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Rr. 46. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite 2. Bevor das österreichische Abgeordnetenhaus in die Tagesordnung eintrat, nahm gestern der Minister Graf Taaffe daS Wort zu folgender von der Rechten mit Beifall aufge- nommenen Erklärung: „Das Ministerium verwahrt sich aus das Entschiedenste gegen die unqualifizirbaren Angriffe, die in den letzten Sitzungen des Hauses erfolgten und erwartet, daß, wenn Abgeordnete gegen das Ministerium oder gegen einzelne Mitglieder desselben auf Grund von Material Vorwürfe er heben zu sollen glauben, sie dann sofort denjenigen Gebrauch davon machen, welchen das Gesetz über die Ministerverant wortlichkeit vorschreibt. Entgegengesetzten Falles aber ist die Regierung zur Wahrung ihrer Würde zu verlangen berechtigt, daß die Geschäftsordnung derartig gehandhabt werde, Laß das Ministerium und die einzelnen Mitglieder desselben nicht fernerhin Verdächtigungen und Verunglimpfungen ausgesetzt find. Die Regierung fühlt sich zu dieser Erklärung auch bestimmt im Interesse einer gedeihlichen Wirksamkeit der parlamentarischen Körperschaften." Von gegnerischer Seite wird betont, daß eine Ministerankloge schon deshalb nicht erfolgen könne, weil dazu zwei Drittel der Kammer ihre Zu stimmung geben müßten, die Rechte diese aber sicher verweigern würde. Der so scharf angegriffene Handelsminister Baron von Pino soll stets in mißlichen Vermögensverhältnisien ge wesen sein, die eine Zeit lang so bedrohlich waren, daß der Kaiser sogar für feine Schulden eintrat. — Tas Abgeordneten haus nahm im Uebrigen die Vorlage über die Verstaatlichung der Prag-Duxer und der Dux-Bodenbacher Bohn in zweiter Lesung unverändert an. In der italienische« Kammer haben am 22. d. M. die Budgetdebatten begonnen, die wohl acht Tage fortdauern werden. Diejenigen, welche aus der Verwerfung des Streik- gesetzes auf eine sichere Niederlage der Regierung schließen, dürften sich irren. Mit Ausnahme der Gruppe Rudini- Spaventa will nämlich bei dem nächsten Vertrauensvotum die ganze Rechte für die Regierung stimmen. — Dem Vernehmen nach erließ der Vatikan ein Rundschreiben an die Nuntiaturen, worin deren Aufmerksamkeit aus die gegenwärtige peinliche Lage des Papstes hingelenkt wird, welche durch die Angelegen heit des Wiener Schreibens an den des Verrathes angeklagteu Grasen Doridcs veranlaßt worden ist. An beide französische Kammern gelangte ein Schreiben deS Prinzen Jörüme Napoleon, in welchem er das Gesetz über die Ausweisung der Prinzen als ein solches bezeichnet, das mit Unrecht die Angehörigen der Familie Napoleon, die Sol daten der Revolution, mit deren Feinden, den Bourbons, ver mische. Als französischer Bürger erkenne er auch die Re publik an, weil sie ein Ergebmß des allgemeinen Stimmrechts fei. Die gegenwärtige Republik müsse verbessert, nicht umgc- stürzt werden; das Volk solle selbst sein Oberhaupt wählen. Dieser Protest gegen den Ausweisungsplan erregte bei der Kammermehrheit nur Heiterkeit. Bei der gestrigen Berathung der Interpellation über die Revision der Eiscnbahntarise sprach der Arbeitsminister gegen den Rückkaus der Eisenbahnen, welchen Wilson befürwortet hatte. — Die Annahme des Ver trages mit Madagaskar durch die Kammer gilt als gesichert. Einer Arbeiter-Deputation, welche ihn um die sofortige Inangriffnahme emes größeren Auswanderungsplanes ersuchte, antwortete der englische Minister Chamberlain, er habe sein Amt mit der Absicht übernommen, die Lage der Arbeiter zu verbessern. Die sozialistischen Führer seien dagegen die schlimmsten Feinde der Arbeiter. Der Minister rieth den Arbeitern von Gewaltthätigkeiten ab. erklärte aber, der Aus wanderung ständen Schwierigkeiten entgegen. Er habe lebhaftes Interesse an der Einsetzung der Arbeiter in den Besitz des Bodens und werde sein Bestes thun, diese» Gedanken auSzu- führe». Weiterhin sprach Chamberlain sich gegen öffentliche Bauten auf Staatskosten, wie die Anlegung von Rettungshäsen rc. aus, weil dieselbe» nur an Ort und Stelle eine Linderung der Nothlage bewirkten. Er befürwortete dagegen die Ausführung von Bauten seitens der Ortsbehörden in ihren Bezirken. Ter Kaiser von Rutzland bewilligte dem der Person des deutschen Kaisers atrachirteu russischen General Fürsten Dolgorucki einen Urlaub von 2 Monaten zu einer Reise nach der Heimath. In Folge der lautgewordenen Behauptung, daß in der bis herigen Politik der griechische« Regierung eine Aenderung eingetreten sei, berief die Nalionalliga eine Volksversammlung, welche vor dem Athener Rathhause stattfand. Diese Versamm lung nahm eine Resolution an, welche die Regierung veranlaßt, bei der bisherigen nationalen Politik zu verharren. Der Ministerpräsident Dclyannis antwortete den Delegirten der Ver sammlung, welche die Resolution überbrachten, es sei dringend nöthig, daß die Bevölkerung derartige übelwollende Gerüchte mit großer Vorsicht ausnehme. Tie Regierung habe keine Maßregel ergriffen, welche das Gerücht von einer Aenderung der bisherigen Politik rechtfertigen könnte. Die Bevölkerung müsse Vertrauen haben, eine würdige Haltung bewahren und Anträge vermeiden, welche ein bedenkliches Präjudiz für die nationalen Interessen schaffen könnten. Wom Landtage. — Dresden, 23. Februar. Die erste Kammer beschäftigte sich heute zuerst mit der Schlußberathung über Kap. 16 des Etats der Ueberschüsse, Staatscisenbahneu betreffend, über welches Herr von der Planitz Namens der zweiten Deputation Bericht erstattete. Die Kammer nahm nach kurzer Diskussion die Anträge der Deputation an, welche auf Beitritt zu den sämmtlichen, vo» der jenseitigen Kammer zu diesem Kapitel gefaßten Beschlüssen gerichtet waren, bewilligte demzufolge einen Gesammtüberschuß der Staatseisenbahnen von 27 855 529 M, ließ die Petition des Schaffnerpersonals um Gehaltserhöhung, soweit sie durch die von der Regierung in Aussicht gestellte Erhöhung der Nebengebühren dieser Beamten nicht erledigt, auf sich beruhen, überwies dagegen die Petition der Jngenieurajsistenten um Ge haltserhöhung und Verleihung der Staalsdienereigenschaft der Regierung zur Erwägung. Ohne Debatte wurde sodann der Etat des Werkstättenbetriebs mit 9 353000 M. in Einnahme und Ausgabe bewilligt, ebenso zur Erweiterung der Bahnhöfe in Krimmitschau und Greiz Berechnungsgelder von 669 900 Mark, bez. 450 000 Mark genehmigt. Schließlich erstattete v. Fink Namens der dritten Deputation Bericht über das Kgl. Dekret Nr. 21, den Stand der Altersrentenbank be treffend, mit welchem sich die Kammer befriedigt erklärte. Tie zweite Kammer erledigte den Etat des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Die Kapitel 88 bis 90 wurden ohne erhebliche Debatte bewilligt. Zu Kap. 91, Universität^ Leipzig, erörterte Abg. Opitz die Frage der Reformen, wo rauf der Kultusminister vr. v. Gerber erwiderte, eS sei gewissermaßen eine Krankheit unserer Zeit, überall Reformen anzustreben, doch gebe er zu, daß an den Universitäten manche Reformen möglich seien. Er höre, daß gegenwärtig die Vor lesungen weniger besucht würden und daß manche Studirende ihre Instruktionen von sogenannten Einpaukern holten. Er möchte dringend davor warnen, denn er wisse aus Erfahrung,, was aus solchen Pressen hervorgehe. Für das Diktiren sei auch er nicht eingenommen, die jetzige Art des Vortrags i» Leipzig beseitige jedenfalls alle Befürchtungen in dieser Be ziehung. Der Minister erörterte weiter die Ferienfrage und Einzelheiten des juristischen Studiums und wünschte schließlich, daß es gelingen möchte, eine Ordnung einzuführen, nach welcher es möglich wäre, die Selbständigkeit des jungen Mannes zu vereinbaren mit der Beseitigung von Mißbräuchen. DaS Kapitel wurde bewilligt, ebenso nach kurzer Debatte Kap. 92, Polytechnikum zu Dresden, unter gleichzeitiger Annahme des hierzu von der Deputation gestellten Antrags auf Anstrebung oder Anerkennung der Reifezeugnisse dieser Anstalt und der sächsischen Realgymnasien in anderen Ländern. Zu Kap. 93, evangelische Kirchen, verwendete sich Abg. v Polenz für Wiederherstellung der Supcrintendentur zu Auerbach. Abg. Heger regte Erhöhung der Beihilfen zu Baulichkeiten an Kirchen und Pfarrgebäuden an. Abg. Stolle führte Klage» darüber, daß gegen Dissidenten aus den Fricdhösen nicht die nöthige Pietät und Toleranz geübt werde. Nachdem Abg. Bönisch den Anttag des Abg. Heger bekämpft hatte, führte Abg. Or. Sträum er dem Abg. Stolle gegenüber aus, daß man zwar Jedermann bei seiner Ansicht lassen wolle, daß aber Niemand das Recht habe, seine vielleicht vorübergehende Ansicht als Wahrheit zu predigen, und daß man namentlich aus den Friedhöfen die religiöse Anschauung der gläubigen Mehrheit schonen müsse. Abgeordneter Bebel bezeichnete diese Anschauung als Jntolcrenz, wie überhaupt die Kirche und ihre Diener naturgemäß intolerant sein müßten. Eine weitere hkrabwürdigende Aeußerung über die Kirche zog dem Redner einen Ordnungsruf zu. Der Kultusminist er sand in der Rede Bebels das erfreuliche Eingcständniß, daß es der Partei des Vorredners noch nicht gelungen sei, dem Volke die Religion zu rauben. (Bravo!) Die evangelische Kirche verfahre mit der äußersten Toleranz, sie müsse aber verlangen, daß die Dissidenten nicht den Ort des Friedens zu einem Orte machten, wo der Klassen haß gepredigt werde. Nachdem Abg. von Oehlschlägel gegen die Ausführungen des Abg. Bebel entschiedenen Protest eingelegt hatte, wurde das Kapitel bewilligt und der Antrag des Abg. Heger gegen 15 Stimmen angenommen. Zu Kap. 91, Gymnasien, Real gymnasien und Realschulen beantragte die Deputation einige Ab striche bei der von der Regierung vorgeschlagenen Ausbesserung der Lehrergehalte. Die von der Deputation gestellten Anträge, die Regierung zur Aufhebung des Realgymnasiums zu Plauen i. V. bezw. dessen Umwandlung in eine Realschule zu ermächtigen, ferner eine Petition der Stadt Schneeberg um Errichtung eines Gymnasiums daselbst der Regierung zur Erwägung zu über geben, dagegen eine gleiche Petition der Stadt Marienberg, sowie Petitionen der Städte Borna und Freiberg um Erhöhung der Staatssubvention für ihre Realgymnasien auf sich beruhen zu lassen, wurden, nachdem sämmtliche Petitionen durch die Vertreter der betreffenden Ortschaften befürwortet worden waren, sämmtlich angenommen. Ebenso wurden die übrigen Kapitel in der von der Regierung, bez. was Kap. 95, Lehrerseminarien, anlangt, in der durch Abminderung der be antragten Gehaltsaufbesserung entstandenen, von der Deputation vorgeschlagenen Höhe bewilligt. Melitta. Familien-Roman von L. Migula. 24. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Du hast hoffentlich keine unangenehme Nachrichten er halten?" fragte seine Gemahlin besorgt. „Melitta sprach von einem Brief, den Dir Heinrich übergeben; hing dieser mit Deinem Ausgang zusammen?" „Ja, allerdmgs, und die Angelegenheit ist satal genug, obgleich ich denke, daß es sich diesmal noch arrangiren läßt. Es betrifft natürlich wieder Ottomar." Die Generalin seufzte. „Welche Sorge und Beschwerde hat Dir dieser Neffe schon aufgebürdet' Ich bin wirklich begierig, ob diese Fatali täten je aufhören werden." „Wenn er ohne die leider einmal bei ihm nöthige Kon- Irole bleibt, wohl kaum, aber ich habe Schritte gethan, ihn in unsere Nähe zu bekommen." „Wie meinst Du das?" „Ottomar wurde doch, wie Du weißt, vor einigen Monaten nach L. abkommandirt, was ich ja damals mit vieler Mühe auswirkte, um ihn einmal dem Kreise seiner alten Freunde zu entziehen. Ich WÄ nun darum nachsuchen, daß er nach Ab lauf seines Kommandos zu unS nach der Residenz versetzt wird. Leider sind seine unzähligen Verbindlichkeiten in der Garnison noch nicht gelöst und scheinen ihm jetzt sehr lästig zu werden, denn er erklärt mir heute kurz und bündig, wenn ich ihm nicht noch einmal hülfe, sei er gezwungm, sich eine Kugel durch den Kops zu schießen rc. rc." „Natürlich die alte Geschichte! Weshalb wendet er sich nicht an seinen Schwiegervater, der ist ja reich genug und steht ihm näher als wir." „Der alte Selten ist viel zu klug, sein Geld in diesen unersättlichen Schlund zu schütten." „Selten? Der Besitzer der Gußstahlsabrik?" fragte Walter so hastig, daß Alle erstaunt zu ihm hinübersahen. „Kennen Sie den Herrn? Es ist der Schwiegervater meines Neffen, welcher sich leider durch die Schönheit der Tochter deS Fabrikanten verleiten ließ, sie zu seiner Gemahlin zu machen." „Dessen Tochter, Ella Selten, ist eine Verwandte von Ihnen?" stieß Walter hervor, während alles Blut aus seinen Wangen wich. „Gewiß, weshalb befremdet Sie das? Ist Ihnen die Familie bekannt?" fragte der General nochmals. Walter hatte alle Fassung wiedergewonncn und entgegnete ruhig: „Ich kenne sie allerdings, denn ich war vor ungefähr dreizehn Jahren in dem Hüttenwerk als Ingenieur thätig und da ich seit jener Zeit, die ich ja, wie Sie wissen, im Auslande verlebte, ohne alle Nachricht von den früheren Bekannten war, überrascht cs mich doppelt, zu hören, daß die Tochter meines einstigen Prinzipals in so naher Beziehung zu Ihnen steht." „Vielleicht ist die schöne Ella eine alte Liebe von Ihnen?" bemerkte Edward spöttisch. „Edward, wie indiskret!" rief seine Mutter unwillig, während Edith ironisch meinte: „Nicht jeder Mann ist so leicht entflammt und so un beständig wie Du, mein theurer Bruder!" Man wechselte das Thema, und Walter wurde an der Antwort verhindert, die Melitta so brennend gern gehört hätte. Bei seinem seltsamen Erschrecken war es ihr gewesen, als habe eine kalte Hand ihr Herz berührt, sie konnte auch während deS ganzen Abends das unangenehme Gefühl nicht überwinden, und trotzdem die Generalin und Edith sich bemühten, eine lebhafte Unterhaltung in Gang zu bringen, blieb die Stimmung allgemein eine gedrückte. Walter verabschiedete sich früher als sonst, jedoch mit dem Versprechen, sich übermorgen zu dem vielbesprochenen und vielversvrechcnden Maskenball im Kasino einzusinden. Melitta ahnte an diesem Abend nicht, wie viel heimlichen Kummer Edwards spöttische Frage ihr noch bereiten würde. Ucber den Ereignissen der nächsten Tage vergaß sie Ella Selten und Alles, was mit ihr zusammenhing, bis es ihr später um so schmerzlicher ins Gedächtniß gerufen wurde. Walter war erregter in seiner Wohnung angelangt, als er sich selbst zugcstehen wollte. Er liebte ja die Frau, welche dereinst als Mädchen die schönsten Jahre seines Lebens ver giftet hatte, längst nicht mehr, aber sein Stolz hatte die einstige Beleidigung immer noch nicht verwunden, und er hätte ge wünscht, ihr nie wieder zu begegnen. Allmählich wurde er ruhiger und unwillkürlich begann er Vergleiche zu ziehe» zwischen den beiden Frauen, die seinem Leben verhängnißvoll geworden. Beide jung, beide strahlend in Schönheit, und doch, wie verschieden! Ella stolz und imponirend, blendend und sprühend von Geist und Leben, aber falsch und treulos im Herzen. Melitta, ein zartes Elfenkind, sanft und lieblich wie ein Mondenstrahl, und scheu wie ein Reh. „Hätte die junge Gräfin Ellas Geist, sie wäre das vollendetste Weib der Schöpfung," murmelte Walter vor sich hin, „aber —" Er sprach seine Bedenken nicht weiter aus, sondern zwang seine Gedanken gewaltsam in eine andere Richtung. XXV. Der Maskenball. Edward stand in seinem kleidsamen Kostüm im Salon und erwartete seine Kousine, ohne daß sich seine Hoffnung erfüllte. Er blätterte in den Noten, ohne etwas zu fehcn, er schlug ein Buch auf und klappte es wieder zu, blickte hundertmal nach der Uhr und ging dann wieder ruhelos auf und ab. Er zitterte vor Ungeduld. Zum ersten Male in feinem Leben gewann er ein Mädchenherz nicht spielend, und gerade hier mußte er die Erfahrung machen, daß es eine Liebe gab, die nichts gemein hatte mit jenen flüchtigen Tändeleien, die lang weilige Stunden so angenehm verkürzen, die schnell entstehen und ebenso schnell vergessen sind. Er fühlte, daß er das Mädchen liebte, wie er nie zuvor geliebt, daß er sie entweder gewinne» oder namenlos unglück lich werden müsse, und er wollte endlich Gewißheit haben um jeden Preis. Acht silberhelle Schläge der Uhr belehrten ihn, daß seine Mutter und Schwester in kurzer Zeit zur Abfahrt bereit sein würden, und hastig drückte er auf de» Knopf der Glocke. „Ich lasse die Komtesse fragen," befahl er dem eintrcten- den Heinrich, „ob ich sie einige Minuten sprechen könnte?" Mit fieberhafter Spannung erwartete er die Rückkehr deS Dieners. „Die Komtesse lassen sich entschuldigen, sie sind noch bei der Toilette," lautete die abweisende Antwort. „Leere BMlüchte," murmelte Edward hestig. „Fran^oise ist längst bei Edith und sagte mir schon vor einer halben Stunde, Melitta werde sogleich erscheinen. Sie will mich nicht sprechen, aber ich werde sie zwingen, mich zu hören." In leldenschaftlichcr Ausregung eilte er über den Korridor bis an die Thür vor Melittas Zimmer und klopfte heftig an. Ohne eine Aufforderung abzuwarten, trat er ein. I Das junge Mädchen saß wartend im Lehnstuhl, ihre Toi lette war wirklich längst beendet, und Edward hatte recht in seiner Voraussetzung, sie wünsche seine Gegenwart nicht. Bei seinem ungestümen Eintreten blickte sie erstaunt und erschrocken auf, doch ehe sie ihren Empfindungen Worte geben konnte, war er dicht an sie herangetreten und, sich zu ihr beugend, bat er: „Verzeih' mir, Melitta, ich mußte Dich sprechen, und da Du mir meine Bitte abschlugst, blieb mir nichts übrig, als ohne Lrlaubniß hier einzudringen." „Ich finde Dein Benehmen über alle Begriffe rücksichtslos," sagte sie kalt, „und bitte, daß Du augenblicklich mein Zimmer verläßt." „Nicht eher, als bis Du mich angehört hast, "entgegnete er erregt. Sie erhob sich heftig und griff nach dem Klingelzug. „Du zwingst mich zu Maßregeln, die ich lieber ver mieden hätte." „Melitta, mache mich nicht rasend!" rief er außer sich, ihre Hände zurückhaltend und bis zum Schmerz pressend. „Was ich in den letzten Wochen erduldet habe, ist fast mehr, als ein Mensch ertragen kann. Vielleicht wäre es mir möglich gewesen, geduldig zu warten, bis Dein Herz sich mir zuneigte, aber es übersteigt meine Kräfte, zu sehen, wie Du an diesen kaltherzigen, verhaßten Herdungen eine Freundlichkeit ver schwendest, für die ich Jahre meines Lebens opfern würde." (Fortsetzung folgt.)