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gegen die fünf Stimmen der „Deutschsreisinnigen" und Sozial Tagesschau. Freiberg, den 17. März. Der deutsche Reichstag ermächtigte gestern sein Präsidium Sr. Majestät dem Kaiser zu seinem Geburtstage die Glück wünsche der deutschen Volksvertretung zu überbringen. Hierauf wurde die zweite Berathung des von den Abgg. Auer und Genosfcn eingebrachten Gesetzentwurfes, betreffend die Errich tung eines Reich sarbeilsamtes u. s. w, fortgesetzt. Abg. Grohe sprach gegen die Organisation von Arbeits ¬ kammern. Em Rcichsarbeitsamt wünschten er und seine' Landtags in Reichsfachen, bestritt, daß nur Norddeutschland Freunde auch, vorläufig betrachteten sie aber die Zustimmung l finanzielle Reichsvortheile habe und führte aus, die bairische zu der von der Kommission vorgeschlagenen Vermehrung der! Ausfuhr werde gefördert durch die Reichspolitck und günstige Fabrikinspektoren als eine Abschlagszahlung. Abg. Hart- Bahnintraden, Stempelsteuern und Zölle bewirkten, daß die mann nahm den Bericht der Kommission gegen den Vorwurs s Reichsschlußrechnung zweifellos für Baiern vortheilhast sei. Der der Parteilichkeit in Schutz, sprach gegen den Antrag Auer' Minister legte zissermäßig dar, daß das Land 16 Millionen demokraten wurde die Regierungsvorlage gutgehcißen. Darauf ging man zu der Berathung des Moltkefchen Gesetzantragcs über. Da Abg. Freiherr v. Manteuffel dem Pensions gesetz rückwirkende Kraft für die Pensionäre ans dem fran zösischen Kriege geben wollte, verlangte man zunächst zu wissen, welche finanzielle Wirkung dies haben würde. Man war da rüber einig, die Vergünstigung der rückwirkenden Kraft bis zum Jahre l 864 auszudehnen. Dementsprechend wurden auch die Fragen an die Kommissarien des Bundesraths gestellt, zu welchen Letzteren sich der Direktor im Reichsschatzamt, Geh. Rath Aschenborn, gesellt hatte. In der nächsten Sitzung soll die Kommission die verlangte Auskunft über die finanzielle Wirkung der Rückwirkungsbestimmung erhalten. — Im preußische «Abgeordneten Hause gelangte gestern der Etat der Lotterie zur Berathung, wobei Abg. v. Limburg- Stirum Namens der Budgeltommission beantragte, die Zahl der Loose zu vermehren und dadurch die Einnahmen von 4 054 646 Mk. auf 6 081 969 Mark zu erhöhen, sowie die Regierung zur Verdoppelung der Zahl der Loose für das Jahr 1887/88 auszufordern. Abg. v. d. Reck beantragte dazu, noch im Lause der Session einen Gesetzentwurf einzu bringen, welcher die Tantiemen und die Gewinnantheile be seitige, wie den Zwischenhandel mit Loosen mit Steuern belege. Die Abgg. Gerlach, Meyer (Breslau) und Gneist waren gegen den Antrag der Kommission, die Abgg. v.Rauch- haupl und Kieschke sprachen für denselben. Der Finanz- ministcr v. Scholz erklärte, die Vorschläge der Kommission zu billigen. Nach der weiteren, von den Abgg. Cremer, Windthorst und dem Finanz minister geführten De batte wurden die Anträge der Kommission unter namentlicher Abstimmung mit 191 gegen 131 Stimmen angenommen. Der Zusatzantrag des Abg. v. d. Reck wurde abgelehnt. Im Exlraordinarium des Etats der Bauverwaltung werden die sür die Vorgrabenbrücke bei Kosel geforderten 280000 Mark bewilligt, die zur Erweiterung des Archivgebäudes in Hannover geforderten 150 000 Mark jedoch, dem Kom- missionsantrage entsprechend, von dem Etat abgesetzt. — In der bairischen Abgeordnetenkammer be kämpfte gestern bei der Berathung des Etats sür Reichszwecke der klerikale Abgeordnete Stamminger die Kolonialpolitik. Der bairische Finanzminister betonte die Inkompetenz des Lohmann bezeichnete die Resolution der Kommission als unbedenklich, machte aber darauf aufmerksam, daß die Regelung der Stellung der Fabrikinspeltoren den Landesbehörden zu überlassen sei. Abg. Baumbach sprach gegen den Antrag der Sozialdemokraten auf Regelung der Stellung der Fabrik inspektoren, sowie gegen die Einführung einer Arbeitskommission. In demselben Sinne äußerten sich die Abgg. vonHertling und Merbach Der Letztere meinte, der Antrag Auer werde den Arbeitern wenig helfen, denn was derselbe verlange, sei undurchführbar. Er bitte deshalb den Antrag Auer abzu lehnen und sür die Resolution der Kommission zu stimmen. (Beifall). Abg. Halben sprach ebenfalls gegen die Anträge Auer und bat, die Vermehrung der Fabrikinspektoren überall da eintreten zu lasten, wo es den vorhandenen Aufsichts beamten bisher nicht möglich gewesen sei, innerhalb eines Jahres mindestens die Hälfte aller Betriebe ihres Bezirkes zu besichtigen. Abg. Pfannkuch verwendete sich sür die sozial demokratischen Anträge, in welchen den Bedenken der anderen Parteien bereits Rechnung getragen sei. Abg. Grillen- berger schloß sich diesen Ausführungen an, denen darauf Abg. von Hertling entgegentrat. Damit schloß die Debatte. Nach persönlichen Bemerkungen und dem Schlußwort des Referenten Abg. Lohren wurde die Resolution der - Kommission (auf Vermehrung der Fabrikinspektoren) an genommen. Die nächste Sitzung findet heute Mittag 12 Uhr statt. Auf der Tagesordnung stehen die Schiff- > fahrtsabgabe auf der unteren Weser und die Zuckersteuer. — Die 22. Kommission des deutschen Reichstages, welcher die Vorberathung des vom Abg. Grafen Moltke ein gebrachten Gesetzentwurfes auf Abänderung des Militär- mission Abänderungen erfahren dürfte, welche die berechtigten Ansprüche der Deutschen nur zum Theile in Erfüllung gehen lassen. Darüber, daß die Ueberweisung des Antrages an eine Kommission nicht gleichbedeutend mit einer völlig befriedigenden Erledigung desselben ist, kann sich Niemand täuschen. Die Freude der Deutschen und der bittere Un- muth der Czechen über diesen anscheinend doch nur so kleinen Erfolg des deutsch-österreichischen Klubs erklärt sich nur durch den Umstand, daß man den Kampf des letzteren für die Staatseinheit endlich auch im Lager der Rechten zu würdigen begonnen hat, daß besonders die Klerikalen deutscher Nationalität einzusehen anfangcn, wie sie es vor ihren Wählern in Oberösterreich und in Tirol nimmer verant worten könnten, die deutsche Staatssprache dem czechischen Uebermuthe zu opfern. Hierbei handelt es sich um keine Streitfrage zwischen der Regierung und der Opposition, sondern um die Bewahrung und Vertheidigung der deutschen Sprache, deren weitere Beeinträchtigung sich nicht nur für die deutschen Bewohner Oesterreichs, sondern für diesen ganzen Staat, um den deutsche Sprache und Kultur ein schützendes Band schlingen, sicher verhängnißvoll erweise» würde. Die deutsche Sprache und mit ihr die deutsche Sitte zu erhalten, ist eine Lebensfrage für ganz Oesterreich, das nur gewinnen wird, wenn durch die Anerkennung der deutschen Sprache als Staatssprache das Deutschthum in Oesterreich wieder zu der Stellung gelangt, zu welcher es seine ganze Vergangenheit berechtigt. As ist hohe Zeit, daß unsere Landsleute jenseits der schwarz-gelben Grenz- Pfähle mit den Worten Schillers jubeln: „Der Oesterreicher hat ein Vaterland und liebt es und hat Ursach' es zu lieben!" Natton zu nennen. Dieser Ton der Empörung klingt auch i etzt noch in der gesammten czechischen Presse wieder und ! änn sich auch das deutschgeschriebene Prager Czechenblatt i „Politik" über das Wagniß des deutschösterreichischen Klubs i zar nicht wieder beruhigen. Eine Nummer dieses Blattes > vurde wegen eines diese Angelegenheit betreffenden Artikels konfiszirt. Wie sehr der bisherige Erfolg des Sprachen antrages die Czechen aufgeregt hat, bewerft der Beschluß des czechischen Bürgerklubs in Pilsen, falls den Czechen nicht sofort Garantien ihrer Gleichberechtigung gegeben würden, solle der czechische Klub alsbald aus der Regierungs partei austreten; würde aber der Scharschmid'sche Antrag gar durchdringen, so sollen die Czechen sofort geschlossen den Ncichsrath verlassen. Die österreichische Regierung und viele nichtczechischc Mitglieder der Rechten haben aber die staatssreundliche Bedeutung des Sprachenantrags richtig gewürdigt, der nicht, wie die Czechen es wollten, sofort niedergestimmt, sondern einem Ausschuß zur Vorberathung überwiesen worden ist. Bei der betreffenden Abstimmung erklärten sich von 276 Anwesenden nur 68 Abgeordnete (Czechen, Trentiner, einzelne Dalmatiner und Slowenen) sür die sofortige Verweisung des Antrages. Für die Ueber weisung an eine Kommission "'stimmt«! in wunderlicher Mischung Deutsche, Slowenen und Polen, Liberale und Klerikale, Ministerium und Opposition. Graf Taaffe hatte vorher den Sprachenantrag im Prinzip gebilligt, gleichzeitig aber einzelne Abänderungen desselben in der Kommission all wünschenswerth bezeichnet. In demselben Sinne bezeichneten seitdem die Wiener Regierungsblätter den Sprachenantrag als einen Boden, auf dem man sich recht wohl zusammen inden könne. Nichts kennzeichnet die bescheidene Stellung, welche das Deutschthum gegenwärtig in Oesterreich einnimmt, schärfer, als der unbegrenzte Jubel, mit welchem die Ueberweisung des Scharschmid'sche» Sprachenantrages an eine Kommission in allen deutschen Kreisen Oesterreichs ausgenommen worden ist. Dieser Antrag, den Baron Scharschmid im Auftrage des deutsch österreichischen Klubs im Abgcordnetenhause stellte, bezweckte in der Hauptsache die gesetzliche Feststellung der deutschen Sprache als Staatssprache Oesterreichs, gleich zeitig aber auch die Normirung von Durchführungsbestim mungen zum Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes über die Gleichstellung aller anderen Sprachen. Der deutsch- österreichische Klub, in welchem sich alle gemäßigt-liberalen Elemente vereinigen und die schärfere Tonart vermieden wird, hat hierher sowohl darnach gestrebt, dem Staate zu geben, was des Staates ist, als auch den Ländern be ziehentlich den einzelnen Volksstämmen, was ihnen mit Fug und Recht zukommt. Der Scharschmid'sche Antrag trägt den Wünschen der nichtdeutschen Stämme soweit Rech nung, als sich dies mit der Staatseinheit Oesterreichs und einer ehrenvollen Stellung der Deutschen innerhalb des Kaiserstaates verträgt. Von den Politikern der schärferen Tonart wird sogar behauptet, daß darin gegen die nicht- deutschen Stämme eine viel zu weit gehende Großmuth geübt wird. In Wahrheit verlangt der Antrag für den Ltaat und das Deutschthum nur das, was nöthig und unerläßlich ist, um den bisherigen Besitzstand des Dcutsch- thums zu sichern, dem Staate eine feste und geordnete Verwaltung zu ermöglichen; derselbe gewährt aber dabei den anderen zu Oesterreich gehörigen Stämmen den erfor derlichen Spielraum zu ihrer Entwickelung und Entfaltung. Man sollte meinen, daß sich auf solche Weise allein die Versöhnung der verschiedenen Nationalitäten ermöglichen läßt, welche das Ministerium Taaffe bei dem Beginn seiner amtlichen Thätigkeit als seine Hauptaufgabe hinstellte, aber in langen Jahren nicht zu Stande brachte. Es handelt sich bei dem Scharschmid'schen Anträge keineswegs um einen Angriff der Deutschen auf das Tzechenthum, sondern einfach um eine Vertheidigung des theuersten Gutes unserer deutschen Landsleute in Oesterreich, der deutschen Sprache. Es gilt dabei, einen ehrlichen und gleichzeitig durchaus maßvollen Versuch zu machen, die unglückselige Sprachenverwirrung zu lösen, die wie bei dem Thurmbau zu Babel, die zusammenwohnenden Völkerschaften in traurigster Weise entzweit. Eine Sprache muß schließlich als Staatssprache gelten, wenn auch den anderen Nationali täten ihre Sprachen in keiner Weise verkümmert werden. Zur Staatssprache Oesterreichs eignet sich aber nur die deutsche, welche der Abstammung des Hauses Habsburg entspricht, deren geschichtliche und kulturelle Bedeutung aber auch von keiner anderen Sprache in Oesterreich nur an nähernd erreicht wird. Würde der Scharschmid'sche Sprachenantrag Annahme finden, so wäre für die Zivil- vcrwaltung nicht viel mehr erreicht, als was der Reichs kriegsminister Graf Bylandt-Rheydt für die Heeresver waltung stets als unerläßlich erklärte und gegen alle czechischen und polnischen Anzapfungen kraftvoll vertheidigtc. Die deutsche Staatssprache kann sehr viel dazu beitragen, die Länder diesseits des Leithaflusses fest zusammenzuhalten und die gefährlichen Sonderbestrebungen zu hemmen, die Oesterreich zu einem Bunde nur lose verknüpfter Staats wesen machen würden. Was der deutsch-österreichische Klub verlangt, ist überaus mäßig und würde den Deutschen in Oesterreich noch lange nicht jene Stellung verleihen, welche die Magyaren in Ungarn einnehmen, ohne daß die in diesem Lande lebenden an Zahl sehr bedeutenden anderen Volksstämmc etwas dagegen einwenden. Was er fordert, hält sich streng innerhalb jener Grenze, von welcher der Ministerpräsident Graf Taaffe selbst sagte, daß über diese Linie hinaus sich die czechischen Auflösungsgelüste niemals wagen dürften. Daß es überhaupt eine solche Grenze noch giebt und diese letztere auf's Neue scharf gekennzeichnet wird, genügt, um den Haß der Czechen gegen das Deutschthum höher auflodern und deren Unversöhnlichkeit wieder einmal grell zu Tage treten zu lassen. Dem bescheidenen Anträge Scharschmid's bereiteten die czechischen Mitglieder des österreichischen Abgeordnetenhauses, besonders deren Führer Ur. Rieger, die heftigste Opposition und während sich die czechischen Redner in wüsten Schimpfworten über die Dreistigkeit der Deutschen ergingen, wagten sie gleichzeitig Die Stantsslrriltbe in > deren maßvolles Verlangen eine Beschimpfung der czechischen I und erklärte schließlich, die Konservativen würden den Vor- ' Hinein» r» n-nn-n Di-k-r Tnn »er Emnnriinn Ninat schlügen der Kommission beitreten. Der Bundeskommistar Bei der jetzigen Zusammensetzung der Parteien imIPensionsgesetzes und der Vorlage wegen der Kom - österreichischen Abgcordnetenhause ist dadurch die schließlichesmunal besteuerung der Offiziere übertragen ist, hat Annahme des Scharschmid'schen Antrages noch keineswegs s zuerst den letzten Theil ihrer Ausgabe erledigt. Mit allen gesichert, der im allcrgünstigsten Falle innerhalb der Kom- gegen die fünf Stimmen der „Deutschsreisinnigen" und Sozial- ! Uhr -mgrnor,- OOL* Fp-nrene Zelle 18Oy 65. Jweral« »erd«» bi« Bormittag I I Uhr artgrnom- men und beträgt der Preis für die < '' '' oder deren Raum Id 1 38. Jahrgang. Freitag, -eu 19. März. Erscheint jeden Wochentag Rachmi». b Uhr ,ür den ! andern Laa. Preis vierteljährlich 2 Mark Lb Pf., u zweimonatlich 1 M. kW Pf. und einmsnatlich 7b Bf. jj ' md Tageblatt. Amtsblatt sür die königlichen und Wäschen Behörden zn Freiberg nnd Brand. > Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg