Volltext Seite (XML)
I, 6IN ), s: an Wieder Kass. i». t«üt den bendz Saale »d. nck. bendz be. 8. »tag, kauf- erlin oldi- er. cdurch 6 Uhr t ver- ccitaq. atl. n. Frau, achm. r. 44, beiter. » i e i». »tag. nicht Kale: seil, ^aube. »gen »end, Nen. I8t " H. März, 6, 87, — 7«0 - 7« - 7» - 7U> «. k. Des Bußtags wegen erscheint Vie «iichste Nummer vieseS Blattes Sonnabend Nachmittag S Uhr. Inserate »erd«« bi» Vormittag 11 Uhr angenom» !! mm und betragt der für die ^pa!tm« Zeile n DZ v V» . 88. Jahrgang 71. jLLZSEZj Freitag, -e» 2«. März. MkWrAlME und TagME. Amtsblatt für die königlichen und Wuschen Behörden zu Freiberg und Brand. Berantwortmher Redakteur: Iuliu« Braun in Freiberg. Der Kulturfrieden. Das Friedenswerk, welches mit der Vorlage der Kirchen- gesetznovelle im preußischen Herrenhause begönnen hat, be sitzt eine so große Tragweite für das ganze Deutsche Reich, daß man dem Schicksal dieses Gesetzentwurfs, welcher den „Kulturfrieden" herbeiführen foll, allgemein die lebhafteste Thcilnahme zollt. Die betreffende Vorlage war zunächst einer Kommission von zwanzig Mitgliedern überwiesen worden, über deren Berathungen das nefste Stillschweigen bewahrt wurde. Bei der Schlußabstimmung über den jetzt vorliegenden Kommissionsbericht fehlten fünf Mitglieder, eines stimmte mit Nein, zwei Mitglieder enthielten sich der Abstimmung und von den übrigen zwölf, welche dem Berichte zustimmten, erklärten einzelne, daß sie sich für die schließ liche Abstimmung im Plenum volle Freiheit für den Fall vorbehielten, daß zu ihrem Bedauern das Friedenswerk nicht gesichert erscheinen sollte. Wenn selbst in der Herren- Haus-Kommission so lebhafte Zweifel an dem Erfolge der eingeleiteten Friedensaktion laut geworden sind, so erklärt sich dies unschwer aus der neuerlichen Haltung der römi schen klerikalen Blätter, welche offenbar im Interesse des Jesuitenordens eine Versöhnung zwischen dem Vatikan und dem Berliner Kabinet hintertreiben möchten. Das von dem „Moniteur de Rome" aufgetischte Märchen von einem französisch-englisch-russischen Bündniß, durch welches Mittel europa und die Türkei in einen Schraubstock genommen und das System Bismarck zum Fall gebracht werden sollte, hat recht deutlich gezeigt, was die Jesuiten herbeiwünschen. Die angebahnten Friedensverhandlungen kann eine so plunipe Fabel unmöglich stören und ebensowenig vermag dieselbe den freundlichen Eindruck zu schmälern, den das aufrichtige Bemühen des greisen deutschen Kaisers, die Gewissensnoth seiner zahlreichen katholischen preußischen Unterthanen zu lindern, nothwendig auf die letzteren machen muß. Beirren könnte diese Kreise weit eher die der „Germania" angeblich aus Rom zugegangene telegraphische Mittheilung, die Be schlüsse der preußischen Herrenhaus-Kommission seien nicht derart, daß ihnen der Vatikan zustimmen könne. Das er wähnte Blatt knüpft daran die Bemerkung: „Es ist nicht ausgeschlossen, daß, gegenüber der bestimmten Aussicht, sowohl den Bischof von Fulda wie das Zentrum gegen die Vorlage stimmen zu sehen, die Regierung sich zu weiteren Zugeständnissen entschließen würde. Sollte sich diese Aussicht als trügerisch erweisen, so können wir keinen Augenblick zweifelhaft sein, entschlossen gegen die ganze Vorlage zu stimmen. Besser mit Hoffnung auf die Zukunft weiter kämpfen, als die für uns bestimmten Fesseln selbst schmieden helfen." Zu solchem hartnäckigen Widerstand bietet die preußische Regierungsvorlage gar keine Veranlassung, da sie offenbar darauf berechnet ist, den kirchenpolitischen Gegensatz zu mildern, so weit das unter Wahrung unaufgebbarer An sprüche des Staates möglich ist. Die Herrenhaus-Kom mission ging in dieser Beziehung noch einige Schritte weiter, ohne daß deshalb die Friedensaussichten wesentlich gebessert worden wären. Die Kommission stimmte sehr bereitwillig dem 8 1 der Vorlage zu, welcher formell auf die kirchliche Staatsprüfung verzichtet, schlug aber außerdem vor, die Strafbestimmungen gegen unbefugte Ausübung des geistlichen Amtes für unanwendbar auf das Lesen stiller Messen und das Spenden der Sterbesakramente in Noth fällen zu erklären. Betreffs der Vorbildung der Geistlichen arbeitete die Kommission Bestimmungen der Maigesetze und der neuen Regierungsvorlage zusammen. Für diejenigen Diözesen, in denen es keine katholisch-theologische Fakultät giebt, lassen auch die Maigesetze Seminare zu, wenn dieselben so eingerichtet sind, daß sie das Universitäts-Studium er setzen können. Die Kommission sagt: „Diese Seminare sind nur für diejenigen Studirenden bestimmt, welche dem Sprengel angehören, für den das Seminar errichtet ist. Der Minister der geistlichen Angelegenheiten kann jedoch hiervon Ausnahmen gestatten." Damit scheint das ganze Universitäts studium der katholischen Theologen preisgegeben. Die Regierungsvorlage wollte dem Kammergericht die Entschei dung überlassen für den Fall, daß gegen einen Geistlichen ein Antrag auf Unfähigkeit zur Bekleidung des Amtes ge stellt wird. Die Kommission schlägt dagegen vor, die Rege lung des Erforderlichen einer Anordnung des Königs vorzubehalten. Ebenso soll der Regierung Vollmacht zur Dispensation vom Eide der Bisthumsveiweser erthcüt werden. Weitgehender noch erscheint derVorschlag, daß unter die Bestimmungen gegen den Mißbrauch geistlicher Strafmittel zu politischen Zwecks die Versagung kirchlicher Gnadenmittel nicht mehr fallen solle, sowie der aufgmellte Zusatzartikel über die Zulassum der Krankenpfleger-Orden zur Pflege und Leitung in Waisenanstalten, Rettungs anstalten u. s. w, wodurch den Ordensbrüderschasten wieder ein Theil der Jugenderziehung überlassen wird. Ueber diese weitgehenden Konzessionen durfte es bei der Plenarverhandlung im preußischen Herrenhause, die am Freitag ihren Anfang nehmen soll, zu ernsthaften Debatten kommen, die sich im preußischen Abgeordnetenhaus« um so lebhafter fvrtsetzen werden, als wahrscheinlich die gänzliche Beilegung des kirchenpolitischen Streites durch keine Nach giebigkeit zu erzielen sein wird, welche nicht auch dem Jesuitenorden wieder Thor und Thür öffnet. Anscheinend wünscht die preußische Regierung, daß die von ihr vorgelegte Kirchengesetznovelle im Landtage Annahme finde, gleichviel ob damit der Vatikan vollständig befriedigt wird oder nicht. Der Minister von Goßler erklärte m der Kommission aus drücklich: „Alle Parteien hätten durch den Kulturkampf gelernt; der Staat müsse in seinem eigenen Interesse Er hebliches aufgeben, andererseits die katholische Kirche elastisch genug, um den nationalen Bedürfnissen Raum zu geben. Wie weit man in seinen Konzessionen gehen könne, hänge davon ab, ob wirklich zu hoffen sei, daß der Kampf zwischen Staat und Kirche zu Ende geführt werde. Was die Anzeige betreffe, so beherrschen zwei Systeme die Welt, Trennung der Kirche vom Staat, und Anerkennung ge meinsamer Grundlagen. Das erstere führe zu religionslosen Schulen, das letztere sei aber vorzuziehen, und es sei dabei von hohem Werth für das Fortbestehen der katholischen Kirche in Deutschland, daß die Geistlichen derselben deutsche Bildung, die Priester- schast einen nationalen Charakter habe. Es wurde hierfür der Ausspruch eines deutschen Kirchenfürsten angeführt und bemerkt, daß mit dieser nationalen Frage die Anzeigepflicht zusammenhänge. Dieselbe sei von der Kirche wohl haupt sächlich wegen des damit in Verbindung stehenden Gerichts hofes abgelehnt worden, und müsse als nothwcndige Gegen leistung gegen die in diesem Gesetze zu bewilligenden Kon zessionen angesehen werden." Von dem aufrichtigen Friedenswunsche der preußischen Regierung giebt ein weiteres Zeugniß ein bedeutsamer Ar tikel der „Kölnischen Zeitung", in dem es heißt: „Wenn verschiedene Parteiblätter als unerläßliche Bedingung für die Annahme der Kirchengesetznovelle hingestellt haben, daß die Kurie für die demnächstige Erfüllung der Anzeigepflicht Gewähr leiste, so haben sie hierbei keineswegs nach einem Wunsche der Negierung gehandelt. Bei der kirchenpolitischen Vorlage handelt es sich um einen Akt „souveräner Gesetz gebung". Der König von Preußen will seinen katholischen Unterthanen diejenigen Erleichterungen gewähren, die ohne Schädigung der staatlichen Souveränetat gewährt werden können; es sollen der Kirche gewisse Befugnisse eingeräumt werden, welche die Rechtssphäre, darin der Staat frei gebieten können muß, unberührt lassen. Indem die übrigen Theilnehmer der gesetzgebenden Gewalt sich dem königlichen Willen anschließen, wird derselbe zu einem in Preußen geltenden Gesetz. Einer weiteren Mitwirkung bedarf es nicht; und mehr als das, dieselbe wäre in hohem Grade bedenklich. Wenn die gesetzgebenden Körperschaften ihre Zustimmung zu der Vorlage von dem Gefallen des heiligen Vaters oder von der Erfüllung gewisser Bedingungen seitens der Kurie abhängig machen wollten, so würbe damit der Charakter der Vorlage als einer Gesetzesvorlage verdunkelt werden. Rechtlich liegt die Sache unzweifelhaft so, daß der preußische Staat kraft seiner Gewalt den Katholiken Freiheiten einräumt. Jeder Schein sollte ver mieden werden, als ob es sich um ein zweiseitiges Geschäft handelte, das mehr oder minder immer einen konkordats- mäßigen Charakter an sich tragen würde. Der Papst hat bei der preußischen Gesetzgebung keinerlei Mitwirkung und auch der Schein, als ob dem so sei, sollte vermieden werden. Die Regierung aber soll und muß endlich mit sich ins Reine kommen, eine kirchenpolitische Gesetzgebung zu haben, die eine endgiltige und unabänderliche ist." Diese unver kennbar hochosfiziöse Kundgebung wirkt verblüffend auf weite Kreise, in welchen man bisher der Ansicht war, daß der Staat keinen Grund habe, einseitig weitere kirchen politische Konzessionen zu machen, wenn auf der andern Seite sich kein Entgegenkommen bemerkbar mache. Wolle der andere Theil den Kampf unter allen Umständen fort-, setzen, so brauche man ihm auch keine Friedensgaben anzu« bieten. Den einzigen Schlüssel zu dem räthselhaften Re« gierungsstandpunkte bietet der bemerkenswerthe Satz: „Der König von Preußen will seinen katholischen Unterthanen Erleichterungen gewähren", ein Ausspruch, welcher der edlen, wahrhaft menschenfreundlichen Gesinnung des greisen deutschen Kaisers ein neues ruhmvolles Zeugniß ausstellt. Tagesschau. Freiberg, den 25. März. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht folgenden Erlaß des deutschen Kaisers an den Fürsten Bismarck: „Noch ist die freudige Bewegung, welche jüngst bei der Feier meine- fünf undzwanzigjährigen Regierungsjubiläums durch das ganze Land ging, mir in lebendiger Erinnerung, noch ist der tiefe Eindruck, welchen ich durch die zahlreichen Huldigungen an jenem Tage empfunden, meiner Seele nicht entschwunden und schon wieder nach Verlauf nur weniger Wochen stehe ich vor einer Fülle von Glück- und Segenswünschen, welche mir von meinem ge liebten deutschen Volke von Nah und Fern zur Vollendung meines 8S. Lebensjahres am 22. März in mannigfachster Weise dargebracht wordm find in Adressen und Telegrammen. Es wird mir von städtischen und kirchlichen Gemeinden, von Korporationen, Vereinen, Verbänden und Anstalten jeglicher Art die Liebe und Anhänglichkeit auf's Neue bestätigt. Poesie, Musik, Malerei und das Kunstgewerbe sind in den Dienst des Tages gestellt worden, um mir auch sichtbare Zeichen der Treue und Ergebenheit zu gewähren. Ueberall im Lande ist die Wiederkehr memes Geburtstages als ein Nationalfest begangen worden. Inmitten des reichen Blumenflors, welcher mir von verschiedenen Seiten gespendet worden ist, schlägt daS Herz voll dankbarer Freude über die erhebenden patriotischen Kund gebungen. Aus ihnen schöpfe ich erneut die Kraft und das Vertrauen, trotz meines Alters für des Volkes Wohlfahrt in ernstem Bemühen auch ferner, so lange es Gottes Wille ist, zu wirken. Ties gerührt von so vielen Beweisen warmer Theilnahme drängt eS mich, Allen, welche durch liebevolle Auf merksamkeiten dazu beigetragen haben, mir den neunzigsten Ge burtstag zu einem weihevollen Festtage zu gestalten, den innigsten Dank dafür auszusprechen. Ich beauftrage Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntniß zu bringen." — Am Dienstag Abend Haden die kaiserlichen Majestäten die in Berlin anwesenden Fürstlichkeiten, die Mitglieder der königlichen Familie und andere hohe Personen als Gäste bei sich zum Thee gesehen. Gestern Vormittag stattete der König von Sachsen dem Kaiser einen längeren Besuch ab. Nachmittags unternahm der Kaiser eine Spazierfahrt. Um 5 Uhr sand im königl. Palais ein kleines Familiendiner statt, an welchem auch die zur Zeit noch in Berlin anwesenden fremden Fürstlichkeiten theilnahmen. Der deutsche Reichstag setzte gestern die zweite Berathung des Auer'schen Antrages über die Arbeiterschutzgesetzgebung fort. Eine von der Kommission empfohlene Resolution ver langte die obligatorische Einführung von Gcwerbegerichten mit der Maßgabe, daß die Beisitzer derselben zu gleichen Theilen von Arbeitgebern und Arbeitern in getrennten Wahlkörpern und unmittelbarer gleicher geheimer Abstimmung gewählt werden. Abg. Schmieder beantragte von dem obligatorischen Charakter der Einführung der Gewerbegerichte wegen der zu großen Kosten abzuschen. Abg. Kayser bemerkte, er werde mit seinen Freunden für die Resolution stimmen. Bundes- kommiffar Mosse erklärte, daß der Bundesrath sich noch nicht schlüssig gemacht habe, daß aber die verbündeten Regie rungen nicht wünschen könnten, durch das Verlangen obliga torischer Gerichte eingeschränkt zu werden. Der Antrag des Abg. Schmieder, das Wort „obligatorisch" zu streichen, sei wohlbegründet. Derselben Meinung war Abg. Struckmann; er sand es auch sehr zweifelhaft, ob unmittelbar eine gleiche geheime Abstimmung durchführbar sei. Abg. Hitze wünschte getrennte Abstimmung über den Wahlmodus. Abg. v. Vollmar trat dem Abg. Struckmann entgegen und sagte, die Manipulation, hier und da ein Wort zu streichen, mache den Eindruck, als ob den Antragstellern die ganzen Schiedsgerichte unangenehm seien, Abg. Klemm sprach für den vorgeschlagenen Wahl modus, Abg. von Maltzahn für die Resolution. Hieraus wurde der Anttag Schmieder abgelehnt und die Resolution