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o m- Tageblatt. Amtsblatt für bk Smglichn mb städtischen BePrden M KeNerg mb Bmud. ««-.»»ttvoUltch« Rrvaktesr: Iuliu- Brau» i> Freiberg. , > > 4« ptabraaua. - > >> » » > 2 I». LLZ-MML! r.-..--,»... ä. «,«. E. >^WW^M»WWWW»M»»^»MM»W»»M»MWM»»W»»WWWMMWMME»WWM»WWWW»WW«M Die Matznahmen gegen de« BoulangiSmus. Der Prozeß gegen die Führer der Patrioten-Liga hat am Dienstag dm 2. April vor der achten Kammer des Pariser Zuchtpolizeigerichts, dessen Präsidmt Mr. Gillet ist, seine« Anfang genommm. Nach dem Wortlaut der von dem Journal .Slocle" veröffentlichten Anklageschrift sind Dsrou- lwe, Raquet, Richard, Turquet, Laguerre, Laisant und Gallian beschuldigt, durch ihre Handlungen den Staat ««er Kriegserllämng ausgescht, außerdem aber selbst einer nicht autorisirten und geheimen Gesellschaft angehört zu hab«. In der Anklageschrift wird betont, daß die Patrioten- Liga im Jahre 1882 nur gegründet wmde, um eine Ab- äuderung des Frankfurter Vertrages herbeizufübreu, daß dieselbe sich ursprünglich weder mit Politik noch mit Re ligion beschäftigte und darauf beschränkte, Schützen-, Turner- und Verwunoeten-Unterstützungs-Gesellschaften zu gründen, sowie dm militärischen Geist der französischen Jugend zu wecken. Die Regierung erkannte die Liga niemals an, aber fk duldete sie mit Rücksicht auf die verdienten Männer, die damals an ihrer Spitze standen (General Lrcointe, Admiral Pothuan u. A. m.) und auf die nützlichen Ziele, die sie bis zum Jahre 1887 verfolgte. Von dieser Zeit au soll aber der damals schon mg mit Boulanger ver bundene Führer der Liga, Därouläde, die patriotische Ver bindung in verbotene Bahnen gelenkt habm, welche durch die Statuten der Gesellschaft ausdrücklich verpönt warm. Die Anklageschrift giebt zu, daß die angeblichen Bergehm gegen die Sicherheit des Staates sich nicht genügend fest- stellen lassen werden, hält eS aber für unzweifelhaft, daß gegen die sieben Angeklagten genügende Belastung vorliegt, 1) seit etwa drei Jahren in Paris einem nicht zugelassenm Vereine angehört zu habm, 2) im Jahre 1889 sogar Mit glieder einer geheimen Gesellschaft gewesen zu sein. ES steht fest, daß die Patrioten-Liga mit dem geheimen Zwecke der Vorbereitung aufrührerischer Kundgebungen neue Aktions mittel angeordnrt hatte, welche geheim gehalten werdm mußten und auch wirklich geheim gehalten worden sind. Dadurch gewann die Liga, trotzdem sie Einzelnes der Oefkentlichkeit hingab, die Eigenschaft einer „geheimen Ge- fellschaft", auf welche das Gesetz angewendet werden konnte. ES wurde deshalb mit dem Hinweis auf die Artikel 291 md 292 des Locks xonnl, Artikel 1 und 2 des Gesetzes vom 10. April 1834, Artikel 13 des Gesches vom 28. Juli 1848, Artikel 17 des Gesetzes vom 30. Juni 1881, bean tragt, der Untersuchungsrichter möge die Angellagten vor das Zuchtpolizeigericht der Seine stellen, um den Gesetzen gemäß abgeurtheilt zu werden, nachdem vorläufig gegen dieselben der Haftbefehl erlass« worden ist. Die republikanischen Blätter sind damit noch keineswegs zufrieden gestellt, sondern verlangen weitere Verfolgung« gegen die Mitglieder des boulangistischen Komitäs: Roche- fort, Balau, Thiabaud, Dillon, Borie, L'Hörisse ChöMou, Bergoin, La Porte, Michrlet, Laur und St. Martin, ins besondere aber gegen den General Boulanger selbst. Das beste Mittel zum Vorgehen gegen die Führer der boulan gistischen Bewegung soll das erst vor wenig« Tag« von dem Senat genehmigte Gesetz bieten, wonach durch ein Dekret des Präsidenten der Republik der Senat beruf« werden kann, als oberster Gerichtshof über Jedermann zu urtheilm, der eines Attentats gegen die Sicherheit des Staates beschul digt wird. Nach diesem Gesetz führt ein Ausschuß von «men Senatsmitgliedern die Voruntersuchung und verweist dann den Angeklagten vor den Smat selbst, der zu gleicher Zeit dm Gerichtshof und die Geschworenenbank vertritt, das Urtheil fällt und auch die Strafe auszusprech« hat. Der Deputirtrnkammer wird dieser ihr bisher noch nicht vorgelegte Gesetzentwurf willkommener fein als ein anderes ebenfalls zur Bekämpfung des BoulangiSmus bestimmtes und vom Senat angenommenes Gesetz, welches Abänderung« des Preßgesetzes vom Jahre 1881 betrifft. Diese Vorlage, wonach die Beleidigungen und Vergeh« in der Presse gegen Beamte dem Zuchtpolizeigericht zu übergeben sind, wurde von der Kammer am DienStag mit 306 gegen 236 Stimmen verworfen. Der Justizminister Thevenet verthcidigte den Anttag, stellte aber nicht die VertiauenS- srage. Die Berathung über d« Gesetzentwurf, wonach Über Beleidigung« von Beamten nicht mehr die Ge schworenen, sonder» die Zuchtpolizeigerichte aburtheilen sollen, kam am Dienstag in der Deputirtrnkammer nicht zum Ab- Wuß. Goblet bekämpfte den Antrag und erklärte, die Ausschreitungen gewisser Blätter dürft« nicht eine Wieder- kehr emrr tyrannischen Gesetzgebung bewirk«. Ob alle I diese gesetzgeberische» Maßnahm r zur Eindämmung der I Töchter reise» «» Mittwoch, Nachmittag» L Uhr, iw» Kiel boulangistischen Bewegung hinreichm werdm, ist mehr nach Berlin ab, verweilen dort zwei Lage und g«hrn dam» bet Hamburg. »ach Frtrdrtchshos Der deutsch e Reichstag setzte gestern die zweite ve- Tagesschau. Freiberg, dm L. April. Der deutsche Kaiser nah« gestern die Borttiige des kommandirenden Admlral» Frhrm von der Goltz und der beiden Ches» de» Zivilkabinet» brz. de» MtlttSrkabinet« ent gegen. Mittag» empfing E«. Majestät de» Fürsten zu Rheina- Wolbeck, sowie den Staatsminister a. D. vr. Falck, dm Direktor der Lönigl. Museen Wirkt. Geh. Oberregierungsrat vr. Schöne u. de» Staatssekretär sür Elsaß-Lothringe» Herrn v. Putttmser. — Die Katsert» Friedrich md die Prtn-«sfinn«- alS zweifelhaft. Die boulangistischen Blätter brachten in den letzten Tagen eine Mmge jedenfalls erfundener Einzelheit« über die Berathungen der Minister be züglich der gerichtlichen Verfolgung Boulangers und der Mitglieder des boulangistischen Komitäs, in der leicht er kennbaren Absicht, die wirklich von der ftanzösischen Regier ung geplanten Maßregeln zu durchkreuzen. So viel scheint aber doch festzustehen, daß der Generalprokurator Bouchez, der deshalb seine Stelle dem Generaladvokaten Quesnay de Beaurepaire abtreten mußte, dem Justizminister Thävenet von der sofortigen Einleitung des Hochverrathsprozesses gegen die Boulangisten abgerathm und dringend an empfohlen hat, damit zu warten, bis die bereits be gonnen« gerichtlichen Verhandlungen gegen die Führer der Patrioten-Liga irgend ein Ergebniß geliefert habm. Anläßlich des Prozesses gegm die Mitglieder der Patriotenliga warm am 2. d. M. in Paris umfassende militärische Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die Verhandlung begann unter großem Andrange des Publikums. Der Präsidmt ersuchte die Zuhörer, sich jeder Kundgebung zu enthallm, da er sich andernfalls genöthigt sehen würde, gegm sie einzuschreitm. Die Vernehmung der Angeklagten verlief ohne bemerkmswerthen Zwischenfall und wurde Nachmittags 2 Uhr geschlossen. Nach dem Zrugrnverhör begründet am Mittwoch der Staatsanwatt die Anklage, worauf die Plai- doyers beginnen werd«. Der neue Genrral-Prokurator, ein bewährter Republikaner, hat es übernommen, nach Been digung des Prozesses wider die Führer der Pattiotenliga die Anklage gegen die Boulangisten wegen Versuches Les Attentates zum Umstürze der Regierung anzustrengen. Die „Bewilligung" seitens der Kammer, wie die Verurtheilung durch den Smat gelten in republikanischen Kreisen als sicher. Die Deportation Boulangers u. seiner Genoffen nach Neucaledonien stände demnach in Aussicht. Die darüber in Paris herrschende Er regung ist begreiflich. Mit vollem Recht warnte auch der Pariser „Figaro" dieRegierung davor, das Land gerade kurz vor der Er öffnung der Weltausstellung durck die Verfolgung Boulangers in unnöthige Auflegung zu v n-tzm. Die republikanischen Blätter verlangen dagegen, d^ß dieRegierung noch vor der Ausstellung die schwarze Wolle des BoulangiSmus zum Platzen bringe, um die Luft zu reinigen. Das Journal „Paris" meint,' der Waffenstillstand der Ausstellung dürfe dem aufrührerischen Syndikate der Boulangisten nicht zu Gute kommen. Boulanger sei kein gewöhnlicher Präsident schafts-Kandidat, sondern er stehe an der Spitze einer förm lichen Verschwörung, die über geheime Quellen verfügt und offen wie versteckt darnach trachtet, die gegenwärtige Regie rung umzustoßm. Die »Räpublique fran^aise" ist ganz derselben Ansicht und räth, an ein Wort Viktor Hugos er innernd, nicht die Mißleiteten, sondern die Rädelsführer zu fass«. Die Republik müsse sich um jeden Preis Achtung verschaffen sogar auch Furcht einflößen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Boulanger selbst schien nicht an eine bevorstehende ernste Verfolgung zu glauben, da er den Vorsitz bei einer am 6. d. M. in Belleville abzuhaltrnd« Festtafel angenommen hat, an der 2000 Personen theil nehmen werden. Er erklärte öffentlich, daß man ihm nickts anhaben könne, da er niemals den Boden der Gesetzlichkeit verlass« habe. Seine eigenen Freunde schienen aber anderer Meinung ^u sein, da einzelne derselbm ihm riethen, sich der etwaig« Verhaftung zu «tziehen, da ferner bei dm von ihm in dm letzten Tagen von Boulanger auf seinem schwarzen „historisch«' Rosse in Paris unternommenen Ausritten stets fünf bis sechs Reiter den Ex-General umgab«, als ob er des Schutzes gegen einen etwaigen Ueberfall bedürfe. DaS am Dienstag in Paris verbrettete Gerücht, Boulanger sei geflüchtet, um sich seiner Verhaftung zu entziehen, soll ernstlich begründet sein. Es wird sich jedenfalls in kurzer Frist zeig«, ob die französische Regierung die nöthige Entschlossenheit besitzt, dem boulangistischen Treib« gewaltsam eis Ade zu machen. rathung de» Alt er»« und Jnvaltdttätsgesetze» fort. 8 7 fetzt die Altersgrenze auf da» 70. Ltbeu»jahr fest s»d bestimmt die Fälle, tu dm« Erwerb»Unfähigkeit jedenfalls an zunehmen ist, d. h. wenn der Versicherte nicht im Stande ist, eine» Bettag zu verdienen, der der Summe eine» Sechstel» de» mittleren JahreSarbeftSverditnsteS derjenigen Lohvklaffe gleich kommt, tu der sür ihn zutttzt Beiträge entrichtet find und eine» Sechstel» de» 300 fach« Bettag«» de» »ach de« Krmikenkaffeugesetze festgesetzten ort»M1chen Tagelohue» gewöhn licher Tagearbetter de» letzten Beschäftigung»orte». Die Abgg. Fürst Hatzseldt und Genossen, ferner Rickert und Ge nossen und Gras Stolberg und Genosse» beauttagteu Hirn» Herabsetzung der ÄtterSzrenz« auf da» 6K„ di« Abgg. Bebeil und Genossen auf da» «0. Lebensjahr. Außerdem beantragt« die Abgg. Rickert und Gen off« LrwerbSnnsähigkrtt anzunehme», wenn der Versicherte nicht mehr im Staude ist, etu Drittel de» mittler« JohreSverdirnste» zu erwerb«; die Abgg. vebA und Genossen wünscht« Erwerbsunfähigkeit sestzufiellen, wrwr der Versicherte sicht im Stand« ist, in sei»«« Beruf di« Hälfte fein«» bisherigen »ach dm, Durchschnitt der letzt« S Jahre zu berechnend« JHresarbtlLtverdirustet oder Einkommen» zu er werben. Die Abgg. Gras Stolberg und DAtu» wollt« In validenrente daun zssprechru, wem, der Versichert« sicht u«hr dauernd zu regelmäßiger, mindrstru» «tu Drittel de» ortsüblich« Tagelohn» gewöhnlicher Tagearbetter rinbrtugender Lohnarbeit zu verdien« tm Stande ist. Schließlich wollt« Ab», von Stumm 1» d«m KommisstonSbeschluß das Wort „jrdmfalls" streich«. Di« Berathung «rstr«ckte sich zunächst nur ass die Altersrente. Ab». GrasStolberg hielt den Arbeiter schou mit «5 Jahr« sür so iuvaltde, daß er der Altersrente be- »ürstig sei, da» 70. Jahr erreich« nur wmige Arbeiter. Die höhere finanzielle Belastung könne gegenüber den sonstige» Hoh« Opfern nicht in Betracht kommen. — Fürst Hatzseldt glaubte, die Altersrente sür den anfechtbarsten Punkt de» ganz« Gesetze» erklären zu müssen. Sie sei aber deu Arbeiter» durch allerhöchste Botschaft versprochen «nd dürfe nicht blo» aus de« Papier steh«. Da» wäre aber d«r Fall, wenn mau bet dem 70. Jahre steh« bleibe. Durch Herabsetzung der Alter»- grenze werd« au Invalidenrente »«spart werd«». Selbstver- tändlich werd« «an auch »u einer Erhöhung der Beiträge chreitm müsse». — Staat»s«kretär v on Bötticher hielt sür >a» Wichtigste, da» richtige Maaß zu halt«; di« größere Be reitwilligkeit zur besseren Fürsorge sür die Arbeiter z« bo> thätigm, sei sehr leicht, wenn man tu der Folge sehe, daß «au es ohne Gefahr thu« könne. S«hr schwer und sozialpolitisch gesährltch sei «» dagegen, bereit» bewilligte Wohlthatm zurüch- uziehen. Auch würde «tu« Herabsetzung der Altersgrenze die Setträge tu der zweit« Lohnklasse von 9 auf 23 Pfennig« herauf letzen, «lur ganz enorme Belastung. Das Reich müßt« mit seinem Beitrage um 1S°/, oder 6,6 Millionen erhöht werd«. Wolle man aber eine Herabsetzung der Altersgrenze, >ann stretche man dte von der Kommisfio» infolge «tue» Ko«- -romiffeS in zweiter Lesung htuzngesügt« Wohlthatm, di« Er höhung der Invalidenrente, Zurückzahlung der Beiträge an di« Vittwen und Waisen ic. Daun könne man über dte Hrrab- etzuug der Altersgrenze sprech«. Er ab«r halte diese Wohl« hat«« für schwerwiegender, als dte Gewährung der Alters rente an etn« Arbrtter, der, wenn er doch schon invalid sei, chon eine Invalidenrente empfange. — Ab». Schmidt- Elberseld stellte da» Vorhandensein eine» Kompromiss«» in Abrede. — Abg. Struckmann bat, dte Anträge auf Herabsetzung der Altersgrenze abzulrhurn. Er würde e» für da» Richtigste gehalten haben, dte Altersrente an» dem Gesrtze heran»zulaffen. Er sage da» sittlich nur sür sei« Person; er würde sogar einen bezüglichen Antrag stellen, wem, ei» solcher Aussicht ans Erfolg hätte. In der allerhöchft« Botschaft sei etne Altersrente nicht versprochen worden. — Abg. Gamp bat im Interesse der Landwtrthschast u« Ab lehnung der Anträge. — Abg. Bebel hielt im Gegtusatz« zu» Abg. Struckmann dte Altersrente sür durchaus -«rechtfertigt. Sonst müßte man nach dm Vorschlägen seiner Parttt dl« Jnvaltdenrent« uormiren und eine Reliktenfürsorge rtnsühreu. Sollt« durch dte Herabsetzung der Altersgrenze etne Erhöhung der Betkäge erforderlich werde», so sete» dte Arbeiter auch hterzu bereit. — Abg. vo» Francke »stet» meinte, «a» müsse tm Auge behalten, tn der Kommission gegen die Bo» setttguug der Altersrente erhoben« Bedenken, namentlich daß sie «tue Kompensattou zu Gunst« der Lasdwtrthschaft sei, da dte industriellen Arbeiter viel früher invalide werd«, al» die der Landwtrthschafh daß sicht eis« Erhöhung der Bettrllgx