl unter dem Gesichtspunkte voller Wirksamkeit des Ausnahme gesetzes, als unter dem der Beschleunigung der Ueberwindung der Sozialdemokratie. Daß die verbündeten Regierungen, wenn dieser Zeitpunkt gekommen sein wird, nicht die Hand zur Auf hebung des Sozialistengesetzes bieten sollten, ist eine Unter stellung, welche bei ruhig und verständig denkenden Menschen keinen Platz finden kann. So sprechen denn alle sachlichen Gründe für die Beseitigung der festen Frist für die Geltungs dauer des Sozialistengesetzes." Tagesschau. Freiberg, den 29. Oktober. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht folgendes von dem deutsche« Kaiser an den deutschen Reichskanzler gerichtetes Telegramm aus Athen: „Fürst von Bismarck, Friedrichsruh. Nach berauschend schöner Fahrt hier im alten schönen Athen angelangt. Nach herrlichem Empfang von Fürst und Volk war Ihr Telegramm der erste Gruß von der Heimath; herzlichen Dank dafür; sowie mein erstes Wort ins Vaterland ein