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Haftes Bedauern über die beklagenswerthen Vorfälle aus, namentlich hervorhebend, daß ihm leider kein andres Mittel zur Aufrechterhaltung der Ordnung zu Gebote stehe als der Ordnungsruf. Nachdem der Präsi dent noch die dringende Bitte an das Haus gerichtet hatte, die Würde zu wahren und persönliche Be schimpfungen zu unterlassen, wurde die Berathung über den Dringlichkeitsantrag Stransky, betreffend die Zu sammenstöße zwischen Deutschen und Tschechen bei Littau fortgesetzt. Ein Thema, das wie kaum ein andres zu Raufereien geradezu einlädt, seine Erledigung wird da her zweifellos noch weitere Tumulte im Gefolge haben. Ueber die Forderungen des Hauses bezüglich Gegen- maßregeln gegen den deutschen Zollvertrag hat sich der Ministerpräsident v. Körber bisher noch nicht ausgesprochen. Was die Parteien sagen und beantragen, will natürlich nicht viel bedeuten und es bleibt diesen leidenschaftlichen Forderungen gegenüber die ruhige Ge lassenheit gerechtfertigt, die da sagt, daß doch nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Frankreich. Wie ernst die Lage in Montceau-les-Mines (in Frankreich) ist, wo seit dem letzten Ausstand noch 1200 Bergleute ohne Beschäftigung sind, ergiebt sich aus den Vorsichtsmaßnahmen der Regierung. Ter Kriegsminister entsandte dahin eine Tragoner-Escadron und zwei Infanterie-Bataillone. Der Führer der Revolutionspartei in der Pariser Arbeitsbörse, Latapie, kündigt an, daß der Geheim ausschuß Mittel besitze, um den Betrieb der Eisen bahnen und großen Werkstätten zu stören. Loco- motiven und Locomobilen würden, weil täglich und stündlich wichtige Bestandtheile unbrauchbar sein würden, nicht functioniren können. Kein Wechsel im Personal werde gegen diese Taktik aufkommen. Er, Latapie, erklärte sich ganz offen als Organisatordiesesrevolutionären Planes. (Latapie scheint ein Großsprecher zu sein.) Die Stürme, die sich bisher in der Deputirten- kammer gegen das Cabinet Waldeck-Rousseau erhoben haben, waren noch nicht sonderlich heftig, immerhin hätte dem Cabinet bei einer Abstimmung die Majorität gefehlt, wenn nicht ein Theil der Anhänger Melines für das Ministerium eingetretcn wäre. Darob gewaltige Aufregung im Lager der Melinisten, die das Verhalten ihrer eigenen Parteigenoffen als einen nicht wieder gut zu machenden Fehler bezeichnen. Ein Mitglied des Senats erklärte seinen Austritt aus der Melinistengruppe mit der charakteristischen Begründung, es erscheine ihm un zulässig, daß eine Partei abwechselnd ministerfeindlich sein könne, wenn das Ministerium ihrer Stimme nicht bedarf, und ministeriell, sobald das Ministerium in Gefahr geräth, in der Minderheit zu bleiben. Wie aus guter Quelle verlautet, soll der socialistische Handelsminister Millerand sich jetzt entschlossen haben, aus dem Ministerium auszuscheiden. Rußland. Tie russische Regierung hat mit großer Feierlichkeit erklären lassen, daß weder während noch nach der Zarenreise von Bemühungen Rußlands, in Frankreich eine Anleihe aufzunehmen, die Rede sein könne. Jetzt wird bekannt, daß Rußland mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika behufs Aufnahme einer Anleihe in Verhandlungen steht. Da scheint es doch, als seien die Bemühungen in Frankreich schon vor der Zarenreise gescheitert. Niederlande. Tie Amsterdamer Tockarbeiter haben bekanntlich be schlossen, keinen einzigen englischen Fracht dampfer mehr zu laden oder zu löschen, so lange der grausame Krieg gegen die Buren noch fortdauert. Ten Amsterdamer Tockarbeitern haben sich die Ant werpener angeschlossen. Brave Leute, die ihre eigenen Interessen den Geboten der Menschlichkeit unterordnen. Von diesen einfachen Leuten könnten die mächtigen Re gierungen des europäischen Continents noch etwas lernen! Afrika. Mit den ihm zugeschickten Verstärkungstruppen kann Lord Kitchener rein garnichts anfangen. Ein Theil ist total unbrauchbar und kann überhaupt in keine Schlacht geführt, sondern muß schleunigst nach Hause geschickt werden, ein anderer Theil ist entmuthigt, Hun derte vermögen die Strapazen nicht auszuhalten, andre Hunderte sind am Typhus erkrankt. Diese Thatsachen erklärt Lord Kitcheners Schweigen. Er verfügt über viele Tausende von Truppen, oder nur über eine Hand voll Soldaten. Kehrt nun auch General French, der als Nachfolger des entlassenen Generals Buller zum Obercommandanten des 1. Armeecorps ernannt worden ist, nach England zurück, dann wird es wirklich nicht lange dauern, bis auch Kitchener die Flinte ins Korn wirft. Lord Kitchener schweigt; um die Buren brauchen wir also nicht besorgt zu sein. Ueber Brüssel wird ge meldet, daß Botha mit einer Streitmacht von 4000 Mann ein Lager zwischen Wakkerstroom und Ermelo bezogen hat. Die Verlustlisten der Engländer weisen in den letzten Tagen wieder auffallend hohe Ziffern auf; es muß also doch gekämpft werden, da sonst von Ver wundeten und Vermißten alias Gefangenen keine Rede sein könnte. Es muß sehr schlecht um die Lage der Engländer stehen, daß Lord Kitchener für alle die Ereig nisse auf dem Kriegsschauplatz auch nicht ein einziges Wort übrig hat. Die Lage in der Kapcolonie schildert ein Brief an die „Westminister Gazette." Es wird in dem Bericht ganz besonders Gewicht darauf gelegt, daß die von den englischen Behörden gewaltsam erzwungene Anwesenheit von Verwandten, Freunden und Kameraden vieler zum Tode verurtheilter „Rebellen" bei deren Hinrichtung einfach jede Aussicht und Hoffnung auf einen späteren dauernden Frieden aus der Welt geschafft habe. „Ge fühle der leidenschaftlichsten Rache sind durch solche Maßnahmen erweckt worden, und zwar auch bei Leuten, die, obwohl holländischer Abkunft, sich doch bisher loyal verhalten hatten und bis heute nicht in die Reihen der „Rebellen" eingetreten waren. Hunderte und Aberhunderte von solchen Männern haben heute den letzten Rest von Neutralität und Loyalität bei Seite geworfen und sich den „Desperados" angeschloffen, welche Tag für Tag die schönsten Bezirke der Colonie mit Guerillakrieg über ziehen. Fast sämmtliche Theile der Colonie zeigen heute schlimmere Zustände hinsichtlich Aufruhr und rachsüchtigster Feindschaft der holländischen Bevölkerung, als dies auch nur annähernd jemals zuvor der Fall gewesen ist. Tie grausamen Hinrichtungen mit allen ihren Nebenumständen haben eine unvertilgbare Saat der Feindschaft und der Rache gesät. Dieser wiederwärtige Abschnitt unserer militärischen Justiz ist nichts anderes, als ein fürchter licher Jrrthum, dessenübleFolgen sich noch auf Generationen hinaus fühlbar machen werden." Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 25. October. Ter hiesigen Ge werblichen Fach- und Fortbildungsschule ist von Seiten des hohen Kgl. Ministeriums des Innern der ansehn liche Betrag von Mk. 3300 als Staatsbeihilfe für das laufende Schuljahr überwiesen worden. * — Den kürzlich gemeldeten Einbruchsdiebstahl in Altwaldenburg begangen zu haben ist ein Handarbeiter aus Bernsdorf verdächtig. Derselbe ist vor dem Dieb stahle in der Nähe des Hauses des Bestohlenen gesehen worden und hat nach dem Diebstähle mehrfach größere Geldsummen sehen lassen. * — In der am Mittwoch von 3 Uhr ab im Sitzungs saale der kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau stattgehab ten 7. Sitzung des Bezirksausschusses wurde genehmigt das Schankerlaubnißgesuch Henkels für Niedcrwinkel und Ackermanns für Langenchursdorf, dagegen abgelehnt des letzteren Gesuch um Erlaubniß zum Beherbergen und zur Veranstaltung von Singspielen. Ter Gemeinde Harthau wurde die Erstattung der Walzkosten aus Be- zirksmitteln bewilligt. * — Tie vorläufig festgestellten Einnahmen der säch sischen Staatsbahnen im Monat September 1901 be tragen 11,373,946 Mk. (— 907,651 Mk.), wovon 3,622,790 Mk. (- 186,590 Mk.) auf den Personen verkehr, 6,458,700 Mk. (— 614,887 Mk.) auf den Güterverkehr entfallen; aus sonstigen Quellen stammen 1,292,456 Mk. (— 106,174 Mk.). Die Gesammtein- nahmen vom 1. Januar bis 30. September d. I. be tragen 98,558,120 Mk. (— 4,719,714 Mk.). Hierzu trugen der Personenverkehr 31,191,337 Mk. (— 349,074 Mk.), der Güterverkehr 55,422,203 Mk. (— 3,628,998 Mk.), sonstige Quellen 11,944,580 Mk. (— 741,642 Mk.) bei. — Unter der Anklage, 8600 Mk. unterschlagen zu haben, stand am Dienstag der 24 Jahre alte, in Glau: chau wohnhafte Kaufmann Georg Otto Jenner vor der dritten Strafkammer des königl. Landgerichts Zwickau. Der Angeschuldigte mußte einräumen, in seiner Eigen schaft als Vertreter der Bautzener Kunstmühle in der Zeit von Januar bis Ende Juli dieses Jahres nach und nach von den für diese vereinnahmten Geldern 8400 Mk. und im Juni und Juli dieses Jahres von den für Franz Wienholz, Besitzer einer Tampfmolkerei und Margarinefabrik in Prenzlau kassirten Geldern etwa 200 Mk. unterschlagen zu haben. Das Gericht ver- urtheilte ihn dafür zu 2 Jahren 2 Monaten Gefäng- niß und erkannte ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf drei Jahre ab. — Die Bezirksversammlung des Königl. Sächs. Militär-Vereins-Bundes, Bezirk Glauchau, findet am 10. November 1901 im Theaterlokale in Glauchau statt. — Zwei Schwindler machen die Zwickauer Gegend unsicher. Sie haben sich sowohl in einem dortigen Hotel einlogirt und den Hotelier um 15 Mk. geschädigt, als auch in Werdau ihr Unwesen getrieben. Dort schrieben sie sich in einem Hotel als Kaufleute Bölling aus Dresden und Broch aus Gera ein, wohnten einige Tage dort und verschwanden plötzlich spurlos, ohne natürlich zu bezahlen. Einer der Gauner hat sich bei einem Buchhändler in Werdau als Abonnentensammler engagiren lassen, übergab ihm eine Anzahl gefälschter Bestellungen und steckte die Provision ein. Da man annimmt, vaß die Betrüger auch anderswo ihre Gast rollen geben, sei vor ihnen gewarnt. — Gegenwärtig wird der Zwickauer Schwanenteich gefischt. Der Fischverkauf beginnt am 25. d. M. Tas Pfund Karpfen kostet 75 Pf., Schleie 1 Mk. Barsche und Karausche 50 Pfg., kleine Fische 10 Pf. — Der Rath zu Zwickau hat die Umwandlung des dortigen Realgymnasiums und der Realschlule in eine Reformanstalt genehmigt und beschlossen, die Zustimmung des Königlichen Kultusministeriums nachzusuchen. — Mit der Erbauung einer elektrischen Bahn von Zwickau über Reinsdorf, Vielau und Oberhaßlau und Niederhaßlau wird es noch gute Wege haben, so dringend das Bedürfniß dafür auch ist. Tas Zwickauer Elektrici- tätswerk hat jetzt die Rückgabe der von ihm anläßlich der Vornahme von Vorarbeiten hinterlegten Caution bei der königlichen Amtshauptmannschaft beantragt. — Um Ueberraschungen vorzubeugen, hat der Bürger meister Lobeck in Grimma in der Sitzung der Stadt verordneten nach Erledigung der Tagesordnung mitge- theilt, daß wohl in der Angelegenheit des Brunnen bauer Thiele von der Militärverwaltung und anderer Seite wegen Verpflegung der Leute, Lieferung von Materialien usw. Ansprüche an die Stadt gestellt werden, bezw. gestellt worden sind, die sofort befriedigt werden mußten und wofür Rechnungen zweifellos in Aussicht stehen. Tie Frage, inwieweit eine Entschädigung von anderer Seite der Stadt erwachsen wird, sei nicht leicht zu beantworten. Es kommen viele schwierige juristische Fragen, so heißt es im Berichte, ins Spiel. Zweifellos lag aber hier ein Fall vor, wo die Stadt, als In haberin der Polizeigewalt, eintreten mußte, ein Menschen leben zu retten. Aus dem Sachsenlande. — Ein Student, der während seiner Ferien fleißig dem Weidwerk oblag, hatte kürzlich das seltene Jagd glück, einen schneeweißen Rehbock zu erlegen. Tie seltene Jagdtrophäe ist bereits zum Ausstopfen über geben worden. — Am Dienstag Abend ^7 Uhr stieß in Dresden ein Kind des Schneiders Scharfe, Türerstraße 59, pari., die Petroleumlampe vom Tische; die Lampe zersprang und das brennende Oel ergoß sich über die Kleider des Kindes, so daß dieses im Nu über und über brannte. Ter Vater, welcher dem Kinde Hilfe bringen wollte, Verbrannte sich gleichfalls dermaßen, daß Beide mittelst Krankenwagens in das Carolahaus gebracht werden mußten. Tie Feuerwehr, die sofort erschien, konnte das entstandene Feuer schnell löschen. — Ter Vorstand der Aktiengesellschaft vormals Seidel L Naumann, Dresden, schreibt uns wie folgt: Die vielseitigen Anfragen unserer Actionäre über den Grund des starken Rückganges im Curse unserer Actien und das verbreitete Gerücht, wir hätten größere Ar- beiter-Entlassungen vorgenommen, veranlassen uns zu der Erklärung, daß wir heute in Folge der Einführung unserer Schreibmaschinen-Fabrikation mehr Arbeiter be- chäftigen, als im gleichen Zeiträume des Vorjahres, daß wir in den anderen Zweigen unserer Fabrikation, den Verhältnissen angemessen, gut beschäftigt sind und daß zu einer Besorgniß für unsere Actionäre, sowie zu einer Verschleuderung ihrer Actien kein Grund vorliegt. — Ter Rath zu Dresden hat ein aus Lehrerkreisen an ihn gerichtetes Gesuch abgelehnt, wonach den Volks chullehrern die auswärts verbrachte Dienstzeit beim Ein tritt in städtische Dienste angcrechnet werden soll. — Tie dem sächsischen Armeeverbande angehörenden Mannschaften vom Ostasiatischen Expeditionscorps trafen am 24. d. abends 10 Uhr 9 Min. von Magdeburg in Leipzig ein. Ein Theil von ihnen fuhr vom Dresdner Bahnhofe aus nach Dresden weiter, während der andere, größere Theil sich nach dem Bayerischen Bahn hofe begab und von dort aus den Nachtpersonenzug nach Chemnitz benutzte. — Bezüglich des Leipziger Palmengarten.Unglücks ist in einer Versammlung der Stukkateurgehilfen be- ;auptet worden, daß die Firma Baumann L Knauer- Berlin bei der Ausführung nicht nur ungenügendes Material, sondern auch ungelernte Arbeiter verwendet habe, so daß man das Unglück habe vorhersehen können. Weiter wurde behauptet, daß auch eine Anzahl Bauten in gleich ungenügender Weise ausgeführt worden seien. Tie Behörde wird nicht umhin können, gegenüber diesen bestimmten Angaben auf die Angelegenheit auch nach dieser Seite hin einzugehen. — In einer Versammlung der Mitglieder der Tischer-Zwangs-Jnnung in Leipzig ward beschlossen, am 26. d. sämmtliche der Organisation angehörende Gehilfen auszusperren, falls nicht bis zum Tage vorher die Differenzen in den Werkstätten beseitigt sind, in denen zur Zeit die Arbeit ruht. — Die Chemnitzer Elektricitätswerke, G. m. b. H., jaben Mittwoch den Concurs angemeldet. Damit ist das Projekt der Erbauung einer Drahtseilbahn von Erdmannsdorf nach Augustusburg, sowie die Versorgung der Stadt Augustusburg mit elektrischer Beleuchtung, das die an sich ja schon unbedeutende Firma mit völlig un genügenden Mitteln in Angriff genommen hatte, einst weilen als gescheitert anzusehen. Tie „N. N." schreiben sierzu: Ueberraschung dürfte diese Nachricht kaum zervorrufen, denn man sagte sich schon vorher, daß die eingcleiteten Sanirungsversuche nur ein Strohhhalm