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A/» L» u Erscheint jede» Wochentag Nachmitt. '/-Mhr für den .MV / . zaudern Tag. P«l» vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich l M. 50 Pf. und einmonatlich 7b Pf. 41. J»drg«g Sonntag, »e« 16. September und Tagebau Amtsblatt für die königlichen nnd städttschen Behörden zn Freiberg »ad Brand Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. Inserate »erden bi» Vormittag 11 Uhr angenem- OOO men nnd bevckigi der Prei« für di« gespalten« Lett« UOOUW »der deren «aE lb Pss Di« Woche. .Wir haben jetzt wohl Ernsteres zu thun" sagte kürzlich der deutsche Kaiser, als von einer nebensächlichen Be wegung die Rede war, und bezeichnete damit sein unver kennbares rastloses Streben, immer das Wichtigste zuerst zu ergreifen und mit einer Selbstaufopferung durchzuführen, oie vielfach an den strengen Diensteifer und die unbeug same Unermüdlichkeit der edlen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich erinnert. Die rasllose Thätigkeit des jugendlichen Reichsoberhauptes und der tiefe Ernst, der sich den Zügen desselben dabei so früh ausgeprägt hat, lassen jeden Patrioten dnngend wünschen, daß sich der Kaiser künftig mehr als bisher schone und seine Kräfte nicht aufreibe. Nach der anstrengenden Theilnahme an mehreren Truppenübungen ist Kaiser Wilhelm Montag Abend von Berlin über Bremer haven zur Beiwohnung derFlottenmanöver bei Wilhelmshaven abgereist und hat dort an Bord der Dacht .Hohenzollern" am Dienstag die Seegefechte beobachtet, welche zwischen den Ge schwadern der deutschen Contre-Admiräle Knorr und v. d. Goltz während des ganzen Tages und der folgenden Nacht auf der Jahde aufgeführt wurden und mit einem Landungsmanöver abschlossen. Während der Kaiser den Flottenmanövern seine Theilnahme schenkte, kamen bereits wieder zahlreiche Fürst lichkeiten in Berlin an, um den großen Truppenübungen beizuwohnen, die bei Neuenhagen und Müncheberg statt finden sollten. Unter diesen hohen Gästen, welche der Prinz-Regent von Braunschweig, Prinz Albrecht von Preußen, einstweilen im Namen des Kaisers empfing, er freute sich der greise Sieger von Custozza, Erzherzog Albrecht von Oesterreich, der lange Zeit als dem deutsch-österreichi schen Bündniß abhold galt, allseitig besonderer Auszeich nung. Am Donnerstag früh kam Kaiser Wilhelm nach Berlin zurück, fuhr aber bald darauf wieder mit den dort bereits anwesenden Fürstlichkeiten, vielen fremdherrlichen Offizieren und einem glänzenden Gefolge nach dem Manöver- Terrain zu Müncheberg. In wenigen Tagen wird unser Kaiser die längstangekundigte Reise nach München, Wien, Rom und Neapel antreten, die, nach den in allen diesen Städten bereits begonnenen umfangreichen Vorbereitungen zu urtheilen, reich an den großartigsten Eindrücken, aber auch an bedeutenden Anstrengungen sein wird. Daß sich der Staatsminister Graf Herbert Bismarck mit einem Sekretär im Gefolge des Kaisers befinden soll, beweist hinreichend, daß es sich auch bei dieser neuen großen Fahrt nicht ledig lich um Höflichkeitsbesuche handelt. Da» offen kund- gegebene Mißbehagen der Ultramontanen über den beab sichtigten gleichzeitigen Besuch des Quirinals und des Vatikans hat weder einen Einfluß auf die bereits getroffenen kaiser lichen Reise-Dispositionen ausgeübt, noch die preußischen Konservativen veranlaßt, ihrem jetzt erlassenen Wahlaufruf eine Fassung zu geben, in welchem das Zentrum eine voll ständige Absage erblicken könnte. Auf die Abweisung des Windthorst'schen Schulantrages war diese Partei gefaßt, die sonst mit dem Schriftstück zufriedener zu sein scheint als die Nationalliberalen, welche letztere jedoch immer noch hoffen, daß die Grundlage für das von dem Fürsten Bis marck dringend gewünschte gedeihliche Zusammenwirken der Kartellparteien unerschüttert ist. Für den durch den kränklichen Zustand des bisherigen Staatssekretärs im Reichs schatzamt, Jacobi, erledigten wichtigen Posten ist angeblich ein fest auf dem Boden des Kartells stehender Konservativer ausersehen, wie denn überhaupt seit der Berufung des Herrn von Bennigsen die Aussichten der mittelparteilichen Politiker sich so verbessert haben, daß man auch ven Eintritt des Frankfurter Oberbürgermeisters vr. Miquel in den Staats dienst für naye bevorstehend erachtet. Einen hochverdienten Beamten hat'jetzt der preußische Staat durch das Hin scheiden ins Wirkl. Geh. Raths vr. Pape verloren, dessen treues einundfünfzigjähriges Wirken mit der Vollendung i des Eniwurfes des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches ab- > schloß, an dem der Verstorbene hervorragend betheiligt war. Der gerade jetzt in Stettin versammelte deutsche Juristentag unterzog zwar einzelne Punkte dieses bedeuten- l den Werkes einer scharfen Kritik, hat aber dabei die Ver- > dienste Papes um die wünschenswerthe Einheitlichkeit der ! Gesetzgebung in ganz Deutschland unumwunden anerkannt. Ein schönes deutsches Unternehmen ist auch die Anregung zur Unterstützung des von arabischen Feinden in Mittel afrika umschlossenen Emin Pascha. Der in Wiesbaden ver sammelte Vorstand der deutschen Kolonialgesellschaft dankte dem deutschen Kaiser in einem Ergebenheitstelegramm für das huldreiche Wohlwollen, welches Allerhöchstderselbe den kolonialen Bestrebungen, insbesonder dem geplanten Unter ¬ nehmen für Emin Pascha kundgegeben. Der Ausschuß des deutschen Emin Pascha-Komitss hat übrigens beschlossen, die Ausführung des bereits finanziell gesicherten mittel- afrikanischen Unternehmens Herrn Di. Carl Peters unter Mitwirkung des erst kürzlich aus Egypten zurückgekehrten Premierlieutenants Wißmann zu übertragen. Mit den üblichen Begrüßungsansprachen der Landes hauptleute sind sämmtliche österreichische Einzellandtage am Montag in gewohnter Weise eröffnet worden. Be- merkenswerth war eigentlich nur der scharfe Ton, in welchem der Oberstlandmarschall Fürst Lobkowitz bei der Er öffnung des böhmischen Landtages das grundsätzliche Fern bleiben der deutschen Abgeordneten tadelte. Die czechische Mehrheit schien aber über diese Enthaltung gar nicht ver stimmt zu sein und drückte das Czechenblatt „Hlas Na- roda" bereits seine Befriedigung darüber aus, daß am Montag im Prager Landschaftssaale die czechischen Slavas nicht durch drutsche Hochrufe unterbrochen wurden. Nach der nationalen Begeisterung, mit der erst am 8. d. M. in allen deutschen Gebieten Böhmens, Mährens und Oesterreich-Schlesiens die Erinnerung an die vor vierzig Jahren erfolgte Robot-Aufhebung begangen wurde, ist an eine Aenderung des jetzigen Verhältnisses zwischen den Na ttonalitäten zunächst nicht zu denken. Die Pause, welche nach der Konstituirung der Ausschüsse im böhmischen Land tage eintrat, wurde von Ladislaus Rieger zu den Vor bereitungen für den Altczech-n-Koncfteß benutzt, der dem Bruderzwist im czechischen Lager em Ende machen soll. In den meisten übrigen österreichischen Landtagen kam man bisher noch nicht über die Vorarbeiten hinaus, nur der steirische Landtag, der schon seit Ende August tagt, und der galizische, welcher jetzt die im Januar unterbrochene Sitzung fortsetzt, sind unverweilt an die Aufarbeitung des ihnen vorliegenden Berathungsstoffes gegangen. Bei seiner Rundreise in der Romagna ist dem König von Italien von der Bevölkerung dieser bisher als durch aus republikanisch geltenden Provinz ein begeisterter Em pfang bereitet worden, der allgemein als ein für die innere Befestigung Italiens sehr günstiges Ereigniß angesehen wird. Indem der Ministerpräsident Crispi zu dieser Fahrt rieth, war es ihm darum zu thun, den eingewurzelten Jrrthum, als ob dem Radikalismus in der Romagna nicht beizukommen wäre, zu zerstören und den Beweis zu er bringen, daß diese politische Richtung ihre Herrschaft nicht so sehr ihrer eigenen Kraft, als der Zaghaftigkeit und Uneinigkeit der Regierungsfreunde zu danken habe. Dieser Beweis ist denn in glänzendster Weise erbracht worden. Die am Dienstag in Anwesenheit der italienischen und der portugiesischen Königsfamilie, sowie des Prinzen Jsrüme Napoleon und der Prinzessin Clotilde in Turin gefeierte Vermählung des Herzogs von Aosta mit der Prinzessin Lätttta Bonaparte dürfte schon deshalb keine politische Be deutung haben, weil der Vater der Braut, Prinz Jsrüme Napoleon, seinem Sohne, Prinz Viktor Napoleon, das Erscheinen bei dem Feste nur unter Bedingungen gestatten wollte, welche dieser mit seinem Prätendententhum für un vereinbar hielt. In Frankreich sind die Gegner der Republik wieder recht still geworden und halten es die Blätter des General Boulanger sogar für angezeigt, der so geheimnißooll anae- tretenen Reise des Letzteren nach Norwegen jeden politischen Endzweck abzusprechen. Um so erfolgreicher gestaltet sich die Rundreise des Präsidenten Carnot durch Westfrankreich. In Casn gab der Letztere am Montag Abend das Ver sprechen ab, daß die Regierung der Republik die öffent lichen Freiheiten zu Vertheidigen wissen werde, wenn sie bedroht werden sollten, und in Cherbourg drückte Carnot seine feste Absicht aus, den Frieden zu erhalten. Leider werden heutzutage derartige Versicherungen nirgends abge geben, ohne daß man nicht gleichzeitig auf das Schwert schlägt. Eine schwere Rüstung wird allerorten als die beste Friedensbürgschaft bettachtet. Auch der Präsident Carnot äußerte sich in diesem Sinne, indem er erklärte, das Land sei zu jedem Opfer bereit, um Frankreich jene unbestrittene Kraft zu verleihen, welche die sicherste Garantie des Friedens sei. Allerdings konnte Carnot in dem Haupt kriegshafen Frankreichs an dem atlantischen Ozean kaum eine andere Sprache führen. Die französischen Kammern weiden wohl nicht vor dem 9. Oktober wieder zusammen treten, doch hat die Budget-Kommission der Kammer ihre Arbeiten bereits am Mittwoch wieder ausgenommen. Von englischer Seite ist das bewaffnete Einschreit«» der Deutschen in Tonga mit Freuden begrüßt worden und schrieben die Londoner Blätter ausdrücklich, daß England, dem das arabische Bevölkerungselement schon so mannigfache und ernste Schwierigketten in den Weg gelegt habe, nur eine nachhaltige Wirkung dieser Lektion wünschen könne. Weniger günstig ist man in London gegen das deutsche Emin Pascha-Unternehmen gesinnt, weil die brittsch-ost- afrikanische Gesellschaft seiner Zeit Stanleys Zug nach de« oberen Nilgebiet in der Hoffnung veranlaßte, das von Emin Pascha verwaltete mittelafrikanische Gebiet für Eng land zu gewinnen, während dasselbe nun vielleicht für Deutschland in Anspruch genommen werden wird. Die russische Zarenfamilie ist in Südrußland auf alle» Stationen ihrer Reise mit lebhafter Begeisterung begrüßt worden, welche den Gipfel erreichte, als der Kaiser von Rußland seinen Namenstag im Feldlager von Nowaja Prags feierte. Sehr verstimmt ist man aber jetzt in de« russischen Regierungskrisen darüber, daß das bisher als russenfreundlich angesehene rumänische Ministerum Carp- Rosetti die Bffestigungsarbeiten von Galatz und Fokscham beschleunigen ließ, welche ausschließlich dazu bestimmt sind, den Russen im Nothfalle den Durchzug durch Rumänien zu verwehren. Tagesschau. Freiberg, den 15. September. Der deutsche Kaiser begab sich gestern Morgen «« 7 Uhr mit zahlreichem Gefolge nach dem Manöverterratn bet Jahn-felde. Kurz nach 8 Uhr trafen der König von Sachs« und die übrigen fürstlichen Manövergäste bei JahnSfelde et« und stiegen hier zu Pferde. Se. Majestät der Kaiser In der Uni form seines Leibgarde-Husaren-Regtmenls war direkt von Müncheberg nach JahnSseldr geritten. Allerhöchstderselbe kommandirtr persönlich daS Gardrkorp», da- durch eine kom- binlrte Kavallrriedivtfion de» dritten Armeekorps verstärkt war, gegm den marktrten Feind. Gegen S Uhr begann die Be wegung der Truppen. Kavallerie leitete daS Gefecht ein, in dem südöstlich von Müncheberg 12 Kavallerieregimenter ein« zweimaligen glänzenden Angriff unternahmen, dieselben mußt« indessen, da sie auf feindliche Uebermacht stießen, zurückgehm. Inzwischen gingen von Südosten her die erste und zweite Garde-Infanterie-Division und die Korps-Artillerie vor. Die Avantgarde derselben nahm aus der Höhr nordwestlich von HeinerSdors Stellung. Hier verweilte auch S«. Majestät der Kaiser längere Zett. Der marktrte Feind versuchte ein« um« safsendeu Jnsanterieangrtff. Plötzlich brachen von Nordosteu her, wohin sie verdeckt gelangt waren, beide Kavalleriedivifionm vor und griffen in langgertttenrr Attacke dm Feind an. Die Infanterie benutzte die», um nunmehr einen allgemeinen Vor stoß zu unternehmen. Unter persönlicher Führung Sr. Majestät des Kaiser-, der sich zwischen dem ersten und zweiten Bataillon deS ersten Garde-ReglmentS zu Fuß befand, ging daS ge« sammte KorpS zum Angriff vor. Der Gegner wurde voll ständig geworfm. Nach Schluß de- Manöver» fand m» 12 Uhr Parademarsch statt. Die Haltung der Truppen war wiederum vorzüglich. — Die Einleitung de» neuen Exer zierreglements sür die Jnsanterie hat folgmden Wort laut : 1. Da» Exerzieren bezweckt Schulung und Vorbereitung der Führer und Mannschaften sür dm Krieg. Alle Uebung« müssen deshalb auf den Krieg berechnet sei». Die wichtigst« Anforderungen aber, welche der Krieg stellt, find: strengste Disziplin und Ordnung bet höchster Anspannung aller Kräfte. Diese Eigenschaften der Truppe so anzuerzirhen, daß fie ihr zur anderm Natur werdm, ist ein Hauptzweck aller Uebung« aus dem Exerzierplatz, wie im Gelände. Im Kriege ver spricht nur Einsacht» Erfolg. ES handelt sich daher nur um die Erlernung und Anwendung weniger einfacher Formen, welche aber mit Straffheit eingeübt und mit voller Sicherheit beherrscht werden müssen. Die Vorschriften de» Reglement« geben hierfür vllein die Norm. Sie sind ihrem Geiste und Wortlaute nach fürKrieg und Frieden unbedingt verbindlich. Alle Künsteleien sind untersagt. 2. Jeder Truppenbrsrhithaber, vom Kompagnleführer auf wärts, ist sür die vorschristsmäßtge Ausbildung der ihm unter stellten Abthellung verantwortlich und darf in der Wahl der Mittel so wenig al» möglich beschränkt werdm. Die nächst« Vorgesetzten sind verpflichtet, einzugreifen, sobald sie Mißgriffe und Zurückbleiben bemerken. 3. In der Kompagnie ist die eigentliche Exerzterschule zum Abschluß zu bringen. Im Ba- taillon erstreckt sich diese Schule noch aus die geschlossen« Formationen, im Regiment und bet der Brigade nur noch aus die Versammlungsformationen. Im Bataillon findet dir Ge- i sechtSschule ihre sichere Grundlage. Aus dem Zusammenw'nk«