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öffentlichen Angelegenheiten zu thun hat, bei ihm zu essen. Auch Frau Roosevelt ist eine reizende Wirthin und läßt sich niemals außer Fassung bringen, selbst wenn der Präsident mit sechs Gästen ins Eßzimmer kommt, wenn nur drei erwartet wurden. So verlaufen die Mahlzeiten fröhlich. Geheimrath v. Woedtke, der frühere Tirector im Reichsamt des Innern, der erst vor wenigen Monaten zum Präsidenten des Reichsaufsichtsamts für Privat versicherung ernannt wurde, ist in Wiesbaden, woselbst er sich seit drei Wochen in einer Kuranstalt aufhielt, ganz plötzlich gestorben. Geheimrath v. Wödtke hat sich um die Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherungs- Gesetzgebung hervorragende Verdienste erworben. Im Herbste vorigen Jahres wurde er in die sogenannte 12,000 Mark-Affäre verwickelt, und als das neue Reichsaufsichlsamt für das Privatversicherungswesen ge schaffen worden war, an dessen Spitze als Präsident berufen. Während er in feiner früheren Wirksamkeit politisch scharf hervortrat, war er in seinem neuen Amte ein stiller Mann geworden, man hat kaum wieder von ihm gehört, nicht einmal daß er schwer erkrankt war. Nun hat ihn ein schneller Tod abgerufen. Italien. Die parlamentarifche Lage ist mißlich: Wenn es auch in diesen Tagen gelingen wird, das zurück getretene Ministerium Zanardelli um- oder ein ganz neues Cabinet zu bilden, so ist doch vorauszusehen, daß nur sehr schwer eine parlamentarische Mehrheit für die Tauer zu gewinnen sein wird. Ter Jammer der italienischen Kliquen-Politik, der habsüchtige Egoismus, zeigt sich wieder im hellsten Lichte. Spanien. Die spanische Regierung, die den Aufstand in Kata lonien im Wesentlichen als unterdrückt ansieht, obwohl bei der haßerfüllten Stimmung der Bevölkerung jeder Tag neue blutige Gewaltthaten bringen kann, will durch strenge Bestrafung der Anarchistenführer, die summarisch abgeurtheilt werden sollen, und andere Zwangsmaß nahmen künftige Revolten verhindern. Diese Mittel sind jedes Mal angewendet, aber nie haben sie für die Dauer geholfen. Umfassende Reformen zu Gunsten der armen Bevölkerung thun noch, ohnedem greift das Feuer der Revolution immer weiter um sich. Ter Schaden ist sehr groß, zahlreiche gewerbliche Be triebe sind außerdem durch den vollständigen Stillstand der Arbeit schwer geschädigt. Es wird dringend Zeit, daß diesen so häufigen Putschen endlich der Hauptgrund, das maßlose Elend, genommen wird. Afrika. Ta die drei Hauptführer der Buren, Botha, Dewet und Delarey, in ihren militärischen Bewegungen voll kommen ungehindert geblieben sind, auch in der Kap- colonie die dortigen Buren-Colonnen sich gegen die weit überlegene Macht des englischen Generals French behaupten, so haben die Anstrengungen Lord Kitcheners in diesem Winter eigentlich keinen praktischen Er folg gehabt. Tas Blockhaussystem hat es auch nicht thun können. Zu verzeichnen sind als „besondere Ereig nisse" nur die durch Verrath erfolgte Gefangennahme des Buren-Generals Viljoen und die Ergreifung des verwundet am Boden liegenden Commandanten Kruitzinger. Dagegen haben die englischen Colonnen eine ganze Reihe von Schlappen erlitten. Zu verzagen brauchen die Buren also nicht, wenn auch wohl die folgende Brüsseler Nachricht etwas zu optimistisch gefärbt sein mag: Vom Kriegsschauplatz hat ein vr. Albrecht Briefe des Generals Botha mitgebracht, worin er die gegen wärtige Lage als durchaus günstig bezeichnet. Mehr als 20,000 kriegstüchtige Buren stünden noch im Felde, die Blockhäuser bildeten keine bedeutenden Hemmnisse. Tie Engländer seien demoralisirt (?). Lord Kitchener wolle im Anschluß an die holländische Friedens-Action neue Unterhandlungen anknüpfen. (!) Amerika. Tie Herren vom Empfangs-Comite in Newyork hatten vergessen, den Winter einzuladen, die Ehren- Mitgliedschaft ihres Kreises anzunehmen. Sie hielten bei einem Prinzen-Besuch Prinzen-Wetter wohl für selbst verständlich. Darob ergrimmte denn der alte Berserker und überschüttete New-Vork mit Schnee und Eis, daß aller Verkehr kolossal gehemmt ward, selbst mit dem Telegraphiren war es in Folge Drahtbruchs zu Ende. Fußhoher Schnee, später Matsch, erfüllte die Straßen, und wer nicht hinaus mußte, blieb drin. Wußte man doch, daß die Ankunft des Prinzen-Dampfers auf einen uncontrollirbaren Termin verzögert sei! Auch das Empfangsgcschwader unter Admiral Evans konnte sich zeitweise nicht rühren, es stak im Eise fest. Ter heftige Sturm, der schon seit Mitte voriger Woche im westlichen Atlantischen Ocean wehte, hatte sich von Tag zu Tag verschär.ft, und man kann sich denken, was die „Landratten" an Bord des „Kronprinz Wilhelm" aus gehalten haben. Tem Prinz-Admiral Heinrich sind ja solche Begleiterscheinungen einer Seefahrt nicht gerade etwas Ungewohntes. Das Schiff war fast auf der ganzen Fahrt von schwerem Wetter begleitet, trotzdem war Alles an Bord wohl geblieben, selbstredend so weit es die mehr oder minder große Neigung zur Seekrank heit zuließ. Die sehnsüchtig erwartete Landung in New- Uork erfolgte in Folge des Wetters mit einer beträcht lichen Verspätung gegen den ursprünglichen Ankunfts- Termin, etwa 14 — 15 Stunden, erst Sonntag. Das war den New-Vorkern ein arger Querstrich durch die bestimmt gehegten Geschäfts-Hoffnungen, die amerikanische Sonntagsfeier entspricht der englischen und von einer rechten Feier konnte also keine Rede sein. Man muß das Versäumte also in den kommenden Tagen nachholen. Prinz Heinrich von Preußen ward äußerst herzlich be grüßt, wenn auch der Durchbruch des ursprünglichen Programms nicht ohne Einwirkungen blieb. Die deut schen Vertreter, die Spitzen der amerikanischen, städtischen Staats- und Militär-Behörden wurden von dem hohen Gaste auf das Liebenswürdigste empfangen, der feine Freude aussprach, die nordamerikanische Union kennen zu lernen. Das zu seiner Begrüßung aufgestellte Kriegs- Geschwader unter Admiral Evans besichtigt der Prinz später. Nach der strapaziösen Seefahrt wird der Sonn tag im Allgemeinen still verlaufen, einige Besuche dürften das Programm ausmachcn. Im ferneren Verlauf der Reise soll möglichst Alles beim ursprünglichen Entwurf bleiben, vorausgesetzt, daß die Witterung nicht noch einmal einen argen Querstrich macht. Darnach erfolgt also heute Montag die Reise nach Washington, wo der Prinz den Präsidenten Roosevelt begrüßen und das Kapitol besuchen wird. Mit dem Präsidenten fährt der Prinz-Admiral nach New-Vork zurück, in dessen Hafen Miß Alice Roosevelt die Taufe der neuen Kaiser-Vacht „Rheingold" vollziehen wird. In New-Vork wohnt der Prinz an Bord der deutschen Kaiseryacht „Hohenzollern". Als er dieselbe nach der beendeten Seereise betrat, wurde der Prinz mit allen entsprechenden Ehren empfangen. Um ihn ist dort sein militärisches Gefolge vereint. Der Verkehr mit den nordamerikanischen Marine-Offizieren und den staatlichen und städtischen Vertretern vollzieht sich in den freundschaftlichsten Formen; beide Theile haben aufeinander den besten Eindruck gemacht. Dem Prinzen Heinrich von Preußen widmen die nord amerikanischen Zeitungen die herzlichsten Begrüßungs- Artikel, in welchen mitunter allerdings etwas sonder bare Anschauungen unterlaufen, die aber doch offen und klar die Erwartung auf dauernde freundschaftliche Be ziehungen zwischen beiden Ländern aussprechen. Auch der nordamerikanische Botschafter in Berlin hat sich auf einem Festessen im gleichen Sinne geäußert. Er sagte: „Unser königlicher Gast bringt eine Mission des Friedens und der Freundschaft. Kluge Leute Pflegen zu behaupten, daß Missionen und Demonstrationen wie die, welche jetzt in Amerika ihren Anfang nehmen, nichts bedeuten, da durch sie keine wichtigen Fragen erledigt werden. Eine derartige Behauptung verräth einen sehr engen Gesicbtskreis. Es ist zwar wahr, daß derartige Demon strationen keine öffentlichen Fragen zwischen zwei Nationen lösen. Aber ebenso wahr ist es, daß eingegangene, herz liche, freundschaftliche Demonstrationen, die das bessere Gefühl beider Nationen erwecken, eine Atmosphäre er zeugen, in welcher schwebende Fragen leichter gelöst werden können. Wir haben daher wahrlich Grund, uns über diese Wiederherstellung der Freundschaft zu freuen und zu hoffen, daß über den Beziehungen der beiden Länder schwebende Wolken der Mythe und Legende für immer entschwunden sind!" Ja, es sind allerdings Wolken dagewesen! Aus dem Muldeuthale. ^Waldenburg, 24. Februar. Vorigen Montag hielt der „Verein für Krankenpflege in der Kirchgemeinde Waldenburg" seine Hauptversammlung ab. Herr Stadt- rath Apotheker Canzler leitete dieselbe an Stelle des durch Krankheit verhinderten Vorsitzenden, des Herrn Oberpfarrers Harleß. Herr Canzler begrüßte die Er schienenen und erstattete den Jahresbericht. Dieser zeigte wiederum, welcher Segen durch diesen Verein ge stiftet wird und welcher aufopfernden Thätigkeit bei wiederum vermehrten Anforverungen sich Schwester Bertha auch in diesem Jahre hingegeben hat, wofür ihr der wärmste Dank des Vereins — und wir dürfen wohl hinzufügen: der ganzen Gemeinde — ausgesprochen wird. Der Herr Vorsitzende gedachte ehrend der Mit glieder, die der Verein im letzten Jahre durch den Tod verloren hat, und die Anwesenden ehrten ihr Andenken durch Erheben von den Plätzen. Auch widmete er Worte dankbarer Anerkennung dem nach Schwarzenberg versetzten Herrn Oberamtsrichter Bamberg, dem lang jährigen Stellvertreter des Vorsitzenden. Aus dem durch Herrn Oberrevisor Herrmann erstatteten Kaffenbericht sei hervorgehoben, daß auch dieses Vereinsjahr trotz ver mehrter Anforderungen günstig abschließt, was theilweise in mehrfachen außerordentlichen Zuwendungen begründet ist. Von der vorigen Hauptversammlung war der Vor stand beauftragt worden, die Satzungen so umzuarbeiten, daß sie den gegenwärtitzen Verhältnissen entsprächen. In mehreren Sitzungen hatte sich der Vorstand — in einer in Gemeinschaft mit dem Ausschuß — dieser Auf gabe unterzogen, und die Versammlung nahm ohne jede Abänderung einstimmig die Satzungen in dieser neuen Fassung an. Hierauf wurden die bisherigen Vorstands mitglieder wieder gewählt. Herr Oberrevisor Herrmann lehnte jedoch die Annahme der auf ihn gefallenen Wahl zu großem Bedauern der Versammlung entschieden ab. An seine Stelle wurde Herr Bürgerschullehrer Sturm in den Vorstand gewählt. Nachdem der Herr Vorsitzende Herrn Oberrevisor Herrmann für seine zehnjährige treue Mühewaltung den aufrichtigsten Dank des Vereins aus gesprochen und die Versammelten diesem Dank durch Erheben von den Plätzen Ausdruck gegeben hatten, auch dem Vorstande der Dank des Vereins ausgesprochen worden war, schloß er die Versammlung mit dem Wunsche auf ein gesegnetes zweites Jahrzehnt; denn am 4. Februar hatte der Verein das erste beendet. * — Tie Frühjahrssitzung des Westsächsischen Sänger bundes Canon tagte gestern in Gößnitz. Vertreten waren 20 Vereine mit 38 Stimmen. Der Obmann von Gößnitz, Herr Heuschc, begrüßte die zahlreiche Sängerschaar von nah und fern. Durch den Eintritt des Gesangvereins der Arbeitervereinigung in Altenburg erhielt der Canon einen größeren Zuwachs. Aus Anlaß des 25jährigen Jubiläums des Vereins „Eiche" in Gößnitz war unter Ansprachen ein Präsent (Tischglocke in Silber) verabreicht worden, wofür der Dank abgestattet wurde. Durch Zusendungen und Beurtheilungen von Noten wurden von dem Bundesliedermeister den Bundes vereinen folgende Compositionen empfohlen: „Mummel see" von Göpfart, „Lorbeer und Eiche" von Reuter, Sammlung deutscher Volksgesäuge: „Deutsche Eiche" und Compositionen von Jaeckel. Hierauf kamen einige Mittheilungen für das Grazer Sängerfest zum Vortrag, nach dem der Liedermeister Herr Cantor Uhlig-Walden burg in warmen und eindringlichen Worten die Sängcr- schar begeisterte, dem deutschen Sängerfeste ihre peisön- liche Gegenwart zu schenken. Eine große Anzahl stellte nach Umfrage ihre Betheiligung in Aussicht. Tie nächste Herbstversammlung wird in Waldenburg, der Sängcrtag in Meuselwitz am 15. Juni abgehalten. Als Stellver- vertreter des Dirigenten wurde Herr Organist Blumtritt- Gößnitz und als stellvertretender Schriftführer Herr Piehler-Glauchau gewählt. Dem Bundesvorstand werden 25 Mark als Beihilfe zur Vertretung des Bundes in Graz gewährt, die im Behinderungsfalle des Präsidenten dem Bundesliedermeister übertragen werden. Nach Ver lesung des Protokolls fand um 6 Uhr im Schützen hause eine Vorführung einiger Gefänge der Bundeslladt Gößnitz statt, die in den Zwischenpausen durch Massen gesänge, heitere und ernste Ansprachen unterbrochen wurde. In der angenehmen Hoffnung, sich in Meusel witz gesund und wohlbehalten wieder zu sehen und zu hören, trennte man sich unter Absingung verschiedener Sängergrüße. * — Für das Zuchtgebiet Jerisau findet die dies jährige Stutenmusterung und Fohlenschau mit Prämiirung der ein- und zweijährigen Fohlen am 17. April vor mittags 9 Uhr am Gasthofe in Jcrisau statt. Die An meldung der Fohlen muß mittelst eines bei der Be schälstation erhältlichen Formulars bis zum 1. April bei dem kgl. Landstallamte in Moritzburg erfolgen, eine Anmeldung der Stuten hat nicht stattzufinden. * —- Der Gemeindeälteste Julius Wildenhain in Ziegel heim ist als stellvertretender Standesbeamter für den zusammengesetzten Standesamtsbezirk Ziegelheim, Uhl- mannsdorf und Niederarnsdorf bestellt und verpflichtet worden. * — Beim hiesigen Stadtrath ist eingegangen Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 2. Stück vom Jahre 1902, enthaltend: Bekanntmachung, die theologischen Candidatenprüfungen in Leipzig betr. * — Die Niederschlagsmenge betrug in der zweiten Tecade des Monats Februar im unteren Thale der Zwickauer Mulde 1 mm (normal 12), im mittleren 0 (normal 14), im oberen 4 (normal 19). * — Neuerdings mußte eine Fabrikarbeitersfamilie in Remse die unliebsame Entdeckung machen, daß ihr aus der Kommode ein Sparkassenbuch der Fürstlichen Spar kasse zu Waldenburg mit über 1000 Mk. entnommen und daß von dem Buche über 700 Mk. abgehoben worden waren. Der Diebstahl ist noch nicht aufgeklärt. — Der Glauchauer Bezirksobstbauverein gedenkt in diesem Jahre eine Jubiläums-Obstausstellung in den Räumen des Meisterhauses daselbst abzuhalten zum An denken an sein 25jähriges Besteheu. Aus dem Sachseulande. — In Dresden erfolgte am Freitag Abend die Gründung des Verbandes sächsischer Industrieller. Zum ersten Vorsitzenden wurde Hoffmann-Dresden gewählt. Dem Verbände gehört der Bezirksverein Leipzig-Zwickau- Chemnitz an. — In Löbtau Bez. Dresden wurde ein Straßen bahnwagenführer und seine Frau unter der Anklage verhaftet, ihren Chambregarnisten ermordet, dessen Spar kassenbuch gestohlen, dem Leichnam Kopf und Beine ab gehauen und ihn in einem Koffer in die Elbe geworfen zu haben. Altenburg, 23. Februar. Se. König!. Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin traf gestern in der zweiten Nachmittagsstunde hier ein, wurde von Sr. Hoheit unserm Herzog am Bahnhofe empfangen und dann nach dem Residenzschlosse geleitet, wo am