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2242 PAPIER-ZEITUNG Nr. 63/1920 werden in der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, Leipzig vom 20. Oktober ab ausgestellt und danach von einem Preis gericht, das zusammengesetzt ist aus je einem Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Chemigraphie-, Kupfer- und Lichtdruckgewerbes unter dem Vorsitz von Herrn Fritz Goetz, Professor an der Akademie für Buchgewerbe und Graphik, Leipzig, geprüft. Das Tarifamt für das Deutsche chemigraphische, Kupfer- und Lichtdruckgewerbe hat mit Unterstützung der beteiligten Organi sationen für die drei besten Arbeiten Preise in Höhe von 500, 300 und 200 M. ausgesetzt, behält sich aber außerdem den Ankauf weiterer Entwürfe zu einem mit dem Anfertiger zu vereinbarenden Preise vor. Berlin, den 29. Juli 1920 Albert Frisch, Albert Hehr, Prinzipalsvorsitzender Gehilfen vorsitzender Rich. Röhler, Geschäftsführer Tagespreis = Konventionspreis? Die Erwiderungen des Herrn R. Meyer, Vorsitzenden des Ver bandes Deutscher Wellpappfabriken, und ihres rechtskundigen Mit arbeiters auf meine Ausführungen in Nr. 59 der Papier-Zeitung ver mögen meinen Standpunkt nicht zu ändern, da dieser ausschließ lich auf Tatsachen beruht. Auch die Ausführungen des Herrn Papier-Schneege in Nr. 58 wären anzuerkennen, wenn wirklich die Konventionspreise so aufgebaut worden wären, wie es früher Fachvereinigungen gehandhabt hätten. Wenn es der Regierung gelungen wäre, das Loch im Westen früher zu verschließen und dem Schiebertum den Garaus zu machen, hätten die Preise niemals die letzte Höhe erreicht. Der Verarbeiter von Papier und Pappe hatte und konnte auch gegen solche nichts einwenden, da er sonst keine Ware erhalten konnte und ihm der Verkauf trotz der hohen Einkaufspreise infolge des noch nie dagewesenen Warenhungers möglich war. Diese Tatsache mußten sich die zu Konventionen zusammengeschlossenen Fabriken vor Augen halten und durften bei Eintritt der Wirtschaftskrisis nicht mehr zu den seitherigen Preisen verkaufen, denn die Voraussetzung fehlte, die es ihnen ermöglicht hat, solche wie seither zu stellen. Es war daher auch sehr zu begrüßen, als die Papier-Zeitung am Anfang dieser Artikelserie den wohlmeinenden Rat gab, auf beiden Seiten Konzessionen zu machen, um Prozesse zu vermeiden und die Krisis auf diese Weise zu überwinden. Dieser Rat ist jedoch von Seiten der Hersteller nicht befolgt worden, Sondern es beliebte ihnen, den angenommenen Herrenstandpunkt, der auf der Hauptversammlung der Pappen fabrikanten in Heidelberg soherrliehe Blüten zeitigte, beizubehalten. Wie das Reichsgericht in diesen Angelegenheiten entscheiden wird, kann wohl niemand bestimmen, denn weder das bürgerliche wie das Handelsgesetzbuch hat bei seinem Zustandekommen Aus wüchse im Geschäftsleben gekannt, wie sie in den letzten Monaten zutage getreten sind. Die Bedingungen waren derart, daß selbst das neutrale Ausland das Vertrauen zu verlieren schien. Als besonders drastischer Fall mag noch das Gesuch einer deutschen Strohpappenfabrik an die Außenhandelsstelle für das Papierfach erwähnt werden, worin diese Fabrik um Ausfuhr er sucht und mitteilt, daß sie Stroh pappen zu 243 M. die 100 kg frei Rotterdam liefern kann und zu diesem Preis nichts zu verlieren braucht, indem es besser sei, weniger zu verdienen, als die Fabrik zu schließen. Der Konventionspreis ist 345 M., also rund 100 M. höher. Der Fall dürfte auch Herrn Meyer bekannt sein. Er ist mir übrigens die Antwort darauf schuldig geblieben, ob er es als korrekte Hand lungsweisebezeichnet, wenn Wellpapierfabriken in den Fachzeitungen Wellpappe für die Kartonnagenfabrikation anbieten und dann den Schachtelverbrauchern direkt derart billige Angebote stellen, daß zwischen dem Schachtelpreis für den Verbraucher und Pappenpreis für den Kartonnagenfabrikanten kein Unterschied besteht. Auch dürfte es Interessenten nutzbringend sein, zu erfahren, warum bei der letzten Preiserhöhung zweiseitig beklebte Wellpappe um 100 v.H., einseitig beklebte um nur 50 v. H. erhöht wurde. Alexander Kann Wiedereinführung des Skontos Zu Nr. 60 Seite 2130 Wer mit am Wiederaufbau helfen will, sollte stets strikte Be zahlung befürworten. Es sind jetzt in Handel und Industrie soviel untüchtige Elemente, die — wenn wir deren Wünsche erfüllen sollten — unser ganzes Kreditverhältnis auf die unterste Stufe der Ordnung herabdrücken würden. Hier Ware, hier Geld, ist meines Erachtens das allergesundeste. Borgen macht Sorgen. In dem Sinne sollten alle ganz ernstlich mitwirken. Gummieranstalt Beschaffenheit von Rohdachpappe Ich habe von einer Papierfabrik einen Wagen Rohpappe nach den beiliegenden Mustern A 1 und A 2 gekauft. Die eingetroffene Sendung weicht wesentlich von dem Muster ab, wie die Muster B 1 und B 2 zeigen. Die Pappe wird in meinem Betrieb zu Dachpappe weiter verarbeitet und muß daher sehr saugfähig sein, was nach meiner Ansicht bei der geliefertenWare nicht der Fall ist. Ich kann die Pappe infolgedessen nicht für den ursprünglichen Zweck ge brauchen, sondern müßte diese für eine minderwertige Qualität aufarbeiten. Kann die liefernde Fabrik im vorliegenden Fall für den entstehenden Schaden verantwortlich gemacht werden, oder was ist zu tun ? Dachpappenjabrik Die gesandten Proben ließen wir von sachverständiger Seit prüfen; Ergebnis und Beurteilung des Falles wird uns in Folgendem mitgeteilt: Es werden vorgelegt Angebotsmuster A 1 und A 2 einer 160 er bezw. 95 er holzhaltigen, stark beschwerten Pappe, die als Roh pappe angeboten ist. Festzustellen war, ob die gleichfalls vorge legten Lieferungsmuster B 1 und B 2 dem Angebot entsprechen. Die Untersuchung erstreckte sich in erster Linie auf Fest stellung der Saugfähigkeit sowie der Bruchlast, und die Tabelle zeigt, Muster 1 I Bruchlas II t Durch schnitt Gewicht pro qm Aufnah mefähig keit Bemer kungen A 1 5,1 kg 5,3 kg 5,2 kg 320 g 83 v. H. Reißgewicht längs B 1 4,7 „ 4,9 „ 4,8 „ 300 „ 79 „ „ >> A 2 3,2 „ 3,2 „ 3,2 „ 520 „ 70 „ „ Reißgewicht quer B 2 2,8 ,, 3,1 „ 2,95 „ 520 ,, 70 „ „ »• daß die von dem Materialprüfungsamt mit 120 v. H. festgelegte Auf nahmefähigkeit von Anthrazenöl weder bei den Angebots- noch bei den Lieferungsmustern auch nur annähernd erreicht ist. Es geht daraus ohne weiteres hervor, daß das Fabrikat schon aus diesem Grunde nicht als Rohpappe anzusprechen ist. — Gegen die Normen für Rohdachpappe verstoßen die Fabrikate weiter noch besonders durch den reichlichen Zusatz von mineralischen Füllstoffen, sowie überhaupt durch ihre ganze Stoffzusammensetzung . Sollte'HiFPapier fabrik dieses Fabrikat ausdrücklich als Rohpappe verkauft haben, so wäre sie verpflichtet — da die Normalien in keinem Falle erreicht sind — die gesamte Sendung zurückzunehmen. Da jedoch die Dachpapenfabrik Angebotsmuster erhalten hat und daraufhin, trotz der ohne weiteres erkennbaren Ungeeignetheit des Fabrikats eine Bestellung aufgab, ist der Papierfabrik, da der Ausfall dem An gebot entspricht, keine Schuld zuzuschieben und muß die Dach- pappenfabrik den Schaden selbst tragen, da sie anstatt der hoch wertigen Lumpenrohpappe diese in jeder Beziehung für Dachpappe ungeeignete und minderwertige Qualität gekauft hat. Gehaltsforderunsen der Arbeitswilligen Gewerbegerichts-Entscheidung Die Arbeiter einer sächsischen Firma traten am 15. April 1920 in den Streik. Es bildete sich eine kleine Gruppe von Arbeitswilligen, die sich der Firma gegenüber bereit erklärten, die Arbeit fortzu setzen. Es war diesen Arbeitern jedoch nicht möglich, die Arbeit aufzunehmen, denn die Streikenden hatten Streikposten aufgestellt, die den Arbeitswilligen den Eintritt in die Arbeitsräume verweigerten. Infolge ihrer Bereitwilligkeit, die Arbeit fortzusetzen, glaubten nun die Arbeitswilligen Anspruch auf Bezahlung der Streiktage zu haben. Sie machten geltend, daß schon die Bereitwilligkeitserklärung zur Arbeit den Arbeitgeber zur Bezahlung des entgangenen Lohnes verpflichte. Die Firma bestritt ihre Zahlungspflicht, und die Arbeits willigen erhoben Klage, mit der sie vom Gewerbegericht unter folgender Begründung abgewiesen wurden: „Das Recht der Arbeit nehmer, zur Erzwingung besserer Lohnverhältnisse in den Ausstand zu treten, ist unbestritten. Die Kläger können aber für den Lohn ausfall nicht die Beklagte (die Firma) in Anspruch nehmen, da nicht diese es ihnen unmöglich gemacht hat, zu arbeiten, sondern Dritte. Durch das Stellen von Streikposten, durch Ausübung oder in Aus sichtstellung von Terror sind die Kläger nicht in der Lage gewesen, die angebotenen Dienste zur Ausführung zu bringen. Das ist aber ein Umstand, den die Beklagte nicht zu vertreten hat. Die Kläger können sich nach Auffassung des Gerichts lediglich an diejenigen halten, die sie an der Ausübung der Arbeit gebindert haben; dies um so mehr, als die Organisation, der die Arbeiter der Beklagten angehören, ausdrücklich den Streik, wie die Kläger in der Verhand lung erklärt haben, mißbilligt hat. Es fehlt sonach zwischen dem Schaden, den die Kläger erlitten haben, und der Handlung der Beklagten jeder Kausalzusammenhang.