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Nr. ISO. Srohenhaiuer Unterhalt»«-«« m»d Auzeigeblatt. Teile S. Naupua, Trtpotrs unv Katamara mtt einander verbtnvence Bahn wird vom Staate gebaut werden. Amerika. In New-Jork eingegangenen Nachrichten aus Panama zufolge ließ sich der frühere Vicepräsident Castmata zum Dictator der Republik Guatemala ansrufen und stellte sich, unterstützt von den ersten Familien des Landes, an die Spitze einer Revolution gegen den Präsidenten Barillas. Die Regierung unterdrückte jedoch die Revolution und nahm die Häupter derselben gefangen. Die letzteren wurden mit fünf anderen Theilnehmern an der Revolution am letzten Sonn tag erschossen. Neuere Nachrichten. Berlin. 1. November. Se. Majestät der Kaiser hatte, durch rheumatische Beschwerden veranlaßt, auch am gestrigen Tage sein Schlafzimmer noch nicht verlassen. Die vergangene Nacht ist jedoch ruhiger, als die vorhergehende gewesen. Im Uebrigen macht die Besserung in dem Befinden Sr. Mejestät des Kaisers Fortschritte. Am heutigen Nachmittage gedachte Se. Majestät der Kaiser und König den Vortrag des Chefs des Militärcabinets, Generals der Cavallerie und Generaladjutanten von Albedyll, entgegenzunehmen. — Der „Nat.-Ztg." wird aus Paris telegraphirt: Das „Journal des Debats" meldet, Waddington sei entschlossen, den Londoner Posten aufzuaeben. — Die angekündigte Besichtigung des Ortes des Grenzvorfalls bei Schirmeck durch die Mitglieder des Straß burger Kriegsgerichts hat am Freitag stattgefunden. Der Präfect des Vogesen-Departements geleitete die deutschen Offiziere auf französischen Boden. Rom, 1. November. Zufolge einer dem „Popolo Romano" aus Massauah zugegangenen Depesche ist daselbst das englische Kanonenboot „Starlma" mit dem ersten Secretär der englischen Gesandtschaft in Kairo, Portal, sowie dem Major Beech und Aliwet Effendi an Bord eingetroffen. Dieselben, welche von England be auftragt sind, den Frieden zwischen Italien und Abyssinien bei dem Negus zu vermitteln, setzten ihre Reise vermittelst der von den italienischen Behörden gestellten Transportmittel über Gura fort. Luzern, 1. November. In der vergangenen Nacht trat auf der Gotthardbahn zwischen Sissikon und Fülen infolge eines 200 Me ter über der Bahn entstandenen Stemfalles eine Verkehrsstörung ein. An einer Brücke eines Baches mußten die Nacht- und Mor genzüge umgeladen werden. Heute Vormittag wurde der Schaden behoben, so daß alle Züge wieder unbehindert Verkehren. Es ist Niemand beschädigt worden. London, 1. November. Der Anführer der Deputation der Arbeiter, welcher sich am 28 v. M. zu dem Metropolitan Board für öffentliche Arbeiten begeben und Arbeit verlangt hatte, erhielt heute eine schriftliche Antwort, in welcher es beißt, daß der Rath es sehr bedaure, daß eine so große Anzahl Personen beschäftigungs los sei; er sei jedoch zur Ertheclung von Arbeit rechtlich nicht be fähigt, außer zu den Arbeiten, die im öffentlichen Interesse vom Parlamente genehmigt seien. — Heute herrschte in ganz England ein heftiger Sturm, durch welchen bedeutender Schaden angerichtet wurde. Es werden verschiedene Schiffbrüche und Verluste an Menschenleben gemeldet, namentlich wurde Liverpool stark heim gesucht, an verschiedenen Orten sind die Telegraphendrähte zerstört. Belgrad, 1. November. Der König hat die Krondeputirten in der Weise ernannt, daß die verbündeten Parteien der Skupschtina auf die gleiche Zahl kommen, wodurch das bestehende Bündniß zwischen der liberalen und der radicalen Partei noch mehr befestigt wird. — Die Skupschtina wird demnächst m Belgrad zusammen treten. Locale, siWsche rc. Nachrichten. Großenhain, 2. November 1887. —n. Der unter Verwaltung des evangelisch-lutherischen Landes- consistoriums stehende allgemeine Landeskircheniond hat sich durch den Ertrag der letzten Landescolleete von 14123 M. 61 Pf. (Ephorie Großenhain 379 M. 60 Pf.), sowie durch Geschenke feiten vieler Kirchenärare und durch eine Anzahl Privatgeber von Conferenzen, einzelner Westlichen rc. um insgesammt 20787 M. 72 Pf. vermehrt, so daß sein Bestand nach Abzug von rund 3725 M. Unterstützungen an hilfsbedürftige Gemeinden auf ein werbendes Vermögen von 235000 M. Nennwerth gebracht worden ist. —r. In Lichtensee sind die Masern unter den Kindern epidemisch aufgetreten, so daß auf bezirksärztliche Anordnung die Schule hat geschlossen werden müssen. —? Der 20 Jahre alte Dienstknecht Traugott Wilhelm Claus aus Consilenzren bei Liebenwerda machte vergangenen Freitag auf dem Boden des Seitengebäudes seines Dienstherrn, des Guts besitzers Otto Kaul in Röderau, seinem Leben durch Erhängen selbst ein Ende. Dresden, 1. November. Das Königspaar stattete gestern Nachmittag dem Prinzen Albert von Sachsen-Altenburg mit Ge mahlin auf dem Schlosse Albrechtsberg einen Besuch ab, worauf die hohen Herrschaften gemeinsam den von dem Prinzen Albert in einem Tbeile der Dresdner Herde unweit des Fischhauses ein gerichteten Wildpark besichtigten. — Am heutigen 1. November, dem katholischen Allerheiligenfeste, wohnte die gesammte königliche Familie dem Gottesdienste in der katholischen Hoskirche bei, wäh rend dann Nachmittags die Majestäten mit den vrinzlichen Herr schaften zur Familientafel vereint waren. — Der Hostasel am Sonntag wohnte auch der behufs Vorstellung bei den Majestäten aus Leipzig eingetroffene jugendliche Fürst Albert von Thurn und Taxis bei. Derselbe studrrt bekanntlich in diesem Wintersemester an der Leipziger Landesuniversität. An unserem königlichen Hofe hatte er sich der herzlichsten Aufnahme zu erfreuen. — Der Kriegs minister, General der Cavallerie Graf von Fabrice ist von dem Urlaube, den er während der letzten Wochen in Thüringen ver brachte, wieder hierher zurückaekehrt. — Hoftheater, sowie Residenz theater haben wirkungsvolle Cassenstücke erhalten, da im ersteren das Werther'sche Jntriguenstück „Der Kriegsplan" einen außer ordentlichen Erfolg erzielte, während die Bühne auf der Circus- straße durch das bayerische Volksstück „Der Bettelbua" ihres Directors Karl einen Casienmagnet erhalten hat. Beide Stücke dürsten zahlreiche Wiederholungen erleben. — Mit Bedauern ver nimmt man, daß es dem Schöpfer des Berliner „Lessing-Theaters", Herrn Oscar Blumenthal, gelungen sei, unseren Hofschampieler Klein, emen Künstler von seltener Vielseitigkeit, der gerade jetzt wieder im „Kriegsplan" als Polizeiminister eine prächtige Leistung bietet, für sich zu gewinnen. Der betreffende Vertrag soll schon unterzeichnet oder doch der Unterzeichnung nahe sein. — Einen hübschen Eindruck machte der gestern zur 200jährigen Jubelfeier unserer „Glasergesellschaft" veranstaltete costümirte Festzug, der sich durch verschiedene Straßen der Stadt nach den: Eldorado- Etablissement bewegte. Die alten Innungs-Wahrzeichen der ge nannten Gesellschaft sind dabei wieder vollauf zu Ehren gebracht worden. — Im Victoria-Salon, dem beliebten Vergnügungslocal, hat nun wieder völliger Personalwechsel stattgefunden. Das zoolo gische Artistenthum, dessen „Specialitäten" sich stetig mehren, ist dabei durch dressirte Seehunde vertreten. Die Gelehrigkeit dieser Thiere ist wirklich überraschend. Ud. Bautzen, den 30. October. Raubmordprozeß Knecht und Genossen. Schluß. Das Urtheil gegen die Mörderbande wurde gestern Abend gegen acht Uhr nach dreitägiger Verhandlung gesprochen und bis dahin war der Menschenstrom vor und in dem Justizgebäude derart angeschwollen, daß der Verkehr fast gänzlich stockte- Zwei der Verbrecher haben ihr Leben verwirkt, zwei anderen winken die Zuchthausmauern auf ein halbes Menschen alter und die letzten beiden Angeklagten müssen die den Banditen geleistete Begünstigung rc. mit Gefängmßstrafe sühnen. Das Ge- sammtergebmß der mit so manchem aufregenden Moment ver knüpften, am zweiten Tage beendeten Beweisaufnahme entrollte nachstehendes, m den Hauptzügen zusammengedrängtes Büd. Nach dem der Gastwirth Pietzschmann (Langburkersdorf) unter den Beilhieben Gustav Knecht's und und Schöne's (Protze bestreitet hartnäckig, mit zugeschlagen zu haben) verschieden war, verschritten die Mörder zur Beraubung der Leiche Pietzschmann's und Er brechung von Behältnissen, wobei sie eben nur eine ganz geringe Beute machten. Die bereits schlafen gegangene, aber von einer furchtbaren Ahnung erfaßte Kellnerin sprang, nachdem sie durch das Schlüsselloch zwei der Mörder mit blutigem Beil und Dolch messer heraufkommen gesehen, und die Bemerkung: „Den (Pietzmann) haben wir weg, nun müssen wir noch nach Der (der Kellnerin) sehen", vernommen hatte, in ihrer größten Angst in den Garten hinunter. Nach einigen Minuten war es dem zusammengebrochenen und innerlich verletzten Mädchen möglich, sich mühsam fortzu schleppen und in der nahegelegenen Balzer'schen Schenke um Hüffe zu rufen. Auch dec in nächster Nähe wohnende Gasthofsbesitzer Schelzig hatte inzwischen Alarm geschlagen. Nunmehr entspann sich der zweite Theil des blutigen Dramas — ein Kampf auf Leben und Tod zwischen den mit Beilen und Revolvern bewaff neten Mördern und den entschlossenen Dorfbewohnern. Der mit einer Flinte bewaffnete Gutsbesitzer Hillme drohte die nach der Hinterthür flüchtenden Verbrecher niederzuschießen und gab zunächst zwei Schreckschüsse ab, worauf einer der Mörder bei Hillme vorbei nach dem nahen Zaun rannte, ein zweiter von Hillme einen Schlag in's Genick erhielt und der dritte von ihm zu Boden gerissen ward. Aus den Zuruf: „Wir sind verrathen — schlagt ihn (Hillme) todtl" kehrte einer der Flüchtigen um und feuerte, obne zu treffen, drei Revolverschüsse auf Hillme ab, dem unmittelbar darauf der zweite, schon auf der Flucht gewesene Verbrecher mit dem entfallenen Gewehr Hillme's einen furchtbaren Schlag über den Kopf versetzte. Hierbei zersplitterte der Schaft des Gewehres und Hillme brach besinnungslos zusammen. Nun stellten sich die übrigen ebenfalls bewaffneten Dorfbewohner den einen Anlauf zur Flucht nehmenden Verbrechern entgegen, von denen zunächst einer (Protze), gleich dem schon früher flüchtig gewordenen Ernst Knecht mit Erfolg die Flucht ergriff. Schöne war von dem Fabrik arbeiter Günzel gepackt und ihm der Revolver entrissen worden, worauf letzterer mit den anderen Personen gegen den, mit dem Beil auf ihn losgehenden Gustav Knecht Front machte. Nach einer wüthenden Gegenwehr lag Knecht gefesselt am Boden — auch Schöne war noch entflohen, ohne von den nachgesandten Re volverschüssen getroffen zu werden. Im Besitz des ergriffenen Mörders fand man noch ein zweites Beil im Hosenbunde, das ge raubte Portomonaie Pietzschmann's und 25 Stück Cigarren. Der schwerverletzte Hillme erlangte erst am nächsten Morgen die Be sinnung. Protze war nach Polenz geflüchtet und Schöne ging nach der Wohnung des bereits eingetroffenen Ernst Knecht in Neustadt. Die verehel. Knecht will erst nach der Rückkehr ihres Mannes Schlimmes geahnt und dann aus Furcht die mitgeraubten alten Münzen und Uhr Pietzschmann's im Hofe versteckt haben, während sich Schöne, wie dieser auch zugiebt, selbst vom Blute gereinigt haben soll. Der Mitangeklagte Schurz will nicht gewußt haben, daß ein Mord beabsichtigt gewesen sei, und behauptet, er habe aus Furcht vor den Anderen nur zugesagt, sich an dem Ver such, Geld mit Gewalt zu verschaffen, zu betheiligen. Eine Anzeige an die Behörde rc. von dem verbrecherischen Plan habe er unter lassen, weil er sich erst habe mit der Frau besprechen wollen, auch überlegt habe, er könnte vor Gericht nichts beweisen. Oberstaats anwalt Petre dankte am Eingänge seines zweistündigen Schluß vortrages allen Denen, die bei der Entdeckung des gräßlichen Verbrechens und der Festnahme der Thäter mit größter Lebens gefahr theilgenommen haben und hält dann an der Hand von 26. Schuldfragen die Anklage mit wenigen Abweichungen aufrecht. Nach den Plaidoyers der Vertheidlger und einer einstündigen Rechtsbelehrung durch den Präsidenten zogen sich die Geschworenen zu einer ca. dreistündigen Berathung zurück. Auf Grund des Wahrspruches werden verurtheilt: Schöne wegen Mord und Raub zum Tode; Gustav Knecht wegen Mord und Raub zum Tode, wegen versuchten Todtschlag zu 5 Jahren Zuchthaus; Protze wegen Raub und Beihilfe zum versuchten Todtschlag, sowie Ernst Knecht wegen Beihilfe zum Mord, Raub und versuchten Todtschlag zu je 15 Jahren Zuchthaus; Schurz zu 2 Jahren und die verehel. Knecht zu 6 Monaten Gesängniß. Die Hauptverbrecher nahmen das Urtheil ohne jede äußere Aufregung entgegen. Betreffs des Ernst Knecht sei noch bemerkt, daß dieser während des Feldzugs 1870!71 als caMrün ä'urmes (Kammerunteroffizier) beim Infanterie-Re giment Nr. 103 in Rethel Stiefel an französische Einwohner ver kauft hatte und dafür degradirt, sowie zu vier Wochen strengen Arrest verurtheilt worden war. Die Ärreststrase verbüßte er kriegsmarschmäßig als Gefangener auf dem Vormarsch nach Paris rc. und hieraus erklärt sich seine Behauptung, er habe die ihm zuerkannte Arreststrafe nicht verbüßt. Leipzig. Die feierliche Uebergabe des Rectorates der Universität an den neugewählten Rector fand am 31. October Mittags in der Aula vor einer glänzenden Festversammlung statt. Der ablretende Rector, Professor Ur. tflool. Woldemar Schmidt, erstattete Bericht über die Vorgänge während seines Amtöjahres und übergab darauf feine Würde feierltchst seinem Nachfolger, Geh. Hofrath Professor vr. Ribbeck, indem er denselben mit den Insignien des Nectorats, der goldenen Kette und dem Mantel, bekleidete. Sodann hielt Prof. vr. Ribbeck seine Inauguralrede über die Aufgaben der altclassischen Li teraturgeschichte. — Beim Rangiren auf dem hiesigen Berliner Bahnhofe verunglückte am Sonntag Nachmittag der 18jährige Wagenschieber LöbuS dadurch, daß er von einem Wagen über fahren wurde. Dem Unglücklichen wurde der linke Fuß zer malmt; außerdem erhielt er an der linken Schulter und im Innern bedeutende Verletzungen. Man brachte ihn mittelst Siechkorbes nach dem städtischen Krankenhause, woselbst er aber nach kurzer Zeit seinen schweren Verletzungen erlag. Großes Aufsehen machte in Wehlen die auf Anordnung des hohen LandeSconsistoriumS erfolgte vorläufige Suspension de« Pfarrers der dasigen Stadt. Am 29. Oclober wurde in Lommatzsch das 25jährige Amtsjubiläum des dasigen SchuldirectorS Kunack, welcher im Jahre 1872 zu Großenhain als ständiger Lehrer confirmirt worden ist, festlich begangen. Am 28. October Mittags ertrank das kurze Zeit ohne Aufsicht gelassene vierjährige Söhnchen des Stellmachermeisters Händel in Nie dereula bei Nossen in dem im Garten be findlichen unbedeckten Schöpfbrunnen. Zwickau. Es heißt, daß für die nächste Zeit eine Er höhung des Preises der Zwickauer und Oelsnttzer Kohlen zu erwarten sei. — Die kürzlich bei einem Giebelabbruch auf gefundenen Münzen Meißnischen Gepräges stammen nach dem jetzt abgegebenen sachverständigen Gutachten aus dem 13. Jahr hundert. — Die Baptisten-Gemeinde zu Planitz, welche zur Zeit nur wenig wirkliche Glieder zählt, erbaut sich jetzt ein sehr geräumiges gottesdienstliches Gebäude, das einen großen Belsaal mit Emporen, durch zwei Stockwerke durchgehend, enthält, zugleich aber auch Wohnungsräume für einen Geist lichen. Die zum Bau erforderlichen beträchtlichen Mittel kommen wahrscheinlich aus England und Amerika. Eine Anzahl Crimmitschauer Einwohner, Welchs sich am 28. März d. I. des Aufruhrs und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt schuldig gemacht hatten, erhielten am Sonnabend vom Schwurgericht zu Zwickau empfindliche Stra fen zuerkannt. Die Verurtheilten hatten sich unterfangen, den Gendarmeriebrigadier Beckel, den Gendarm Reinhardt unv den Orlspolizeidiener Hähnel in Wahlen bei einer daselbst vorgenommenen Arretur bez. beim Transport nach dem AmtS- gerichtsgefängniß zu Crimmitschau zu beleidigen und thätlich anzugreifen, um den Transport des Arretirten zu verhindern. Das Urtheil lautete gegen den Maurer Schmidt und den Handarbeiter Wetzel auf je 3 Jahre Zuchthaus, gegen den Fabrikarbeiter Strauß auf 3Vs Jahre Zuchthaus, gegen den Spinner Wagner und Handarbeiter Schorler auf je 1 Jahr Gefängniß; außerdem wurden sämmtlichen Verurtheilten die Ehrenrechte auf 5 bez. 3 Jahre aberkannt. Die Stadtkirche zu Mittweida, eine der ältesten unv größten Kirchen Sachsens, welche während der letzten zwei Jahre durch den Architekten Altendorff in Leipzig gänzlich umgebaut und verschönert ward, soll nun, nachdem sie bis auf Orgel und Glasgemälde vollendet ist, am 6. November eingeweiht werden. Ans dem mittleren Erzgebirge wird geschrieben, daß durch die so frühzeitig eingetretene Kälte Niemand mehr zu leiden hat, als der Landmann. Die Wintersaaten, Korn unv Weizen, sind noch nicht völlig bestellt, und wo gesät worden, kann wegen des Frostes die Saat nicht eingeeggt werden. Die noch in der Erde ruhenden Kartoffeln erfrieren, Kraut und Rüben befinden sich noch zum größten Theile auf dem Felde und einige Säumige haben selbst die Haferernte noch nicht ganz beendet. vermischtes. Ein bedenklicher Arbeiterkrawall versetzte am 29. October Nach mittag die Anwohner der Gaskabrik in Trier in nicht geringe Aufregung. In der genannten Fabrik wurde seit Wochen an der Herstellung eines neuen Gaskessels gearbeitet. Die zu diesem Bau angestellten auswärtigen Arbeiter verlangten bei der Fertigstellung des Kessels ein Faß Bier. Da ihrem Verlangen nicht gewillfahrt wurde, gerietben sie in ungewöhnliche Aufregung und umringten in drohender Stellung die Gasfabrik. Der Director der Fabrik, welcher hinaus eilte, um die Murrenden zu beruhigen, wurde mit Hacken und Schaufeln rc. attakirt und die zum Schutze ihres Directors herbeigeeilten einheimischen Arbeiter wurden mit einem Steinhagel überschüttet und in das Innere der Fabrik zurück gedrängt. Nun bombardirten die wüthenden Meuterer das Fabrik gebäude selbst und richteten durch die Zertrümmerung mehrerer Fenster und Beschädigung des Gaskessels nicht unbedeutenden Schaden an. Die einschreitende Polizei konute erst, als sie durch Militär verstärkt war, der Tumultanten Herr werden, worauf sieben der Hauptattentäter ins Gefängniß abgeführt wurden. Als am Freitag früh in München der Gendarm Josef Barth der dritten Brigade in dem Fremdenzimmer eines Wirthshauses an der Sendlingerstraße einen ihm verdächtig vorkommenden Fremden controlirte und die Vorzeigung der Legitimation verlangte, gab der bezeichnete Fremde plötzlich einen Revolverschuß auf oen Gendarmen ab und traf ihn in den linken Kiefer, gleichzeitig packte er den verwundeten Gendarmen an und suchte ihm den Säbel zu entreißen. Eine im Fremdenzimmer anwesende Mannsperson hatte sich inzwischen geflüchtet. Dem Gendarmen gelang es nach nahe zu viertelstündigem Ringen, den bezeichneten Fremden, welcher sich als der steckbrieflich verfolgte Postbote Georg Aschl von Traunstein bezw. Hammerau entpuppte, festzunehmen und mit Hiffe des später erschienenen Hausknechtes der Wirthschast und eines von der Send- lingerthorwache herbeigekommenen zweiten Gendarmen zur Polizei- direction zu bringen. Die Schwere der Verletzung des Gendarmen läßt sich, da die Kugel noch nicht entfernt werden konnte, z. Z. nicht bestimmen. Die Berner haben eine praktische Art, mit säumigen Steuer zahlern umzugehen. Diejenigen, welche ihre Militärpflicht- Ersatz steuer nicht bezahlen, werden militärisch eingezogen und in der Kaserne zum Reinigen der Räumlichkeiten und zu anderen Hand leistungen verwendet. Diese Leute stehen unter militärischer Auf sicht, erhalten militärische Kost und Unterkunft; dafür werden ihnen zwei Franken für den Tag von dem Schuldbetrag abgezogen. Man behält sie zehn Tage und wenn nach einiger Zeit die Bezahlung des Restes nicht erfolgt, so kann ein zweites Aufgebot erfolgen. Das System ist indessen noch .neu und wird sich wohl erst noch bewähren müssen. Wenn das Becken des Genfer Sees leer wäre, wieviel Zeit brauchte die Rhone, um es wieder zu füllen? Die Frage ist schon wiederholt gestellt und es gab Leute, welche meinten, der Strom brauche dazu 14 Tage; andere, welche hoch greifen wollten, hielten ein Jahr für ausreichend. Der Einsiedler-Kalender für 1888 stellt darüber folgende Rechnung auf: Der Genfer See hat eine Ober fläche von 577860OM Quadratmeter, seine größte Tiefe beträgt auf eine bedeutende Strecke 312 Meter; man kann daher eine mitt lere Tiefe von 150 Meter annehmen. Nach dieser Voraussetzung mißt der See in runder Zahl 90 Milliarden Kubikmeter Wasser?" Der mittlere Zufluß der Rhone beträgt in der Secunde 27 Kubik meter oder 2332800 Kubikmeter in 24 Stunden; um das Becken des Sees zu füllen, braucht also die Rhone — 106 Jahre. Ueber den Amsterdamer Diamantenhandel schreibt der Consul der Vereinigten Staaten von Nordamerika in seinem erst kürz lich veröffentlichten Handelsberichte: Die Einfuhr der Noh- Diamanten im Jahre 1886 war eine beträchtliche, überbot aber die Nachfrage nach geschliffenen Diamanten keineswegs. Die Preise der ersteren überstiegen die früheren in Folge der größeren Ausgaben in den Diamantfelderst, deren Ausbeute gegen wärtig meist in den Händen großer Gesellschaften liegt, die Höhere Preise erzielen wollen. Noh berechnet, kamen wöchentlich 20000Karat Noh-Diamant nach Amsterdam. Die Preise der geschliffenen Steine schwankten zwischen 16 Sh. (Fl. 9,60) und 11 Pfund (Fl. 132) per Karat, wiewohl manche Steine höhere Preise erreichen. Das Kapital in diesem Handel ist nicht ausschließlich holländisch, da ein großer Theil von Steinen Pariser und Londoner Häusern gehört. Berlin, Frankfurt, St. Petersburg, Moskau, Rom, Neapel, Bar celona, Madrid, Paris, London und New-Jork sind sämmtlich Märkte für Amsterdam. Außer in Antwerpen wird der Diamant handel nirgend in so ausgedehntem Maße wie hier betrieben. Der jährlich in Amsterdam an Diamantschleifer ausbezahlte Lohn be läuft sich auf ca. 609000 Pfd. oder etwa 7308000 Fl. und wird die Zahl der Beschäftigten auf 7 — 8000 geschätzt. Die Arbeits löhne für Schleifen, Poliren und Schneiden der Steine fallen in Folge Abnahme der Anzahl fähiger Arbeiter und der Zunahme von Anfängern. Im Jahre 1886 representirte die Diamanten- Ausfuhr aus Amsterdam nach New-Jork einen Werth von 275708 Pfd. gleich 2308496 Fl. holl. Bericht über Pvstdampfschiffe der Hamburg-Amerikanischen Packetiahrt-Acticn-Gesellschaft: „Sorrento", von Hamburg, am 27. October in New-Jork angekommen; „Wieland", von Hamburg, am 28. October in New-Jork angekommen; „Bohemia", von Hamburg, am 29. October in New - Jork angekommen. Literarisches. Wohl die beste Auslassung über eine vernünftige Reformation der ge genwärtigen Schulverbältnisse, soweit sie in lepter Zeit laut geworden, ist die Rede des bekannten Jenenser Professors Or. W Preyer „Natur- sorschung und Schule", die bei dem Aerzletaq in Wiesbaden gehalten, jept eben in der illastrüten Zntscknft „Vom Feld zum Meer" stier- auSgcgeben von W. Spcmann. redigirt von Professor Joseph Kürschner