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8. Mage M Schönburger Tageblatt. 274. Mer in Altenburg. «achdruck verboten. Wittenberg und Worms sind in der ganzen christlichen Welt als „Lutherstädte" bekannt und berühmt. Jedem evangelischen Christen sind lieb und Werth die Orte, an denen Luther heranwuchs, wirkte und starb: als Eis leben, Mansfeld, Eisenach, Erfurt, die Wartburg. Zu den „Lutherstädien" kann man mit Fug und Recht auch Altenburg rechnen, und zwar aus mancherlei Gründen. In dieser Stadt fand ein Ereigniß statt, welches für die Entwicklung der Reformation wichtig war; in Alten burg vollzog Luther persönlich eine der ersten Trauungen eines vom Katholicismus zum Evangelium übergetretenen Geistlichen; in Altenburg lebte und wirkte Georg Spe- latin, welcher als der vertrauteste Freund dem Herzen Luthers am nächsten stand; unter Luthers persönlichem Mitwirken vollzog sich die Reformation in dieser Stadt. In welcher lebhaften Beziehung Luther zu Altenburg stand, ergiebt sich daraus, daß aus den noch vorhandenen Schriftstücken sich nachweisen läßt, daß der Reformator mindestens elf Mal in dieser Stadt zu längerem oder kürzerem Aufenthalt gewesen ist; dabei ist es höchst wahrscheinlich, daß er noch öfter hier verweilt hat. Zum ersten Male war Luther im Januar des Jahres 1519 in Altenburg. Die Veranlassung dazu war diese: Der Kurfürst Friedrich der Weise hatte es 1518 auf dem Reichstage zu Augsburg durchgesetzt, daß sich Luther wegen seines Auftretens gegen den Ablaßkram nicht persönlich zur Verantwortung nach Rom zu stellen brauchte, sondern daß die Angelegenheit in Deutschland abgemacht werden sollte. Nachdem die im October 1518 in Augsburg zwischen Luther und dem Kardinal Cajetan abgehaltene Unterredung erfolglos geblieben war, wurde vom Papste Leo dem Zehnten alsbald ein besonderer Abgeordneter für diese Sache in der Person des päpst lichen Kämmerers Karl von Miltitz »ach Deutschland gesendet. Um sich zunächst über die Stimmung des Kurfürsten gegen Luther zu vergewissern, ging Miltitz nach Altenburg, wo sich der Kurfürst zur Feier des Weihnachtsfestes aufhielt; er kam am 28. December hieran. Zu Anfang Januar 1519 traf Luther in Alten burg ein. Alsbald begannen die Verhandlungen, die in Anwesenheit und unter Vermittelung Spalatius ge führt wurden. Tie Beschuldigung, Luther verführe das Volk zu unrechter Meinung über den Ablaß, wies der Reformator zurück mit dem Beweise, daß die Habsucht des Papstes den Bischof von Magdeburg und dessen Diener Johann Tetzel zu dem schändlichen Treiben des Ablaß handels veranlaßt habe, und daß er, Luther, durch die jämmerliche Verführung, großen Schatzungen und Be schwerungen des armen Volkes ungeduldig geworden sei und darum seine Schrift wider den Ablaß habe aus gehen lassen." Am zweiten Tage kam man überein, daß beiden Pertcien verboten werde, von dieser Materie zu schreiben, zu predigen und zu reden, ferner, daß Miltitz darüber an den Papst schreiben wolle, daß die Sache einem gelehrten Bischof znr Beurtheilung über geben werde. Würde Luther von dem Jrrthum über zeugt, so solle er widerrufen. Tie Verhandlungen wurden, wie Luther selbst an Freunde schrieb, ganz freundschaftlich geführt, anch waren sie in Freundschaft geschieden. Miltitz hatte Luther zu Tische gebeten, hatte ihn beim Abschied geküßt und unter Thränen ermahnt, an seiner Zusage festzuhalten. Frei lich nennt Luther den miltitzschcn Kuß einen Judaskuß und seine Thränen Krokodilsthränen. Ter Streit, welcher t in Altenburg bcigelegt erschieu, brach bald wieder aus, da die Gegner Luthers nicht Ruhe hielten. Daß Luther im Jahre 1521 im April auf seiner Reise nach Worms in Altenburg gewesen sei und damals zum ersten Male in der Franziskanerkirche gepredigt habe, berichten mehrere Schriftsteller, doch läßt sich dieses nicht mit voller Bestimmtheit nachweisen. Sicher aber ist, daß der große Mann mehrere Tage im April des Jahres 1522 i» Altenburg verweilte. Im April ging Luther von Wittenberg nach Zwickau, um dort die von den sogenannten Neuen Propheten, Thomas Münzer und seinem Anhänge, angestifteten Unruhen zu stillen. Sein Weg führte ihn durch Alten- bürg. Am Sonntag nach Ostern, dem 27. April, predigt er hier; er verhandelt mit dem Stadtrathe in Refor- mationsangelegenheiten und setzte demselben eine Be schwerdeschrift gegen das Bergerkloster an den Kur fürsten auf. Tie nächste Anwesenheit Luthers in Altenburg fällt in das Jahr 1523; er war am 14. und 15. April hier in Begleitung einer großen Anzahl hervorragender Wittenberger Männer zur Hochzeit von Wenzel Lieck, dem Reformator Altenburgs. Luther selbst traute den Bräutigam in der Bartholomäikirche und^predigte über Sonntag, den 24. November die Herrlichkeit der Ehe. Er erschien hier bei dieser Gelegenheit um so lieber, als der Bräutigam sein vor maliger Ordensbruder und von ihm sehr hoch geschätzt war, und weil die Heirat Liecks anch die erste öffentliche ! eines Geistlichen in diesem Theile der Kurfürstlichen Lande war. Ende October 1525 trat Spalatin, der erste Super intendent in Altenburg, in den Stand der Ehe. Luther hatte dem Freunde zugesagt, zur Hochzeit zu erscheinen. Jedoch war der Adel einer Gegend, welche Luther auf seiner Reise nach Altenburg passircn mußte, wegen Austritts von dreizehn Nonnen aus einem Kloster so auf gebracht, daß Luther sich seines Lebens nicht sicher halten konnte, weshalb er, besonders durch die inständigen Bitten und die Thränen seiner Frau bestimmt, von der Reise abstand. Im März des Jahres 1528 war der Kurfürst Johann in Altenburg, um daselbst den Landgerichtstag abzuhalten. Hierher wurde Luther gernfen. Zusammen mit Justus Jonas und Bugenhagen kam er am 19. März in der Stadt an. Ter Grund zu der damaligen Berufung scheint das Bündniß gewesen zu sein, welches der Kurfürst am 9. März dieses Jahres mit dem Land grafen Philipp von Hessen gegen mehrere katholische Fürsten geschlossen hatte, welche sich gegen die Evan gelischen verbündet hatten. Da der Krieg, welchen der Kurfürst führen wollte, einen religiösen Grund hatte, so vernahm er seine Wittenberger Theologen darüber. Diese sprachen sich auf das Entschiedenste gegen einen Krieg aus. Zweimal war Luther im September des Jahres 1 529 in Altenburg; es geschah auf der Hin- und der Herreise nach Marburg, wo er und Melanchthon auf den Wunsch des Landgrafen Philipp von Hessen mit den Reformirten über die Abendmahlslehre verhandelten. Als Kaiser Karl der Fünfte 1530 den Reichstag nach Augsburg ausschrieb, auf dem die Religions streitigkeiten beigelegt werden sollten, trug der Kurfürst sogleich seinen Theologen auf, eine Darstellung der reinen christlichen Lehre zu geben. Dem Auftrage zufolge überreichten sie in Torgau siebzehn Artikel der christlichen Lehre. Nachdem Luther über die Worte gepredigt hatte: „Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater," reiste der Kur fürst ab. In Koburg traf er mit den Reformatoren zu- sammen. Wie sich aus den Rechnungen des Stadtrathes über das dargebrachte Ehrengeschenk ergiebt, wählte Luther den Weg über Altenburg. Bekanntlich nahm der Kur fürst Luther nicht mit nach Augsburg, sondern ließ ihn in Koburg zurück. Dort verweilte er den ganzen Sommer über auf dem Schlosse und stärkte mit seinen Gebeten und mit Briefen seine Mitarbeiter und Mit kämpfer, welche am 25. Juni das Kleinod unserer evan gelischen Kirche, die Augsburgische Confession Übergaben. Mit den von Augsburg zurückkehrenden Freunden Spalatin und Melanchthon reiste Luther von Koburg ab; sie trafen am 8. October in Altenburg ein, um im Hause Spalatins am nächsten Tage, einem Sonntage, zu rasten. Melanchthon hatte schon vorher in lieblichen Versen die Stunde begrüßt, „da sie Spalatins Wohnung erreicht haben und die zärtliche Gattin den längst er sehnten Gemahl unter herzlicher Begrüßung empfangen würde." Hier geschah es, daß Luther, als Melanchthon, immer noch mit der Bearbeitung der Augsburgischen Confession beschäftigt, auch unter dem Essen schrieb, aufstand und ihm vie Feder aus der Hand nahm mit den Worten: „Man kann Gott nicht allein mit der Arbeit, sondern auch mit Feiern und Ruhen dienen; darum hat er das dritte Gebot gegeben und den Sabbath geboten." An demselben Sonntag predigte Luther in der Schloß kirche, und zwar zweimal, zuerst über die Heilung des Wassersüchtigen und dann über die Engel. Wiederum war Luther zusammen mit Melanchthon und Anderen zweimal in Altenburg im Jahre 1537. Zuerst am 1. Februar auf der Reise nach Schmalkalden; dort sollten noch mals aufAnordnung des Kurfürsten die Glaubensartikel er wogen werden. Luther und Melanchthon beabsichtigten, bei Spalatin einzukehren, und sie hatten auf dem Wege darauf bezügliche Begrüßungsgedichte gefertigt; allein sie folgten nachher der Einladung des Kurfürsten auf dem Schlosse, wo sie, wie Luther rühmt, auf das Beste bewirthet und gepflegt wurden. Die damals von Luther für Spalatin in lateinischer Sprache abgefaßten Verse lauten in deutscher Uebersetzung: Wie, mein theurcr Georg, Christus Dein Wirken genehm ist, So sei dieser Besuch Dir und den Deinen genehm, Siehe, wir ziehen hinaus zum Berath in der rühmlichen Erzstadt, Welchen Gang uns des Herrn heilige Sache gebeut. 1901. Du auch, trefflichster Mann, mitgewählt zu der Handlungen Beirath, Wirst mit uns ziehen des Weges Leiter und Gleiter zugleich. In Schmalkalden erkrankte Luther so heftig, daß er seinen Tod erwartete. Noch sehr schwach verließ er am 27. Februar diese Stadt in Begleitung von Bugen hagen und Spalatin. Nach längerem Aufenthalte in Gotha kamen sie im zweiten Viertel des März in Alten burg an. Luther war immer noch sehr schwach; in Spalatins Hause fand er durch dessen Frau und Töchter liebreiche Wartung und Pflege. Damals richtete er folgende schöne Verse an den Gastfreund: Mein Spalatin, es erscheint im kranken Lutherus — selbst Christus, Pfleg' uns leibliche Ruhe bittend im gastlichen Haus. Was Du diesem erweis'st, will der als erwiesen sich ansehn, Welcher gesagt: ihr seid Glieder am Leibe Hes Herrn. Der um Luther herzlich besorgte Kurfürst hatte Luthers Frau gerathen, ihrem kranken Manne entgegen zu reisen, um ihn nochmals zu sehen, falls er unterwegs sterben sollte. Katharina folgte eilig diesem Rathe und traf in Spalatin's Hause mit ihrem Gatten zusammen. So hat auch „Herr Käthe", wie Luther seine Gattin in seinen Briefen oft nennt, in Altenburgs Mauern ge weilt. In dem Dankschreiben, welches Luther „für freundliche Wohlthat und wohlthuende Freundlichkeit" an Spalatin richtete, spricht er das Bedauern Katharinas aus, daß diese ohne Gastgeschenk sür Spalatins Töchter gekommen sei, sie lasse aber Schreibebücher fertigen, welche sie zum Andenken den Töchtern schicken wolle. Zum letzten Male besuchte Luther die Stadt Alten burg Ende August des Jahres 1544. Er kam von Zeitz, wohin er sich begeben hatte, um seinen Freund, den damaligen Bischof Nikolaus von Amsdorf über das Mißlingen der Reformirung des Bisthums Naumburg zu trösten. In Altenburg galt es, den kranken und trüb sinnigen Freund Spalatin durch Trostesworte aufzu richten. Dieser starb im Januar 1545. Binnen Jahres frist verschied auch Luther. Oft ist Luther in der ehemaligen freien Reichsstadt Altenburg persönlich gewesen; aber noch öfter war er daselbst im Geiste, mit dem Herzen, mit der Feder — in Sachen der Reformation, in kirchlichen, gelehrten und häuslichen Angelegenheiten, zur Verwendung für Hilfs bedürftige, zur Empfehlung anzustellender Geistlichen und als Freund. An Spalatin richtete er von 1525 bis 1544 über achtzig Briefe; außerdem existiren noch über dreißig Briefe, die er nach Altenburg geschrieben hat. Aus alle dem ergibt sich, daß Altenburg mit vollem Recht zu den „Lutherstädten" zu rechnen ist. E. H. Kunst und Litteratur. Die soeben erschienene Nummer 35 des SimplicisstmnK enthält im Titelbild eine Zeichnung von Bruno Paul „Alp drücken", ferner Zeichnungen von F. v. Reznicek, E. Thöny, Rudolf Wilke, I. B. Engl und Th. Th. Heine. Im text lichen Theil bringt H. v. Beaulieu eine Skizze: „Wie es geht" betitelt, weiter sind Hugo Salus, Peter Schlemihl und Otto Julius Bierbaum mit je einem Gedicht vertreten. Der Simplicissimus erscheint in einer billigen Ausgabe zu 15 Pfg. und einer besseren auf stärkerem, vornehmerem Papier zu 25 Pfg.; man kann ihn beziehen durch alle Postämter und Buchhandlungen oder direct vom Verlag Albert Langen in München. Kirchliche Nachrichten. Am Todtensonntag. Waldenburg. Früh '/-8 Uhr hält Herr Oberpfarrer Harleß Beichte und Communion. Vormittags V-10 Uhr predigt derselbe über Offenb. Joh. 21, 1—8 (Lied 684). Kirchenmusik: Motette a oaxella von G. Schreck, Thomascantor, Leipzig. „Wahrlich, ich sage Euch: Wer mein Wort höret." — Nachmittags V-2 Uhr Predigtgottesdienst: Herr Diaconus D Walter. Beim Vor- und Nachmittagsgottesdienst wird eine Kirchencollecte zum besten des Kirchbaus in Ostrau bei Döbeln gesammelt. Dienstag Abend 8 Uhr Bibelstnnbe im Pfarrhause. Wochcnamt: Herr Diaconus U Walter. Altstadtwalde«bürg. Frühgottesdienst V-9 Uhr. Col- lecte für den Kirchenbau zu Ostrau. Nachmittag 3 UhrGe- dächtnißfeier in der Gottesackerkapelle. Niederwinkel. Spälgottesdienst mit Feier des heiligen Abendmahls. Beichte V'11 Uhr. Collecte für den Kirchen bau in Ostrau. Schwaben. Vormittags 9 Uhr Predigtgottesdienst und Feier des heiligen Abendmahls. Die Beichtandacht findet V-9 Uhr statt. Collecte für Ostrau. vberwinkel. Vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit heil. Abend mahl. Vorm. 3/«9 Uhr Beichte. Collecte für den Kirchenbau in Ostrau bei Döbeln. Grumbach. Nachm. 2 Uhr Gottesdienst mit heil. Abend mahl. Nachm. ^«2 Uhr Beichte. Collecte für den Kirchen bau in Ostrau bei Döbeln. Franken. Früh V-8 Uhr Beichte. Früh 8 Uhr Predigt gottesdienst mit Feier des heil. Abendmahls. Collecte für- Ostrau. Schlagwitz. Vorm. '/>11 Uhr Predigtgottesdienst. Nachm. 5 Uhr Liturg. Gottesdienst mit Beichte und Feier des heil. Abendmahls. Collecte für Ostrau. Callenberg. Vorm. '/-9 Uhr Beichte. Anmeldung '/«9 in der Sakristei. 9 Uhr Pcedigtgottesdienst mit Feier des heil. Abendmahles (Jesaia 57,2). Nach dem Gottesdienst