Volltext Seite (XML)
Detone. Schließlich behandelt daS päpstliche Rundschreiben >ie Freiheil der katholischen Missionen in den Kolonien vom Standpunkte der freien Entwickelung der katholischen Kirche und speziell die Erziehung katholischer Missionare in Preuße». Das helgische Ministerium hat in der Schulfragr «inen neuen folgenschweren Schritt gethan, der ebenso großes Aussehen wie Erbitterung bei den Liberalen hervorruft. Ein königlicher Erlaß ermächtigt das Ministerium, in allen Ge meinden, deren Vertreter sich weigrrn, den Religionsunterricht in den Gemtindeschultn einzuführen, auf Antrag von 25 Familien- Vätern, die sich gar nicht zu legitimiren brauchen, klerikale Privatschulen als staatliche anzuerkennen und ihnen die staat lichen Zuschüsse zuzuwenden. Durch diesen Erlaß erhält das öffentliche Elementarschulwesen Belgiens einen schweren Schlag und die Gemeinden sind jetzt gezwungen, entweder sich den Forderungen der Klerikalen zu fügen oder auf die Staats zuschüsse zu verzichten. In Antwerpen hat das Ministerium die Hälfte der dort bestehenden klerikalen Schulen als staatliche «nzuerkenncn beschlossen. Der Schulkampf wird jetzt in Belgien mit neuer Erbitterung entbrennen. In den französischen Kammern wurde gestern eine Botschaft des Präsidenten Grevy verlesen, in welcher derselbe zunächst für die Wiederwahl dankt. Die Republik sei An- gefichtS der Spaltung und der Ohnmacht der Gegner die »othwendige Regierungsform und es liege viel daran, daß die Parteien der Linken sich vereinigten, um ernsthafte Reformen durchzuführen. Die Regierung der Republik genieße in Europa hohe Achtung und habe in den letzten Jahren nicht wenig zur Erhaltung des Frieden- in Europa beigetragen. In der Bot schaft heißt es ferner: Die ministerielle Stetigkeit sei höchst «oth- wendig für die gute Führung der Geschäfte, für die Würde der republikanischen Regierung, für Frankreichs Kredit und seine Achtung in der Welt. Diese wünschenswerthe Stetigkeit hänge von der Bildung einer regierungsfreundlichen Kammer mehrheit ab, die gesichert sei, wenn die Freunde der Republik mir wollten. Dieselben möchten sich fest zusammenschließen auf dem ihnm gemeinsamen Gebiete. Die französische Republik sei mit den Friedensschlüssen von China, Anam und Mada gaskar im Frieden mit allen Nationen und habe niemals auf gehört, in Frieden zu sein mit den Völkern Europas und Amerikas. Es folgt ein Dank an die Armee und die Marine. Die Botschaft wurde im Senat durchweg beifällig ausgenommen; in der Kammer wurden jedoch bei einer Stelle, wo von der Ohnmacht der monarchischen RegierungSsorm die Rede war, Proteste der Rechten laut. — Präsident Grevy unterzeichnete gestern auch die Dekrete, durch welche alle Diejenigen, welche seit dem Jahre 1870 wegen politischer Verbrechen oder Ver gehen verurtheilt worden sind und gegenwärtig noch deshalb Strafe verbüßen, begnadigt werden. Auch mehreren Anderen, die wegen Verbrechen oder Vergehen nach dem gemeinen Strafrecht zu Strafen verurtheilt waren, sind vom Präsidenten Strafermäßigungen bewilligt worden. Wie spanische Blätter mittheilen, verhaftete man in Saragossa mehrere der Betheiligung an der letzten Verschwörung verdächtige Anhänger Zorillas, darunter einen Generalrath und zwei Gemeindebeamte. Auch in Sevilla solle» einige Ver haftungen vorgenommen worden sein. Während unter den englischen Liberalen die Ansichten über die den Parnelliten zu machenden Zugeständnisse weit auSeinandergehen und die Anhänger deS ziemlich radikalgefinntrn früheren HandelsministerS Chamberlain sich deshalb den ge mäßigte» Liberalen schroff eutgegevstellen, scheint da- jetzt am Ruder befiadliche konservative Kabinet Salisbury fest ent schlossen, de» 86 Parnelliten deS neuen englischen Parlaments nicht« zu gewähren, sondern sogar wieder strengere Maßregeln gegen Irland auzuwenden. Der Rücktritt Lord Carnarvons vom Bizelünig-Posten in Dublin wird mit diesem Beschlusse der englischen Regierung in Zusammenhang gebracht. Anläßlich deS russische« Neujahrsfestes brachten am Mittwoch im Winterpalaste zu Petersburg die Vertreter des Auslandes dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland ihre Glückwünsche dar. — Die Antwort des Zaren auf den vom Baron Kaulbars überbrachten Brief des Fürsten Alexander soll sehr kühl gelautet haben und nicht verhehlen, daß die Auf richtigkeit der russenfreundlichen Gesinnung des Battenbergers in Petersburg bezweifelt wird. Die Hoffnung, daß der Brief des Fürsten das letzte Hiuderniß der Aussöhnung wegräumen werde, erfüllt sich offenbar nicht. Dabei wird in Petersburg daran sestgehaltrn, daß die Politik mit dem persönlichen Ver hältnisse zwischen dem Zaren und dem Fürsten wenig zu thun habe, und Rußland sich keiner Lösung der bulgarischen Frage, welcher die übrigen Mächte beistimmen, auch wenn diese dem Battenberger günstig, widersetzen werde. Dos Mißtrauen der Russen gegen den Fürsten tritt besonders in den Korrespondenzen der „Nowoje Wremja" aus Sofia klar zu Tage, worin der Fürst als geschworener Feind Rußlands, ja sogar als unfähiger Militär bezeichnet wird. Der Korrespondent sucht daraus die Nothwendigkeit nachzuweisen, daß die Russen in Ostrumelieu einrücken müssen. Am griechisch-katholischen Neujahrsfeste hat König Milan von Srrbie« eine Amnestie erlassen, die sich auf alle poli tischen Verbrecher erstreckt, deren mehr als zweihundert in den Strafanstalten des Landes und in der Festung Belgrad inhastirt waren. Dieser Gnadenakt erstreckt sich jedoch nicht auf die zahlreichen wegen ihrer bulgarenfreundlichen Gesinnung festgenommenen Bewohner des Grenzortes Pirot, wo das Standgericht in rastloser Thätigkeit ist. Das strenge Ver fahren desselben ist vorzugsweise gegen des Hochverraths an- geklagtc Piroter bulgarische Bürger gerichtet, welche Spions dienste geleistet und auf serbische Soldaten aus den Fenstern geschossen haben sollen. Den Bürgermeister von Pirot, der in Ketten gelegt wurde, beschuldigt man, den bulgarischen Truppen den Weg über den säst unzugänglichen Jzvor gezeigt zu haben, wodurch es den Bulgaren ermöglicht wurde, den Serben in den Rücken zu fallen. Die Mächte haben ent schieden einen Fehler begangen, daß sie es unterließen, die völlige Straflosigkeit aller Grenzbewohner zu einer der Vor bedingungen des Waffenstillstandes zu machen, da sich das serbische Vorgehen dem definitiven Friedensschlüsse nichts weniger als Vortheilhaft erweisen wird. In der letzten Sitzung des «ordamerikattische« Senates beantragte Ingalls die Annahme einer Resolution, nach welcher die Ausprägung von Silbermünzen so lange fort gesetzt werden solle, bis der Betrag von 500 Millionen ge prägter Dollars erreicht sei. Da bis jetzt nur etwa 216 Millionen geprägt sind, käme die Annahme dieses Anttages beinahe einer Ablehnung der Suspendirung der Silberdollars- Ausprägung gleich. Wom Landtage. — Dresden, 14. Januar. Die heutige Sitzung der zweite« Kammer war wiederum von kurzer Dauer, da die Kammer ohne jede Debatte die unter Titel 1S—21 des außerordentlichen Staatshaushalts geforderten, bereits mitgetheilten Summen für Weichen- und Signalanlagen auf einer größeren Anzahl von Stationen der Staatseisen bahnen, für Einführung der Luftdruckbremse nach dem System Larpenter bei den Eilzügen und zur Erweiterung der Dampf heizung und der Gasbeleuchtung in den Zügen bewilligte. — Auf der Tagesordnung der Freitags-Sitzung der ersten Kammer stehen: Die Anträge zum mündlichen Bericht der vierten Deputation über die Petitionen des landwirthschaftlichen Vereins Hermsdorf und Genossen, die Schonzeit des Hochwildes betreffend, der verw. Thiele in Niederwartha, Entschädigung betreffend, Julius Hösels in Dresden, um Nachgewährung von 813 M. 30Pfg. für in das Bad Elster gelieferte Marmor- arbriten, ferner über die Petition von Schuldirektoren und Lehrern in Vororten von Leipzig und Chemnitz wegen Abänderung des Gesetzes, die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Elcmentarvolksschulen betreffend, über die Petition der Bezirksanstaltsbeamten, dieErlangung von Pensionsberech tigung betreffend, über die Petition der Firma Escher und Müller in Dresden, um Erstattung von 2297 M. 18 Pfg. bezahlte Bahnfracht, über die Petition Winkl er's in Hainichen um Ersatz eines ihm angeblich durch Fahrlässig keit eines richterlichen Beamten entstandenen Schadens, über die Petition des Schuhmachers Louis Knöfel in Plauen bei Dresden und Genossen, Gemeinderathswahlen betreffend, und schließlich die Anzeige der vierten Deputation über drei für unzulässig erklärte Petitionen. — Auf der Tagesordnung für die Freitags-Sitzung der zweiten Kammer stehen die Schlußberathungen über die Anträge zum mündlichen Bericht der Beschwerde- und Petitions-Deputation, die Petition der Gemeinde Großhartmannsdorf »nd Genossen, Er richtung einer Filialapotheke daselbst betreffend, die Petition Karl Friedrich Gottlob Seilers in Leipzig, um Gewährung einer Jnvalidenpcnfion betreffend, die Petition August Hermann Grüttner's in Dresden, um Wiederaufnahme eines Prozesses m. betreffend, die Petition Franz M ü ll er's in Potschappel und Genossen, um Gewährung von Unterstützung rc. betreffend. — Der gedruckt vorliegende Anttag zum mündlichen Bericht der Beschwerde- und Petitions-Deputation der zweiten Kammer über die Petition des Chausseegeld-Einnehmers Hermann Schölzel in Kleinwaltersdorf bei Freiberg um Erhöhung seiner Pension lautet: „Die Kammer wolle be schließen: die Petition des Chausseegeld-Einnehmers Hermann Schölzel in Kleinwaltersdorf, soweit sie auf Gewährung einer Anstellungs-Entschädigung von monatlich 6 Mk. gerichtet ist, auf sich beruhen zu lassen, dagegen, soweit sie auf Be willigung einer lebenslänglichen Pensionszulage und Ge währung freier Fahrt und Fracht auf der Eisenbahn aus Anlaß seiner Nebersiedelung von Kleinwaltersdors nach Brcttnig gerichtet ist, der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen." Dieselbe Deputation empfiehlt der Kammer, die Petition des Invaliden Iakob Hantusch in Glaub» itz um Gewährung einer Unterstützung auf die vor seiner Pensionirung als Invalid sallenve Zeit der Kgl. Staatsregierung ebenfalls zur Erwägung zu übergeben. Schuldbeladen. Original-Roman von Julius Keller. 38. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Ich erinnerte mich nur daran, wie sehr ich Sie durch meine thörichten Reden aushielt, — Sie kamen nur, um mir die Hand zu reichen und Lebewohl z» sagen, — um die Form der Höflichkeit nicht außer Acht zu lassen, — Sie hatten nur wenige Minuten für diese Zeremonie bestimmt und nun — ist durch meine Schuld diese Zeit so sehr überschritten worden. Seien Sie mir nicht böse!" Sie reichte ihm die Hand, die er schnell ergriff und in der seinigen behielt. „Wenn Sie mir die Freude machen wollen, es zu wünschen, Fräulein Adele," sagte er in jener Art des Scherzens, die zu Herzen geht, „so will ich meine Abreise gern noch bis morgen verschieben «nd Ihnen durch die That beweisen, wie wenig Ihr Vorwurf gerechtfertigt ist. Sie haben mich heute, in dieser Stunde davon überzeugt, daß meine Meinung, ich sei für Sie nur der Gast im Hause Ihres Vaters, der Freund Ihres Bruders, eine irrthümliche war! Sie hielten mich Ihres Vertrauens für werth und ich danke Ihnm aus vollstem Herzen dafür." Ein glückliches, fast strahlendes Lächeln erhellte ihre schönen Züge. Aber gar schnell verflüchtigte es sich wieder und der Ausdruck stiller Resignation und Wehmuth, welcher vorher auf ihrem Antlitz geruht, zeigte sich von Neuem. „Ich bedarf deS Beweises, daß meine Vermuthung, Sie feien mir böse über die Verzögerung, welche ich verschuldet, ungerechtfertigt war, nicht," sagte sie leise, „Sie haben also nicht nöthig, mich durch die That eines Besseren zu belehren. — Auf ein baldiges Wiedersehen!" — Er hielt ihre Hand noch immer in der seinigen. Fast wurde es ihm schwer, zu gehen. „Leben Sie wohl, liebes Fräulein. — Gott behüte Sie!" „Werden Sie lange fortbleiben?" „Jedenfalls einige Wochen. — Mein Urlaub währt einen Monat — ich gedenke, nicht einen Tag davon zu versäumen." „Erholen Sie sich nur recht «nd — mögen Sie auf der Reise das finden, was Sie suchen: Vergessenheit!" „Und Erinnerung — Erinnerung, Fräulein Adele, an alle die Personen, die ich verehre und welchen ich eine glückliche Stunde meines Lebens verdanke." Er preßte ihre Hand an seine Lippen — so lange, bis sie ihm dieselbe entzog. „Nochmals: aus Wiedersehen," sprach sie leise und so hastig sich umwendend, daß sie nicht bemerkte, wie der ihr gegenüber- hängende Spiegel dem tief bewegten Manne verrieth, daß aus dem feuchten Schimmer ihrer Augen plötzlich große, glänzende Thränen sich entwickelten. Wie gebannt von diesem Anblick blieb Bernhard zögernd stehen. „Sie weint," flüsterte eine leise Stimme m seinem Herzen, und jene warme Blntwelle, welche vorher schon einmal seine Seele durchfluthet, kehrte wieder. „Jo, — auf baldiges, glückliches Wiedersehen, liebes Fräulein Adele," sagte er endlich, — „leben Sie wohl!" Hierauf entriß er sich gewaltsam dem eigcnthümlichen Bann, welcher ihn umfangen zu haben schien, und schritt schnell aus dem Zimmer. Jetzt glaubte er des RäthselS Lösung gefunden zu haben. „Sie liebt mich," flüsterte er bewegt, „sie hat mich geliebt, während ich sie nicht beachtete, ihrer gar nicht gedachte! — Mem Golt, welchen süßen Trost solch' ein Bewußtsein gewährt." XIX. Hedwig Barthold war an jenem Abend, da sie daS HauS der Räthin verließ, nach längerem, planlosem Umherirren in der Stadt, zu dem Entschluß gelangt, sich vorläufig wieder in dem kleinen, bescheidenen Gasthof, dessen Wirth sie schon ein mal so freundlich ausgenommen, einjulogiren, und hatte diesen Entschluß auch ausgeführt. Herr Sperlich, der Besitzer des Gasthofs zum „Goldenen Lamm", nahm die junge Frau, welche er trotz ihres veränderten Aussehens gleich wiedererkanute, abermals sehr freundlich auf, und zufälligerweise traf es sich, daß das Zimmer, welches sie früher bewohnt hatte, frei war und sie dasselbe wieder er halten konnte. Mit muthigem Vertrauen, weniger verzagt als früher, nachdem sie daS Krankenhaus verlassen, sah Hedwig der Zukunft entgegen. Das großmüthige Geschenk der Räthin bildete mit den kleinen Ersparnissen Hedwigs immerhin ei«e Summe, von welcher sie einige Zeit leben konnte, und sie hoffte, noch ehe dieses kleine Kapital aufgezehrt sei, eine neue Stellung oder andauernde Beschäftigung erhalten zu haben. Das arme, hart geprüfte Weib konnte ja nicht ahnen, was in zwischen sich ereignet hatte, — daß eine erschütternde Nach richt ihren Muth und ihre Thatlraft lähmen und sie von Neuem in ein unstetes Leben stürzen sollte! Als Hedwig am andern Tage gegen Mittag ausging, um sich zu dem ihr von früher bekannten Stellcnvermittler zu begeben, bemerkte sie nicht, daß ein mittelgroßer, dunkelbärtiger Mann, welcher sich vor das Hausthor des Gasthofes postirt hatte, sie mit scharfen, lauernden Blicken beobachtete und ihr dann nachschritt. Sie bemerkte nicht, daß er ihr folgte, sie nicht aus den Augen ließ und für keinen anderen Vorgang, keine andere Person Interesse zu besitzen schien. Als sie das Haus des Agenten erreicht hatte und in dasselbe verschwunden war, betrat auch jener Mann das kleine, freund liche Gebäude und blieb auf dem Flur desselben hinter der Thür stehen. Er schien mit Ungeduld auf Hedwig's Rückkehr zu warten und fixirte sie mit mißtrauischen Blicken, als sie endlich, einen Zettel in der Hand haltend, wieder auf dem Flur erschien. Ihre Augen streiften ihn — er aber wußte sich plötzlich ein so harmloses, gleichgiltigcs Aussehen zu geben, daß sie achtlos, mit einem leichten Gruß an ihm vor überging und die Straße betrat, um ihre Wege zu erledigen. Und nun heftete der Mann sich wie ein Schatten an ihre Fersen. — — Schritt für Schritt folgte er ihr — vor jedem Hause, welches sie betrat, blieb er stehen, — verbarg sich aber hastig und ge schickt, sobald sie wieder draußen erschien und ließ sie dann jedesmal einen kleinen Vorsprung gewinnen, ehe er seine Ver folgung fortsetzte. Hedwig hatte kein Glück an diesem Tage. Ermattet und müde, ohne irgend ein Resultat erzielt zu haben, kehrte sie endlich in das Gasthaus zurück. Sie stieg langsam die halb dunkle Treppe hinauf, entnahm im zweite«, obersten Stockwerk angelangt, dem an der Wand befestigten Riegel den Schlüssel zu ihrem Zimmer und öffnete dasselbe. Ihr Gesicht entfärbte sich in jähem Schreck, als sie, die Thür wieder schließen wollend, einen ihr unbekannten Mann vor sich an der Schwelle des Zimmers stehen sah. „Mein Herr — was wünschen Sie?" fragte Hedwig ängstlich — er aber trat gemächlich vollends ein und schloß die Thür hinter sich. „Erschrecken Sie nicht vor mir," sagte er nicht eben un freundlich, aber mit eigenthümlich forschenden Blicken das kleine Gemach durchspähcnd, „ich bin nicht mitgegangen, um Ihnen etwas zu Leide zu thun." „Sagen Sie mir, was Sie wünschen, mein Herr — oder —" „Pst — machen Sie nicht viel Aufhebens von meiner An wesenheit. . . ." Er trat »och einige Schritte weiter herein — blieb dann dicht vor Hedwig stehen und fragte, sie mit durchdringenden Blicken musternd, in scharfem Ton: „Ich komme, um Sic zu fragen — wo sich Ihr Mann in dieser Stunde befindet?" „Mein Mann?!" „Ja — Walter Barthold — wo hält er sich auf? Sagen Sie es frei heraus — es wird zu Ihrem Besten sein." „Wenn Sie wissen, daß ich die Frau Walter Barthold's bin," entgegnete sie, nur mühsam ihre Fassung bewahrend, „dann wird es Ihnen auch nicht »»bekannt sein, daß mein Mann — sich im Zuchthaus befindet." „Oho, Komödie verfängt bei Unsereinem nicht!" „Komödie? — Ich verstehe Sie nicht, mein Herr." „Man sollte meinen, Sie sprächen die Wahrheit, wenn nian Sie so ansieht! Aber wir sind gewitzigte Leute, wir lassen unS nicht so leicht überzeugen. Sie thäten wahrlich besser daran, nicht Ihr Spiel mit uns zu treiben, — das wird sonst schließlich für Sie und Ihren Mann unangenehme Folgen haben."