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2266 PAPIER-ZEITUNG Nr. 64/1920 gering bewertet wird. Was nun die einzelnen Bewertungsvorschriften anbelangt, so ist zu betonen, daß das Reichsnotopfergesetz sich nicht mehr wie die Kriegssteuergesetze auf dem Besitzsteuergesetz auf baut, sondern daß derBewertung die Vorschriften der Reichsabgaben ordnung zugrunde zu legen sind. Es ist also grundsätzlich davon auszugehen, daß die dem Betriebe dauernd gewidmeten Gegenstände mit dem Anschaffungswert abzüglich angemessener Abschreibungen, jedoch in keinem Falle höher als mit dem gemeinen Wert, die dem Betriebe nur vorübergehend gewidmeten Gegenstände mit dem gemeinen Wert einzusetzen sind. Während das Besitz-Steuergesetz und die auf ihm aufgebauten Kriegssteuergesetze in der Regel wenigstens theoretisch auch für die dem Betriebe dauernd gewid meten Gegenstände die Zugrundelegung des gemeinen Wertes be anspruchten, ist nunmehr durch die Reichsabgabenordnung für dieses Anlagekapital eine neue Basis geschaffen. Man wird dabei als Anlagegegenstände nicht nur Maschinen, Werkzeuge, Wagen und Pferd, Ladeneinrichtung usw. aufzufassen haben, sondern wird soweit gehen müssen, die sogenannten „eisernen Bestände“ der Industrieunternehmen wirtschaftlich und steuertechnisch dem Anlagekapital gleichzustellen. Bei der Bewertung der dem. Betrieb nur vorübergehend gewidmeten Gegenstände, insbesondere also Waren, Rohstoffe, Fertigfabrikate usw. wird man nicht immer den Verkaufswert einzusetzen haben, der vielleicht am 31. Dezember 1919 zu erzielen gewesen wäre. Gelegentlich der Beratung des Reichs notopfergesetzes wurde bei den Kommissionsverhandlungen und schließlich auch in der Nationalversammlung wiederholt betont, «laß die sogenannten Phantasiepreise der Steuererklärung nicht zu grundegelegt zu werden brauchen, daß vielmehr ein „normalen Verhältnissen“ entsprechender Preis einzusetzen sei. Leider ist auch in den Ausführungsbestimmungen nichts darüber gesagt, wie dieser „normalen Verhältnissen" entsprechende Preis gefunden werden soll. Das Reichsfinanzministerium hat kürzlich in Aussicht gestellt, daß noch vor Ablauf der Steuererklärungsfrist von ihm Richtlinien für die Bewertung des Grund- und Betriebsvermögens herausgegeben würden. Wenngleich diese Richtlinien neues Recht nicht zu schaffen vermögen und lediglich zur Auslegung gut vor handenen Gesetzestextes dienen, wird der Kaufmann in der Regel gut tun, die Veröffentlichung dieser Richtlinien abzuwarten und seine Steuererklärung an Hand derselben anzufertigen. Nötigen falls empfiehlt es sich, vor Ablauf der in Betracht kommenden Frist einen Antrag auf Verlängerung derselben zur Vermeidung von Straf Vorschlägen einzureichen. Bekanntlich wird das Betriebsvermögen bei der Reichsnot- Opferveranlagung nur zu 80 v. H. herangezogen. Der Kaufmann hat infolgedessen bei Aufstellung seiner Bilanz sorgfältig zu prüfen. welcheVermögensteile seinemGeschäftsbetrieb zugehören, und welche als Privatvermögen anzusprechen sind. Erfahrungsgemäß wird häufig Grundvermögen (Grundstücke, Gebäude u. dergl.) nicht in die Bilanz aufgenommen, obgleich es in der Hauptsache dem Ge werbe des Eigentümers dient. Hier würde eventuell eine Berichti gung der Bilanz in Betracht kommen, ebenso dann, wenn Kapital beträge (Effekten usw.},. die für das Geschäftsvermögen durch Hinterlegung bei Banken oder dergl. Verwendung finden, in die Bilanz keine Aufnahme gefunden haben. Die außerordentliche Ent wertung des Geldes in den letzten Monaten hat an das Geschäfts kapital jedes Kaufmanns derart hohe Anforderungen gestellt, daß er in der Regel ebenso wie die Aktiengesellschaften, die ihr Stamm kapital erhöhten, zur Erweiterung seines Betriebskapitals ge zwungen wurde. * ♦ * Für die Aufstellung der Steuererklärung zum Reichsnotopfer ist in weitem Umfang die Bewertung von Vermögensgegenständen notwendig, die unter den jetzigen Verhältnissen besonderen Schwie rigkeiten begegnet. Dies gilt in erster Linie für die Bewertung von Grundbesitz und Betriebsvermögen Um den Steuerpflichtigen wie den Veranlagungsbehörden Anhaltspunkte für eine sachgemäße Bewertung dieser Vermögensgegenstände zu geben, wird zurzeit im Reichsfinanzministerium der Erlaß von Richtlinien vorbereiset. Die Veröffentlichung dieser Richtlinien soll so rechtzeitig erfolgen, daß sie noch bei Aufstellung der Steuererklärung innerhalb der vor gesehenen Frist berücksichtigt werden können Reichsanz. Freigabe von Karbid. Da für den nächsten Winter voraussicht lich größere Mengen Petroleum zur Einfuhr gelangen werden und zu erwarten steht, daß Karbid für Beleuchtungszwecke in aus reichender Menge vorhanden sein wird, hat der Reichswirtschafts minister, wie den „P. P. N." geschrieben wird, die Aufhebung der Beschlagnahme und der Bewirtschaftung von Kalziumkarbid vom 1. August ab angeordnet. Freigabe von Seifenpulver. Seifenpulver wird vom 1. August 1920 ab ohne Karten an die Verbraucher abgegeben werden, ebenso kommen die Bezugsscheine für Industrieseife in Fortfall- Nur die Abgabe von für den gewerblichen Bedarf bestimmtem losem. Seifen pulver bleibt einer gewissen Kontrolle unterworfen, indem sie nicht ohne Zustimmung des Ueberwachungsausschusses der Seifenindustrie erfolgen darf. Gleichzeitig sind die Bestimmungen über die zusätz liche Versorgung von Schwerarbeitern usw. mit Seife aufgehoben worden. Beschlagnahmtes deutsches Eigentum in den Vereinigten Staaten. Wie dem Deutsch-Amerikanischen Wirtschaftsverband berichtet wird, haben sich eine Anzahl amerikanischer Rechtsanwälte nach Deutschland begeben, um deutsche Staatsangehörige, deren Eigen tum in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt worden ist, zu ver anlassen, ihnen die Vertretung ihrer Interessen zu übertragen. Es liegt Veranlassung vor, darauf hinzuweisen, daß sich unter diesen Rechtsanwälten Elemente befinden, die für eine derartige Ver trauensaufgabe nicht geeignet erscheinen. Der Deutsch- Amerikanische Wirtschaftsverband in Berlin NW 7, Neue Wilhelmstr. 12/14, ist bereit, in Fragen des beschlagnahmten deutschen Eigentums in den Vereinigten Staaten und Wahrnehmung zuverlässiger Rechts vertretung deutschen Interessenten weitere Auskunft zu erteilen. SpirGzeuaungu-Gcoßande Fachvereinigung für Papiertechnik, E. V. Köthen (Anh.) (Postscheckkonto Berlin 95820) Die zweite ordentliche Generalversammlung des Sommer- Semesters 1920 fand am Freitag, den 16. Juli statt. Die Versamm lung war gut besucht. Herr Prof. Dr. B. Possanner v. Ehrenthai wurde durch einstimmigen Beschluß zum Ehrenvorsitzenden er nannt und hat den Ehrenvorsitz angenommen. Die Satzungen wurden mit kleinen Aenderungen genehmigt. Ein vollständiger, kurz gefaßter Bericht über die Fachvereinigung für Papiertechnik wird demnächst veröffentlicht werden. Wir sagen erneut warmen Dank für die Spenden, die uns bereits zugewiesen wurden und be grüßen alle Papiermacher und verwandte Fachleute, insbesondere unsere Gönner bestens mit Gunst von wegen’s Handwerk! Fachvereinigung'für Papiertechnik E V. Studienfonds des Hilfsvereins für die deutsche Papierindustrie 5. Quittung Seit der Veröffentlichung der 4. Quittung im Februar 1919 gingen für den Studienfonds für die deutsche Papierindustrie wieder folgende Beträge ein, über die hierdurch unter größtem Danke an die verehrlichen Geber quittiert wird: Papierfabrik Neidhardtsthai. G. m. b H., in Neidhardts- thal 3 000 M. Gustav Toelle, Langenbach, Papierfabrik in Wildenfels 3 000 „ H. & A. Gratenau, Hamburg 5 000 ,, Konga, Aktiebolag, Konga, Südschweden (durch P. Scholz, Dresden) 5 000 „ Patentpapierfabrik zu Penig, A G. in Penig. . . . . 20 600 ., zusammen ... 36 000 M. Die früheren Zeichnungen betrugen 440 200 M, so daß nun mehr im ganzen 476 200 M. für die Sammlung zusammengekommen sind. — Weitere Zuweisungen werden gern und dankend entgegen genommen. Penig, am 31 Juli 1920 Hilfsverein für die deutsche Papierindustrie E. V. Abt. Studienfonds A. Schinkel, Vorsitzender Zellstoff aus Altpapier Ein in England patentiertes Verfahren von John M. Burby gestattet, Altpapiere, die stark mit Holzschliff gearbeitet sind, in Zellstoff zu verwandeln Das in Stücke geeigneter Größe zerklei nerte Altpapier kann, wenn es leicht gefärbt ist, oder wenn man eine bessere Sorte zu erhalten wünscht, in einer alkalischen Lauge von weniger als 100 0 C von Farbe und Druckerschwärze gereinigt werden. Danach wird es für eine Zeit mit Chemikalien behandelt, die die Holzschliffasern von den anhaftenden Inkrusten befreien. Dazu kann eine ganze Reihe von chemischen Erzeugnissen gebraucht werden. Man erhält eine bessere Sorte Zellstoff, wenn man das Alt papier in einer Lauge von Kalzium-, Magnesium- oder Natrium- bisulfit kocht. Der erhaltene Zellstoff soll dem Handelserzeugnis entsprechen, allerdings mit sehr leichter Trübung. — Einen dunk leren Stoff, nach Art von Natron- oder Kraftstoff erhält man, wenn das Altpapier in einer Lauge von Natriumsulfat, mit oder ohne Zugabe von kaustischer Soda oder Natriumkarbonat gekocht wird. Die Dauer der Behandlung richtet sich nach den verwandten Chemi kalien und den sonstigen Umständen und beträgt etwa vier bisacht Stunden. Diese Dauer genügt bei schwacher Lauge, weil die im Altpapier enthaltene Holzfaser leichter aufgeschlossen wird als bei der gewöhnlichen Zellstoffbereitung aus Holzstücken. i (Nach Papeterie vom 10. Juli 1920) —8—