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l Ukr angenom- H gespaltene Zeile 1808. - oder deren Raum IS Inserate werden bis Vormittag ll Ubr angenom men und beträgt der Preis sür die ' " SS. Iahr,«»^ Sonntag, St« 31. Ottoder. reibeMFiiM^ und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und stiidtifchen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur: Juli«« Braun in Freiberg. Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. V-6Uhr für den «0 . andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2S Ps., vT«:» zweimonatlich 1 M. SO Pf. und einmonatlich 7S Pf. " . ° Nachbeftell«nge« «ms die Monate November und Dezember »erde« znm Preise von 1 Mik. 5« Ps. von alle« kaiserlichen Poftanstalten sowie von den be- kamrten Ausgabestelle« und der unterzeichnete« Expedition angenommen. Expedition des Freiberger Anzeiger. Die Woche. Alljährlich mahnt der Reformationstag das deutsche Volk an eine ewig denkwürdige muthige That eines un vergeßlichen gesinnungsvollen deutschen Mannes, der an diesem Tage unerschrockenen Muthes dem von ihm als verwerflich erkannten Ablaßhandel scharf entgegentrat und von da ab, immer weiter getrieben, mit den Waffen des Wortes und des Geistes erfolgreich den Kampf wieder ausnahm, in welchem einst die Hohenstaufen-Kaiser unter gegangen waren, den Kampf wider Rom. Zunächst wirkte die Reformation zwar trennend und brachte dem deutschen Reiche eine lange Zersplitterung, aber sie trug doch schon in ihrem Schooße auch den Keim einer anderen neuen Einigung, der freilich, erst nach Jahrhunderten aufgehen sollte. Unserer Zeit war es vergönnt, durch das protestan tische deutsche Kaiserthum die Saat der von fremden Ein flüssen sreien neuen deutschen Eintracht herrlich aufgehen zu sehen und deshalb erfüllt der heutige Tag jeden guten Deutschen mit hoher Freude, denn er darf sich als Zeuge der Erreichung dessen fühlen, was den besten Männern der Reformationszeit, den wackeren Kämpfern gegen die Dunkel männer noch als fernes heißersehntes Ideal vorschwebte. Was bei dem napoleonischen Kaiserthum nur eine leere Phrase war, das darf von dem deutschen Kaiserthum als Wahrheit gelten: es ist der Friede! Der höchste protestan tische Bischof in seinem Lande, hegte Kaiser Wilhelm dennoch keinen ihm mehr qm Herzen liegenden Wunsch als den auf richtigsten Frieden mit der römischen Kurie, um eine lang jährige Gewissensnoth seiner zahlreichen katholischen Unter- thanen zu beseitigen. Durch das Entgegenkommen des jetzigen Papstes ist dies zum größten Theil schon geschehen und rastlos verhandelt der preußische Gesandte v. Schlözer weiter im Vatikan, um den angebahnten Ausgleich zu vollenden. In ähnlicher Weise bekundete der Kaiser Wilhelm seine friedselige Gesinnung auf politischem Gebiete gegen Frankreich, aber hier wie dort gilt es, die Ruhe nicht allzutheuer zu erkaufen. Obgleich die deutschen Blätter voll sind des Lobes für die friedensfreundliche Ansprache, welche der neue französische Botschafter Jules Herbette bei seiner Antritlsaudienz an den Kaiser Wilhelm richtete, obgleich dieselben das ganze Auftreten des französischen Diplomaten in günstigster Weise beurtheilen, verheißen sie dem letzteren in Bezug auf seine angebliche Haupt mission dennoch sehr geringe Erfolge. Wenn Herbette wirklich den Austrag hat, in Berlin eine Lösung des egyptischen Problems anzuregen, dann ist ihm aller dings eine sehr undankbare Aufgabe zugefallen. In den deutschen Regierungskreisen obwaltet nicht die geringste Neigung, für ein vielleicht vorübergehendes freundliches Verhalten des Pariser Kabinets England durch Unter stützung der französischen Forderung einer baldigen Räu mung Egyptens schwer zu verletzen. Vielmehr läßt die Haltung der dem auswärtigen Amt bekanntlich sehr nahe stehenden „Nordd. Allg. Ztg." keinen Zweifel darüber zu, daß Fürst Bismarck mit der neueren Stellung Englands zur deutschen Kolonialpolitik vollkommen zufrieden ist. Da die „Köln. Ztg." die Aeußerung eines bekannten Afrika forschers ausgenommen hatte, „daß England wahrscheinlich durch allerhand Ränke den deutschen Interessen in Ostafrika entgegenarbeiten werde," beeilte sich die „Nordd. Allg. Ztg.", eine derartige Auffassung der Verhältnisse als durchaus irrig zu erklären und zu versichern, daß Deutschland gegen wärtig durchaus keinen Grund zur Klage über Englands überseeische Politik habe. Die deutschen Erwerbungen in Ostafrika, über deren Grenzen jetzt in London freundliche Verhandlungen statlfinden, werden erst dann vollständig ausge beutet werden können, wenn sie durch eine regelmäßige deutsche Postdampsschifffahrt mit dem Mutlerlande und dem Weltverkehr verbunden werden. Dazu wünscht man vielfach die Erweiterung der Unternehmungen des „Nordd. Lloyd" durch eine vom Reich subventionirte ostafrikanische Postdampferlinie. Trotzdem aber die bisher mit den reich befrachteten deutschen Subventionsdampfern gemachten Er fahrungen alle Erwartungen übertrafen, scheint die Reichs regierung bei der jetzigen Stimmung der Reichstagsmehr heit eine neue Dampfer-Vorlage noch für verfrüht zu halten. Für derartige Unternehmungen bedürfte die Reichs regierung einer ihr günstiger gestimmten Mehrheit der Volksvertretung und wird deshalb neuerdings von den entschieden regierungsfreundlichen Organen eine Umge staltung des Parteiwesen« al« eine dringende Forderung der Zett hingestellt. Die „Konservative Korrespondenz" befürwortet, im Gegensatz zu der an der Freundschaft mit dem Zentrum festhaltenden hochkonservativen „Kreuzzeitungs- Fraktion", eine Verständigung zwischen den Konservativen und den Nationalliberalen zu dem Zwecke, die folgenden Aufgaben zu lösen: 1) die Sicherstellung unseres Heer wesens, 2) die Herbeiführung eines festen Zusammenschlusses gegen die Sozialdemokratie, wozu als unerläßlich - ein werteres Stück positiver Sozialreform gehören würde, endlich 3) die Steuerfragen, speziell eine vorläufige Erledi gung der Frage nach einer angemessenen Branntwein- oder Rohspiritusbesteuerung. Die erwähnte .Korrespondenz" sagt wörtlich: .sie werde sich in ihrer festm Ueberzeugung nicht irre machen lassen, daß hier eine Wahlparole vor liegt, mit der wir, bei geschickter Behandlung der Neben momente, zu dxm besten Reichstag kommm können, den wir jemals gehabt haben." Den Verdiensten des auf Schloß Altenberg dahinge- schiedencn ehemaligen österreichischen Reichskanzlers, Grasen Beust, um den gesammten Kaiserstaat sind die deutsch-österreichischen Blätter in sympathischen Nachrufen durchaus gerecht worden. Die österreichische Kaiserfamilie midmete den Hinterlassenen die huldvollste Theilnahme. Der Wunsch der österreichischen Delegationsmitglieder, daß diesmal, in Anbetracht der in Pest stattgefundenen zahl reichen Cholera- und Blatternerkrankungen, die Delegations- berathungen in Wien stattfinden möchten, blieb unerfüllt. Vielleicht um die gehegten Befürchtungen zu zerstreuen, verlegte das österreichische Kaiserpaar seine Residenz nach der ungarischen Hauptstadt. Das österreichische Abge ordnetenhaus arbeitet inzwischen mit doppelter Dampfkraft, um seine Arbeiten vor dem Beginn der Delegations- berathungen möglichst zu erledigen. Der Antrag aus Regelung des Hausirwesens war bei der Ueberheizung der parlamentarischen Maschine in Wien ziemlich ans- sichtslos. Während das Haus über das Zollbündniß mit Ungarn verhandelte, bericthen die vom Ausgleichsaus- schufst eingesetzten Sub-Komitees über die Bankvorlage und das Zuckersteuer-Gesctz. Es scheint, daß diese Komitees vor der heute eintretenden Vertagung ihre Arbeit beendigt haben. Der Fehlbetrag bei dem ungarischen Staatshaushalt wird für das nächste Jahr auf 57 Millionen, von anderer Seite sogar auf 70 Millionen beziffert. Der Zusammentritt des italienischen Parlaments wurde auf den 17. November festgesetzt und will dann der Minister des Auswärtigen, Graf Robilant, der Kammer sofort Grünbücher über die orientalischen Angelegenheiten und die St eitfrage mit Kolumbien vorlegen. Mit Berück sichtigung der Nothwendigkeit, die italienische Seewehr zu vervollständigen, stellte der Finanzminister Italiens zu diesem Zweck dem Marineminister den in vier Jahresraten von 15 Millionen zu zahlenden Betrag von 60 Millionen Lire zur Verfügung. Zunächst druckten die Pariser Blätter die zwischen dem Kaiser Wilhelm und dem französischen Botschafter Herbette ausgetauschten Reden ab, ohne daran eine einzige Bemerkung zu knüpfen. Offenbar wagten diese Blätter nicht die neue „friedliche Strömung" hervorzuheben, nach dem in Paris noch soeben aus der ganzen Linie die Deutschenhetzer und Revanchehelden das große Wort geführt hatten. Der ministerielle „Temps", dessen friedliche Ge sinnungen bekannt sind, fand zuerst Worte, diese neueste Wendung der auswärtigen Politik Frankreichs freundlich zu begrüßen. Bei der jetzigen diplomatischen Vereinsamung der französischen Politik dürste der dem Botschafter Wad dington ertheilte Auftrag, in London die Bestimmung einer Fritt sür die Räumung Egyptens zu verlangen, sich als unaus- tührbar erweisen. Ja Paris g«ebt man sich aber der Hoff nung hin, durch die jetzt erfolgte Ernennung des neuen Botschafter« in Petersburg, Laboulaye, wenigstens zu Ruß land m freundschaftlichere Beziehungen zu treten. Für die innere Politik Frankreichs ist die mit großer Mehrheit in der Deputirtenkammer erfolgte Annahme des Gesetzentwurfs über den Elementarunterricht von hoher Bedeutung. Die lange Debatte über diese Vorlage, gegen welche die Rechte hartnäckiy kämpfte, war eine sehr lebhafte. Nach dem von den Freisinnigen errungenen Sieg ist künftig in allen Primarschulen der Unterricht nur durch Laien zu ertheileu und damit dem KleruS aller Einfluß auf die Volksschulen genommen. In einer in Bradford stattgehabten Versammlung der englischen konservative« Vereine bestritt der heimgekehrte britische Schatzkanzler Lord Churchill, bei seiner Festlands reise Besprechungen mit auswärtigen Staatsmännern ge habt zu haben. Bezüglich der Orientfragen vertröstete er seine Freunde auf die Erklärungen, welche der Premier minister Salisbury am 9. November bei dem Lord-MajorS- Bankett in der Guildhall zu London abgeben werde; über die Verhältnisse in Irland gab er selbst eine entschieden beruhigende Auskunft. Zu Petersburg fand am letzten Sonntag in Gegen wart derrussischen Zarrnfamilie die feierliche Enthüllung deS Denkmals für die in dem Kriege von 1877/78 Ge fallenen statt. Die bei dieser Gelegenheit von den russischen Blättern gebrachten Festartikel athmrten eine mehr oder minder große Kampflust und Verbitterung über den Stand der Dinge in Bulgarien. Der gleichzeitig an das Heer und die Marine ergangene feurige Erlaß deS Zaren war gerade nicht geeignet, diese Stimmung zu dämpfen. Zum Schutze der in Bulgarien angeblich bedrohten Freunde Rußlands sind zwei russische Kriegsfahrzcuge nach Varna entsendet worden; außerdem versichern Petersburger Blätter, daß Rußland demnächst Varna, die Dobrudscha oder eine Insel nächst den Dardanellen, militärisch besetzen werde, um unmittelbar auf die Angelegenheiten der Balkanhalb insel im eigenen Interesse eiuzuwirken. Jedenfalls ist die bulgarische Regierung, trotzdem sie darauf beharrte, die Sobranje in Tirnova am letzten dieses Monats zu eröffnen, wenig geneigt, die Dinge aufs Aeußerste zu treiben. Den letzten Protest des Generals Kaulbars gegen die Kammereröffnung beantwortete die Re gentschaft dahin, sie beabsichtige, Kommissare nach Peters burg, Berlin und Wien zu entsenden, um den drei Kaiser mächten ihr Verhalten zu erklären. Der Metropolit Clement ist von bulgarischer Seite dringend ersucht worden, den Wortführer der nach Rußland bestimmten Deputatton zu machen und den schweren Versuch zu unternehmen, den Zaren mit Bulgarien auszusöhnen. Tagesschau. Freiberg, den 30. Oktober. Unter dem Borsitze deS Staatssekretärs von Bötticher hielt der deutsche Bundesrath vorgestern eine Plenarsitzung ab. In derselben machte der Vorsitzende Mitthcilung von der Verpflichtung eines Mitgliedes der preußischen Haupt verwaltung der Staatsschulden, sowie über die Bildung der Ausschüsse für daS Landheer und die Festungen und für da« Seewesen. Alsdann fand die Neuwahl der Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr, für Eisen bahnen, Post und Telegraphen, für Justizwesen, für Rechnungs wesen, für die auswärtigen Angelegenheiten, für Elsaß- Lothringen, für die Verfassung und für die Geschäftsordnung statt. Die Vorlage, betreffend die zollfreie Ablassung ver schiedener metallener, zum Schiffsbau bestimmter Materialien wurde dem zuständigen Ausschüsse zur Vorberathung über wiesen. Die Rekursgesuche eines Lehrers in Elsaß-Lothringm und eines Stadtpostboten zu Berlin gegen ihre unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand wurden verworfen, dem Anträge des Komitees zur Errichtung einer öffentlichen Badeanstalt z« Lennep wegen Zulassung von Aktien aus Namen unter dem gesetzlichen Nominalbeträge dagegen stattgegeben. Ueber die dem Kaiser bezüglich Wiederbesctzung der Stellen eines Mit gliedes des Bundesamtes sür das Heimathwejen und eines stän digen Mitgliedes des Patentamtes zu unterbreitenden Vorschläge wird in einer der nächsten Sitzungen Beschluß gefaßt werden. Nach den Einzel-Etats für 1887/88, welche dem deutschen Bundesrathe zugegangen sind, werden die Stempelabgaben ans 2768SOO0 Mk., also 2701000 Mk. weniger als 188K/87 veranschlagt, die Einnahmen aus dem WerthpapierstempA