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und TkßtölM. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwoülicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. MErscheint jede« Woche-.t-rg Nachmitt. b Uhr für den . MV IH . anvern Laa. Preis vierteljährlich 3 Mark LS Pf., « -N-VM.» zweimonatlich 1 M. 50 Pf. mW einmsnatlich 7b Pf. - 8». Jahrgang. Dienstag, den 4. Mai. Jnferat« werden bi» Bormittag 11 Uhr angenom men nnd beträgt der Pret» für di« gespaltene Zeil« oder deren Raum 1b Pi. 1886 Lehrjahre. selbstbewußt, zur körperlichen Anstrengung untauglich, be- Die Annahme, daß die preußische Regierung vor Einbringung sonders aber sür eine schlichte praktische Belehrung un-> der beidm Branntweinsteuercntwürse Fühlung mit den zunächst zusagt, daß der heilige Stuhl die offizielle Versicherung erhalte, daß man in nächster Zukunft eine Revision derjenigen früheren kirchenpolitischen Bestimmungen unternehmen werde, welche in der jetzigen Vorlage nicht erwähnt sind. Indem die Regierung hierin nur eine freundliche Erwiderung des Entgegenkommens, welches sie durch ihre dem Landtage gemachten Vorlagen be wiesen hat, erblicken konnte, hat sie nicht gezögert, durch Note vom 23. April d. I. dem heiligen Stuhle die gewünschte Zu sicherung der Bereitwilligkeit zu einer weiteren Revision der kirchenpolitischen Gesetze auszudrücken. Zu ihrer lebhaften Befriedigung ist die königliche Staatsregierung gegenwärtig in den Stand gesetzt, der Landesvertretung eine weitere Note des Kardinal-Staatssekretärs Jakobini mitzutheilen, Inhalts deren Seine Heiligkeit der Papst, um ein thatsächliches Unter pfand seiner friedfertigen Gesinnung zu geben, aus eigener Initiative und ohne die vollständige Erfüllung der ausge sprochenen Voraussetzungen zu erwarten, sich entschlossen hat, schon jetzt einen Theil der gemachten Zusagen vorweg zu er füllen und die Anzeige für die gegenwärtig vakanten Pfarreien schon von jetzt ab eintreten zu lassen. Indem ich mich beehre, Ew Hochwohlgeboren diese Note in deutscher Uebersetzung zu übersenden, verbinde ich damit das Ersuchen, dieselbe zur Kenntniß der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten bringen zu wollen." — Die im Vatikan herrschende Geneigtheit zu einem raschen Friedensschluß die Hand zu bieten, wird jetzt von allen Seiten bestätigt. Wie der „Wests. Merkur" versichert, hat der Papst zu den Rompilgern gesagt, daß er nicht zweifle, binnen Jahres frist mit der preußischen Regierung zu einem vollständigen Ausgleich zu gelangen. Die „Kölner Volkszeitung" meldet, daß sämmtlichen preußischen Diözesen eine päpstliche Anweisung zuging, die Kandidaten sür die vakanten Pfarreien der Regierung anzuzeigen, eine Nachricht, die von der „Schlesischen Volks zeitung" vollinhaltlich bestätigt wird. Es versteht sich von selbst, baß bei einem solchen Stande der Dinge die alten Kulturkampf-Erinnerungen unbequem gesunden werden. Die „Nordd. Allg. Ztg" bemerkt deshalb über die Auffrischung einer vom Reichskanzler angeblich im Mai 1880 gethanen Aeußerung über die Kirchenpolitik, der Gedanke, welcher jenen Worten zu Grunde liege, sei damals in anderer und besserer Form von vielen Seiten ausgesprochen worden, in dieser Ge stalt aber mit der Wendung vom „Fechtboden" bestreite der , Reichskanzler heute wie vor sechs Jahren ihm jemals betheiligten Bundesregierungen genommen habe, dürfte sich als richtig erweisen. Im Reichstage werden die Steuervorlagen diesmal weit geringeren Widerstand finden, da das Zentrum durch die vollständige Wendung der preußischen Kirchenpolitik gezwungen sein wird, seine systematische Opposition aufzugeben. Der Abschluß des Kulturkampfes ist eine Thatsache geworden, mit der alle Parteien im deutschen Reichstage und in dem preußischen Abgeordnetenhause rechnen müssen. Der Präsident )er preußischen Volksvertretung erhielt folgende vom 1. d. M. datirte Zuschrift des Kultusministeriums: „Mittelst Schreibens vom 8. April d. I. war ich in der Lage, dem Herrn Präsi denten des Herrenhauses eine Note des Kardinol-StaatssekretärS Jakobini zu übersenden, welche nach Annahme des in der parlamentarischen Berathnng begriffenen kirchenpolitischen Gesetz entwurfs die Erfüllung der ständigen Anzeige für den Fall Tagesschau. Freiberg, den 3. Mai. Im deutschen Bundesralhc ist man der Ansicht, da sich die neuen Steuervorlagen in den Ausschüssen rasch ab wickeln und die Bevollmächtigten bis zum Beginn der Aus schußarbeiten von ihren Regierungen alle erforderlichen In formationen erhalten haben werden. Besonders hofft man die schnelle Erledigung der Zuckersteuer-Vorlage, die dem nach den deutschen Reichstag zuerst beschäftigen wird. lusdruck gegeben zu haben. — Wahrscheinlich von der- elben Seite veranlaßt, versichert die „Fuldaer Zeitung", daß sie Mittheilung der „Schles. Volksztg.", Fürst Bismarck habe zu dem Bischof von Fulda gesagt, „daß er selbst nicht gegen die alsbaldige Rückkehr der Orden, einschließlich der Jesuiten, etwas einzuwenden habe, daß aber von den Ministerkollegen doch wohl einige darüber stolpern würden," unter die unglaublichen Sensationsnachrichten verwiesen werden müsse. Eine in dem „Armeevcrordnungsblatt" veröffentlichte Ordre des Kaisers betrifft die provisorische Einrichtung einer dritten Landwehrinspektion im Bereiche des dritten Armeekorps mit Berlin als Garnison, bestehend aus einem Generalmajor, eineru Adjutanten, einem inaktiven Offizier, sowie dem erfor- derlichen Unterpersonal. — Die Finanz-Angelegenheiten des Königs von Baiern gehen einer raschen und alle Theile befriedigenden Erledigung entgegen. Am vorigen Freitag hat in München bei dem Präsidenten der bairischen Abgeordneten kammer eine vierstündige Besprechung zwischen sämmtlichen Staatsministern und allen Fraktionsvertretern über ein durch die Zivilliste zu verzinsendes und zu tilgendes Staatsanlehen stattgesunden. Es besteht dem Vernehmen nach allseits Geneigt heit zur Bewilligung, die keineswegs von einem Wechsel des Ministeriums abhängig gemacht werden soll. Der Kaiser von Oesterreich hat mit dem Erzherzog Josef dem gestern Nachmittag in Pest stattgefundenen Be- empfänglich mache. Die Nothwendigkeit der Fortbildungs- „ . .schulen beweist am besten, daß die Schule im Allgemeinen Zu Ostern ist wieder eine Anzahl von Jünglingen der Anforderungen nicht zu hoch stellt. Was aber die Schule entwachsen und m die Lehre getreten und da 'st Charakterbildung betrifft, so wird dieselbe von der Schule nun wohl Manchem derselben bereits in diesen Tagen die Weitem nicht so bestimmt, wie von dem Leben der Wahrheit des Sprichwortes klar geworden , daß Lehrjahre Familie, das im Kleinen stets das Gepräge des Zeitgeistes keine Herrenjahre sind. In mancher Werkstatte mag aber um die Lehrlingsfrage befriedigend zu lösen, wird auch wieder die oft gehörte Klage laut werden, daß die vor Allem daran arbeiten müssen, eine Gesundung des Lehrlinge jetzt weit schwerer als früher an die praktische Familienlebens herbeizuführen, durch welche die ganze Er- Arbeit zu gewöhnen sind und eme strenge Zucht nur selten und Willensrichtung der Knaben sicher wohlthätig ertragen. Mancher Handwerksmeister erinnert sich dabei beeinflußt werden wird. Immerhin sollte aber der gewisfen- der alten Zeit, wo er noch selbst Lehrling war, fichm ga"L hafte .Handwerksmeister seine Aufgabe in demselben Sinne anderer Weise fugen mußte, dafür aber auch sich eines ^fassen, wie der pflichtgetreue Lehrer, der nicht nur unterrichten, Vortheils erfreute, den dieNeuM fast gar nicht mehr auch erziehen will. Die Schule kann immer nur kennt den, zur Familie des Meisters gerechnet zu werden. Mittelglied der Erziehung bilden, denn der ihr zuge- Die Erinnerung an das frühere schone Patnas hat bis zu seinem sechsten Lebensjahre bereits mß zwischen Meister, Gesell und Lehrling hat m den letzten ^rch die häusliche Erziehung eine schwer zu beseitigende Jahren die lebhaften Bestrebungen nach den Zwangs zum Guten oder zum Bösen erhalten und der wachgerufen, von denen man vielfach eine Wiederherstellung Schule verlassende vierzehnjährige Jüngling kann noch jener Beziehungen zwischen den Arbeitgeber» und den Ge- keineswegs von sich sagen, daß seine Erziehung vollendet werbsgehilsen erhofft, wie sie zur Zeit der Zünfte bestandm Die Letztere wird vielmehr in der Lehre fortgesetzt Wenn die bisherigen Abänderungen der Gewerbeordnung ^nd deshalb sollte jeder Vater, der seinen Sohn lieb hat, nach dieser Richtung hrn den daran geknüpften Erwartungen I tzbnselben nur einem Meister anvertrauen, der nicht mcht entsprochen haben, wenn auch sM selbst Tüchtiges leistet, sondern auch durch Fleiß, rung der obligatorischen Innungen die früheren patriarchalen I Rechtschaffenheit, Einfachheit, Sparsamkeit und Sitten- Zustande nicht wieder Herstellen wurde, so ist das nur zul^mge sich zum Lehrherrn, Erzieher und Vorbild eignet, natürlich. Die Wiedereinführung der alten Ordnungen und Allgemeinen begehren nur wenige Knaben eine Lehre Formen kann niemals genügen, um damit die alte Zeit der ^Werkstatt eines charakterfesten, strengen Meisters, zuruckzurufen, aus deren Zuständen das Zunftwesen natur- dxx keine Unpünktlichkeit, Lässigkeit oder Rohheit ungerügt gemäß hervorgesproßt war. Das Maschinen- und Fabrik- und untüchtige oder unmoralische Gehilfen schonungs- ,hat studem völlig neue Verhältnisse geschaffen, du entfernt. Ein einsichtiger Vater wird es aber für ein Gewerbefrerhelt und Freizügigkeit haben Begriffe erzeugt, MM schätzen, seinen Sohn bei solchem Meister unterzu- beseitigen wsfen und .ebenso wenig I bringen, wo sich derselbe zu einem so kernfesten Charakter lassen sich die Anschauungen, welche der Staatssozialismus hxraubilden kann, daß er später, wenn er in die Ferne zieht, und die Sozialdemokratie großgezogen haben, gänzlich wieder ^sichert ist gegen Verführung und Unrecht. Wenn im aus den Werkstätten verbannen. I Anfang der Lehrzeit der Knabe solche strenge Zucht nicht Wenn sich aber auch auf dem Wege der Wiedereinfüh- „ach feinem Geschmack findet, so wird ihn der vernünftige rung der Zwangsinnungen nicht die Wiederherstellung des Vater belehren, daß diese Prüfungszeit zu seinem Heile ist, früheren herzlichen Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und unberechtigte Klagen aber streng zurückweisen. Arbeitnehmern bewerkstelligen läßt, braucht man deshalb Soll sich das Verhältniß zwischen Meister und Lehrling doch nicht an der Möglichkeit E muß ab« auch der letztere gleich Beziehungen zu verzweifeln. Gerade die jetzige druckende I per ersten Stunde an herausfühlen, daß ihm bei aller Ge chaftslage welche die gewerblichen Kreise wieder zu Strenge ein väterliches Wohlwollen entgeqengebracht wird, größerer Einfachheit Mnatund d.e Gewerbsgehilfen durch ^s nur von feiner eigenen Strebsamkeit und Willigkeit die Verringerung der Aussichten auf baldige und lohnendere ein Glied des Hauses des Meisters geachtet Beschäftigung m einer anderen Werkstatt langer al? sonst I werden. Sehr nachtheilig wirkt es auf das ganze Ver- Meister fortarbeltcn laßt, hat bereits m den zurück, wenn Lehrlinge und Gesellen von dem Tische Arbeitsvcrhaltmssen Stetigkeit veranlaßt. In des Meisters fern gehalten werden oder ihnen bei diesem keine der ehemaligen flotter^ hatten diefe Verhal m gewährt wird. In vielen größeren Städten hat den Charakter gro^ diesen im Fabrikbetrieb unabwendbaren Uebelstand genommen wobei Meffter und im kleinen Gewerbebetriebe nachgeahmt, theils aus «Md blieben ^r Gesellen theils in Folge der gesteigerten Lebens- höchst ungunsttg auf die Lehrlinge zuruckw^ einzelner schon im Elternhause arg verwöhnter entwöhnte sich m den glanzenden Geschäftsjahren, in dem I Lehrlinge und Gehilfen. Für unerfahrene und'im Charakter Gesellen den künftigen Handwerksgenossen, in dem Lehrling ungefestigte Jünglinge ist solche Ungebundenheit um öur Erziehung anvertrauten ^l)cn. gefährlicher, als es gerade in diesem Alter darauf an ¬ hand aber cmerfeiG der Meister bei dem damaligen Wohl- jommt, welcher Umgang sich ihnen darbietet, welche Nei- leben emen annähernd freund chastl,che,i Verkehr mit den l^/, ^n geweckt und gefördert werden. Für die Gehilfen unthunlich , eine väterliche Bea^ Haufe des Meisters entfremdeten Gehilfen sollen die Berachung der Lehrlinge lästig und überflüssig, so hatte er ^bergen zur Heimath ein passendes Unterkommen bieten, m selbst zuzuschrclben, wenn er der semm Leuten jede wenn auch dadurch die sittlichen Gefahren abgewendet Anhänglichkeit vrrnuffeil mußte, wenn ihm häufig unange-1 werden, kann doch nur der Arbeitgeber auf eine rechte An- mcssene Anspniche und Widerwilligkeit cntgegentraten. Die hänglichkeit seiner Gehilfen und Lehrlinge rechnen, der ihnen Noth hat auch m dieser Beziehung beten geehrt em ge-I eigenen Hause ein behagliches Unterkommen gewährt und sunderer Geist ist wieder m die meisten Werkstätten gc- ^durch in demselben das Gefühl der Zusammengehörigkeit kommen und sehr richtig hat sich auch der Gewerbestand wach erhält. Die jetzt viel gehörten Klagen über Gehilfen bemüht, dem Lehrlmgewesen wieder eme festt Lehrlinge werden verstummen, wenn auf der einen dm zu diesem Zweck geschaffenen neueren I ^ite aufrichtiges Wohlwollen, auf der anderen Vertrauen, gesestichen Bestimmungen fft aber nur dann geholfen, wenn ^f beiden Setten aber strenges Pflichtgefühl und gute, denjclben rn dem rechten Geiste nachgekommen wird. alte deutsche Zucht und Sitte walten. Es ist nicht zu leugnen, daß die jetzt Heranwachsende Jugend sich nur ungern der Autorität beugt, viel lieber dem Drang der Freiheitsgelüste die Zügel schießen läßH und in ihrer Altklugheit oft die Erfahrungen mißachtet und die wohlmeinenden Winke der Erwachsenen belächelt. Um so mehr bedarf es eines festen männlichen Willens, eines wohlmeinenden Ernstes und eines Achtung heischenden Beispiels, um im Hause und in der Werkstatt die uner läßliche Zucht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Mil Unrecht hat man der Schstle den Vorwurf zugeschvben, daß sie durch ein Uebermaß des Unterrichts die Knaben zu selbstbewußt, zur körperlichen Anstrengung untauglich, be-