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Haus und Herd. Sonntag 26. Juni. Redaction von Silvkq Brand, Dres b e n. Merwnterschiede in der Ehe. Zwei Tage nach dem Begräbniß ihres Gatten hatte er zum ersten Mal an sie geschrieben und ihr seine Dienste für das umfangreiche, leider so plötzlich herrenlos erworbene Engrosgefchäft zur Verfügung gestellt. Sie hatte den Brie? auch gelesen, aber sie wußte doch nicht, kKoastdarin stand. Mechanisch legte sie ihn zu den schwarzumrandeten . ar en. Es war Alles in ihr, Alles um sie her Trauer, nur Trauer-. Was kümmerte sie der lachende Sonnenschein am tiefblauen Himmel, was die Rosenpracht im Garten vor dem Hause, was das laute ge schäftize Treiben der Arbeiter auf dem Hofe und auf den Werkstätten Der repe verschleierte das lebensfrische Bild; der intensive Geruch, den die Kränze und Palmenzweige hinter-lassen hatten, betäubte die Sinne; schweigend, theilnahmlos saß die Frau in dem kleinen behag lichen Zimmer, das die Güte des Verstorbenen mehr als jeder andere Wohnraum, durch die wahrhaft gediegene und ele ante Ausstattung rühmte, schweigend nahm sie die vom Dienstmädchen aufgetragenen Mahlzeiten, schweigend suchte sie des Abends die Kammer auf, schwei gend starrte sie minutenlang aus die Stelle, an der sonst ein alt modifches Bett mit lang herabwallenden Gardinen stand· Die Stelle war jetzt leer, ganz leer· . So verging beinahe eene Woche- Da kam der Lohntag, der Sonnabend-Nachmittag- Eine Masse Arbeiter trat kurz vor vier Uhr» usammen, man hörte murmeln und sprechen, dann klopfte der Werkfiihrer an« die Thür und forderte Geld um Auszahlen. Er meinte, die Leute seien vom seligen Herrn Ebelin her an Punktlichkeit gewöhn.t, die Frauen warteten daheim auch schon, um vom Wochenlohn des Mannes die alten Schulden zu begleichen, ihre armseligen Einkäufe für den Sonntag zu bewirken, Frau Ebelin möge sich deshalb ein wenig beeilen, das Geschäft düre unter der Trauer nicht leiden, die gehöre zu den Privatangelegenheiten. Frau Ebelin fuhr bei toen Worten des Werkführers erschrocken in die Höhe: sie sollte Löhne akahlem war denn überhaupt Geld vor handen? Zu Lebzeiten des L annes hatte sie sich ja niemals darum gelümmert Das Dienstmädchen half aus der Verlegenheit; das hatte den seligen Kerrn oft ani Geldspind beobachtet, das suchte die Schlüssel, offnete en Schrank und begann zu zählen. Dem Werkführer riß die Geduld, er brummte etwas von heilloser Weiberwirthschaft und griff selbst zu, während Tau Ebelin mit gefalteten Händen ufah und vor den beschmutzten anlnoten und Münzen Grauen empfand. Ihr Gatte hatte ihr ja immer nur Goldstücke in die zierliche tothseidene Börse gethan- Der Gute, der Rücksichisvollr. Warum er so jäh aus dem Dasein scheiden mußte, er war doch noch nicht alt. » « Oder war er alt? » Freilich, er sche te noch an seinem letzten Geburtstage darüber, daß sie, um zwei Zagt-zehnte jünger als er, seine Tochter sein könne- Zwei Jahrzehnte, ein bedeutender Altersunterschied. Und sie waren trotz des Unterschiedes glücklich, unaussprechlich glücklich ge wesen; seine große Liebe, seine Duldsamkeit und Milde vermieden Nie-ritt Mäkklaficihw und sie fügte sich in dankbarer Anhänglichkeit dem en un e. O, der Tod ist grausam; die Glücklichen reißt er auseinander-, gen Unklückllåfgkn läßt er in ihren Ketten schmachten nach Erlösung re e er Der Wetkfiihrer schreit das. Dienstmädchen an, weil es Geld auf die Erde geworfen bat, Frau Ebelin erschrickt wieder-um« Bis zur Stunde bat sie den Mann in bascheidensterkaltung nur ansich vor-s überschreiten lass-m heute ißhode-L er Eh al ob er zu besehlen hätte« MMJL ü erlegnz , iegg »der »als-te Toni- I Das Mädchen hält die Schürze vor die Augen »So hat mich der felige Herr niemals angefahren-« Eine Stunde später die Arbeiter sind fort, der Geldschrank ist wieder geschlossen —- erinnert das gekränkte Mädchen die Herrin an den Brief, der noch immer zwischen den Beileidsbezeuaungen ruht. ~Vorstellen könnte sich der junge Mann«, sagte das Mädchen alt klu , »denn so was, wie heute, dürfen wir uns nicht noch ’mal bieten lassgen der Respect ist völlig zum Kukukx mit alleinftehenden Frauen verfäbrt man schrecklich barbarisch, das kenne ich von meiner Mutter her, der haben sie, als sie Wittwe wurde, auch das Fell über die Ohren gezogen, Frau Ebelin müssen einen Vertreter annehmeni« Frau Ebelin hatte von dem Lohntage so völlig genug, daß sie ohneHZaudern dem Mädchen zustimmte. Ja, es sollte ein Vertreter» ins aus- Der Brief, worin er, der schneidige junge Max Dorst, seine Dienste anbot, wanderte von der Schale, woraus die Trauerkarten lagen, auf Frau Ebelins Nähtisch und von diesem auf das Schreibvult. Fremd Iwar ihr Max Dorst nicht. Bewahre, sie kannte ihn; seine großen fragenden Augen hatten sie oft halb neugierig, halb mitleidig angeblickc, wenn sie ihm auf Spaziergängen mit ihrem Gatten in den Weg lief. Ob er wohl der Richtige war, ob er sich des Geschäfts und ihr-er, der geschäftsunkundigen Frau, annehmen würde? « Als Max Dorst seine Visite abstattete, fühlte Frau Ebelin starkes ge klopfen; eine Blutwelle um die andere schoß über ihr hübsches elfgchtx kein Wunder-, daß das warme rauhe Trauerkleid durch ein lustiges schwarzes Spitzengewand ersetzt ward. »b lm Quartalsschluß siedelte Max Dorst in die Ebelinsche Besitzung u er. s Man staunte über das Vertrauen, das ein so junger Mann ge nieße, aber man empfand viel zu viel Achtung vor dem Cröpe der Wittwe und vor dem Grabe, auf dem die Kränze Kd Palmen noch nicht einmal völlig verweilt waren, als daß man iesem Staunen einen verletzenden Ausdruck gegeben hätte. Nach und nach wuchsen aber doch dem nieder-gehaltenen Arg wohn und der Schmåhsucht Flügel und man munkelte Allerlei. Bald wollte man bemerkt haben, wie Max Dorst mit der Wittwe liebäugele, bald wollte man ihm imstraulichen Gespräch mit dem Dienstmädchen begegnet sein« Die Blimmsten Schmäher waren die eigenen Unter ge erken, obenan der «.erkfi:l«l)xer'. » Der sprach auch öffentlich darüber. »Wenn sie durchaus wieder geirathen will, braucht sie nicht solchen Grünschnabel zu nehmen, der’s los auf ihr Geld abgesehen hat, ich dächte, es wäre kein Mangel an reifen geschäststüchtigen Männern«, äußerte er am Biertisch un uckte dazu wohlgesällig in den gegenüber hängenden Spiegel mir der Essauensedev Frau Ebelin ahnte nicht, daß man und in welcher Weise man "über sie zu Gericht saß. Jm Gegentheil, sie glaubte die Stadt zu über-raschen, als sie sich mit Max Dorst nach Ablauf des Trauer jabres in Helgoland vermählte und dann glückstrahlend an seiner Seite in das von Neuem ausgestattete Heim einzog. Das Glück verjüngt, man merkte kaum den Altersunterschied, Mag Dorst war genau um so viel jünger, als Frau Ebelin es sriiher im erkältniß zu ihrem ersten Gatten war. Sie hatte auch alle Satt-- satt au ihr Aeußeres verwendet, nicht nur die Au en leuchteten, d e gar-se Gestalt glich in den hellen weichen Stosfgn einer schönen, pp gen Centiso ie; Max selbst Lchaute voll Bewunderung in das ver klärte AtFesichy aus die schwe enden Glieder. Monate lang schien das Glii der Beiden beständig, dann schlug es um, Frau Dorst er krankte an Gelenkrheumatismus, sie ward an das Schmerzenslager geses elt, es war auch keine Aussicht zur Besserun vorhanden- » Anfangs leistete ihr der· Gatte bisweilen Gesellschxast dann wurde ihm s das Krankenzimmer G- ras er klagte, daß er du wenig Lust, zu wenig( Abwechselung und ush terung Lach den eschiiftssmnden genösse, er müsse hinaus, er müsse Zeitungen lesen, Bekannte begrüßen, dies nnd jenes njit ihnen» besprechen.· · · · · · · · Frau Dorft entgegnete mit einem Seufzer-, einem bedauernden Worte, einer Thräne, sie hatte den Mann unaussprechlich lieb, sie gönntc ihm alle-S Gute, alles Schöne, sie sah ein, daß sie seiner Jusend, seinem Temperament Rechnung tragen müsse tin doch konnte sie Ihren Schmerz, ihre Sehnsucht nach seiner Nähe nicht verwinden- Die Form, in der sie diesen Schmerz, diese Sehnsucht äußerte. der Harm, der die Züge alterte, die Thränen, welche die Augen umflgrtem ekwecktenin Max Darst Aexgen M« » « ; « ! Erst ver-biß er ihn, dann ließ er ihm völlig freien Lauf. Wozu sollte er sich auch Zwang anthun. Sie mochte doch in den Spiegel blicken, ihre faltigen Schläfer die grauen Haar-streifen in der Frisur, den schmerzlich verzogenen Mund init feinem frischen Aussehen vergleichen. Dass hätte sie im Voraus wissen können, daß sie zwanzig Jahre früher alt wurde als er. Und sie war obendrein krank, grillig, langweilig, überenipfindlich. Wie neidisch sie beispielsweise das kecke junge Ding, die Fannh betrachtete, wenn die ihm, wie sich das für ein Dienstmädchen schickt, sijkiedsljkanfchetten oder die Handschuhe zurcichtr. Abscheulich war dieser et . f Oder war die kranke alte Frau gar noch eifeksüchtig? Haltet-, das fehltkdakmukzte er ihrlgusxreibkk » « M Mag Durst war nicht der Mann, der nur Eittschlüsse faßte, er führte je en derselben auch aus, rücksichtslos, unbekümmert, ob Andere darüber zu Grunde gehen. . Jch will mich kurz fassen. Die ehemalige Frau Ebelin, die den Altersunterschied in der Ehe mit einem treuliebenden, milden und duldsamen Gatten nie kennen und fühlen gelernt hatte, lernte ihn jetzt durch den kalt berechnenden, vergnügungssüchtigen und unduldsainen zweiten Gatten kennen- Was die Frau unter all den Sceneu litt, die sich täglich abspielten wie sie unter Kummer und Kränkung dahinsiechte, wie oft sie auf ihrem Schmerzenslager stöhnte und zu Gott um Erlösung betete, ich will’s nicht schildern. Eins nur möchte ich, ich möchte jede Frau, die hübscheste und reichste am allerehesten tnahnen, vor Eingang einer Ehe mit einem jüngeren Manne die Mißhelligkeiten zu erwägen, welche dem Altersunterschiede entwachsen, falls der Mann nicht einen edlen, felsenfest zuverlässigen Charakter besitzt, falls er nicht zu ienen ritterlichen Männern zählt, die eine kranke alternde Frau erst recht schätzen, sie erst recht mit jener liebevollen Zartheit umgeben die uns mit Hochachtung, ja mit Bewunderung erfü t. S. Ä. Für die Jamme. schönheu ist Harmonie zwischen dem Sinnlichen nnd dem Geistigenz ist die vollendete Form, in der eine Jdee dargestellt wird; ist der Insect-T dessen, was bei der Betrachtung von Gebilden der Natur oder b Werken der Kunst alle unsere Scrlenkriiste anregt, unser Gefühl erhebtz uns zum Nachdenken reizt und unseren Willen stärkt. Am herrlichsten und vollkommensten leuchtet wohl das ~Schöne« in Gottes Werken- Die blühende, duftende Rose ist die verkörperte ~Lieblichteit«, die mächtige, dem Sturm Trotz bietende Eiche ein Bild der »Ernst und Stärke«. Der stetnbosäete Nachthimmel bringt hehre »Erhabenseit« ur Anschauung, und in der Schönheit eines Menschenmqu schauen wir die »Gottebenbildlichkeit«. « chön auch dürfen die Werte menschlicher Kunst genannt werd-, die Sch« vsunqen des Maler-, Musikero, Dichter-, Bildhauers. wofern dieselben den Beschauer in den Zustand innerer harmonie zu versehen