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liche Erlösung von diesem grausamen Blutvergießen. Fraglich ist es auch, ob er den Frieden unter Verzicht auf die beiden südafrikanischen Republiken herbeizuführen geneigt ist, oder ob er eine Kraftanstrengung ganz außer gewöhnlicher Art zu machen vorhat, um den Widerstand der Buren zu erdrücken. Allerdings weiß man nicht recht, was England zur Unterwerfung der Buren noch thun könnte, nachdem es bereits Alles, was in seiner Macht stand, geleistet hat. Lord Kitchener ruft dringend um die schleunigste Entsendung von Verstärkungs mannschaften, da er den Krieg nicht fortsetzen könnte, wemr ihm nicht sofort 10,000 Mann brauchbare Cavallerie zugeschickt würden. Das Londoner Kriegsamt glaubt 3000 Mann entsenden zu können, mehr stehen ihn nicht zur Verfügung. Ob diese 3000 brauchbar sind, wird Lord Kitchener ja später entscheiden. Die Gerüchte von Dewets Tod sollen angeblich auch von einigen Buren bestätigt worden sein, trotz dem glaubt man in London nicht an sie. Auch wir hoffen, daß sich Dewet recht bald durch eine glänzende Kricgsleistung „dementiren" wird, um mit dem alten Wrangel zu reden. Ueber die Todesfälle in den Zufluchtslagern in Südafrika heißt es in dem neuesten Monatsbericht des Londoner Blattes „Daily News": In den Lagern sind 109,418 Weiße, davon 54,326 Kinder. Während des letzten Monats starben 2411 dieser Weißen, da runter 1964 Kinder. Die durchschnittliche Todesrate für eine gesunde englische Stadt beträgt 15 bis 17 pro 1000. Tie Todesrate in den Concentrationslagern be trägt 264 per Tausend und Jahr, diejenige für die Kinder allein 432 per Tausend und Jahr. In dem Transvaallager beträgt die Kindersterblichkeit 456 per 1000. Tas bedeutet, daß in einem Jahr 23,568 Kinder todt sein werden. Tabei ist die Sterblichkeit von 109 per 1000 bei einer Gesammtzahl von 85,410 Weißen in den Lagern im Juli auf 264 per 1000 bei einer Gesammtzahl von 109,418 im September ge stiegen. Aus dem Muldenlhale. "Waldenburg, 23. October. Nächsten Dienstag wird im hiesigen Gewerbeverein, wie bereits erwähnt, Herr Richard Laube vom Institut Kosmos in Leipzig einen Projectionsvortrag über die neuesten Ergebnisse der Tiefseeforschung und das organische Leben auf dem Meeresgründe halten. Die Entwickelung der Tiefsee forschung gehört zu den jüngsten Wissenschaften; besonders England und Frankreich haben auf diesem Gebiete Er staunliches geleistet; aber auch Deutschland hat durch seine Südsee-Expeditionen vom Jahre 1897 werthvolle Beiträge geliefert. Leicht ist's nicht, Meerestiefenforschung zu treiben. Da müssen besondere Schiffe, Maschinen, Fangwerkzeuge verwendet werden. Aber die Ausbeute: Quallen, Korallen, Seeigel, Krebse, Seepferde, See nadeln, Aalarten, Polypen und eine unendliche Menge von Organismen, die den Uebergang von der Pflanze zum Thiere bilden, die lohnt die Mühe und die Geld opfer. Tie Ergebnisse beweisen die Lehre von der An passung des Organismus im Aeußeren und Inneren an seine Umgebung. Wunderbare Thiergestalten wie aus einem Märchen treten uns in der Tiefsee entgegen. Fast allen Geschöpfen fehlt in dieser grausigen Tiefe (2—4000 Meter) das Augenlicht. Dieses wird ihnen jedoch durch lange Fühler ersetzt, womit sie ihre Nahrung erfassen. Diejenigen Thiere, welche dennoch Augen haben, erzeugen sich durch Phosphorescirung selbst das Licht, um ihre Opfer zu fangen. Es würde zu weit führen, wenn wir auf die Vielgestaltigkeit des Lebens in der Tiefsee noch näher eingehen wollten und empfehlen wärmstens den Besuch des Vortrages. *— In der zweiten Decade des Monats October betrug die Niederschlagsmenge im unteren Thale der Zwickauer Mulde 6 mm (normal 17), im mittleren 8 (normal 19) und im oberen 16 (normal 22). Hier wurden im gleichen Zeitraum 7,5 mm Niederschlag ge messen. *— Allgemein ist die Ansicht verbreitet, daß man die kostbaren Orchideen, diese Fremdlinge aus fernen Welt- theilen, nicht im Zimmer ziehen könnte. Das ist ein großer Jrrthum! Es giebt eine ganze Anzahl herr licher Arten, welche im Zimmer nicht nur zur Blüthe gebracht, sondern sogar vermehrt werden können. Wie man bei der Pflege zu Verfahren hat, lehrt uns ein Artikel in der Nr. 42 des praktischen Rathgebers im Obst- und Gartenbau. Der Aufsatz enthält zugleich eine ganze Anzahl vorzüglicher in den Text gedruckter Ab bildungen derjenigen Arten, welche sich für die Zimmer kultur eignen. Die betreffende Nummer kann unent geltlich vom Geschäftsamt genannter Zeitschrift in Frank furt a. d. Oder bezogen werden. *— Am 5. November, früh 8 Ahr, beginnt die Ziehung der 5. Klasse 140. sächsischer Landeslotterie. In dieser Haupt- und Schlußklasse werden an 18 Tagen 36,000 Gewinne im Gesammtbetrage von 12,819,240 Mark zur Verlosung gebracht, das sind für jeden Ziehungs tag 2000 Gewinne. Ter letzte Ziehungstag ist auf den 25. November festgesetzt. Die Loose 5. Klaffe sind bei den Collecteuren bis zum 26. October d. I. ein zulösen. *— Daß beim Traubenessen große Vorsicht zu walten hat, lehrt wiederum ein Fall, der sich in den letzten Tagen ereignete. Tas zwölfjährige Töchterchen des Herrn W. Küster, Präsidenten des Naturheilvereins Zürich, liegt in Folge einer Kupfervergiftung schwer krank darnieder. Es aß Trauben, ohne dieselben vor her gehörig gereinigt zu haben, was leider die meisten Leute thun. Es zog sich dadurch einen Magenkatarrh schlimmster Art zu. Ter Mageninhalt zeigt deutlich Spuren von Kupfervitriol, mit welchem die Reben be spritzt zu werden pflegen. *— Geheim verhandelt wurde am Sonnabend vor dem Landgericht Zwickau gegen die 1845 in Kuhschnappel geborene und in Tirschheim wohnhafte Handelsfrau verehel. Wohlfarth geb. Schubert, welche der schweren Kuppelei im Sinne von Z 181, 2 des Strafgesetzbuches angeklagt war. Das Urtheil lautete auf 3 Monate Gefängniß. Ehrenhain, 23. October. Hier wurde am ver gangenen Sonntag nach einem Zeitraum von 40 Jahren wieder ein Gustav-Adolf-Fest abgehalten. Ter Fest gottesdienst in der reich geschmückten Kirche, in welchem Herr Pastor Mäder aus Rasephas die Festpredigt hielt, wie auch die Nachversammlung in dem ebenfalls ge schmückten Saale des Gasthofes war sehr zahlreich be sucht. Bei dem letzten Gustav-Adolf-Fest, welches im Jahre 1861 hier begangen worden ist, waren bei der Kirchencollecte 93 Mk., bei dem jetzigen aber 130 Mk. 64 Pf. eingegangen; aber auch die Tellersammlung im Gasthof soll einen sehr reichlichen Betrag ergeben haben. In der Nachversammlung hielten außer dem Ortspfarrer Herrn Pastor Or. Berger an Stelle des erkrankten Herrn Pastor Eckardt aus Windischleuba Herr Pastor Klein aus Langenleuba-Niederhain und Herr Hofprediger Reichardt aus Altenburg Ansprachen, in welchen dieselben über den Zweck des Gustav-Adolf-Vereins, sowie über die evangelische Bewegung in Oesterreich eingehend be richteten. Klemmecka, 23. October. Herr Gutsbesitzer Rauschen bach hat bei den weiteren Bohrungen nach Kohle, die er auf seinen Grundstücken vornehmen läßt, bis jetzt an sechs verschiedenen Stellen in einer Tiefe von 9—21 Meter Kohlenlager von ganz beträchtlichem Umfange gefunden. Die Bohrungen werden unter der Leitung des Herrn Beygang ausgeführt. — Se. Majestät der König hat den bisherigen stell vertretenden Handelsrichter Kaufmann Lossow in Glau cha« zum Handelsrichter und den Fabrikbesitzer Stadt- rath Pöge daselbst zum stellvertretenden Handelsrichter bei der Kammer für Handelssachen in Glauchau ernannt. — In Sachen der Thalsperren im Muldengebiet fand am Freitag Abend in Zwickau eine Versammlung der Betheiligten statt, wobei beschlossen wurde, am 29. und 30. October mehrere Orte im oberen- Erzgebirge zu besichtigen. — Tie Kosten für den Bau einer Lutherkirche in Zwickau sind auf 530,000 Mk. veranschlagt. Zu ihrer Deckung ist die Aufnahme einer Anleihe von 500,000 Mk. in Vorschlag gebracht worden. — Die „Zw. N. N." melden unterm 22. d. aus Zwickau: Heute früh hat sich der Großindustrielle, Bergwerks- und Ziegeleibesitzer Karl Frisch durch Oeffnen der Pulsadern getödtet. — Am Montag früh 4 Uhr wurde der in der Günther'schen Ziegelei in Niederschlema bedienstete Ziegelmeister Zahn, der sich während des Ziegelofen feuerns auf kurze Zeit niedergelegt hatte, durch Schläge mittels einer Radehacke zn ermorden versucht und seiner Barschaft im Betrage von 31 Mk. beraubt. Zahn hat schwere Verletzungen erlitten. Der Thäter ist noch nicht ergriffen. — Nach testamentarischer Bestimmung des entschlafenen Herrn Commercienrathes Max Schroeder in Grimma ist nach einer Bekanntmachung des Kirchenvorstands dem Kirchenärar der Betrag von 5OoO Mk. ausgezahlt worden. — Für die tapferen Retter des verunglückten Brunnen bauers Thiele in Grimina sind beim Herrn Bürger meister Loos 163 Mark als Dankesspende aus der Stadt Mutzschen niedergelegt worden. Die Sammlung wird fortgesetzt. Für die glückliche Errettung des R. Thiele wird allen Männern und Jünglingen in Mutzschen, die sich thatkräftig am Rettungswerke betheiligten, die Tage und Nächte unter Hintansetzung ihrer Berufspflichten ge opfert haben, und durch alle ihre Mühen und Arbeiten einen herrlichen Beweis der Nächstenliebe erbracht haben, im Namen der Stadtgemeinde Mutzschen im Anzeiger daselbst der herzlichste Dank öffentlich vom Bürgermeister dargebracht. Richard Thiele, welcher am Sonnabend Abend wohlbehalten in die Heimat zurückgekehrt ist, geht nun wieder seinem Berufe nach. Aus dem Sachseulande. — Es ist statistisch erwiesen, daß der Zuzug slavischer Abkömmlinge in Dresden immer größere Dimensionen annimmt. Tie dort bestehenden tschechischen und pol nischen Vereine nehmen unverhältnißmäßig rasch an Mitgliedern zu. Giebt es dort doch einige Restaurants, in denen fast ausschließlich die Vertreter dieser Rassen das Wort führen. Obwohl die Arbeitsgelegenheit immer mehr im Schwinden begriffen und behördliche, sowie private Maßnahmen die Anstellung fremder Leute fast ganz unmöglich machen, bildet doch die „fremde Colonie" in den gewerblichen Kreisen den deutschen Arbeitern die stärste Concurrenz. — Ein peinlicher Zwischenfall ereignete sich in der letzten Dresdener Stadtverordnetensitzung. Im Verlaufe derselben drehte sich der vor dem Stadtv. Hartwig sitzende Stadtv. Amtsrichter vr. Heßler um und lachte Hartwig ins Gesicht. Als Hartwig nach dem Grunde des Lachens fragte, sagte Heßler: „Weil Sie mir viel Spaß bereiten! Sie sind mir eine komische Persönlichkeit!" Hartwig erwiderte darauf: „Unschickliches Wesen!" Das Einschreiten des stellvertretenden Vorsitzenden^ der den beiden Streitenden zuries: „Meine Herren, denken Sie an sich!" machte der unerquicklichen Scene ein Ende. — Der Bund der Landwirthe hält am 1. November d. I., nachmittags 2 Uhr, im großen Saale des „Tiv ölst. Unterhaltungstheil. Im Berghause. Novelle von Bertha v. Suttner. 32) (Schluß.) „Sie verstehen mich . . . Ihr Verstand ist zu durch dringend, um nicht zu wissen, was ich sagen will. . . Sie selber würden es bitter beklagen, wenn ... ich brauche nicht auszureden. An meiner Hochschätzung und an Ihrer Selbstachtung ist Ihnen gelegen —" „Und um mir beides zu erhalten, wollen Sie mich fliehen — theurer Mann? . . Sie werden es nicht thun, Sie werden im Berghaus bleiben, bei mir bleiben! Tas Glück ist hier! Ich weiß alles, alles, was in Ihrem Innern vorgeht — und darum spreche ich mit solcher Zuversicht ..." „Die Frau macht mich noch toll!" rief Bolton für sich, indem er beide Hände auf die Stirn preßte. Ein leidenschaftliches Verlangeu erfaßte ihn, an seinen vorigen Platz zurückzustürzen und — — Nein, es durfte nicht sein! Ein Mittel gab's, den bösen Zauber zu ver scheuchen: Licht! Er näherte sich dem Schreibtisch, tastete nach den Zündhölzchen, und zündete die sechs Kerzen eines nebenstehenden Armleuchters an. Dann wandte er sich gegen das Harmonium um, wo Frau Müller noch sitzen mußte. Ein Schrei, ein greller Schrei des Staunens entfnhr seinen Lippen. Die vor dem Instrumente hochaufge richtet stand — es war sein Traumbild. Leonorens Züge zwar, aber in glänzender Jugendschöne, statt des weißen Haares — lange und gelöst herabwallende schwarze Flechten, statt der übervollen Matronengestalt — schlanke, mädchenhafte Glieder. Kein Fältchen auf dem rosigen Gesicht; das von seinen ewigen Spitzenum hüllungen befreite Kinn hebt sich zart von einem frischen, runden Halse ab; die Augen sind die gleichen, und wieder sprechen sie, während ein Lächeln die rothen Lippen theilt: „Du theurer, Du herrlicher Mann!" Bolton bleibt eine Zeitlang regungslos und starr; dann aber — wie in Erwiderung dessen, was die be kannten schwarzen Augen funkeln, ruft er aus: „Du herrliches Weib! Wer bist Du?" „Mein Name ist Leonore Milowic. . . . Schon vor zwei Jahren hatte ich Ihnen mein Herz geschenkt." „Alle drei — alle drei! Alle drei dieselbe — eine!" „Diesen Ausruf verstehe ich nicht . . ." „Ich erkläre es später . . . Jetzt muß ich erst er fahren: wie kam Leonore Milowic dazu, diese Stellung in meinem Hause anzunehmen? Zufall? Absicht?" „Eine Stelle zu bekleiden, war ich gezwungen; nach dem Tode meines Gatten ganz ohne Mittel geblieben . ." „Ich weiß, ich weiß!" „Wandte ich mich an ein Vermittelungsbureau, mit dessen Besitzerin ich zufällig befreundet war — ich wollte als Gesellschafterin oder Erzieherin mein Leben stiften. . . . Dort fiel mir Ihr Brief in die Hände: .Eine bejahrte Haushälterin gesucht und — den Rest errathen Sie. . . . Die Liebhaberin hat sich als .komische Alte' oder sagen wir als .Heldenmutter' verkleidet, um das stille Glück zu genießen, in der Nähe des Langgeliebten zu weilen . . . ihm, wo immer möglich, durch hin gebende Dienstleistung das Leben zu verschönern, zu er leichtern. . . . Und auch nicht ohne Hoffnung, diese Stunde zu erleben — die Stunde, in der ich die weiße Perrücke, die falsche Gestalt von mir werfen könnte und sagen: .Sieh' her — die, der Du Deine ganze Freundschaft geschenkt, die kann auch Deine ganze Lie. ." Das Wort erstarb in einem Kuß, denn mit Ungestüm hatte Bolton sie an sein Herz gezogen. Am nächsten Tage veränderte auch Trahlen seinen Reiseplan, und statt in die Richtung von Spitzbergen, lenkte er seine Fahrt nach — Trouville.