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Nr. 53 Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Leite S. 1»»«. Oertliches Freiberg, dm 4. März. — Amtliche Mittheilungen aus den Sitzungen des StadtratHS zu Freiberg: Sitzung am 6. Februar 1886. 1) Das Kollegium genehmigt, nachdem das Regulativ, Her stellung und Unterhaltung der Fußwege in Freiberg betreffend, seitens der Königl. Kreishauptmannschaft Dresden nochmals zur Erwägung an den Stadtrath gelangt und von diesem der Deputation nck doo zur Begutachtung vorgelegt worden war, einstimmig die Vorschläge der letzteren. Die Stadtverordneten sollen um Zustimmung ersucht werden. 2) Die Vorschläge des Kuratoriums über Umgestaltung der Aussichtsführung in den Versorghäusern werden durchberathen und darnach genehmigt. Insbesondere strebt man an, für die Beaufsichtigung «nd Erziehung der Kinder im Waisenhause wiederum eine» pädagogisch gebildeten Mann zu gewinnen. 3) Die Protokolle über Kaffenrevisionen per Monat Februar werden vorgetragen und nimmt man Kenntniß, daß die Kaffenbestände mit den Buchungen allenthalben überein- stimmen. 4) Das Gutachten über Ausnahme dreier Inquilinen in'S Hospital und die Vorschläge über Psründendotirung werden genehmigt. 5) Die Beschlüsse der letzten Stadtverordnetensitzung werden vorgetragen und tritt man, so weit es sich um Streichung »der Erhöhung einzelner Positionen im Haushaltplane handelt, bei. Ueberdies aber beschließt man hierbei: u) den Gruben- vorständcn der verstaatlichten Gewerkschaften Himmelfahrt Fundgrube s. A, zu erkennen zu geben, daß die Stadtgemeinde wegen der ihr gehörigen Freikuxe Anspruch nicht blos auf den Reservesond der Gruben, sondern auch aus den vom Staat zu zahlenden Kaufpreis erhebe; b) nach mehrfachen Petitionen und Berathungen die Angelegenheit betreffs Schließung der Geschäfte an Sonn- und Festtagen dahin zu normiren, daß die Geschäfte durchgehends im Sommer und Winter von */,11—12 Uhr Vormittags »nd 1—5 Uhr Nachmittags ge öffnet sein können, während der übrigen Tageszeit aber ge schloffen gehalten werden müssen, daß hierunter jedoch die Adventssonntage nicht getroffen werden sollen; e) die Frage über bessere Vcrwerthung der Nutzhölzer in den Raths« und Hospitalforsten, namentlich durch Heranziehung von Groß händlern in den Auktionen, dem Forstausschuß zur Begutachtung vorzulegen; 6) den Friedhofsausschuß zu ersuchen, binnen 14 Tagen über den Stand der Sache, Einziehung von Grab denkmälergebühren betreffend, dem Rathskollcgium zu referiren; o) den Gasausschuß zu ersuchen, darüber sich gutachtlich zu äußern, ob er die Anschaffung von Regulatoren für die Straßenbeleuchtung empfehle; lh die Ausführung der Be- schleußung in der Gerbcrgasse auszusctzen, bis man sich in der damit in Zusammenhang stehenden Frage betreffs Beseitigung des Mühlgrabens schlüssig gemacht haben werde, zu diesem Zwecke aber F) den Bauausschuß zu ersuchen, einen Vor anschlag über die erforderlich werdende Schleußenbauaussührung .vorzulegen, endlich Ii) den Bauausschuß zu beauftragen, sich gutachtlich darüber zu äußern, ob cs sich empfehle, den Granit porphyr, die Pflastersteine und sonstiges Material außer vom Naundorfer Steinbruch noch von anderen, billigeren Bezugs quellen zu entnehmen. 6) Der Bebauungsplan des Areals bei der Himmelfahrt- gasse soll ausgelegt und die betreffenden Straßen in einer Breite von 12 Metern auSgesührt werden. Auch wird ge nehmigt, daß di« an den Parzellen Nr. 1040, 1044, 1047 deS Flurbuchs für Freiberg eingezeichnete Fluchtlinie mit in den Bebauungsplan ausgenommen werde. 7) Der Voranschlag über Pflasterung und Fußweglegung in der Meißnergaffe wird genehmigt. 8) Der Rath genehmigt dem Gutachten deS BauauSschufseS entsprechend, daß daS Nivellement der Schmiedegasse in der Dkitte derselben um 80 Zentimeter erhöht werde. 9) Der Rath tritt einer Petition des StadtrathS zu Plauen, Errichtung einer Eisenbahnlinie Plauen-Weischlitz betr., durch Anschlußerklärung bei. 10) DaS Kollegium nimmt Kenntniß von einer Verord nung des Kgl. Finanzministerium zu Dresden, inhaltS deren dasselbe der Vertretung der Stadt Freiberg seinen verbindlichen Dank ausspricht für ihr Entgegenkommen in Sachen des auf den Gruben des hiesigen Reviers zu Gunsten der Stadt Frei berg lastenden Freikuxrechtes. 11) Einem Gesuch um Rückgabe einer seitens eines aus wärtigen Agenten Zwecks Betreibung von Auswanderungs agenturgeschäften für die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt- Aktiengesellschaft gelegten Kaution wird, da solche sich erledigt, entsprochen. Außerdem wurden noch verschiedene Personalsachen er ledigt. — Der Stadtrath macht bekannt, das das 13. und 14. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Jahre 188b hier eingegangen ist und zu Jedermanns Einsicht in der Rathsexpedition ausliegt. — Von der Stadtverwaltung werden zum Schneeaus- werfen Arbeiter gesucht, die sich früh 7 oder Mittag 1 Uhr mit Schaufel versehen lin städtischen Bauhof zu melden haben. Die Unmassen von Schnee, welche in den letzten Tagen gefallen sind, werden nicht leicht zu bewältigen sein. Der Winter hat in diesen Tagen gezeigt, was er noch kann, daß er noch da ist. Vielleicht hat man ihn zu höhnend behandelt, zu dringend zitirt, daß er sich nun rächt. Nun ja, wir glauben's, daß er sein Szepter noch nicht niedergelegt hat; er hat es bewiesen und es soll an seiner Macht nicht mehr gezweifelt werden. Aber nun laste er es auch genug sein. Am 21. dieses Monats ist uns schon der Frühlingsansang verheißen. Die Blumen auf den Fenster scheiben mögen endlich den Blüthen aus Strauch und Baum weichen! — Der vorgestern wüthende Schneesturm, der sich seit dem noch fortsetzte, hat verschiedene Stellen des Sächsischen Bahnnetzes derartig mit Schnee bedeckt, daß es nicht überall möglich geworden ist, mit den Zügen durchzukommen. Aus der Linie Leipzig-Dresden-Bodenbach-Tetschen, wie Leipzig- Döbeln-Dresden und Dresden-Röderau-(Berlin) wurde der Betrieb nicht wesentlich gestört, da hier nicht der Zugsverkehr stockte, sondern nur einige Züge zum Theil bedeutende Ver spätungen erlitten. Auf den Linien Görlitz-Dresden und Arnsdorf-Kamenz war der Zugsverkchr mit einer Ausnahme ein ziemlich pünktlicher. Gestern halten die Frühzüge von Löbau viu. Herrnhut nach Zittau und von Reichenberg nach Zittau und von Ebersbach nach Eibau-Zittau Verspätungen von über 1 Stunde erhalten, weil die Strecken Cunnersdorf- Herrnhut, Weißkirchen-Groltau und Eibau Leutersdorf in Folge Schneeverwehung unfahrbar waren. Auf der Linie Neustadt-Dürröhrsdorf blieb gestern Morgen der erste von Neustadt abgclassene Personenzug zwischen Stolpcn-Niedcr- neukirch in der Nähe von Helmsdorf im Schnee stecken und konnte erst nach mehrstündigem Aufenthalte seine Fahrt sort- setzen. Die Züge 12 Uhr 40 Minuten Nachmittag» vo» DürrröhrSdorf nach Neustadt und 10 Uhr 1» Minuten Vor mittags von Neustadt nach DürrröhrSdorf-Pirna sind deshalb ausgefallen. Auf der Sekundärbahnlinie Radebeul-Radeburg mußten gestern Morgen ebenfalls die beiden Frühzüge, ab Rade burg früh 6 Uhr und 7 Uhr 40 Minuten ab Radebeul, wegen arger Schneeverwehung Ausfallen. Ueber die Betriebs störung in der Nähe Freiberg» haben wir bereit» berichtet. — Diejenigen Herren, welche sich als Theilnehmer an der in Freiberg einzurichtenden Fernsprechanlage gemeldet haben, sowie diejenigen, welche auf eine Verbindung mit Dresden mittelst Fernsprechers Werth legen, werden vom hiesigen Kaiserlichen Postamt ausgrforder«, sich Freitag Abend 6 Uhr im Hotel de Saxe, 1. Stockwerk, Zimmer 1, einzufinden, wo ein aus Dresden eintreffender Kommissar der Kaiserlichen Ober-Postdirektion alle gewünschten Ausschlüsse ertheilen wird. — Dem gestern im Saale deS Herrn DebuS stattgefundenen Ball der Unteroffiziere der zweiten Abtheilung de» 2. Feld-Artillerie-Regiments Nr. 28 zu Freiberg wohnten Herr Obrrstlieutenant Haberland mit zahlreichen Mitgliedern des Osfizierkorps und Herr Amtshauptmann vr. Fischer als Ehrengäste bei. Der Saal war mit den be kränzten Büsten deS deutschen Kaisers und unsere» König» geziert, außerdem mit Artillerie-Waffen, sowie mit sehr hübschen Transparents geschmückt, welche letztere hiesige Unteroffiziere selbst in sehr geschickter Weise angefertigt hatten. Durch den von dem Stadtmusikchor gespielten Hüttenrauch'schen Marsch „In Regiments-Kolonne" und die „Jubelouverture" von Karl M. v. Weber wurde das Fest passend eingeleitrt. Sodann begrüßte der Vorstand des Vereins Herr Sergeant G. Kretzsch mann die erschienenen Ehrengäste in wohlgesetzter Rede. Herr Oberstlieutenant Haberland dankte mit kernigen, herzlichen Worten, betonte die Bedeutung der Spezialwaffe und schloß mit einem Hoch auf die Unteroffiziere der hiesigen Abtheilung des 2. Feld-Artillerie-Regiments. Hierauf erwarb ein Ober lazarethgehilfe durch den sehr ansprechenden Vortrag einer sinnigen und echt patriotischen Dichtung: „Der deutsche Ar tillerist" wohlverdienten reichen Beifall. Nicht minder gefiel ein zweiaktiger militärischer Schwank „DaS arretirte Gespenst", der von sechs Vereinsmitgliedern nicht nur mit frischem, echt soldatischem Humor, sondern auch, wo der Geburtstag unsere» Kaiser» und die Soldatenpflicht Erwähnung fanden, mit Ernst und erwärmender Herzlichkeit aufgeführt wurde. Noch einigen weiteren Konzertvorträgen der Stadtkapelle leitete eine elegant angeführte Polonaise den Ball ein, an dem sich viele Ehren gäste lebhaft betheiligten und der bei dem zahlreichen, durch viele liebliche Mädchenblüthen geschmückten Damenflor alle» Theilnehmern des schönen Festes bis zum Morgen reiche« Genuß gewährte. — Der Ständeversammlung ist ein Königliches Dekret zugegangen, welches die Bestimmung im ersten Absätze von 8 SO der Armenordnung vom 22. Oktober 1840 aushebt. Diese in Wegfall kommende Bestimmung enthielt die Ver pflichtung, für schulfähige Kinder armer Eltern an Orten, wo nicht besondere Armenschulen bestehen, daS Schulgeld zur Hälfte aus der Armenkaffc bez. aus den Mitteln de» Land- armensonds zu bestreiten. Die dem Königl. Dekret beigegebene Begründung betont, daß die innige Beziehung, in welcher in Deutschland Neichsrecht und Landesrecht stehen, die Folge hat, . daß eine verschiedene Handhabung der Reichsgesetzgebung eintritt, i wenn der Gegenstand, in dem das Reichsrecht auf daS Landes recht zurückgrcift, von den Landesgesetzgebunge» der einzelnen junge Braut an ihren Verlobten schrieb, so kindlich einfach und doch so voll tiefer, schöner Gedanken, die einen reichen Geist verriethen. Walter wurde nicht müde, sie wieder und wieder zu lesen. Er sand seine Ansichten und Ansprüche so verständnißvoll und eingehend beantwortet, daß er mehr und mehr zu der Ueberzeugung kam, seine Mutter habe sich nicht in ihrem Uriheil geirrt. Dieser ungezwungene schriftliche Ver kehr führte die Verloblen immer näher zusammen, obgleich nie ein Wort von Liebe geschrieben wurde. Melitta vermied cs, weil sie ihm, von dem sie sich ja nicht geliebt wähnte, mit ihrer Neigung nicht lästig werden wollte, und Walter hatte es in jahrelangem Alleinstehen und im steten Verkehr mit Fremden verlernt, seine Gefühle zur Schau zu tragen. Dennoch waren sie Beide voll befriedigt von diesem Briefwechsel, und Melitta konnte dem Postboten ganze Strecken weit cntgegengehcn, um dann den heiß ersehnten Brief so ost zu lesen, bis sie ihn fast auswendig wußte. Sie hatte sich sehr schnell in Falkcnhausen eingewöhnt, das Land leben war ihr von Jugend auf vertraut und sie fühlte sich hier Wohler, als inmitten der rauschenden Vergnügungen der Residenz. Man hatte Besuche in der Nachbarschaft gemacht und dann zahlreiche Einladungen zu dem Feste ausgesandt, mit welchem mau den Geburtstag des Generals zu feiern pflegte. Auch Edith wurde erwartet, und je mehr die Zeit ihrer Rück kehr herannahte, desto umwölkter wurde die Stirn der Gene ralin, denn von der ersehnten Verlobung verlautete noch nichts. Wenige Tage vor dem Feste fuhr Melitta zur Bahn, um ihre Kousine abzuholen, und Edith begrüßte sie so glück strahlend und heiter, daß sie lächelnd sagte: „Wie gut Dir Dein Aufenthalt bei Hageuau's bekommen ist, ich glaube fast, Du bist noch schöner geworden." „Du Schmeichelkätzchen! Komm, laß Dich küssen, Kleine, und Dir noch einmal mündlich meine herzlichen Glückwünsche sagen. Wie wird der armen Mama nur zu Muthe sein, wenn sie zwei Bräute unter ihren schützenden Flügel nehmen muß." (Fortsetzung folgt.) Aus alten Freiberger Handschriften. Mitgetheilt von Karl Richter. H. Eine originelle Bittschrift an den König Friedrich August -von Sachsen vom Jahr 1811 lautet: Jhrv Königl. Majestät als Unseren Allcrgnädigsteu Landes-Vater, Flehet hiermit höchst demüthig, Pflicht - unterthänig - ergebcnst, höchst wchmüthig an, um hochgütige Anhörung! und um gnädige Erhörung! Der allhiesige eingcbohrne, zwölf Jahr als Wittwer ein samlebende, und hocharme Christian Sigismund Maesex, doch viele Jahre her sich als Säaenscharsmacher meistentheils oufn Dörfern ehrlich und rechtschaffen zu ernähren gesucht hat; wovon beiliegendes Zeugnis; einen richtigen Beweis giebt, daß cr sich löblich, und wohlanständig ausgesührt hat? Und zu gleich auch die Dors- und Landleute sehnlich wünschen, ihn fernerhin zu ihrer Sägcnschärfung, als ein ganz unentbehrliches, höchstnothwcndigcs Werk in ihren Haushaltungen, baldmöglichst wieder zu hebe;! — Da selbiger nun in hiesiger Königl. Amtsinspection, dahingehvrigcr Weise, um einen Paß, auf seinen zu reisenden Distrikt: welcher niemals weiter von ihm genommen wird, als bis nach Frauenstein, oder bis Meißen, angehalten hat; so ist ihm solcher verweigert worden! — Der selbe so ehrliche und redlich-arme Mann, doch, da er klein von Statur, und auch sonst nicht gesund ist, keine andere Arbeit allhier verrichten kann; und, doch einmal in seiner Sägens- schärfungs Betreibung besteht und darinnen geschickt ist; Und ob cr gleich nur wenig damit verdient, so hat er doch zeithero damit,sich können nachNothdurst erhalten, denWohnzinSund andre Abgaben entrichten, und ist damit dem Publika nützlich ge wesen. Und ist derselbe Maescr, wegen des versagten Paßes nun ganz außer sich und weinet und scifzet, und will in Ver zweiflung gcrathcn, da cr nun zu seinem Lebensunterhalte, und zum itzo so übertriebenen Wohnzinse nichts verdienen soll!! — Daher, in seiner höchsten Noth mit der Verzweiflung ringend, wollte er sich zu seinem Allel gnädigsten Landesvaler, höchst demiühig, pflicht-unterthänig-ergebenst, tiesseifzend wenden; Und hat aus Gott, und aus Jhro Königl. Majestät Gnade, einzig allein .»och sein äußerstes Vertrauen gesetzt: daß Jhro Königl. Majestät, solche allcckleiuste Bitte ihm gewährten, daß cr eiucn steten und dauerhaften Paß allstets zu seiner Säge- schärs - Betreibung erhalte!? — Für gnädige Erhörung will sein Herz und Geist, sogleich sich vor dem Allerhöchsten schwingen, und cs ihn, danken? und zugleich dabei sür Jhro Königl. Majestät Allerseitigcs hohes Wohlsein seiszend bitten und darüber ersterben, als lebenslang ganz untcrthäniger er gebenster, hcrzcnshochvankooller Knecht: Christian Sigismund Maescr Vorm Willsdrusfcr Thore an der Freybcrger- Stras unterm Amtsgcbicte in Numero 1 wohnhaft. zu Dresden den 12 Scptcmbris 1811. Während die Supplik mit etwas zitternder Hand geschrieben, steht mit dunkler Tinte und kräftiger Hand darunter: „Auf diese, dem Originale ganz gleichlautende Supplik ist ein Re skript an den hiesigen Beamten ergangen, den gebetenen Paß, dasern kein erhebliches Bedenken vorwalte, auszustellen. In üclom Friedrich Moßdorf." III. Der Senator Wolke erzählt in seinen von 1787 bis 1811 mit großer Gewissenhaftigkeit geführten A»nalen folgende in Freiberg glücklich abgelaufene Luftschifffahrt. Am 3. Dezember 1809 ließ ein reisender Mechanikus Sebastian Bittdorf aus dem Platze ohnweit des Schlosses beim sogenannten Landgerichte einen großen Luftballon von 58 Fuß Höhe und 48 Fuß im Durchmesser steigen, welche Luftreise der Künstler in einer darunter angebrachten mit Leinen befestigten Leinewand- Gondel in eigner Person zum 22. Male mit unternahm. Der Ballon stieg zurZusriedenheit der vielenZuschauer, die jedoch außer der Stadt weit zahlreicher waren, zu einer großen Höhe, bis er so klein wurde, daß er kaum noch sichtbar war. Nachdem er seine Richtung über die Stadt und das Eibische Thor nach Hilbersdorf genommen, und ihm nun die Füllung succesive entgangen war, hatte er sich im oberen Theile des gedachten Dorfes in der Nähe einer Häuslerwohnung zur Erde gesenkt, wobei zwar der Künstler glücklich ausgestiegen; aber den Ballon das Schicksal getroffen, in Flammen zu gerathen und da durch gänzlich aufgelöst zu werden. Hierbei waren die Ein wohner zu Hilbersdorf sehr in Schreck gerathen, daß dabei das Haus in Feuersgefahr kommen möchte. Der Künstler war nicht nur in einen kurzen ganz schwarzen Habit gekleidet, sondern sah auch wegen des vielen bei der Füllung des Ballons mit brennbarer Materie verursachten Rauches selbst im Gesichte ichon beim Einsteigen sehr schwarz, so, d«ß die Hilbersdorfer Einwohner schaarnweise geschrien,, der Teufel sei aus der Lust gekommen und wolle einen Besuch bei ihnen abstatten. Indessen waren die dasigen Gerichtspersonen so rücksichtslos Herrn Bittdors seiner Vorstellung ungeachtet, unter dem Vorwande, daß ein Theil ihres Dorfes durch seine Kunst hätte in Feuergefahr gerathen können, nach 5 Uhr in der Fmsterniß, als Arrestant mit Laternen nach Freiberg zur Obrigkeit zu bringen, wo cr aber sofort freigegeben und wieder in seine Hcimath geschickt wurde. Herr Bittdorf war ein geborner Würzburger und ehemaliger Gehilfe des großen Lustschisfers Blanchard, hatte seine Kunst schon oft und unter andern Orten zu Hamburg, Riga, Reval, Dorpat, Norva, Wilna, Kiew, Lemberg, Prag u. s. w. bewiesen. Dem Tagebuch I. CH. Müllers zusolgc ist Bittdors am 15. Juli 1812 bei seiner 30. Luftfahrt in Mannheim tödtlich ver unglückt, da sein Ballon, durch eine Stange mit Haken in bedeutender Höhe verletzt, sich schnell entleerte, auf das Dach eines HauseS fiel, sich entzündete und Bittdors halb verbrannt zur Erde stürzte. B. hinterließ eine hilflose Wittwe mit Kindern.