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md TagMM. oder deren M/» H !! Erscheint jeden Wochentag Nachmitt.'/^UHr für den ^1- Jahrgang S Inserate M Vormittag 11 Uhr angemm». D OVjI 274. j Freitag de« 23 Rovemder k«»»- AmtMM für die königlichen nad städtischen Behörden zn Freiberg nnü Brand. Beraxttvortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. Des Butztags wegen erscheint die uiichste Nummer dieses Blattes Sonnabend Nachmittag. Der Reichshaushalts-Etat. Eine der wichtigsten Aufgaben der an diesem Donners tag eröffneten Reichstags-Session wird die Feststellung des Reichshaushaltes sein, eine Angelegenheit, welche bereits den deutschen Bundesrath in den letzten Tagen angelegent lich beschäftigte. Nachdem die letzten Einzeletats und der Entwurf des Etatsgesetzes dieser Körperschaft zugegangen waren, nahm die letztere einige Abänderungen an den Zahlen des Militäretats vor, die mit der Naturalverpflegung zu sammenhingen. Der ersten Etatsaufstellung wurden auch diesmal die zehnjährigen Durchschnittspreise zu Grunde ge legt, da die Martini-Marktpreise des laufenden Jahres, des -er Verwaltung abverlangten frühzeitigen Abschlusses des Etatsentwurfes wegen, noch nicht in Betracht gezogen wer den konnten. Wie in den letzten Jahren war auch in diesem Jahre auf Grund der letzten Marktpreise eine wesentliche Erhöhung des ursprünglichen Etatsansatzes für die Natural verpflegung erforderlich. Trotz einiger derartigen im Bundes- rathe nachträglich vorgenommenen Änderungen, darf nach Allem, was darüber bisher in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, mit Sicherheit angenommen werden, daß der dem deut schen Reichstage zugehende ReichShauShalts-Entwurf daS befriedigende Bud einer fortschreitenden günstigen Entwicklung der Finanzverhältnisse des Reiches entrollen wird. Trotz dem ein Fehlbetrag von rund 22 Millionen Mark zu decken ist und die Matrikular-Umlagen sich nur im Ganzen um 1 bis li/y Millionen Mark erhöhen dürften, sollen die oesammten Ueberweisungen an die Bundesstaaten etwa 15 Millionen Mark mehr betragen, als sich der Ansatz des laufenden Jahres bezifferte. Auf eine so angenehme Steige rung des Etats für 1889—90 darf deshalb mit Sicherheit gerechnet werden, weil sich die volle Wirkung der Erhöhung der Branntweinsteuer und der Reform der Zuckerbesteuerung im nächsten Etatsjabre geltend machen wird. Weisen schon diese Zahlen im Vergleich zu denen des Vorjahres auf eine wesentlich bessere Gestaltung der Finanzverhältnisse des Reiches zu den Einzelstaaten Hirt, so gestaltet sich das Bild doch noch weit günstiger, wenn man die Momente in Betracht zieht, welche auf dasselbe einwirken. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen der zu deckende Fehlbetrag des letzten Finanzjahres mit 22 Mil lionen Mark, welcher eigentlich die Erhöhung der Matri kular-Umlagen um den gleichen Betrag bedingen würde. Diese peinliche Nothwendigkeit entfällt aber schon deshalb, weil mit dem im nächsten Jahre bevorstehenden Eintritt der vollen Wirkung des Zuckersteuergesetzes die Quelle der Fehlbeträge verstopft wird. Das zweite vorübergehende Moment beruht in der in dem laufenden Etat mit 8 Mil lionen Mark aufgeführten Nachsteuer, welche eine außer ordentliche Mehrüberweisung von gleichem Betrage zur Folge hatte. Wenn, wie bestimmt verlautet, der nächst jährige Etat Mehrüberweisungen im Betrage von 15 Mil lionen in Aussicht stellt, so bedeutet das daher eine Besserung der dauernden Quellen jener Ueberweisungen um rund 23 Millionen Mark. Die beiden erwähnten Momente können nur dazu dienen, das Bild der finanziellen Verhältnisse des Reiches, sowohl wie es sich aus dem nächstjährigen Etat selbst ergiebt, als bezüglich dessen, was derselbe für die Zu kunft in Aussicht stellt, noch günstiger zu gestalten, als es ohnehin bei der ersten Vergleichung mit dem dies jährigen Etat erscheint. Durch die steigernden Ueber weisungen von Reichsüberschüssen an die Bundesstaaten nähert sich die Reichsregierung der Erfüllung desjenigen Theiles ihres politischen Programms, welcher die Mit lastung der Einzelstaaten und der Gemeinden als ein höchst wünschenswerthes Ziel bezeichnete. Um so weniger ist eine wesentliche Erhöhung der Ausgaben zu befürchten, durch welche die fo erfreulichen Reichsüberschusse dem angedeuteten Zweck entzogen werden könnten. Ein verhältnißmäßig nicht bedeutender Mehraufwand ergiebt sich im Marine-Etat durch die Nothwendigkeit, die Anfänge der Kolonialvolitik in Ostafrika gegen die von den arabischen Sklavenhändlern angezettelte Empörung der Ein geborenen zu schützen. Die Mehrheit-des deutschen Reichs tages wird ebenso wie der deutsche Bundesrath davon über zeugt sein, daß die Ehre des deutschen Namens sowie das wohlverstandene, nicht nur nach EintagS-Gesichtspunkten rechnende Interesse dringend erheischen, den dem deutsch - vstafrikanischen Unternehmen zugesicherten kaiserlichen Schutz mit Nachdruck zu gewähren. Im Zusammenhänge mit dem Reichshaushalts-Etat steht bekanntlich auch der von dem deutschen Bundesrath angenommene Gesetzentwurf über die Aufnahme einer Anleihe für die Verwaltungen des Reichs- heereS, der Marine und der Reichseisenbahnen. Der Ge- sammtbetrag dieser Anleihe beläuft sich auf 78'!, Millionen Mark, wovon etwa 53 Millionen auf den Milttäretat, auf den Bau von Kasernen u. s. w. entfallen, außerdem aber auch neue Verkehrsmittel beschafft werden sollen, wofür bekanntlich in jedem Jahre mehr oder weniger hohe Aus gaben wiederkehren. Die vielverbreiteten Gerüchte von der Vorbereitung einer weiteren Vorlage über eine größere An leihe zu militärischen Zwecken, insbesondere für Vermehrung der Artillerie, entbehren wohl der Begründung. Mit Sicherheit wird dagegen ein Nachttagsetat zur Beschaffung der Mittel für den Bau von neuen Schlachtschiffen er wartet. Dem Marine-Etat soll eine Denkschrift beigegeben worden sein, in welcher die Nothwendigkeit dargelegt wird, für eine solche Vervollständigung der deutschen Flotte die Summe von etwa 110 Millionen Mark aufzuwenden. Da aber die Ausführung des Flottenplanes mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen würde, hätte sich diese hohe Summe derartig zu vertheilen, daß auf die einzelnen Etats jahre nur mäßige Forderungen kommen. Bis jetzt sind in dem Marine-Etat für das nächste Jahr für Schiffsbauten nur 6^ Millionen Mark gefordert. Jedenfalls darf man von der Reichsregierung überzeugt sein, daß sie selbst bei erhöhten ReichSeinnabmen nichts Ueberflüssiges oder Un- nöthiges verlangen und an dem Grundsätze weiser Sparsam keit bei der Fmanzverwaltung des Reiches unverbrüchlich festhalten wird. LageSfchau. Freiberg, de« 22. November Bet dem d-Utsch-W Kaiserpaare sand gestern au» Anlaß de- Geburtstages der Kaiserin Friedrich rin Festmahl von 30 Gedecken statt. Die Kaiserin Friedrich weilt bekanntlich gegenwärtig mit den drei jüngsten Prinzrsfinnen-Töchtern, Viktoria, Sophie und Luise Margarethe, zum Besuch bet der großbritannischen KönigSfamtli«. Zur Feier de» Tage- waren gestern in Berlin Wachen und Posten im Paradeanzuge mit Haarbusch aufgezogen. Die Königlichen und die Prinzlichen PalaiS, die Kasernen, die öffentlichen und zahlreichen Privat- gebäude Berlins hatten gestern reichen Flaggenschmuck angelegt — Gestern Abend 9 Uhr 10 Minuten traf der Großfürst- Thronsolgrr von Ruhland in Berlin «In. Derselbe wurde von Sr. Majestät dem Kaiser, dem Prinzen Heinrich, der Generalität, dem Gouverneur und dem Kommandanten von Berlin, sowie von den zum Ehrendienst befohlenen Offizieren und dem russischen Botschaft-personal empfangen. Der Kaiser und Prinz Heinrich trugen russische Uniform, der Großfürst- Throufolgrr hatte die Uniform seine- 8. preußischen Husaren- regiment» angelegt. Nach herzlichster Begrüßung und nach Abschrrtten der Front der vom Kaiser Alexander-Regiment ge stellten Ehrenkompagnie bestiegen die Hohm Herrschaften die Hofwagen und begaben sich, überall mit begeistertem Jubel begrüßt, von einer Eskadron Garde du Corps eSkortirt, noch der russischen Botschaft in Berlin. — Die Kaiserin Augusta hat schon wiederholt die letzte große Schöpfung ihre- hochseligen Gemahls auf dem Gebiete des öffentlichen UnterrtchtSwesenS, daS Seminar für orientalische Sprachen in Berlin, durch ein besonders huldreiches Interesse ouSgezeichnet. Wie die „N. Allg. Z." erfährt, hat Allrrhöchstdieselbe nunmehr dem Seminar eine aus einem bedeutenden jährlichen Elnkommm bestehende Schenkung zugewendet und dadurch in werkthätiger Weise die Entwickelung der jungm Anstalt gefördert. Nach der Be stimmung der allerhöchsten Spenderin sollen die betreffenden Mittel für die schriftstellerischen Arbeiten drS Seminars verwendet werden. — Der dem deutschen BundeSrathe vorgelegte Gesetzent wurf, betreffend dir Vorarbeiten für daS Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm» I., lautet: „Wir Wilhelm von Gotte- Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen deS Reichs, ^ach erfolgter Zustimmung des Bunde», rathc» und de» Reichstage», wa» folgt: Zu einer Preisbe werbung für daS Sr. Majestät dem Hochseligrn Kaiser Wilhelm I., dem Gründer de» Reichs, zu errichtende Denk mal wird eine Summe von 100000 Mark zur Bersügung gestellt. Der Reichkanzler wird ermächtigt, diesen Betrag au» den bereiten Mitteln der Reichshaupikaffe zu entnehmen." Dem Gesetzentwürfe ist eine kurze Denkschrift beigegrben, in der bemerkt wkd, daß al- Platz für die Errichtung nur -er große Straßruzug von dem Berliner Königliche» Schloß Uxtxc den Linden nach dem Thiergarten in Bettacht komme. Die Frist für dir Einreichung von Entwürfen ist auf - Monate festgesetzt und find S Preise im Grsammtbettag« von 10000» Mark auSgrsrtzt — Da» deutsche Blockade-Geschwa der an der ostasrikonischen Küste, unter dem Kommando -«- Kontre-Admiral Deinhardt, wird au» folgenden Schiffen be« stehen: Fregatte „Leipzig", 12 Geschütze, 434 Mau»; Korvette „Carola", 12 Geschütze, 267 Mann; Korvette „Sophie", 12 Geschütze, 267 Manu; Kreuzer „Möwe", 5 Geschütze, 128 Mann; Kreuzer „Schwalbt", 8 Ge schütze 114 Mann; Aviso „Pfeil", 5 Geschütze, 1S7 Mann. Zusammen find die» 6 Schiffe mit 54 Ge schützen und 1337 Mann Besatzung. — Bei den -rstrru ix Bre»lau stattgefundenen Stadtverordnetenwahlen der erste» Abtheiluog wurden sämmütche Kandidaten der Liberale» ge wählt. — Dir in Straßburg t. E. erscheinende „La»dÄ- zeitung für Elsaß-Lothringen" meldet an» Avrteourt, daß der von französischen Blättern berichtete Zwischenfall von der Verhaftung eine» französischen Bahuhol»dramten, sich darauf beschränke, daß rin französischer Bahnhossbrdicnsteter t» Deutsch-Avrlrourt am 18. d. M. wegen Diebstahl» verhaftet, am 20. d. M. aber wieder au- der Haft entlassen Word« sei. — Der Mecklenburgische Landtag wurde gestern in Malchin eröffnet. Der Kaiser von Oesterreich hat DIeo»tag Nachmittag den ReichS-Flnonzminister Benjamin v. Kallay in nahezu eio- stündiger besonderer Audienz in der Hofburg empfangen. Wie verlautet, brgiebt sich der Kaiser heute Abend von Wien wie der nach Gödöllö zurück. — Im österreichischen Budget- au-schuffe kündigte die österreichische Regierung an, sie werde im Einvernehmen mit der ungarischen Regierung einen Gesetz entwurf, betreffend da» Verbot von Ankündigungen fremd ländischer Loose, einbringen. — DaS ungarische Oberhau hat gestern dir Konversion-Vorlage ohne jede Debatte an genommen. — Bet dem Festmahl, welche- vorgestern bet dem Gouverneur von Fiume zu Ehren de» deutschen Ge schwader» stattfand, wechselten dieser und der Kontreadmtral Hollmann begeistert ausgenommen« Trinksprüchr auf die beiderseitigen Souveräne. Hollmann sagte dabei: „Se. Maj. Kaiser Wilhelm braustragte mich, besonder» mit dem Ge schwader die ungarische Meererküste aufzusuchrn und kenne« z« lernen; ich erfuhr hier nicht blos die traditionelle Gastfreund schaft, sondern nahm insbesondere den beispiellosen Fortschritt wahr, welchen der neubegründete ungarische Staat hier erzielt hat." Gestern fand eine große Abendgesellschaft bei dem Gou verneur von Fiume statt. Im italienischer» Senate erklärte gestern bei der Be- rathun, de» Gesetzentwürfe» über die Kommunal- und Pro vinztalreform der Ministerpräsident Crl»pt, er werde nach Beendigung der Verhandlung über de» vorliegenden Gesetz entwurf die Interpellation Cotti'» über die Italienische Politik Im Rothen Meere beantworten. Die Italienische Deputirten- kammrr nahm in ihrer gestrigen Sitzung mit 164 gegen 58 Stimmen die Regierung» Vorlage, betreffend die Rrsorm de» Gesetze» über die öffentliche Sicherheit, an. — Dem Vernehmen nach wird der Papst im nächsten Konsistorium die Erzbischöfe von Rouen, Lyon, Mecheln und Prag, sowie drrt spanische und zwei italienische Prälaten, Macchi und Annibale, z» Kardinälen ernennen. Mit Ungeduld wurde in Frankreich die Veröffentlichung einer Schrift erwartet, in welcher der ehemalige Faßbinder un- jetzige Maire Numa Gilly über die schnöden Geldmachereten der Budgetkommtssionk-Mitglirder großartige Enthüllung« zu machen versprach. Herr Gilly soll da» Material dazu von Herrn Wilson erhalten haben, der kn kenntlich ein riesige» Akten archiv angelegt hat, worin alle möglichen dunkelen Geschichten feiner Parlament»- und Regierung-kollegen in reicher Fülle ausgespelchert sind. Gestern Morgen ist nun die von Gilly verfaßte Schrift erschienen, welche starke Angriffe gegen mehrere Deputtrte enthält. Gervillereach« und SaliS erklärten bereits, Gilly und den Verleger Sattene wegen Verleumdung gerichllich belangen lasten zu wollen. GillyS Schmähschrift ist wohl da» Schlimmste, wa- bi»her eine Regierung sich hat sagen laste« wüsten. Er beschuldigt die angesehensten Politiker der Er pressung, Uvfittlichkeit, Willkür, Bestechung und Unehrlichkeit. Di« Qurlle der Schrift sind die Auszeichnungen de» Geheimpoliztste« AlavSnr. Bcrmuthlich werden eine Menge Prozesse daraus entstehen. Der Eindruck des Buche» ist brklagen»werth. —