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AmtMM für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg und Brand. -SnmüwmtltHer Redakteur: Julius Brau» tu Freiberg. 71. IWLZZsWNT! »--»«>.,«i-i. Wnladung ;«m Abonnement. Dar geehrte Publikum Freibergs, sowie der näheren und weiteren Umgebung gestatten wir uns hierdurch zum Abonnement ans unser täglich erscheinendes Blatt „Ireiöerger Anzeiger und Tageblatt" (Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand) für das zweite Viertel des Jahres 1889 höflichst einzuladen. Wir bitten gleichzeitig die geehrtm Abonnenten, insbesondere die answärtigen, ihre Bestellungen rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung bez. verspätete Lieferung vermieden wird. Die Leitung des Blattes wird nach wie vor bemüht sein, das letztere möglichst reichhaltig, anregend und gediegen zu gestalten. Die bevorstehende Anschaffung einer bei gleicher Deutlichkeit minderen Raum beanspruchenden neuen Schrift wird die Möglichkeit bieten, den Inhalt des Blattes noch mannigfaltiger als bisher zu machen. Durch die bereits in letzter Zeit eingeführte wesentliche Bermehrnng der telegraphischen Meldungen mittelst zuverlässiger Privat-Telegramme sind wir in den Stand gesetzt, unsern Lesern von allen wichtigeren Vorkommnissen schleunigst Kunde zu geben. Bei dm Nachrichtm aus dem Königreich Sachsen solle« hauptsächlich die Ortschaften des Landgerichts» und amtshauptmannschastlichen Bezirks Freiberg, sowie insbesondere die des Erzgebirges Be rücksichtigung finden. Regelmäßig erscheinen auch die Schwurgerichts- und sonstigen Verhandlungen beim Landgericht Freiberg, sowie die Obst- und Gartenbau-Zeitung. Um auch den unterhaltenden Theil unseres Blattes möglichst interessant und mannigfach zu gestalten, bringt das tägliche Feuilleton sowie die GratiS-Sonntags-Beilage nur gediegene Novitäten anerkannt tüchtiger Schriftsteller. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 Marl 25 Pfg. Inserate, pro gespaltene Zeile 15 Pfennige, finden bei der groß« Auflage des Blattes die weiteste und zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserliche Postanstalten, sowie die bekannten Ansgabestellen mtgegm. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger nnd Tageblatt". Der allgemeineBauerntag inFreiberg. Dr« von 17 Landwirthen der Umgegend von Freiberg erlassenen Ausruf zur Abhaltung eines „allgemeinen Bau«n- tag«»" am Sonnabend Nachmittag Im Debu»'schm Saale hatte ein« so große Zahl von Landwirthen Folge geleistet, daß sich die vorhandenen Räume säst als ungenügend erwiesen und fräst die Rebevsäle dicht gefüllt waren. Nachmittags 3 Uhr er öffnete Herr Rittergutsbesitzer Göldn«r-Hal»bach di« Versammlung mit einer begrüßenden Ansprache, welche mit der Aufforderung schloß, Sr. Majestät dem König von Sachse» ein drrisacheS Hoch zu bringen. Nachdem dieser Aus« sordrrung jubelnd entsprochen worden, brachte Herr Gutsbesitzer Schmtdt-LanghennerSdors ein Hoch aus S.e Maj. den Kaiser Wilhelm II. au», das darauUdrei Mal de» Saal durchbrauste. Herr Inspektor Grünz-Hetzdorf, welchem der Vorsitz übertragen worden war, gab sodann Herrn Generalsekretär Lehmann-Berlin das Wort zu einem Bortrage „über den Zweck und die Ziele deS „Deutschen Bauern-Bund«»." Der Redner erklärte zunächst, daß die in anderen Theile» Deutschlands bereits mit Eiser betriebene Organisation des „Deutschen Baurrn-BundeS' bisher im Königreich Sachsen nur de»« HM unterblieben sei, weil man davon überzeugt war, daß die intelligenten sächsisch« Landwirthe von selbst den guten Kern der Sache erkennen würd«. Der stattliche Besuch der jetzigen Versammlung beweise, daß man sich darin nicht getäuscht und daß di« sächsisch« Landwirthe thatsächlich dem Deutschen Bauern-Bundr ein großes Interesse rntgegenbringm. Im Königreiche Sachsen sei aber auch da» VeretnSleben schon ohne« hin rin so rege», daß ein« lebhaft« Agitation uuvöthig schiro. Di« landwirthschastlicht» Vtrtint Sachs«» trsrmm sich tinrr trefflich« Organisation; leider hatte sich in dieselben rin g«- wiffe» Mißtrau« grg« d« Deutsch« Bauern-Bund ein- geschlichm, welche» schon deshalb ungerrchtsertigt war, well de« letzteren nicht» ferner liegt, al» den laudwirthschaftlichen Vereinen entgegevzutreten, welche andere Zwecke Verfolg«. Er ist in» Leben getreten, um den Landwirthe» eine bessere Ver tretung in d« Parlamenten zu schaffen, hat also rin große» politische» Ziel, da» dir landwirthschaftlichen Vrrrine nicht «> rrichm können, weil r» ihnen mehr um die Belehrung, um den Au»ta«sch praktischer Erfahrung« zu thm» ist. Hoffentlich werd« rS grltngm, da» Vorhand«« Mißtrau« zu beseitigen und «in gem«infame» Vorgehen zu erziel«. Der Deutsche Bauern-Bund entstand in Folge der Nothlagr der Landwirth- fchaft. Fast all« and«« B«rus»klafs« schloff«« sich rngrr zu- sammm, um ihr« Jntrr«ffen zu wahr«». Durch solch«» ein- trächtiges Borgth« d«r Arbeiter sahen sich di« Regierung« zu drn Sozialrrsorm« vtranlaßt. Die Beamten und Ins besondere die Lehrer erreicht« durch g«metnsam«S beharrliches Petition«!« Gehaltserhöhungen sowie Alters- und Wlttwrn- Penfionen. Di« Landwirthschast litt durch die wachsende Macht deS HandelSstandeS, der durch die Börse, daS Aktleo- gesetz, do» HandelSgcsitzbuch und die Havd«l»rtchtrr Vorrechte erlangte, die der gleichberechtigten Landwirthschast versagt bliebe». Man müsse allerding» anerkenn«, daß der Kaufmannschaft eine große Intelligenz zu Statten kam; ganz besonder» seien e» die Juden gewesen, der« geschlossene» vorgeh« für dm Handel Ersolge erzielte. Dazu trat zum Nachthell der Landwirth- schast der Umstand, daß dal Ge^tz dl? Uebermacht de» Kapital» schützte. Obgleich dm größten 7 der deutsch« Bevölkerung bildend, war die Landwirthsch. - In d« gesetzgebend« Ver sammlung« nur »»genügend vlUretm. Einzelne landwtrth- schastlichr Bereinigungen leisteten allerding» Große», so der Rheinische und besonder» der Westphällsche Bauernverein, welcher letztere vor 2b Jahren mit 30 Mitgliedern begann und jetzt deren 25 000 zählt und über dessen Ersolge der Kaffer sich aus einen günstigen Bericht de» preußisch« Landwtrthschast»mlnister» vr. LueluS hin sehr anerkmnend ««»sprach. Nach verschiedenen vergeblichen versuchen gelang r» endlich dem konservativ« Abg. Knauer am 30. März 1885 den Deutschen Bauern-Bund zu gründen, der nach und nach viele Schwierigkeiten besiegte, und in vier Jahre» aus etwa 20000 Mitglieder anwuch». Dieser Bund süßt aus der in ihrer edlen Fürsorge ohne Gleich« in der Weltgeschichte dastehenden Kaiserlich« Botschaft vom 7. November 1881. Der Redner Verla» die bekannte Stelle der Botschaft, in welcher die Hoffnung au»gesprochm ist, daß e» mit Hilse kor porativer Genossenschaften gelingen werde, jme Aufgabin zu lös«, dmen die Staat»gewalt allein nicht gewachsen sei. Eine solche korporative Genossenschaft will der Deutsche Bauern- Bund sein; er soll der Regierung Rathschläge zur Hebung der Landwirthschast erthrilm und Ihr Maßregeln zur Linderung der landwirthschaftlichen Rothlage Vorschläge». Dm hohen Werth «wer solchen Korporation erkannte der deutsche Reichs kanzler 1» einem an den Präsidenten des Bunde», dm Abg. Knauer, am 8. April 1885 gerichteten Schreiben an, in welchem au»drückllch gesagt war: „nur, wmn dir ländliche Bevölkerung sich eng aneinander schließe» werde e» möglich sein, ihr eine geeignete Vertretung in den parlamentarischen Körperschaften zu verschaff«" Mit Freude sei «» zu be grüßen, suhr der Redner sort, daß in hiesiger Gegend schon viele Mitglieder für diese» hohe Ziel gewonnen feim; die in der Versammlung Anwrfwdm möchte» aber auch daheim ihrm Vtrus»gmoffm die realen Zwecke deS Bundes auseinander setzen und dirselbrn zur Mitwirkung an dem Werk« drr Eini gung der deutschm Landwirthe gewinn« Drr Redner schil derte sodann eingehend verschiedene wtrthschastlichr Borthetle, welche der Deutsche Bauern-Bund fein« Mitglieder» bietet durch Verträge mit Ltrsnantm vo» künstlichen Düngemittel», mit BerfichrruoggSesellfchasten «. d«rgl. «. Für dm Jahres beitrag vo» 3 Mark liefere drr Bund außerdrm noch rinr Fachzettung, wrlchr dir Verbindung «st der Zentral« aufr«cht «rhalt«, dm Meinungsaustausch sördere u»d d« besonderen Interessen der Landwirthschast dime. Konservativ sei die Land- WIrthschast in dem Sinne, daß der Landwirth da», »a» er von den Vätern ererbt, für dm Sohn erhalt« und verbessern wolle. Geschehe die» i» der recht« Weise und tu Eintracht mit drn Genossin, dann werde e» künftig nicht mehr »öthtg sein, vo» der Noth der deutschen Landwirthschast zu sprech« Dieser Rede, die mit einem herzlich«: „Da» walte Gotti" schloß, zollte die Versammlung stürmischen Beifall, worauf der Vorsitzende, Herr Grü » z, dem Herm Generalsekretär Leh»am im Ramm aller Anwesenden dm innigsten Dank aussprach. Herr Generalsekretär L e h m a n n schlug daun vor, während einer Pause von 1b Minuten die Eiuzeichuuug« in die Mit gliederliste» d«S Bundes zu vrrvollständigm uud eine Freiberger BezirkSabtheilung zu konstttutr« Rach Ablauf der Pmse hielt Herr Hauptmann K. Avon Schulenburg-Berli« einm Vortrag über die .heutige Lage und politische Bedmümg der Landwirthschast". Um zu beweis«, daß di« Landwirth- schast überall und von jrhrr da» staat»erhaltmd« Prinzip ge- wrsr», griff drr Redn«r bi» in» graue Alterthm« zurück, zitirte den alten Spruch: „Schaffte der Bauer nicht Fleisch und Brot, stürbe der Bürger in Hunger und Noth", di« brande»- burgtsch« Fahnminschrist vom Jahre 167S „Wir find Bauer» von geringem Gut und dienen dem Kmcsürstm mit unserm» Blut!" und erinnerte an dm gemeinsamen Kampf drr Edel leute und Baue« der Vendär währmd drr frauzöfischm Revolution. Drr innigst« Wunsch Kaiser Wilhelm» war, daß die Religion dem Volke erhalten bletbe; die Religion habe aber ihr« festeste Heimstätte auf dem Laude, wo mm sich täglich auf dm Segm von obm mgewt«fm seh«. Zu beklag» sei, daß die Gesetzgebung der letzt« 1b Jahre so wenig der That- sache Rechnung getragen, daß in Deutfchlmd 22 bi» 28 Mil lion« Mensch« direkt oder indirekt von der Landwirthschast leb« Al» Beweis sür diese Behauptung berief sich Reimer fortwährend auf befoudere preußische Verhältnisse, zahlreiche Zwaugiverstelgnung« in den Bezirken Breslau, Ltrgnttz und Oppel», auf da» von dem Landwirthschast»mtntst« vr. Lucius im Parlament vorgebrachtr Anwachsen drr Hypothek«»«- schuldung d« Güt« in Preußen (in einem Jahre um 184 Million«), aus das Gutachten des dm Agrariern srtndltchm Abg. LaSk« bei der EnquSte über da» Hypothekmwes« (im Jahre 1879), welche» eine ungerechtserttgte Steurrbrlastuug vo» Grund und Bod« In Ost- u»d Westprmßm zugab, schließlich aus ein« dl« Strurrlast dr» kleinrn Grundbtfitz«s be- treffende R«dr d«S Gräfin von Schlitbm im preußisch« Herrmhause. D« Redner berührt« di« Rachthrll«, welche dir preußische Deichordnuug dm landwirthfchastltchm Adjazrnt« durch di« zu Uebrrfchwtmmungm Vermlassung gebende Gerad- leguug d« Flüsse gebracht, trat dann sür die sein« Zeit vo» dem Gras« Wilhelm Bt»marck angeregte Beschränkung dr» Wrchfilrrchts «in, «mpfahl auch d«r Hypothektnbelastmg de» Grundbesitzes mg«« Grenz«» zu zl«hm, sowi« B«lSngam»ß d« Veräußerung» trrm tue in der Subhastation»-Ordouug und