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Afrika. Neue Friedensgerüchte tauchen auf. Wie aus dem Haag gemeldet wird, erwartet man in den dortigen Burenkreisen mit Bestimmtheit die alsbaldige Eröffnung von Friedensverhandlungen. Präsident Krüger soll sich bereits zum Friedensschluß bereit erklärt haben, und zwar auf Grundlage des Londoner Vertrages vom Jahre 1881, welcher den Burenstaaten die Unabhängig keit zusichert und die auswärtigen Beziehungen der Controle Englands unterstellt. Trotzdem die Meldung aus dem Haag, also aus der Umgebung des Präsidenten Krüger selbst herkommt, können wir jeden Zweifel an deren Richtigkeit zunächst doch noch nicht unterdrücken. Wir meinen, die Buren hätten nach ihren unerwartet glänzenden Erfolgen während des langen Krieges doch wohl den Fähigkeitsbeweis dafür erbracht, daß sie sich jedes Einspruchsrecht der Engländer in die Politik der beiden südafrikanischen Republiken verbitten können. Es gab einmal eine Zeit, da die Buren freiwillig den Engländern das Recht zugestanden hatten, die aus wärtige Politik der Republiken zu controliren; aber diese Zeit ist doch vorüber und unwiderbringlich dahin! Aus den Gefangenen-Lagern wird über Durban gemeldet: Seit langen Wochen entkamen, wie erst jetzt herauskomml, weil es regierungsseitig auf das sorg fältigste geheim gehalten wurde, fortwährend eine große Anzahl von in den Concentrationslagern internirten angeblich freiwilligen Burencapitulanten und ebenso zahl reichen gefangenen Buren aus den eigentlichen Gefangenen lagern, weil alle irgendwie verfügbaren englischen Truppen, welche bisher diese Lager bewachten, von Kitchener nach dem Kriegsschauplätze eiligst herangezogen wurden. Alle diese Flüchtlinge stießen zu den im Felde stehenden Buren. Ebenso gingen fortgesetzt starke Trupps Von Kapholländern nordwärts und stießen zu verschiedenen Burencommandos. Und da reden englische Minister von einem allmählichen Nachlassen und baldigen Schwinden des Aufstandes in der Kapcolonie. Allen an den südafrikanischen Küsten landenden Fremden ist die Weiterreise in die Kapcolonie oder die beiden Buren-Republiken untersagt worden. Der Besuch dieser Gebiete wird nur noch gegen besonderen Erlaubnißschein gestattet. Amerika. Tie demokratische Partei Nordamerikas hat ihr Programm entworfen und es einer Commission zur Prüfung überwiesen. Tas Programm erklärt sich gegen jede Aenderung der bestehenden Goldwährung, verlangt einen niedrigeren Zolltarif und beantragt Gewährung der Selbstverwaltung an Kuba, Portoriko und die Philippinen. Aus dem Mnldenthale. ^Waldenburg, 3. Tecember. Mit Ende dieses Jahres scheiden von den Vertretern der Höchstbesteuerten infolge Ablaufes der Wahlperiode aus dem Amtsgerichts bezirke Waldenburg die Herren Fabrikant Alfred Leon hardt hier und Vorwerkspachter Friedrich Wilhelm Sonntag in Grumbach aus der Bezirksversammlung aus. Zur Vornahme einer Neuwahl aus der Klaffe der Höchstbesteuerten ist Termin auf Donnerstag, den 19. d., nachmittags von 4 bis 5 Uhr im Hotel Stadt Hamburg zu Glauchau anberaumt. * — Tas kgl. Ministerium des Cultus und öffent lichen Unterrichts hat Herrn Kirchschullehrer Friedrich Hermann Krause in Remse in Anerkennung seiner treuen und ersprießlichen Wirksamkeit den Titel Cantor ver liehen. * — In einer „Tas sächsische Landtagswahlrecht und die Arbeiterkammer" überschriebenen Artikelserie des „Vaterlandes" regt der conservative Landtagsabgeordnete Geh. Hofrath Opitz-Treuen die Schaffung von Arbeits kammern zunächst für Sachsen nach dem Vorbilde der schon bestehenden Landwirthschafts-, Handels- und Ge werbekammern an, in denen durch Angehörige des Arbeiter standes selbst die Interessen der Arbeiter in angemessener Form zum Ausdruck gebracht und vertreten werden könnten. * — Tie „Leip. Neuesten Nachr." lassen sich von hier melden: „Die städtischen Collegien beschlossen die nochmalige Aufnahme einer Anleihe von 180,000 Mk. zur Deckung der Kosten für den Neubau des Rath- hauses, für welches bereits bei Beginn der Arbeiten eine Anleihe von 270,000 Mk. ausgenommen worden ist." Der Nachricht scheint eine Verwechselung zu Grunde zu liegen, denn hier ist weder von einer Anleihe, noch von einem Rathhausbau etwas bekannt. *— Für den deutschen Lehrertag 1902, der zu Pfingsten in Chemnitz abgehalten wird, hat der Aus schuß des Lehrervereins noch folgende Themata auf die Tagesordnung gesetzt: Universität und Volksschullehrer; hauswirthschaftlicher Unterricht. Tie Zweigvereine des Lehrervereins wurden davon verständigt, daß auch diese Themata in den Kreis der Verhandlungen einzubeziehen seien. — Im Theaterlocale zu Glaucha« findet Montag, den 9. d., abends 8 Uhr ein Concert des dortigen Lehrergesangvereins statt, das einen wirklichen Kunst- genuß verspricht. Unter Zuziehung des Concertsängcrs Hungar und der Concertsängerin Schrader-Röthig aus Leipzig bietet die ca. 60 Mann starke Sängerschaar u. a. Bruchs großes Chorwerk mit Orchester „Frithjof", ein Tongemälde edelsten Characters, uno Hegars be rühmten Männerchor „Schlafwandel", sowie Zanders vom Dresdner Sängerwettkampf her bekanntes „Spiel und Tanz". Die Leitung liegt in den Händen des Herrn Kirchschullehrers Ludwig in Hohndorf. — Am 1. Tecember eröffnete der Pädagogische Verein (Bezirkslehrcrverein) Zwickau in den Räumen der mittleren Mädchenbürgerschule eine Kunsterziehungs-Aus stellung, die künstlerischen Wandschmuck für Schule und Haus, Bilderbücher und empfehlenswerthe Jugendschriften umfaßt. — Tas Schiedsgericht für Arbeiterversicherung zu Zwickau war in seiner unter Vorsitz des Herrn Regie rungsraths Schmiedel am 25. November abgehaltenen Sitzung ausschließlich in Berufungssachen gegen die Landesversicherungsanstalt Königreich Sachsen thätig. Von 8 Berufungen wurden 5 abgewiescn, 3 hatten theilweisen Erfolg. Tie Versicherten können im Allge meinen nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie sehr es in ihrem eigenen Interesse liegt, unter den ge setzlichen Voraussetzungen nach Aufgabe versicherungs pflichtiger Bcschäftung durch Leistung freiwilliger Bei träge das Versicherungsverhältniß fortzusetzen und in Krankeitssällcn Art und Tauer der Krankheit sich recht zeitig von ärztlicher Seite bescheinigen zu lassen. — Mitte vorigen Monats ging in Wilkau einer in einer Gastwirthschaft in Stellung befindlichen Kellnerin eine Postkarte zu, auf der ihr von einem Unbekannten ihre Ermordung angekündigt wird. Es wurde ihr näm lich gedroht, daß ihr eine Kugel durch den Kopf gejagt würde, wenn sie noch fernerhin ein mit einem Cains- dorfer Bäckergesellen angeknüpftes Liebcsverhältniß unter halte. Ter Postkartenschreiber wurde nun neuerdings in einer Wirthschafterin in Cainsdorf auskundschaftet, die aus Eifersucht die Karte geschrieben hatte. — Am Mittwoch Abend 3/47 Uhr ist der frühere Wurzeuer Stadtmühlenbesitzer Friedrich Krietsch in Berlin, wo er seit 2^ Jahren als Privatmann wohnte, aus diesem Leben abgerufen worden. Friedrich Krietsch war seiner Zeit der bedeutendste Industrielle Wurzens. Insbesondere war es sein schöpferischer Geist, der die Biscuitfabrik ins Leben rief und zu einem Welt-Etablissement zu gestalten verstand. Aus dem Zachsenlande. — Tie 1. Kammer trat am Montag Mittag 12 Uhr zu ihrer 4. öffentlichen Sitzung zusammen. Nach Erledigung der Registrande erfolgte die Wahl des ständigen Ausschusses für das Plenum der Landesbrand- verficherungskammer, und zwar wurden gewählt Dom herr v. Trützschler-Dorfstadt und Bürgermeister Thiele- Döbeln zu Mitgliedern des Ausschusses. Weiter ließ das Haus einige Petitionen (darunter diejenige des emeritirten Lehrers, jetzigen Stadtkassenassistenten Illing in Kirchberg um Dispensation von ß 11 des Lehrer pensionsgesetzes vom 25. März 1892 betr.) auf sich beruhen und erklärte eine andere für unzulässig. Nächste Sitzung Dienstag Mittag 12 Uhr. Tagesordnung: Gesetzentwurf wegen der provisorischen Forterhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1902 betreffend. — Die 2. Kammer nahm in ihrer am Montag um 12 Uhr beginnenden Sitzung den Bericht über die Ver waltung der Landesbrandversicherungsanstalt in den Jahren 1899 und 1900 in allgemeine Vorberathung und überwies nach längerer Debatte denselben an die Rechenschaftsdeputation. Nächste Sitzung Dienstag. — Tie Steuerveputation der sächsischen 2. Kammer hat am vorigen Montag von 2 — 5 Uhr nachmittags, Dienstag von 10 Uhr vormittags bis 3 Uhr nach mittags, Mittwoch von 10—12 Uhr und Donnerstag nach dem Plenum unter Vorsitz des Vicepräsidenten Opitz sich die Durchberathung und Förderung der Steuervorlagen angelegen sein lassen. Die Deputation wird die Ergebnisse ihrer Berathungen in einem über sichtlichen Bericht zusammensassen, mit dessen Abfassung der conservative Abg. Hähnel betraut ist. Dem Ver nehmen der „S. N. C." nach hat das Einkommen steuergesetz mit geringfügigen Aenderungen die Zu stimmung der Deputation gefunden. Diese Botschaft klingt wenig tröstlich für die Ohren der Steuerzahler aus dem Mittelstände. — Seitens einer Dresdner Verwaltungsbehörde sind Mahnungen an die unterstellten Beamten ergangen, die Vergnügungen in den Beamtenvereinen auf das geringste Maß einzuschränken. Insbesondere sollen dieswintcr- liche Vergnügungen mit Ausnahme der Vortragsabende thunlichst unterbleiben. Buch wurde den Beamten nahe gelegt, nicht in mehrere Vereine einzutreten. — Zu Nothstandsarbeiten bewilligten die Stadtverord neten in Dresden gegen 750,000 Mk.; über die ge planten großen Tiefbauten soll dergestalt disponirt werden, daß sie den Arbeitern bis ins Frühjahr hinein fort dauernde Beschäftigung bieten. — Ter Haushaltplan der Stadt Leipzig auf das Jahr 1903 weist einen Gesammtbedarf von 30,668,899,96 Mk. auf, dem Einnahmen in Höhe von 16,709,390,61 Mk. gegenüberstehen, so daß ein durch directe Abgaben zu deckender Fehlbetrag von 13,959,509,35 Mk. verbleibt. — Wohlthätige Menschen haben sich in Leipzig zu sammengefunden, um angesichts der zunehmenden Arbeits losigkeit durch öffentliche Brotvertheilung die Noth mancher Familien etwas zu lindern. Das schöne Unternehmen wurde finanziell rasch gesichert. — Es ist, wie man hört, begründete Aussicht vor handen, daß zum Regimentsjubiläum des 5. Infanterie- Regiments Nr. 104 in Chemnitz Se. Maj. König Albert nach Chemnitz kommt. Zu dem Regimentsfcste werden in allen betheiligten Kreisen die weitgehendsten Vorbereitungen getroffen. — Ter in Schneeberg bestehende „Verein Glück auf", der bestrebt ist, die ehrwürdigen Weihnachtsge bräuche zu erhalten, beginnt nun wieder seine Thätig- keit. An den Vereinsabenden wird der Gesang der alten Berg- und Christlieder gepflegt. Der Verein deckt die Kosten für den Thurmgesang in der heiligen Nacht, für Beleuchtung des Thurmes und der Emporen der Kirche, sowie für Schmückung des Altarplatzes mit Christbäumen. — Am Donnerstag Vormittag fand in Werda« die gerichtliche Versteigerung der Grundstücke der I. C.Bohlcschen Werke, welche insgesammt auf 285,633 Mk. taxirt waren, statt. Tas Höchstgebot im Betrage von 165,000 Mk. gab Herr Friedrich Oschatz in Werdau ab. Ter Zuschlag soll am 4. Tecember erfolgen. — Bei heftigem Winde und Regen entlud sich am Sonntag Nachmittag gegen 4 Uhr in Rotzwei« ein schweres Gewitter. — Wohl eine Folge des Sieges der socialdemo- kratischen Partei bei der letzten Siadlvcrordneten-Er- gänzungswahl ist ein Wunsch zu betrachten, der in der letzten Stadtverordnetensitzung in Crimmitschau zum Aus druck kam. Es stellten nämlich 12 Stadtverordnete — also die Mehrheit — das Ersuchen an den Rath, er möge baldigst dem Collegium Vorschläge zu einem neuen Stadtverordneten-Wahlgesetz unterbreiten. — Aus Cranzahl wird geschrieben: Ter seit einigen Tagen herrschende Schneefall hat auch schon den Verkehr auf der Strecke Annaberg-Wcipert etwas erschwert, so daß heute Morgen der Schnecflug in Thätigkeit treten mußte. Tie Züge Verkehren fahrplan mäßig. — Die Meuselwitzer Kohlenwcrke haben beschlossen, die Preise für alle Sorten Braunkohlen um 1 Mk. pro 200 Centner zu ermäßigen. Ter Grund zu dieser Maßnahme wird in verminderter Nachfrage und in den bedeutenden noch vorhandenen Vorräthen gesucht. Im Allgemeinen ist der Absatz aber verhältnißmäßig gut. Winterpreise sollen diesmal gar nicht eintreten. — Festgenommen wurde in Greiz ein aus Meerane gebürtiger Kaufmann, welcher versuchte, unter falschen Angaben Bestellungen auf Bücher, Musikwerke u. s. w. zu sammeln. Dem Betrüger, der auch vom Amtsanwalt Zöblitz wegen dergleichen Schwindeleien steckbrieflich ver folgt wird, war es nicht um die Bestellungen zu thun, sondern für ihn handelte es sich nm Anzahlungen, welche die Abnehmer leisten sollten und die natürlich in seine Tasche wanderten. Deutscher Reichstag. 102. Sitzung vom 2. Tecember. 1^ Uhr: Haus und Tribünen sind gut besetzt. Am Bundesrathstische: Reichskanzler Graf Bülow, Graf Posadowsky, v. Thielmann, v. Rheinbaben, Möller, v. Hammerstein, sowie mehrere Bevollmächtigte von Bundes staaten. Reichskanzler Graf Bülow: Ich habe die Ehre im Namen der Verbündeten Regierungen dem Hohen Hause den Entwurf eines Zolltarifgesetzes zu unterbreiten. Der vor liegende Entwurf, der wichtigste und bedeutendste Gegenstand, welcher in dieser Session den Reichstag beschäftigen wird, ist das Ergebniß mehrjähriger umfassender und sorgfältiger Vor bereitungen. Auf Grund der Ermittelungen der Productions- verhältnisse für die Landwirthschaft und die Industrie durch den wirthschastlichen Ausschuß haben die zuständigen Reichs- bebörden unter gewissenhafter Erwägung der einander viel fach entgegenstehenden Interessen den TarifeMwurf ausge baut. Der Entwurf ist also hervorgegangen aus den Be dürfnissen des deutschen Wirthschastslebens, er will unter Be rücksichtigung aller berechtigten Interessen, vor allem den Wünschen der Landwirthschaft nach Schutz Rechnung tragen. Aber auch den Interessen unsrer Industrie. Der Entwurf bedeutet keine Abänderung von unserer bisherigen Handels vertragspolitik (Lachen links). Warten Sie doch ab, meine Herren, jedenfalls werden wir an dieser Politik festhalten, selbstverständlich unter Wahrung unsres Rechts, nach eigenem Ermessen darüber zu befinden. Ich habe in erster Linie wie der von der Landwirthschaft gesprochen, weil sie das wichtigste Glied unsrer Nähr- und Wehrkraft ist. Wir sind weder aus schließlich Agrarstaat, noch ausschließlich Industriestaat, wir müssen einen gemeinsamen Ausgleich suchen. Mögen wir uns immer vor Augen halten, daß wir unsere eigenen An gelegenheiten hier im Hause mit bewußtem Egoismus zu be- rathen haben. Lasten Sie uns im Kampf der Einzelinteresten nicht vergessen, vom Patriotismus und von unserm nationalen Empfinden uns leiten zu lasten, damit wir dem Auslande gegenüber geschlossen dastehen. Der Gedanke des Gesammt« wohls, der nationale Gedanke möge überall hervorleuchten! (Lebhafter Beifall.) Reichsschatzsekretär Freiherr v. Thielmann (obwohl er von der Rednertribüne spricht, schwer verständlich) führt zu nächst aus, der Vorwurf sei unberechtigt, daß die Vorlage die Interessen einzelner Erwerbsstände nicht berücksichtige.