Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.06.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188906270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18890627
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18890627
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-06
- Tag 1889-06-27
-
Monat
1889-06
-
Jahr
1889
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.06.1889
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
147. Freiberger Anzeiger «nb Tageblatt. Seite 2. 188». Herzog Nikolaus, Herzog Urach, Fürst von Hohenlohe-Langen berg und viele andere Fürsten und Fürstinnen. König Karl brachte folgenden Trinkspruch aus: „Ich danke Sr. Majestät dem Kaiser und den übrigen lieben Anverwandten und Fürsten, welche mich mit ihrem Besuch zu meinem Jubiläum erfreut und geehrt haben. Ihre Majestäten der deutsche Kaiser und König von Preuße« und die Kaiserin leben hoch!" Der Kaiser erwiderte sofort: „Gestatten Ew. Majestät, daß ich zugleich »m Namen der übrigen hier versammelten Vettern und Verwandten das Wort ergreife und unsere innigsten Glückwünsche zu dem heutigen Feste darbringe. Es ist ein Vorrecht des deutschen Volkes, daß die deutschen Stämme inil ihren Fürsten in Freud und Leid verbunden sind. Insbesondere hat das schwäbische Volk seinen alten Ruhm und seine Anhänglichkeit an sein ange stammtes Fürstenhaus in diesen Tagen aufs Neue glänzend bewährt. Wir deutsche Fürsten, die wir uns solidarisch mit einander fühlen, freuen uns mit Euren Majestäten dieses schönen Festes. Gott schütze, Gott behüte Eure Majestät und lasse Sie noch viele Jahre über Ihrem treuen, schwäbischen Volke walten! Ihre Majestäten leben hoch!" Sodann trank der König von Württem berg auf die Armeen der anwesenden oder vertretenen Souveräne, insbesondere erhob Se. Majestät sein Glas auf das Wohl seiner braven württembergischen Armee. — Wie der „Ryein.-Westf. Zlg." aus Münster berichtet wird, hat der Kaiser sämmtliche Kandidaten für den erledigten Bischofsstuhl, welche das dortige geistliche Wahlkollegium am 22. Mai in einer Lifte in Vorschlag gebracht, als unwillkommen gestrichen. Die klerikalen Blätter enthalten noch keine Mittheilung darüber. — Der preußische Kultusminister von Goßler ist gestern früh in Breslau eingetroffen und besichtigte Vormittags die Neubauten für dieKlinik der Universität. Heute findet in Breslau ein großer Studenten- Kommers statt, zu welchem der Minister sein Erscheinen zuge sagt hat. Der Budgetausschuß der österreichischen Delegation be schäftigte sich gestern mit der Berathung des Budgets des Aus wärtigen. Dabei trat der Minister Graf Kalnoky der vor herrschenden Schwarzseherei entgegen und versicherte, der Friede sei nicht gefährdet, obwohl die Lage schwankend und leicht ver änderlich sei. Daß die Haltung der neuen rumänischen Re gierung gegen Oesterreich-Ungarn feindselig sei, bezeichnete Kalnoky als eine irrige Annahme. So wenig Bratiano austro- phil sei, so wenig sei Catarglu russophil. Die Annahme, daß Serbien dauernd in der heutigen Aufregung verbleiben und die thatsächliche Verwirklichung der auftretenden Phantastereien versuchen werde, sei eine voreilige. Serbien verfüge nicht über genügende Machtmittel zu Aggressiv-Zwecken; gegen Versuche, dort einen Herd von Umtrieben zu schaffen, müßte sich Oester reich-Ungarn allerdings pflichtgemäß wehren. Der wahre Grund des allgemeinen Gefühls der Unsicherheit liege in der Unzufriedenheit einiger Völker mit dem europäischen Rechtszu stande und der systematischen Erweckung der nationalen Leiden schaften. Der feste Wille aller Monarchen, einen Bruch des Friedens zu verhindern, sei zweifellos; das Gleiche gelte von den Regierungen, schon wegen der ungeheuren Dimension der heutigen Kriege. Keinesfalls könne man Oesterreich-Ungarn dafür verantwortlich machen, falls der Frieden bedroht würde. Was möglich sei, den Friedei: zu erhalten, werde Oesterreich- Ungarn in voller Einigkeit mit seinen Verbündeten thun. Das Verhältniß zu Deutschland sei ein warmes uitd fortwährend erstarkendes, das Verhältniß zu Italien reiche vollkommen an das Bundesverhältnitz mit Deutschland heran. Mit allen Staaten, einschließlich Rußland, beständen freundschaftliche Be ziehungen. — Das in Wien eingetroffene rumänische Königs paar besuchte dort gestern Vormittag mit dem Thronfolger die Kapuzinergruft und verweilte dort längere Zeit in stiller An dacht am Sarge des Kronprinzen Rudolf; kurz zuvor hatte der rumänische Gesandte einen Kranz auf den Sarg niedergelegt. Im Laufe des gestrigen Vormittags statteten die Erzherzöge Albrecht, Wilhelm, Rainerund deyen Gemahlin, sowie die Erz herzogin Marie den rumänischen Fürstlichkeiten Besuche ab. Mittags begaben sich der König, die Königin und der Thron folger zum Besuche des Kaisers Franz Joseph nach der Hof burg. Der Kaiser von Oesterreich erwiderte den Besuch um 1 Uhr. Später empfing der König von Rumänien in ^stündigem Besuch den Grafen Kalnoky und setzte dann Abends seine Reise nach Sigmaringen fort. Kurz vor Abgang des Zuges erschienen der Erzherzog Albrecht und die Erzherzogin Maria Theresia, sich herzlichst von der rumänischen Königsfamilie verabschiedend. — In Rudolfsthal in Bosnien ist am 23. d. M. in Anwesen heit des deutschen Konsuls von Oertzen aus Serajewo, sowie der Spitzen der Behörden die feierliche Einweihung der ersten evangelischen Kirche Bosniens durch den Agramer Psarrer Kolatschek vollzogen worden. Ohne jede Diskussion bewilligte der schweizerische Stände- rath einstimmig 600 000 Franks sür die militärische Sicherung des St. Gotthard. Der Nanonalrath nahm einstimmig die Vorlage des Bundesrathes über die Wiedererrichtung einer ständigen Stelle des eidgenössischen Generalanwalts an. Der Bundesrath bezeichnete als Abgeordnete für die Konferenz, be treffend den Durchstich des Simplon, die Bundesrätbe Droz, Ruchonnet und Welti; ferner als Delegirte für die Verhand lungen mit Italien, den Grenzverkehr und die Schmuggelei be treffend, die Bundesräthe Hammer, Droz, den Oberzolldirektor Meyer und den Zolldirektor Franscini. Im Gegensatz zu den mißlichen Aeußerungen Luzzattis über die Finanzen Italiens erklärte vorgestern derSchatzministerGio- litti in der Kammer, der Stand der Staatsfinanzen sei befriedigend, denn der nächstjährige Ausfall werde nicht einmal ein Drittel des 48 Millionen betragenden Ausfalles des laufenden Jahres ausmachen, dabei sei der Grundstock der aufgehobenen Pensions kaffe noch nicht angetastet. Was die Reichskasse betreffe, sei sie so bestellt, daß er alle von den Emissionsbanken gegen Schatz bons gegebenen Vorschüsse bis auf 5 Millionen zurückzahle. Die Zoll- und anderen Einnahmen steigen wieder bedeutend, über haupt nehme die gesammte Handelsbewegung zu. Seide, Papier, die meisten Industrie-Artikel erfahren einen neuen Aufschwung. Es sei also nicht zu verwundern, wenn die Regierung, welche allerdings glaubt, daß die vollständige Gesundung des Haus haltes einige Mehrauslagen nolhwendig mache, ihre genauen Vorschläge auf November verschieben wolle, um dieselben sicherer aufbauen zu können. „Dem Abgeordneten Pantano," schloß der Minister, „welcher die einzige Rettung aus der trüben Lage in der Aenderung der auswärtigen Politik erblickt, kann ich nur sagen, daß die Zeit unserer Erniedrigung vorbei ist. Pantano möchte, daß wir, auf die Großmuth mächtiger Nachbarn ver trauend und christliche Demuth übend, Dem, der uns die rechte Wange schlägt, die linke darböten. Um eine solche Politik zu führen, würde er aber rm ganzen Lande kaum so viele Politiker finden, als ihrer zur Bildung eines Kabinets nothwendig wären." (Beifall.) Im Verlauf der gestrigen Sitzung der französischen Deputirtenkammer verlangte der Boulangist Laguerre die Re gierung über die parlamentarische Unverletzlichkeit der Abgeord neten zu interpelliren. Bei der sehr erregten Debatte wurde über einen Abgeordneten der Rechten, welcher die Republikaner Kanaillen nannte, die Zensur und zeitweise Ausschließung verhängt. Die Kammer beschloß zuletzt mit 302 gegen 231 Stimmen, die Interpellation Laguerre's bis zur Berathung des Budgets und des Armeegesetzes zu verschieben. — Prinz Viktor Napoleon hat ein Schreiben an den Teputirten Mackau gerichtet, in welchem er seine Zustimmung zu dem von den Gruppen der Rechten erlassenen Manifest erklärt. Von dem englischen Oberhause ist die von der Regierung eingebrachte Bill, betreffend die Erleichterung der Uebertraguiig von Grundbesitz mit 113 gegen 104 Stimmen in dritter Lesung angenommen worden. Im englischen Unterhause versicherte gestern der Unterstaatssekretär Fergusson, die Regierung habe keine Nachricht, daß Rußland eine neue Kohlen- und Flottenstation auf der Deer-Jnsel, im nördlichen Stillen Ozean besetzte. So dann theilte Fergusson mit, daß den neuesten Berichten aus Kairo zufolge eine bedeutende Streitmacht Derwische gegen Wadyhalfa vorrücke. General Greenfell erachte es des halb für zweckmäßig, nach Wadyhalfa zu gehen. Die britischen Truppen würden in Bereitschaft gehalten, nöthigenfalls eben dortbin abzugehen. — Wie das „Reuter'sche Bureau" in London erfährt, will die französische Regierung ihre Zustimmung zu der Konversion der egyptischen Staatsschuld verweigern, falls nicht befriedigende Bürgschaften für die Räumung Egyptens von den englischen Truppen gegeben werden. König Alexander von Serbien reist heute mit dem Regenten Protic und Belimarkowic und sämmtliche» Ministern nach Kruschewatz, wohin sich der Metropolit Michael bereits vor gestern begeben hat. Der Regent Ristic ist durch Unwohlsein verhindert, an der Feier theilzunehmen. Am 14. Juni alten Styls, Nachmittags, trifft König Alexander in Kruschewatz ein. Am 17. reist der König nach Trstenik, von da erfolgt ein Ab stecher nach Ljubostina, von dort die Rückkehr nach Trstenik zum Nachtlager. Am 18. fährt der König nach Kraljevo und ver bleibt daselbst bis 20. Juni alten Styls, an welchem Tage die Salbung im Kloster Ziza erfolgt. — Nach in Belgrad einge gangenen amtlichen Berichten sind im Sandschak Novibazar Unruhen ausgebrochen. Vier Begs haben den Präfekten ver jagt und organisiren Freischaaren. Zur Wiederherstellung der Ruhe sind zwei türkische Bataillone dorthin entsendet; dieselbe« kämpfen gegenwärtig mit den von den aufrührerischen Begs organisirten Banden. Bis jetzt ist in Belgrad von der Unter drückung der Unruhen nichts bekannt geworden. Sämmtliche Serben in Novibazar sollen verhaftet sei». A»f Veranlassung des bulgarische»» Ministerpräsidenten Stambulow hat Natschewic in Wien den Dank für die Bulgarien betreffende Stelle der österreichischen Thronrede ausge drückt. Ter neue serbische Vertreter Body übernahm gestern die Leitung der Agentie in Sofia. Gelegentlich des Besuches bei Straiisky drückte Body die freundschaftlichsten Absichten Serbiens bezüglich Bulgariens aus. Au die Untersuchung über den Fall Cronin könnten sich leicht politische Verwickelungen knüpfen, weil die nordameri kanischen Behörden einen englischen Unterthanen für den Thäter zu halten Veranlassung haben. Vor dem Richter des Obergerichts von Manitoba, Bain, wurde beschworen, daß der Kanadier Martin Burke den Ur. Cronin ermordet hat. Hier auf wurden dem Burke Handschellen angelegt und er in eine für Mörder bestimmte Zelle abgeführt. Burke's Ergreifung in Winnipeg ist einen, Zufall zuzuschreiben. Dem Billetverkäufer Calder in Chicago sagte er nämlich bei Lösung seiner Fahrkarte, er wollte nach Montreal reisen auf einer Bahn, welche aus schließlich durch kanadisches Gebiet gehe, da er etwas in den Ver. Staaten begangen habe. Calder benachrichtigte die Polizei davon. Ein weiterer Umstand, welcher zur Aufhellung der geheimnißvollen Mordthat führte, war, daß man auf dem frisch angestrichenen Fußboden des Carson'schen Häuschens, in welchem der Mord stattgefunden hat, Spuren fand, welche von einem sonderbar gebauten Fuße herrührten. Ein Schuhmacher zeigte der Polizei an, daß einer seiner Kunden, der dem Clan-na-Gael angehört, einen solchen Fuß habe. Der der Polizei übergebene Leisten stimmte ganz genau mit dem Abdruck auf dem Fußboden überein. Martin Burke wurde in Winnipeg als einer der Brüder Williams identisizirt, welche der Ermordungvr. Cronin's verdächtig sind. Frank Williams war es, welcher das Haus micthetc, in dem die That begangen wurde. Die amerikanisch Regierung wird nun die kanadische um die Berechtigung ersuchen, gegen Burke weiter vorzugehen. Uachbarskinder. Roman von B. W. Zrll. 1. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Statt aller Antwort erhob sich jetzt der Frager, zog einen Stuhl herbei und drückte den erregten Freund darauf nieder. Dann nahm er wieder seinen alten Platz ein und sagte mit erzwungenem Gleichmuth so leichthin als möglich: „Pah — das alte Lied! Daß ich es auch von Dir höre, Arthur, wundert mich. Du, der immer etwas ganz Besonderes sein und alles Besondere haben wollte, willst nun im kritischen Moment feige Deine Zuflucht zur Kugel nehmen, wie tausend Andere vor Dir? Ein klein wenig mehr Originalität hatte ich Dir denn doch zugetraut." „Willst Du meiner auch »och spotten?" fuhr Arthur jetzt wild auf. „Was spielst Du mit mir, wie der Löwe mit der Maus, es ist nicht edel von Dir gehandelt! Schleudere inir doch offen Deine Verachtung ins Gesicht, sage mir, daß Du mit dem Ehrlosen, dem Fälscher nichts mehr zu thun haben willst, nicht mehr Verkehren darfst, — denn das Alles werden Dir doch oie Herren vom Ehrengericht sehr klar und scharf auseinandergesetzt haben." Ernst legte für einen Moment die Hand über die Augen und stöhnte schmerzlich auf. Dann holte er schweigend seine Brieftasche hervor und entnahm derselben zwei Stück eines mitten durchgeriffene» Scheines, welche er mit bebenden Fin ger» vor dem Freunde ausbreitete. Arthur sprang auf. Als »volle er seinen Augen nicht trauen, starrte er auf die Papierfetzen und rief dann mit keuchender Brust: „Mein Wechsel und — der Ehrenschein! Du hast ihn ein gelöst, Ernst?" Dieser nickte trübe. „Leider zu spät — nach der Frist, die Du auf Ehrenwort gesetzt. Und so konnte ich auch das Zusaminentreten des Ehrengerichts nicht mehr verhindern," fügte er seufzend hinzu. „Immerhin aber durfte Dich dieses nur wegen Nachlässigkeit in Ehrensachen verurtheilen, denn da ich den Wechsel eingelöst, erfuhr ja Niemand, daß er gefälscht." Arthur hätte nun aufjubeln können. Also das Schlimmste abgcwendet, vor der Welt wenigstens! Aber er vermochte es nicht. Auch nicht ein Wort des Dankes für die edelherzige Rettung des Freundes fand er — ruhten doch dessen Augen so todestraurig, so streng anklagcnd und strafend zugleich auf ihm, daß er sich abwandte und zusammenschauerud ans Fenster trat. „Vor der Welt also bcdarf's der Kugel nicht," fuhr Ernst mit schwerer Stimme fort, „vor mir auch nicht und vor Dir selber wohl am wenigsten. Dennoch aber möchte ich Dich in dieser Stunde fragen: Warum hast Du mir das gethan? Du weißt, was es sür eine in Gefühlssachen so schwerfällige Natur wie die meine, heißt, den Glauben, die Achtung vor dem ein zigen, treugeliebten Freunde verloren zu haben, — es heißt genau so viel, als ihn begraben!" Der schlanke Jüngling am Fenster wandte sich und hob die Hände beschwörend zn denn Anderen empor. „Sei barmherzig, Ernst, — Du vernichtest mich mit dieser Strenge! Denke an unsere Kindheit, unsere erste Jugend, — immer hast Du treu zu mir gehalten, und jetzt, jetzt willst Du mia) verlassen und mir den letzte» moralischen Halt rauben?" „Weil ich daran denke, spreche ich so," entgegnete Ernst bewegt. „O, hättest Du doch auch Dich dieser Zeiten erinnert, die an Freundschaftsbeweisen von meiner Seite so reich waren, — wärest Du vertrauensvoll zu mir gekommen, als Dein Leichtsinn Dich wieder einmal in dringendste Verlegenheit ge bracht, ehe Deine Hand den falschen Namen — meinen Namen — unter diesen Schein setzte, — es wäre jetzt nicht jene Saite in meinem Innern zerrissen, die seit der ersten Knabenzeit so harmonisch in mir erklang." Auch Arthur war jetzt tief bewegt. „Ich konnte diesmal nicht wieder zu Dir kommcu, Ernst," sagte er leise. „Du hast schon so übermenschliche Opfer für mich gebracht, — ich schämte mich. Auch hoffte ich, mein Vater würde diesmal für mich cinspringen und mir das drin gend erbetene Geld schicken, dann hätte ich den Wechsel am Verfalltage eingelöst und Niemand würde etwas davon erfahren haben. „Wie konntest Tu auf Teinen Vater rechnen," entgegnete Ernst streng, „Du weißt selbst, daß er beim besten Willen nicht im Stande war, Dir das Geld zu senden. Wenn ich an Deinen alten Vater denke, — an den stolzen Namen, den er führt, und den Du, als der letzte Träger desselben, aufs Neue mit Glanz und Ruhm bedecken solltest, seiner festen Hoffnung nach — und nun — ein Fälscher!" „Ernst", schrie der Andere auf, „sei barmherzig, nicht diesen Namen! Laß es begraben sein, — ich will ja von dieser Stunde an ein neuer Mensch werden. Und nicht wahr, Du bewahrst unverbrüchliches Schweigen über meinen wahnsinni gen Streich! Niemand soll ihn je erfahren — nicht mein Va ter, nicht Deine Familie, vor Allem nicht — Sabine." lieber des bärtigen Mannes Antlitz zuckte es wie tiefer Schmerz. „Sabine", sagte er dann leise, „es ist gut, daß Du sie nennst. Wir wollen in dieser Stunde auch darüber sprechen. Daß ich Schweigen über Deine Handlungsweise be wahren werde, ist wohl selbstverständlich und bedarf keiner Versicherung weiter. Aber meine Schwester — Sabine — mußt Du ausgeben. Zieh' das unschuldsvolle Mädchen nicht iit Deinen Lebenskreis, erwecke in seinem Herzen nicht Gefühle, die Euch uur zum Unsegen gereichen können. Dein Vater hat andere stolze Pläne init Dir, wie Du weißt, — nur wider willig hat er geduldet, daß wir, die Nachbarskinder, Spielge fährten waren — zur Schwiegertochter wird er Sabine nie anuehmeu wollen." „Und das sagst Du mir so ruhig, Du, der Du mit aller Macht der ersten Jugendliebe an meiner Schwester Melitta hängst und noch die Hoffnung hegst, sie einst als Dein Weib heinizuführen? Sollte meinem Vater die bürgerliche Schwieger tochter unwillkommener sein als der bürgerliche Schwieger sohn?" „Daß ich ihm kein willkommener Freier für Melitta bin, weiß ich nur zu wohl," entgegnete Ernst gepreßt. „Jedoch hoffe ich, daß meine jetzige bevorzugte Stellung im Auswärtigen Amt, sowie die höchst günstigen Aussichten auf eine bedeutende Karriere ihn mit dem bürgerlichen Ramen versöhnen werden." „Daß ich mir keinen lieberen Schwager als Dich wünsche, weißt Du," versicherte Arthur herzlich. „Warum aber soll nicht auch mich die Hoffnung aufrecht erhalten, die Dich be seelt?" fuhr er fort. „Was sprichst Du überhaupt davon, ich solle nicht Liebe erwecken in Sabinens Herzen? Weißt Du nicht, daß wir uns lieben von Kindheit an, und daß diese Liebe längst ihren Ausdruck fand in einem festen Ver- löbniß?" Ernst stand hastig auf; eine Gewitterwolke lagerte sich über sein dunkles Antlitz und mit dröhnender Stimme rief er: „Und das erfahre ich jetzt erst? Ein festes Verlöbniß, — und dennoch hast Du Dich nicht gescheut, hier mit leichtfertigen Mädchen ein wüstes Leben zu führen? Das ist Deine Liebe zu Sabine? Unseliger, ich verzeihe Dir Alles — aber meine einzige Schwester opfere ich Dir nicht! Sie selber soll richten über Dich. Von Deiner Fälschung soll sie nichts erfahren, wohl aber von Deinem sonstigen Lebensivandel — das wird genügen, ihr die Jugendliebe aus dem Herzen zu reißen!" Finster und trotzig stand Arthur da bei diesen harten Worten, nicht ein Zug seines schönen Gesichts zeigte Reue oder Furcht vor der Drohung des Freundes, und trotzig klang auch jetzt seine Antwort: „So sag' es ihr — wenn Du mußt. Giebt sie mich auf, »veil ich in überschäumender Judendlust toll gelebt habe, so hat sie mich eben nie geliebt und ich »väre verloren, denn mein letzter Glaube, »nein letzter Halt entschwände. Aber sie wird mich nicht aufgeben! Was hat auch mein wildes Jugendgenießcn mit meiner Liebe zu schaffen? Nicht Jeder kann ein Tugend»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)