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89. Jahrgang F247 P- Preis vierteljährlich" 2 Mark 2b Pf., SüNLllÜeNÄ 23 tlich IM. SO Pf. und einmonatlich 7b Ps. ziveimonatlich I M. lanntm 7t» 7» 7« 71» Heim- Dank eid. »<«. i Nach- s statt.. Nachm. Wunsch :d nach seinem Vater, »e«. ssävm ladet ir. 38. »«. -rx, itschlief i unser wieger- lenbett- -rz hat if nach Abends c Frau sch ged- . 4 Uhr ich und bestattet dankend ten ilie. Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. '/,6 Uhr für den andern Ta< " " ' " "" cister, t, hier- Rachbeftellunge« «f die Monate November und Dezember Werden zum Preise von 1 Mik. 50 Pf. von alle« kaiserlichen Postanstalten sowie von de« be kannte« Ausgabestelle« u«d der unterzeichnete« Expedition angenommen. Expedition des Freiberger Anzeiger. Tagesschau. Freiberg, den 22. Oktober. Bei seiner gestern früh 8 Uhr 35 Minuten erfolgte« Ankunft in Berlm trug der deutsche Kaiser den großen grauen Militärmantel und sah verhältnißmäßig frisch auS, wenngleich von dem Unwohlsein der letzten Tage alle Spuren noch nicht verwischt zu sein schiene». Als das Publikum de« Kaiser erblickte, brach eS in lange, nicht enden wollende Hochs auS, für die der hohe Herr mit herzgewinnender Freundlichkeit dankte. Mit den zum Empfange erschienenen Herren wechselte der Kaiser auf dem Perron einzelne Worte und fuhr dann in offener Equipage mit dem Flügeladjutanten, Oberstlieutenant von Brocsigke unter den jubelnden Hoch- und Hurrahrufen des zahlreich auf dem Bahnhofe und in den Straßen ver sammelten Publikums nach dem kaiserlichen PalaiS, woselbst im Laufe des Tages die in Berlin und in Potsdam an wesenden Mitglieder der königlichen Familie ihre Besuche ab statteten. Bald nach seiner Ankunft empfing der Kaiser den Kriegsminister Generallieutenant Bronsart von Schellendorff, nahm den Vortrag des Hausmarschalls Grafen Perponchcr und die persönliche Meldung des neuernannten Gouverneurs von Berlin, General von Werder, entgegen und ertheilte dem Generalintendanten der königlichen Schauspiele Grafen Hoch berg eine Audienz. Nachmittags hatte der Kaiser eine Konferenz mit dem Staatssekretär Grasen Herbert BiSmarck. — Dem geschästsführenden Ausschuß des Komitees zur Errichtung eines Luther-Denkmals in Berlin bewilligte der Kaiser zu den Kosten des Denkmals ein Gnadengeschenk im Betrage von 50000 Mk. — Der eine größere Selbständigkeit der Kirche in Preußm anstrebende Antrag deS Herrn von Kleist-Retzow wird von den katholischen Blättern sehr ungünstig beurtheilt. Die „Germania" meint, der Gesetzentwurf verlange zwar auch für die katholische Kirche eine finanzielle Sicherstellung aus Staatsmitteln, allein es dürfe dabei nicht übersehen werden, „daß der Fortschritt im Vergleich mit dem bisherigen Stande der Staatszahlungen an die Kirchen für die protestantische Kirche ein unvergleichlich größerer sein würde, als der Fort schritt für die katholische Kirche". Der „Wests. Merkur" findet es seltsam, daß gleichzeitig mit der gegen das Zentrum gerichteten Kundgebung der „Konservativen Korrespondenz" die „Neue Preuß. Ztg." einen Gesetzentwurf veröffentlicht, welchen Herr von Kleist-Retzow mit seinen Freunden behufs Ausführung des Antrags Hammerstein ausgearbeitet hat. Das sei doch sicher ein Unternehmen, welches ohne die Unterstützung des Zentrums nicht die geringsten Aussichten habe. Die preußischen Regierungsblätter halten mit ihrem Urthcil noch zurück, doch geben die „Berl. Pol. Nachrichten", in welchen man die Auf fassungen des Finanzministers von Scholz zu finden gewohnt ist, bereits zu bedenken, daß nach dem Entwürfe das Ausgabe budget eine Mehrbelastung von 5 237 000 Mark jährlich zu erwarten haben würde, was sehr bedenklich erscheint. „Das ist erheblich mehr als eine Monatsrate der Einkommen- und Klassen steuer, nahezu das, was zwei Monatsraten der Einkommensteuer nach Abzug der Erhebungs- rc. Kosten abwerfen und mehr als 25 Proz. dessen, was durch die lax Huene den Kreisen über wiesen ist." — Die sozialdemokratische Fraktion des deutschen Reichstages erläßt eine Erklärung, wonach sich dieselbe durch die bekannte reichsgerichtliche Entscheidung ver anlaßt fühlte, zu beschließen: 1) den Charakter des „Sozial demokrat" als osfizielles Organ der sozialdemokratischen Partei auszuheben, 2) die Vollmachten, die seiner Zeit die Eigen- lhiimer des Blattes der jeweiligen sozialdemokratischen Fraktion aes Reichstages einräumten, in deren Hände zurückzugeben. Zur Buchdrucker-Beweguug veröffentlicht der Vor- Die Eröffnung der bulgarischen Nationalversammlung. Je näher der Tag der Eröffnung der großen Sobranje in Tirnowa heranrückt, desto mehr erweist sich das Auftreten des Generals Kaulbars als das Haupthinderniß für eine allen Theilen gleich erwünschte Verständigung. Vor der Ankunst dieses Vertreters des Zaren war eine Versöhnung zwischen Rußland und Bulgarien außerordentlich leicht, well die ehe maligen Anhänger des Fürsten Alexander, durch die mora lische Unterstützung, welche Deutschland der russischen Re gierung gewährte, kleinmüthig gemacht, nichts weiter er strebten als günstige Bedingungen für ihre Uebergabe. Hätte Kaulbars die bulgarischen Rearerunasmänner- nicht als un- und TagMM. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur: Iuliu- Brauu in Freiberg. General Kaulbars gleichzeitig als Diktator und als Agitator auf und versuchte wiederholt die in bulgarischen Diensten stehen den Offiziere gegen ihre Regierung auszuwiegeln. Wie durch eine Meldung der „Agence Havas" bekannt worden ist, richtete der russische General von Rustschuk aus an die bulgarische Regierung eine Note, in welcher er über das Vorgehen bulgarischer Behörden gegen in Bulgarien wohn hafte russische Unterthanen Beschwerde erhob. In dieser Note rügte Kaulbars die schlechte Behandlung und die Ver haftung zahlreicher Personen in verschiedenen Ortschaften, denen man es als Verbrechen anrechnete, ihn besucht zu haben. Um diese Personen gegen ein derartiges Vorgehen in Schutz zu nehmen, habe er insbesondere in Rustschuk zur Repatriirung mehrerer russischer Unteroffiziere schreiten müssen, welche in bulgarischen Diensten geblieben waren. Der General betonie in der erwähnten Note, daß, wenn solche Thatsackcn sich wiederholen sollten, sie die schwersten Folgen nach sich ziehen würden. Aus dem ganzen Ver halten des Generals, sowie besonders aus dem drohenden Schluß seines Schreibens geht deutlich hervor, daß sich derselbe keineswegs als ein bloßer diplomatischer Agent Rußlands betrachtet. Trotz aller gegentheiliger Versiche rungen scheint Kaulbars als russischer Kommissar im Sinne des Artikels 6 des Berliner Vertrages nach Bulgarien ge schickt worden zu sein. Ohne solche Vollmachten konnte er es unmöglich wagen, frühere russische Unteroffiziere, die noch in bulgarischen Diensten geblieben waren, eigenmächtig nach Rußland zurückzusenden. Noch weniger konnte er sich Drohungen erlauben, deren Verwirklichung bei der jetzigen Sachlage die ärgsten Verwickelungen herbeiführen würde, die außerdem mit den friedlichen Aeußerungen der Peters burger Regierungspresse im schroffsten Widerspruche stehen. Die Abfahrt einzelner russischer Offiziere und Unter- osfizierc kommt der bulgarischen Regentschaft vielleicht sehr gelegen; sie möchte sehr gern die übrigen noch Zurück gebliebenen ebenfalls nach Rußland zurücksenden. Gerade >m bulgarischen Heere herrscht die größte Abneigung gegen die russischen Vorgesetzten und eine wahre Furcht vor einer russischen Oberherrschaft und einer damit sicher ver bundenen Armee-Reorganisation. Fürst Alexander war aczwungen, bei dem Ausbruch des Krieges zu Offizieren Mite zu ernennen, die keine Prüfungen bestanden, kaum die Ausbildung von Korporalen besaßen und unter einer russischen Heeresleitung erst nach einigen Jahren Offiziere geworden wären. Diese aus allen bulgarischen Gesellschafts kreisen entnommenen Offiziere, von denen mehrere sogar den Hauptmannsrang erwarben, bestanden sämmtlich im serbischen Kriege die Feuerprobe recht rühmlich. Wohl wissend, daß sie trotzdem im Falle einer russischen Heeres leitung sofort ihren Rang einbüßen würden, sind sie der jetzigen bulgarischen Regentschaft mit Leib und Seele er geben und äußern bei jeder Gelegenheit öffentlich, es bei einer russischen Okkupation zu einem blutigen Zusammen stöße kommen lassen zu wollen. Der von ihnen sehr ver ehrte bulgarische Kriegsminister Nikolajew läßt es gegen die durch Kaulbars aufgehetzten Offiziere russischer Abkunft nicht an Energie fehlen. Der Kommandant von Rustschuk, Major Filow, der sich zu weit mit Kaulbars eingelassen hatte, wurde in Disponibilität versetzt und zu zehntägiger Haft verurtheilt. Da Filow im Vertrauen auf russische Unterstützung ihm darauf sagen ließ, er nehme die Strafe nicht an, da eS ihm als älteren Offizier vielmehr zustehe, den Kriegsminister zur Rechenschaft zu ziehen, ließ Nikolajew den Meuterer sofort durch den Kommandeur des in Rustschuk garnisonirenden bulgarischen Regiments festnehmen. Die militärischen Haupturheber deS an dem Fürsten Alexander verübten Attentats sind bis heute noch nicht freigelassen, was von russischer Seite um so unberechtigter gefunden wird, als diese meuterischen Offiziere in der am 24. August d.J. würde zwar bei den von Rußland angebotenen Bürgschaften auf kein Hinderniß bei Deutschland und Oesterreich-Ungarn toßen, aber General Kaulbars hoffe bestimmt, daß die Nachgiebigkeit der bulgarischen Regierung diesen äußersten Schritt überflüssig machen werde. Worauf sich diese Hoff nung gründet, ist unbekannt. An eine russische Okkupation glaubt in Bulgarien Niemand mehr; vielmehr erwartet nan dort eine friedliche Regelung in der Weise, daß sich Rußland mit einem Ministerwechsel in Sofia zufrieden giebt und dafür die Rechtsgiltigkeit der Sobranje anerkennt,' >eren Fürstenwahl, unabhängig von allen Parteiverhältnissen, ich einfach nach den Vorschriften der gesammten Traktat mächte richten wird. Das konnte der Zar aber auch ohne das barsche Auftreten deS Generals KaulbarS und ohne jene allgemeine Beunruhigung erreichen, welche durch einen starken Kourssturz der russischen Papiere Rußland selbst den größten Schaden verursachte. Sobranje?" Trotz dieser in Sofia allgemein getheilten Anschauung verlangte eine von Gadban Effendi überreichte Note der türkischen Regierung die Vertagung der Sobranje und be gründete dieses unverkennbar im Interesse und Auftrag des Petersburger Kabinets gestellte Verlangen damit, daß die Sobranje doch erfolglos bleiben müsse, weil Rußland die Rechtmäßigkeit der Wahlen bestreite und die Mächte sich noch nicht über einen Kandidaten für den bulgarischen Thron geeinigt hätten. Trotzdem reisen die bulgarischen Regenten und Minister schon Ende dieser Woche sämmtlich nach Tirnowa und überlassen inzwischen die Leitung der Geschäfte in Sofia ihren Generalsekretären. Alle Vertreter der fremden Regierungen, mil Ausnahme der Agenten Rußlands und der Pforte, versprachen der Eröffnung der Sobranje in Tirnowa beizuwohnen. Dagegen erhielt General Kaulbars von Petersburg aus die Weisung, sofort nach Sofia zurück zukehren, wahrscheinlich aber auch gleichzeitig diejenige, dort gelindere Saiten aufzuspannen. Einen höchst eigcnthümlicheu Eindruck gewährt die der „Agence Havas" von russischer Seite gewordene Mittheilung, eine Okkupation Bulgariens tisch und gesellschaftlich zulässiger Form mit der bulgari schen Regierung in's Einvernehmen gesetzt, so erreichte Rußland ohne Mühe und Noth, was es mit Zustimmung der Mächte überhaupt erreichen kann. Statt dessen trat von Stambulow in Tirnowa erlassenen und von dem Fürsten Alexander in Lemberg genehmigten Amnestie von der allgemeinen Begnadigung der an dem Staatsstreiche Bctheiliaten nicht ausgeschlossen sind. In Vieser Beziehung würde Kaulbars seine Forderungen leicht durchgesetzt haben, wenn Rußland nicht mit Zähigkeit dabei beharrte, der jetzigen Regentschaft die gesetzliche Be rechtigung abzusprechen und ebenso die Berufung der großen Sobranje anzufechtcn. Wiederholt wurde von russischer gesetzliche Eindringlinge behandelt, sondern sich in diploma- Seite behauptet, die Einstimmigkeit bei den letzten Wahlen sei nur dadurch erzielt worden, daß sich die schwerbedrohten Freunde Rußlands der Wahl enthalten mußten. Lasse sich die Gesetzmäßigkeit der Wahlen nothdürftig aus dem Wort laut der bulgarischen Verfassung beweisen, so spreche der letztere doch klar gegen die Legalität der Regentschaft, die verfassungsmäßig nur aus gewesenen Ministern gebildet werden dürfte, was weder bei dem Bulgaren Stambulow noch bei dem Ostrumelier Mutkurow zutrifft. Auf die Note, wonach Rußland erklärte, daß vom 1. Oktober a. St. angesange» jede den russischen Rathschlägen nicht ent sprechende Handlung von der russischen Regierung als un gesetzlich betrachtet werde, erwiderten die bulgarischen Minister schlagfertig, daß sie in allen Handlungen nach wie vor im Sinne der Verfassung und Gesetze vorzugeben ge dächten, aus der erwähnten russischen Note aber folgern müßten, daß Rußland die vor dem 1. Oktober a. St. stattgehabten Wahlen nunmehr anerkenne. Im Grunde ist das Gebühren der russischen Staatsmänner dabei fast unbegreiflich, da die Anerkennung der doch nur vorläufigen bulgarischen Regierung, deren Mandat und Einfluß sofort nach der Wahl des neuen Fürsten erlischt, ihnen gar keinen Schaden bringen kann. Eine Wiederwahl des Fürsten Alexander liegt durchaus nicht in der Absicht der Bulgaren, würde auch nach den bündigsten Zusicherungen der Groß mächte von den letzteren gar nicht geduldet werden. Mehrere einflußreiche Bulgaren sagten deshalb zu dem General Kaulbars: „Die Fürstenwahl ist bei uns eigentlich nur eine leere Formalität. Nicht wir wählen uns unsern Herrscher, sondern Europa zwingt uns eine von ihm aus ersehene Persönlichkeit auf. Mögen welche Deputirte immer in die Sobranje entsendet werden, mag die letztere in einem oder in zwei Monaten stattfinden, aus den Wahlurnen der Nationalversammlung wird jedenfalls der Kandidat der Großmächte hervorgehen. Welchen Zweck hätte somit der Aufschub der Wahlen und des Zusammentrittes der r.L.a, »g im ereinS- gliedrr eradrn Her. >»«1W rsdreu °It. °R. Seiten, d franz, ethove wie die imtlicher neueren Inserate werden bis Vormittag 11 Ubr angenom- men und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle H FHUWV. oder deren Raum 15 Pf.