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Schreibwaren, Bürobedarf usw. auf der Buchgewerbe- und Papierfach-Ausstellung (Bis 9. August Berliner Konzerthallen, Mauer- und Zimmerstraße) (S. Nrn. 60, 61, 62) Die nahen Beziehungen des Buchbinderhandwerks zu den Amtsstuben und Kontoren, zu Schule und Haus bringen es mit sich, daß der Kleinmeister meist zugleich, ein Ladengeschäft für Schreibwaren- und Kontorbedarf führt. Die Fabrikanten und Groß händler solcher Waren, die im Papierladen gekauft werden, ver sprachen sich nun um so eher regen Umsatz auf der kleinen Berliner Schau, weil nicht nur die Buchbinder-Innungsmeister ihren Ver bandstag abhielten, sondern auch die im Reichsbund vereinten Schreibwarenhändler eine außerordentliche Tagung nach Berlin einberufen hatten. Beiden Verbandstagen aber fehlte der erwartete größere Zustrom der Mitglieder aus dem Reiche, und soweit sich die Teilnehmer in dieser Ferien- und geschäftlich lustlosen Zeit einfanden, vermochten auch sie nicht, die allgemeine Kaufunlust zu brechen. Nur im Nötigsten wurden Einkäufe getätigt, und viele Aussteller würden froh sein, wenn sie wenigstens ihre heute nicht geringen Unkosten hätten wieder hereinbringen können. Am guten Willen, in Preisen und Bedingungen entgegenzukommen, schien es nicht zu fehlen. Beklagt wird es allgemein, daß es an geeigneter und recht zeitiger Bekanntgabe der Veranstaltung gefehlt hat; man kann sich das nur erklären daraus, daß ein großer und maßgebender Teil des Faches nicht für die Ausstellung zu gewinnen war und ihr Zu standekommen damit gefährdet und verspätet wurde. Aber als es schließlich feststand, daß der Plan zur Durchführung kam, mußte sofort der Preßausschuß einberufen werden und ein Uebriges geschehen, um die Fachwelt Berlins (insbesondere die Großbuch binderei) und die Freunde des Buchgewerbesauf die Beine zu bringen. Der Katalog schweift weit ab von dem, was heute die Geschäftswelt bewegt, und seine textlichen Beiträge gehören anderswohin. Die vielen Druckfehler ehren nicht das Handwerk! Das hübsche Keune- sehe Plakat erschien zu spät an den Säulen, und Herr Bareinscheck von der BAR-Reklame-Ges. m. b. H., der einen der ersten Stände in der Ausstellung belegt hat, würde gewiß auch anderweit Rat ge schafft haben. Es soll damit hier dem Geschäftsführer der Aus stellung, Herrn Kallmann, nicht der Vorwurf der Untätigkeit ge macht werden, eine ziemliche Last ruhte auf seinen Schultern; aber eines Mannes Kräfte reichen da nicht aus, wo nur eine verläß liche Organisation das Gelingen zu verbürgen vermag, wie dies bei Ausstellungen der Fall ist. Daß wir uns noch keines Ueberflusses an Schreib- und Brief papieren erfreuen können, war eine der ersten Beobachtungen, die der Besucher machen konnte. Von den feineren Packungen (Kas setten) sah man nur einige Auswahl an den Ständen Paul Uffel & Co., Leipzig, Leo Bäcker, W 9, F. M. Chelius, Steglitz und der Buchdruckerei A. Menzel, Neukölln; Einla dungs-, Glückwunsch- und Bildpostkarten, Trauerkarten, Wandsprüche, Stellfiguren und Kalenderrückwände bei Hermann Wolff, S. 59; sortierte Karten reihen ,,Blumenreigen“, Poesies mit in Herzform gefalteter Einlage, und andere Neuheiten des Schreibwarenfaches, auch Spielkarten, bei Walter Golze, W 9. Die Briefumschlagfabriken fehlten mit Angebot und überließen das Geschäft den ausstellenden Papier handlungen. Schreibgeiäte waren besser vertiefen, auch Schreibzeuge, z. B. bei Willy Pollmer. S 42, bei Otto Holzmüller, Leipzig (Schreib- zeuge und Tintenfässer in Schwarzglas und Marmor sowie Petschafte in alatlith und Bronze, in Achat, Rosenquarz usw.). Petschafte mit abschraubbaren Metallfüßen, sowie Siegellacken (darunter bunt gestromte) in hübschen Verkaufsaufmachungen (,, Rhein kiesel“) für Damen bei Julius Clarenbach, W 50, wo auch eine praktische Siegellampe (Brennspiritus) gezeigt wurde. Die Chemische Fabrik für Tinten, Klebstoffe, Siegellacke, Farbbänder, Hekto-' graphenmasse, Stempelkissen usw. von Reinh. Tetzer, SO 33, bot in ihren großen Schau schränken und Auslagen ihre Erzeugnisse in den bekannten Größenabstufungen der Flaschen und Packungen dar, wie sie sich für den Einzelhandel so bequem und vorteilhaft erweisen. Das Kliowerk G. m. b. H., Hennef a. d. Sieg bot außer anderen praktischen Gegenständen des Geschäftsbedarfes nament lich seine Erzeugnisse in Sicherheits- Füllfederhaltern, Goldfedern und anderen Schreibgeräten an. Reißzeuge und Zeicheninstrumente (Vaya-Fabrikate) heute im Preise schon sehr erheblich herabgesetzt, waren an den Ständen der Friesa G. m. b. H., SW 68, in billigen Zusammenstellungen für Schulen, für Fortbildungsschulen und in bester Präzisionsarbeit für technische Büros in reicher Auswahl vertreten; auch Meßwerk zeuge, Lineale u. dergl. Ein Stahllineal mit Löschblatt-Fütterung führte neben ihrem Dreischlitz-Schützer für Bleistifte, welcher Artikel bisher großen Absatz fand, die Fabrik geschützter Schreib waren E. Gäbriel, Wernigerode (Harz) vor; die billige Gabriel- Patrone, ein Schreibstift, der immer gebrauchsfertig ist, wenn er ins Wasser getaucht wird, ersetzt manchem den teuren Füllfeder halter. In Gesellschafts- und Unterhaltungsspielen, wie sie in den Papiergeschäften geführt werden, bot die Firma Staub & Co., S 42, reiche Auswahl, teils in Holz, teils in Pappe gefertigter Ausführungen. Recht ansprechende Verkaufsgegenstände boten die Karla- Werkstätten, Karl Laudenbach, München, Orfstr. 21, z. B. Feder kasten, Schatullen, Belehrungsspiele, Fenster- und Wandschmuck mit bunten, unter künstlerischer Mithilfe entstandenen Malereien. Gerahmte Bilder und Kleinkunst boten ferner die Stände von Chelius, Steglitz und Flohr & Cie., diese Firma sowie die Firma Wilhelm Pannkoke, S 42, vertraten im weiteren die Rahmenindustrie mit fertigen, mit zusammensetzbaren und mit auswechselbaren Rahmungen; bei Pannkoke war auch eine Maschine ausgestellt, mit welcher Kreise und Ovale aus Pappen ausgeschnitten werden können, wie überhaupt aller zur Bilderrahmung nötiger Bedarf, Kleister, gummiertes Papier, Oesen, Anhänger usw. hier zu haben ist. — Hübsche, gefällig gerahmte Buntbilder sah man ferner bei Stephan & Maedel, S 42, welches Haus im besonderen mit feinen Lederwaren, Poesies, Notes, Pa pierkörben u. dgl. gut vertreten war. Die Papier- waren-Großhandlung von Max Trupke & Co., NO 43, bot reiche Musterauswahl in Küchenkanten und die Firma Paul Drechsler, SW 68, vielerlei Gegenstände zur Schaufensterausgestaltung; auch Postkartenständer, Halter für Noten, Zeitschriften, Kunstblätter, die sich kettenartig aneinander reihen lassen. An Bürobedarf waren es namentlich die Schnellordner, die angeboten wurden, weil sich solche auch beim Publikum zur Ordnung der Zeitschriften, Noten, Schnittmuster, Briefschaften usw. im Haushalt und auf dem Privatschreibtisch immer mehr einführen und im Einzelhandel verlangt werden. Zu den an dieser Stelle be reits ausführlich beschriebenen und bewährten Marken „Schukir", der Schukir G. m. b. H., Stettin, und „Schub" von Paul Beil & Co., C 2, gesellte sich die „Neuko“-Mechanik der Neuko-Büroartikel G. m. b. H., W 50, Augsburger Str. 62. Ohne die übliche Stärke der Schnellhefter zu überschreiten, ersetzt diese Mechanik in ihrer Zuverlässigkeit fast die Hebel Ordnermechanik; über zwei feststehende Eisenstifte werden die Schriftstücke, ohne daß vorherige Lochung nötig wäre, gezogen, und durch zwei Spiralfedern werden die Spitzen gestöpselt und damit die Ringheftung geschlossen, die buchartiges Blättern gestattet; die Mechanik läßt sich in jeder Mappe einfügen. Die Spezialfabrik für Bürobedarf Julius Borchardt, O 27, legte in reicher Auswahl aus: Akten- und Schnellhefter, Vorordnermappen, Formular kästen, Jubeo-Karteien in verschiedenster Größe und den mit doppelseitiger Verwendung ausnutzbaren Karten, Sammel kästen, Briefkörbe usw.; auch ein Notizblock auf Holzplatte mit dem Steckkalender dürfte sich wegen langer praktischer Verwend barkeit gut einführen. Schnellheftermappen und vielerlei anderer Bürobedarf war ferner bemustert von Willy Pollmer, S 42, wo auch zweckmäßige Stuhlsitze Beachtung fanden. Der Handelspraktische Verlag von Goldfeder & Meyerheim, NO 43, führte die Vorzüge seiner vereinfachten, für den kleinen Geschäftsmann wie für den Haushalt ausgearbeiteten Buchführungs weisen in übersichtlichen und belehrenden Darstellungen vor und erläuterte die praktischen Einrichtungen und den Gebrauch dieser Bücher in überzeugender Weise. Auf die neue an der Berliner Han delshochschule geprüfte Uebersichtsbuchführung wird an anderer Stelle eingegangen werden; weitere bewährte Systeme sind das Deutsche Tagebuch, das Majordomus-Buch und das Hauptbuch mit unbeschränkten Konten. — Büromaschinen waren hier, da sie außer dem Programm der Schau lagen, nicht vertreten; nur das bemerkenswerte System der A. E. G.-Schreibmaschine wurde vor geführt. Günstig für die Ausstellung war auch die Beteiligung der Firma Julius Pintsch A.-G., O 17, deren lichtvoller Stand die Umgebung hob. Vorgeführt wurde die zu mannigfachen Zwecken verwendbare neue stromschwache Glimmlampe; sie dient da zur Beleuchtung, wo eine geringe Lichtquelle genügt, ferner dient sie zur Kontrolle darüber, ob alle Leitungen nach Betriebsschluß aus geschaltet sind und nicht unnütz Strom verloren geht. Dann aber können die je mit einem Buchstaben versehenen Lampen auch in Reihen gesteckt werden, und so Worte bilden, also auf billige aber wirksame Weise zur Lichtreklame verwendet werden. Alles in allem: ein Besuch der ersten fachlichen Schaustellung nach langen trüben Jahren konnte den jüngeren Fachgenossen in vielem Betracht die Kenntnisse erweitern; daß nur wenige die Gelegenheit wahrnahmen, ist nicht Schuld der Veranstalter; es liegt über unsern Tagen bleiern eine Gleichgültigkeit, gegen welche Berufsidealismus noch kaum aufzukommen vermag; die Geschäfts leute sollten sich gegenseitig keine Enttäuschungen mehr bereiten, dann wirds wieder festeres Zutrauen geben! Möge die bevorstehende Meßschau in Leipzig unter diesem Zeichen besser abschneiden als der leider mit Unzulänglichkeiten unternommene, wenn auch gut gemeinte Berliner Versuch, vk.