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rMzerIiyeigy und Tageblatt Inserate »«den bi» Bormittag 11 Uhr angeuom- FHFHtW men und beträxt der Preis für die gespaltene Zeil» D FHFM F »der deren Raum 1L Ps. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud venuttworüicha Redaltair: Jolis« Braun tu Freiberg. 10. Jahrgang. Mittwoch, de« «. Juli Das S. deutsch« Bundesschietzen. Am Sonntag hat in Frankfurt am Main das 9. deutsche Bundesschießen begonnen, dem die Erinnerung an daS in derselben alt« Kaiserstadt vor fünfundzwanzig Jahren stattge fundene erste deutsche Bundesschießen eine erhöhte Bedeutung verleiht. Der Gedanke an das ein Vierteljahrhundert lange Bestehen des deutschen Schützenbundes, zu dessen Begrün- düng auf dem Schützentag in Gotha in den Tagen vom 8. bis 11. Juli 1861 die einleitenden Schritte gethan wur den, ist durch das jetzige Fest wieder aufgefrischt worden. Als im Juli 1862 das erste Bundesschießen in Frankfurt am Main den Reigen der nationalen Feste eröffnete, er faßte die Begeisterung nicht nur alle wehrhaften Männer, die um die ausgesetzten schönen Preise ringen sollten, auch die deutschen Frauen und Jungfrauen huldigten dem Ein- heitsgedanken und aus ihren kunstfertigen Händen ging das prachtvolle Bundesbanner hervor, um das sich seither in guten und bösen Tagen der deutsche Schützenbund schaarte und das diesmal die Leipziger Schützen, die eS zuletzt in Verwahrung gehabt, mit sich nach dem Mainufer führten. Tausende von Ehrengaben gingen 1862 aus ganz Deutsch land ein. Frankfurt selbst ließ 44334 Gedenkthaler schla- gen und spendete Ehrengaben in der Höhe von 8000 Gul den. Wien sendete einen köstlichen Elfenbeinpokal, die Deut schen Philadelphias ein reich ausgeführtes Sternenbanner und ein kostbares Kästchen mit sämmtlichen Münzen der Vereinigten Staaten. Auf dem Festplatze entstanden trotz der damals noch mangelnden Erfahrung die Festhalle, der Gabentempel und die Schiebhalle mit allem nöthigen An hängsel in so gelungener Ausführung, daß dieselbe für alle späteren ähnlichen Feste- ein Vorbild lieferte, das immer als mustergiltig anerkannt wurde. Auch diesmal wurde in Frankfurt am Main auf dem Festplatze wahrhaft Schönes geschaffen; auch diesmal zeugt das reiche Festgewand der alten Kaiserstadt und die in derselben herrschende Feststim mung, besonders aber der glänzende Verlauf des Festzuges, dafür, daß das nationale Fest die Herzen zu Heller Begeiste rung entzündete. Als Sonnabend früh 9 Uhr der Zug, welcher die Wiener und die Tiroler Schützen nach Frankfurt brachte, auf dem dortigen Ostbahnhofe eintraf, begrüßte abermals eine zahlreiche Menschenmenge die österreichischen Gäste mit tausendstimmigen jubelnd« Hochrufen. Auf die denselbm ge widmeten innigen Begrüßungsworte dankte der Wiener Oberschützenmeister vr. Wanniczek mit herzlicher Rede und sagte zuletzt: „die österreichischen Schützen seien als Deutsche gekommen, um ein deutsches Nationalfest mit zufeiern, als Angehörige der großen Familie, die zur Ger- mania wie zu einer Mutter aufblickt." So freundlich sich der Empfang der österreichischen Schützen gestaltete, blieb er doch weit zurück hinter der Begeisterung, mit welcher vor 25 Jahren bei dem von 15 000 Schützen gebildeten Festzuge die Oesterreicher begrüßt wurden, weil damals mit dem Erscheinen des Herrn von Schmerling am Staatsruder in Wien alle Fesseln gebrochen und die Mauern gefallen schienen, welche vorher Oesterreich von Deutschland getrennt hatten. Welche Strömung zu jener Zeit in Wien herrschte, ging aus den eigenen Worten des Kaisers Franz Joseph hervor, der damals bei dem deutschen Juristentag zu dessen Vorstand sagte: „Ich bin zwar vor Allem österreichisch, dabei aber entschieden deutsch und wünsche den innigsten Anschluß an Deutschland!" Die Aenderung begann von oben wohl erst auf dem denkwürdigen Frankfurter Fürsten tag, aber von unten hatte der Zwiespalt zwischen der groß deutschen Partei und den Nationalgesinnten, welche Oester reichs Ausschluß aus Deutschland anstrebten, schon viel früher begonnen und fand er bei dem Bundesschießen im Jahre 1862 durch die von dem Innsbrucker Professor Wildauer sofort entschieden bekämpfte Bezeichnung der Oesterreicher als „Schmerzenskinder der Mutter Germania" durch dm Darmstädter Liberalen vr. Metz einen Ausdruck. Seitdem hat sich in Wien Vieles verändert und ist auch Manches der Vergessenheit anheimgefallen, was sich vor und in diesen fünfundzwanzig Jahrm zugetragen hat. Man kann den DeutschOesterreichern nicht vorwerfen, „daß sie nichts gelernt und nichts vergessen hätten". Sie sind un verbittert am Vorabmd der Schlacht bei Königgrätz als treue Bundesgenossen Deutschlands nach Frankfurt ge kommen, in der Ueberzeugung, daß zwar die unvermeidliche Trennung von Deutschland unwiderruflich ist, aber auch m der Hoffnung, sich mit Deutschland stets in der Stunde ernster Gefahr in treuem und festem Bündniß zusammen zu Tagesschau Freiberg, dm 5. Juli. Gestern Abend 10 Uhr hat der deutsche Kaiser Berlin verlaffen und sich zum Kurgebrauche nach Bad EmS begeben. Die Abreise erfolgte mittels SonderzugeS vom Potsdamer Bahnhofe auS über Magdeburg, Kreiensen, Wilhrlmshöhe und Gießen, woselbst heute Vormittag 8^ Uhr während eine» kurzen Aufenthaltes der Kaffee eingenommen werden sollte. In Bad EmS dürste Se. Majestät der Kaiser heute Vor mittag um 11 Uhr eingetroffen sein. Empfang und Begleitung fandm auf dieser Reise nicht statt, jedoch ist die Stadt EmS festlich geschmückt. In Begleitung de- Kaisers befinden sich die Generaladjutanten Graf von der Goltz und von Albedyll, sowie Gmerallirutmant Graf Lehndorff, ferner der Ober-Hof« und Hausmarschall Graf Perponcher, Kammerherr Freiherr von Reischach, der Wirkt. Geh. Rath von WilmowSki, die Flügeladjutanten OberstlieutrnantS von Petersdorfs und von Pleffen, die Leibärzte vr. von Lauer, vr. Leuthold und vr. Timann, der Geh. Hofrath Bork, die AbtheilungschefS im Militärkabinet Oberst von Brauchitsch und Oberstlieutenant von Oidtmann, und als Vertreter deS Auswärtigen Amte- der Wirkl. Geh. LegationSrath Kammerherr von Bülow. I« EmS ist diesmal nur ein kurzer Aufenthalt beabsichtigt. Der Milchner „Allgemeinen Zeitung' zufolge wird auf der vor« auSfichtlichen Reise deS Kaisers nach Gastein eine Begrüßung seitens deS Prinz-Rrgentm erfolgen, jedoch nicht in München, sondern zur Vermeidung der unausbleiblichen anstrengend« Ovationen auf einem ander« bairisch« Bahnhof, dessen Be kanntmachung erst in letzter Stunde erfolgt. — Montag früh starb in Potsdam im 81. Lebensjahre der Kgl Feldpropst a. D., Ober-Konfistorialrath und Hofprediger vr. Petoc Thielen, welcher erst im vergangen« Jahre, nachdem er sein SOjährigeS Dienstjubiläum gefeiert, sein« Abschied gmomm« hat. — Wie die „Nordd. Mg. Ztg.' von wohlunterrichteter Seite erfuhr, kommen in Preußen vom Ertrag der Getreide- und Biehzölle pro 1886/87 außer 1b Million«, welche der Staats kasse verbleiben, aus Grund des Gesetzes von Hume 6 180112 M. aus die Kommunalverbände zur Vertheilung, und zwar auf Ostpreußen 349 821 M., auf Westpreußen 259 K10 M., auf Berlin 438 997 M., auf Brandenburg 493 608 M., auf Pommern 335 241 M., auf Pos« 309363 M., auf Schlesien 788 569 M., auf Sachsen 613 528 M., aus Schleswig-Hol stein 351 757 M., auf Hannover 533007 M., auf Westfalen 431411 M., ans Hessen-Nassau 361981 M., auf die Rhein provinz 899 243 M. und auf Hohenzollern 13 591 M. — Der Kommissar deS deutschen Reiches für die Schutzgebiete der Marschalls-Inseln einschließlich der Brown- und Pro vidence-Gruppe, Herr vr. Knappe in Jaluit, brachte zur Kenntniß, daß er die Verwaltung des Landes übernommm habe! In einer Reihe von Verordnungen, welche zugleich er gangen ist, wird bestimmt: „Es bleibt bis auf Weiteres ver boten, von Eingeboren« der Schutzgebiete Grundeigenthum auf irgend eine Art, sei es durch Kauf, Tausch, Schenkung oder sonst ein Rechtsgeschäft, zu erwerb«; die dieser Be stimmung «tgegen abgeschlossenen Verträge sollen nicht aner kannt oder geschützt werden. Sämmtliche fremden Grundeigm- thümer werden aufgefordert, ihre Ansprüche bis 1. Juli d. I. beim Kaiserlichen Kommissar zur Prüfung anzumelden; die nach Ablauf dieser Frist eingehenden Anmeldung« finden, wenn nicht besondere Gründe sür ausnahmsweise Behandlung sprechen, keine Berücksichtigung. Es wurde ferner verboten, Eingeborenen ohne Genehmigung des Kaiserlichen Kommissars über 50 Dollars Kredit zu geben; die zur Zeit bestehmden Forderungen müssen, sofern sie 50 Dollars übersteigen, beim Kaiserlichen Kommissar zur Prüfung bis 1. Juli d. I. ange meldet werden." — Wie aus Karlsruhe gemeldet wird, nahm gestern die badische Kammer die Branntweinvorlage einstimmig an. Von österreichischen Blättern wird neuerdings die politische Lage in seltsam dunklen Farben geschildert und da durch besonders das Wiener Publikum unnöthig beunruhigt, Groß« Eindruck machte in der Reich-Hauptstadt ein Artikel der „N. Fr. Pr ", welcher die Kriegsbefürchtungen bespricht. Der notorische Deutschenhaß Rußlands und Frankreichs, die Angriffe der deutschen offiziösen Presse gegm di« russisch« Werthe werden darin geradezu als Vorboten ernster Ereignisse bezeichnet. Dieser unhaltbare Zustand müsse mit einer all gemeinen Konflagration enden. Hoffentlich ist diese Schwarz seherei ohne jedm haltbar« Grund. — König Milan von Serbien wohnte gestern einem ihm zu Ehren vom Erzherzog Albrecht gegebenen Diner in Weilburg bei Baden bei. Der König von Serbien wird, wie verlautet, heute Abend, spätesten ¬ finden. Zwanzig Jahre genügten, um die Oesterreicher mit ihrem Schicksal so ziemlich auszusöhnen und ihnen statt Neid frohes Mitgefühl für die Machtfülle Deutschlands einzuflößen. Mit Staunen und Bewunderung haben auch jetzt die österreichischen Schützen die vergrößerte und wesent lich verschönerte deutsche Kaiserstadt wieder betreten, in welcher der letzte Groll gegen die politische Umgestaltung geschwunden ist, seitdem Preußen der Stadt Frankfurt die Kanalisirung des Mains bescherte und den verloren ge gangenen Rang als Main-Hafenplatz wieder verschaffte. Jetzt entwickelt sich dort auf der geregelten Wasserstraße die lebhafteste Handelsthätigkeit; der bürgerliche Unter nehmungsgeist entfaltet seine Schwing« kräftiger denn je und in verjüngter Gestalt kehren die Zeit« der alt« glanz voll« Herrlichkeit wieder. Die österreichisch« Schützen können in politischer und wirthschastlicher Beziehung davon Manches lernen, dmn sie werd« dort Vieles sehen, was nur durch eine zielbewusste Regierung und durch die geistige Spannkraft der hochgebildet« Bevölkerung erreicht wird. Herzliche Sympathie find« die österreichischen Gäste in Frankfurt überall, denn wenn auch die Verhältnisse eine Auflösung des alten deutsch« Bundes nöthig machten, um ein echtes nationales Kulturschaffen zu ermöglichen, fühlt die Mehrheit des deutschen Volkes dennoch den Wunsch und das Bedürsniß, mit Oesterreich in ehrlichem und mög lichst engem Bundesverhältniß zu bleiben. Von diesem Gedank« durchdrungen, schreibt man dem „Frankfurter Journal" vom Mittelrhein: „Aller Augen sind gerichtet auf die Lage unserer Stammesgenoffen in Oesterreich und die Kurzsichtigkeit derjenigen Kreise in Wien, welche das deutsche Element unterdrücken und dadurch mittelbar nur für den Todfeind der habsburgischen Monarchie arbeiten, nämlich für das panslavistisch-russisch-orthodoxe Zarenthum. Leider aber steht das deutsch-österreichische Element inner lich gespalten dies« Schlägen gegenüber, vielfach unüber legt m seiner Erregung. Nachdem aber alle deutsch-öster reichischen Gaue ihre Schützenabordnungen zum Frankfurter Nationalfest entsenden, ist Gelegenheit gegeb«, zwischen Ost und West, Süd und Nord die Gesinnungen auszutauschen, praktische Vorschläge zu besprechen und den Geist der na tionalen Treue zu stärken und sie mit dem verstärkten Antrieb zum einheitlich« Zusammenhalt und Zusammenwirken heimzusenden. Nicht unerfüllbare Hoffnungen mehr dürfen das Herz des Deutschen in träumerische Bahnen der Denk art hineinzerren; in gesunder Realpolitik ist das Erreich bare herauszusuch« und mit Aufopferung besonderer eigener Herzenswünsche möglichst die einheitliche Ober leitung zu suchen und diese zu unterstützen. Möge unser nationales Fest bethätigen, daß das deutsche Volk nicht Oesterreichs Zertrümmerung, sondern ehrlich engstes Bünd niß wünscht und sucht, dann wird es bisherige Widersacher der Deutschen vielfach umstimmen und zur einzigen Politik zurückführen, die den Auseinanderfall jener Monarchie hindert und sie allianzsähig erhält: Würdigung des Deutschthums in Oesterreich." Die Grundstimmung des Frankfurter Festes drückte der Oberbürgermeister vr. Miquel bei dem Festbanket mit den Worten aus: „Vor 25 Jahren und heute! Welche Summe von groß« weltbewegenden Ereignissen, welche ruhmreichen Erfolge und erhebenden Großthaten, welche tiefgreifenden Veränderungen in unserem Baterlande und in der Welt, welche Verwandlungen mit GosteS Hilfe, um mit dem Worte unseres Kaisers zu reden. Neben der Einheit im Ganzen ist die Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit im Einzelnen er halten und gepflegt. An d« Stelle des Gegensatzes und des Misstrauens ist das innice Verständniß, die gegenseitige Ergänzung, die brüderliche Besinnung aller Stämme ge treten. Ein mächtiges, auf der allgemeinen Wehrpflicht beruhendes Volksheer sichert unsere Grenzen; unsere Flotte beschützt auf allen Meeren die Interessen der Landsleute; eine aus allgemeinen Wahlen lervorgegangene deutsche Volks vertretung vertritt die geneinsamen Angelegenheiten der Nation. In schnellem Verlauf suchen wir die durch die Gunst der Geschichte Vormgeeilten einzuholen." Vom greisen deutschen Kaiser ging gestern in Frankfurt folgendes Telegramm ein: „Die zum nmnten deutschen Bundesschießen vereinigten Schützen ersreutm mich durch ein« Festgruß und den Ausdruck treuer Anhänglichkeit. Indem ich der Versammlung mejM wärmsten Dank ausspreche, muß ich mich mit der patrMischen Gesinnung derselben innig ver binden und in dem gemeinsimen Wunsche rufe ich derselben „Heil dem Vaterlande" zu. Wilhelm."