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Neuer Zwischenfall Im Saargebiet. Scharfe Schüsse auf eineu BermessungHarbeiter. Wie aus Saarbrücken gemeldet wird, hatte ein Gei Hilfe einer städtischen Dienststelle vor einigen Tagest den Auftrag erhalten, Vermessungsarbeiten auf dem öffentlichen Weg, der südlich des großen Exerzier platzes verläuft und in die Metzer Straße mündet, auszuführen. Plötzlich siel vom Platz her ein Schutz, ohne daß vorher irgendeine Warnung erfolgt wäre öden überhaupt ein Anlaß dazu vorlag. Der Gehilfe ge wahrte durch sein Fernglas, daß ein französischer Sol dat (Bahnschutz ?) aus einem Gebäude aus 250 Metsu Entfernung auf ihn angelegt hatte. Ein zehn- bis zwölfjähriger Junge kam, während der Gehilfe noch nach dem Schützen sah, aus diesen zugelaufen und er klärte ihm, er solle machen, daß er fortkomme, an dernfalls werde scharf auf ihn geschossen. Der Ge hilfe fragte ihn, wer er sei und wer den Schuß ab gegeben habe. Der Junge antwortete darauf, er sei Franzose und wohne hier. De» Schuß habe ei» französischer Korporal abgegeben. Als sich der Gehilfe auf diese Erklärung hin zu dem Korporal begab, um sich mit ihm zu verständigen und ihn über seine dienstliche Anwesenheit aufzuklären, sah er, wie der Korporal mit zwei großen Hunden aus dem Hause heraustrat. Um weiterer Gefahr zu ent gehen, gab er darauf sein Vorhaben auf und entfernte sich. Er machte einem Landjäger Mitteilung von dem Vorfall. Dieser erklärte jedoch, er könne hier nichts Unternehmen, der Gehilfe sollte einen Bericht em- reichen. steue Seutschcnversolgung in Polen. Untcrsuchungsvcrsahvcn gegen Mitglieder des ! Dru tschtumbundes. Die polnische Regierung setzt die Deutschenver folgungen Planmäßig fort. Diesmal hat der Staats anwalt des Appellationsgerichts in Thorn die Wie deraufnahme eines Strafverfahrens gegen den ehe maligen Deutschtumbund in Bromberg angeordnet, der 'M Jahre 1923 von der polnischen Regierung aufge löst wurde. Die seinerzeit eingeleiteten Strafverfahren gegen Mitglieder dieses Bundes wurden nicht weiter durchgeführt, obwohl dies deutscherseits gefordert wurde, da der Deutschtumbund keinerlei staatsfeind liche Ziele verfolgt hat. Bisher wurden aber weder die Strafverfahren durchgeführt, noch das Verbot des Bundes aufgehoben. Das jetzt gegen elf führende Mitglieder des Deutschtumbundes eingeleitete Untersuchungsversahren wirft siiLen Beschuldigten vor, Spionage zugunsten Deutschlands getrieben zu haben, da sie Nachrichten gesammelt hätten, die im Interesse des Polnischen Staates geheimzuhalten waren. Ihnen wird fernes vorgeworfen, Listen über die ehemaligen deutschem Hecresangehörigen geführt zu haben, um diese im Falle eines deutsch-polnischen Krieges gegen Polen zu verwenden. Am Sonnabend wurde der Geschäfts, sichrer des Deutschen Büros in Bromberg, Studienrai Heidel, drei Stunden lang vernommen und unter Po. lizeiaufsicht gestellt. Sie Liebe der Brigitta Hollermann. Roman von Elisabeth Ney. Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle a. S. 3b. Fortsetzung Nein, ihre Augen waren jetzt ganz klar auf ihn ge- richtet, und es funkelte in ihnen tödlicher, furchtbarer Hatz. Ein Ichmerzaufall ließ sie laut aufschreien. „Du bist schuld, wenn ich sterbe — du und das da", wimmerte sie dann kraftlos. „Ich will aber nicht sterben, noch nicht! Geht ihr aus meinem Leben, du und das Kind; ich brauche euch nicht. Ich will leben, tanzen, lachen! Hahaha! „Isa, um Gottes willen, du rasest. Sei still, damit das Fieber nicht noch mehr steigt." Da aber richtete sie sich plötzlich halb in ihrem Bett auf, und flüsterte mit fiebernden Lippen: „Daß du's nur weißt: Brigitta ist nicht mit Bettinger verheiratet. Sic hat das Haus noch vor mir verlassen. Ich habe dich belogen." „Isa!" rief Eggenbrecht gequält aus. „Ja, schrei' nur, juble nur. Oh, ich hasse dich! Du sollst wissen, daß ich dich niemals geliebt habe. Du kamst mir gelegen, ich wollte nur durch dich hier festen Fuß fassen. Dh, ich habe dich stets und immer belogen; auch damals, un jenem Abend, als du glaubtest, daß meine Schwester ttn häßliches Spiel mit dir getrieben hat. Brigitta wurde un jenem Abend das Opfer einer Intrige jenes Bettinger Und meiner Mutter, und ich hals dabei. Ich hatte gelogen, uls ich sagte, daß Brigitta dich absichtlich verliebt machte, Uw dich zu demütigen. Sie liebte dich wirklich, sie glaubte un die Verlobung mit dir. Die Worte meines Paters trafen sie selbst wie Keulenschläge. Du verließest zu schnell ven Kampfplatz, edler Ritter, sonst hättest du noch die Wirkung deiner Glückwünsche gesehen. Brigitta brach zu sammen und lag wochenlang an einem Nervenfieber da- nieder. Dann verließ sie eines Tages sang- und klanglos °us Haus. Sie beweinte dich seither wohl als einen Toten." Eggenbrecht war, leichenblaß über das soeben Gehörte, iurückgetaumelt. Wild umkrampften seine Hände das Bett haupt. »Isa, Isa, weshalb quälst du mich so!" ries er außer Vorbereitungen zur Amertkasahrt. Start in dc» rrächsten Tagen. Am Sonntag früh startete das Luftschiff „Gras Zeppelin" zu einer etwa zwölfftündigen Probefahrt. Die Motoren, die wie bei der ersten Probefahrt auf Höchstleistung gebracht worden sind, haben zur besten Zufriedenheit der Schiffsleitung gearbeitet. Fol gende Städte wurden überflogen: Tübingen, Stutt gart, Karlsruhe, Pirmasens, Landau, Kaiserslautern, Trier, Koblenz, Worms, Villingen, Tuttlingen und Altenrhein. In den Abendstunden konnte der Lustriese wieder glatt landen. Eine riesige Menschenmenge wohnte der Landung bei. Wie verlautet, wtrd der Start des „Graf Zep pelin" zur Amerikafahrt in der Nacht vom 31. Juli zum 1. August erfolgen. An dieser Fahrt nchmen, wie bis jetzt feststeht, 21 Fahrgäste teil. Vor der Amerikafahrt findet keine Probefahrt mehr statt. * Das neue englische Luftschiff. Das zweite in England in Bau befindliche Luft schiff ist nunmehr ebenfalls soweit fertiggestellt, datz mit der Füllung des 5 Millionen Kubikfuß großen Luftschiffes begonnen wird, die etwa einen Monat dauern wird. Das Luftschiff, das mit Burney Rolls- Roice-Motoren ausgerüstet ist, kann 100 Fahrgäste befördern. Vor einem Flug nach Kanada soll eine Reihe von Probeflügen über England durchgeführt w'erden. Margarete dehm s. Die Begründerin und Hauptvorsitzende des Ge werkvereins der Heimarbeiterinnen Deutschlands und langjährige deutschnationale ReiHstagsabgeordnetc, Margarete Behm, ist im 70. Lebensjahre im Augusta- Hospital in Berlin ihrem alten Herzleiden erlegen, Margarete Behm, geboren am 3. Mai 1860 in Lehn dorf, Kreis Liebenwerda, betätigte sich zunächst als Leh rerin in Berlin. 1905 schied sie aus ihrem Beruf aus, um sich ganz der Organisierung der Heimarbeiterinnen zu widmen, um die sie sich schon seit 1899 bemüht hatte. Nachdem sie von 1900 bis 1905 Hauptkassen- ftihrerin gewesen war, übernahm sie nunmehr den Vorsitz, den sie bis zu ihrem Tode innegehabt hat. Durch ihre aufopfernde Tätigkeit im Dienste der Heim arbeiterinnen hatte sich Margarete Behm, di« niemals verheiratet war, den ehrenden Beinamen „Msttter Behm" erworben. Deutschland und da- M-Mil. Kein deutscher Schritt vor Beendigung de» Vs» rufungs-Berfahvens. In der Presse war die Frage gestellt worden, was Reichsaußenminister Dr. Stresemann nach Been digung des Ulitzprozesses zu tun gedenke, da er sich auf der VVlkerbundsratssitzung ausdrücklich einen wei teren Schritt Vorbehalten Habs. Wie von zuständiger Stells hierzu mitgeteilt wird, kann von einem Ab schluß des Ulitzprozesses nicht gesprochen werden, da sich. „Nein, nein, du triebst nur ein furchtbares Spiel mit mir, du kannst in Wirtlichkeit nicht so maßlos schlecht sein." „Ich bin so schlecht, weil ich dich haßte, schon damals. Du gingst nicht aus die Koketterie eines frühreifen Back- fischs ein, das reizte mich gegen dich auf. Ja, ja, sieh mich nicht so entgeistert an, ich sage die Wahrheit." Schwer aufstöhncnd, sank sie plötzlich in die Kissen zurück. Hans-Jörg stand regungslos und sah auf sie nieder. Das Kind aus dem Bett schrie auf. Er nahm es aus den Arm, mechanisch, völlig willenlos. Plötzlich richtete sich Isa wieder auf. »Ich fühle, daß ich sterbe, noch heute", sagte sie plötzlich mit angsterfülltem Blick, in dem trotz allem maßloser Haß loderte. »Bring' das Kind fort, bring' es zu Brigitta. Sie heult sich sowieso die Augen aus um dich; sie ist ein ebensolches Unschuldslamm wie du. Bring' ihr das Kind; es ist ja von dlr, also wird sie cs freudig empfangen." „Isa, du fieberst, leg' dich hin", stammelte ihr Mann. „Nein, nein, laß mich, rufe mir Schmidtborn; ich kann dich nicht mehr ertragen, geh'!" Schweren Schrittes wankte Eggenbrecht zur Tür. Erst jetzt bemerkte er, daß er mit seiner Frau allein gelassen worden war. Draußen nahm ihm die Schwester das Kind aus dem Arme. Doktor Schmidtborn eilte zu der Kranken, während Eggenbrecht, laut aufstöhnend, auf einem Sessel nieder brach. Großer Gott im Himmel, was war das? Hatte ^>sa im Fieber gesprochen, waren die Worte nur Ausgeburten von Fieberphantasien gewesen? , _ , Nein, nein, sie hatte die Wahrheit gesprochen! Die Todesnühe hatte allen Haß gegen ihn noch einmal auf brechen lassen. Sie hatte ihm triumphierend ihre furcht bare Schuld im Gefühl der Rache entgegengeschleudert. Eine Hand berührte seine Schulter. Er zuckte zusammen. ^„Kommen Sie, lieber Freund. Isa, mein Gott, es geht zu Ende", bat Ri von Salden schluchzend. Taumelnd erhob er sich. Doktor Schmidtborn kam ihm schon an der Tür des Krankenzimmers entgegen und drückte ihm fest die Hand. „Seien Sie stark, mein Freund, es ist vorüber!" murmelte er dabei ergriffen. sowohl Ulitz wie auch die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Berufung eingelegt haben. Ein Schritt des Reichsaußenministers kommt daher vorläufig nicht in Frage. Wenn es auch verständlich ist, datz die deutsche Regierung nicht in ein schwebendes Verfahren ein-- areifen will, so wäre doch vielleicht gegenüber den schweren Angriffen des polnischen Staatsanwalts ge gen preußische Behörden eine Stellungnahme der preu ßischen Regierung angebracht. Der Staatsanwalt Kat bekanntlich die preußischen Behörden bezichtigt, dio auf Ulitz bezüglichen Akten verfälscht zu haben. Sie LuMemiächek im Haag. Die Unterbringung von SOO Personen sichergestejit. Für die diplomatische Konferenz ist im Haag und in Scheveningen bereits für 300 Personen Unt«r> kunft bestellt worden. Bon der deutschen Vertretung, die ungefähr aus 80 Personen bestehen wird, wer den etwa 60 Mitglieder im Hotel Oranje un^er- gebracht. Vor kurzem hat Frau Stresemann dem Haag einen Besuch abgestattet und auch das Hotel Oranje besichtigt. Im ganzen soll im Haag und in Scheve ningen die Unterbringung von 500 Personen in Hotels sichergestellt sein, während noch zahlreiche Zim mer bei Privatleuten und in Pensionen zur Verfügung stehen. Für den Empfang der Journalisten hat sich ein Ausschuß gebildet, der in einem Aufruf die Bc- oölkerung auffordert, Zimmer zur Verfügung zu stellen. Die Regierung hat für den Empfang der Journalist«, ihre größtmögliche Unterstützung zugesagt. Bisher ist zwar noch nicht endgültig gestimmt, in welchem Gebäude die Konferenz abgehalten werden soll, doch ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzuneh men, daß die Wahl aus die zweite Kammer des hol ländischen Parlaments und andere Räum« in den Re gierungsgebäuden im Haag fallen wird. Für dis Hauptsitzungen soll der große Rittersaal verwendet werden. , . , , — Seimig auch Mörder de- Symank. , Di« znreite Mordtat -ei Wegefarth aufgeklärt. Das Kriminalamt Freiberg hat festgestellt, baß der am 25. Juni im Rittergutswalde zu Wegefarth von Pilzsuchern aufgefundenc Tote auch ein Opfer Hennigs ist. Auf Grund der von der Presse gebrach ten Bilder und Einzelheiten meldete bei der Freibcr- ge. Kriminalpolizei ein Meißener Einwohner, datz er von seinem Schwager, dem landwirtschaftlichen Arbei ter Paul Gerhard Symank, geb. am 20. Oktober 1908 in Cosel, Kreis Rothenburg, seit dem 2. Juni d. I. keine Nachricht mehr habe. Die sofortige Nach prüfung ergab, daß Symank vom 15. April biS 1. Ma» 1929 nnt dem in Freiberg festgenommenen Mörder Hennig zusammen auf einem Gutshof in Meißen gearbeitet, seine Arbeitsstelle mit Hennig gemeinsam am 2. Mai 1929 früh zwischen 9 und 10 Uhr ohne Kündigung verlassen hatte. Symank hat sich am gleichen Tage von seiner in Meißen wohnenden Schwester verabschiedet und dabet erzählt, daß er mit Hennig nach Breslau fahre, um dort in einer» „Vorüber!" lallte Eggenbrecht mit schwerer Zunge.. Dann brach er am Totenbett seiner Frau zusammen. * * * Isa Eggenbrecht war zur letzten Ruhe gebettet worden. Man brachte Doktor Hans-Jörg Eggenbrecht aufrich tige, herzliche Teilnahme entgegen; Wohl aus dem Gefühl heraus, ihn völlig falsch beurteilt zu haben. Das Ehepaar von Salden bot dem einsamen, tief gebeugten Manne bis auf weiteres die Gastfreundschaft an. Man fürchtete sich, den völlig Zusammengebrochenen, der noch vor wenigen Tagen mit so viel neuer Hoffnung zurückgekehrt war, allein zu lasten. Ri von Salden betreute das Kind der toten Freundin mit rührender, aufopfernder Liebe, und das kleine mutter- lose Wesen gedieh von Tag zu Tag mehr. Eines Abends, es war acht Tage nach Isas Begräbnis saßen sich Ri von Salden und Hans-Jörg Eggenbrecht allein auf der Veranda gegenüber. Keiner sprach vorerst ein Wort. Eggenbrecht starrte düster vor sich hm. Plötzlich warf er seine Zigarette fort, und sagte: „Liebe Freundin, Sie und Ihr Gatte haben mir in den Tagen des furchtbaren Unglücks so getreulich beigestanden, und versuchen in izhrer Güte auch jetzt noch, mich über däs Schwere hmwegzuhelfen. Ich danke Ihnen dafür immer aus vollem Herzen, und doch bin ich gezwungen, ^hre Gute noch mehr in Anspruch zu nehmen." Ueberraschi blickte Frau Ri auf. Schon immer hatte sie geahnt, daß auf Hans-Jörg Eggenbrecht auch noch etwas anderes als der jähe Tod fernes Frau lastete. Sie hatte sich also nicht geirrt. „Sprechen Sie sich ruhig aus, lieber Doktor; was ich für Sie tat, geschah gern, und wenn Sie noch eine Bitte haben, will ich sie nach bestem Können von Herzen gern erfüllen." Eggenbrecht beugte sich zum Kuß über ihre Hand. „Ich wußte, daß ich keine Fehlbitte tun würde", sagte er, befreit aufatmend. „Nun dann, Frau Ri, hören Sie mich an: Ich muß so schnell wie möglich nach Europa reisen, um zu versuchen, eine alte Schuld, von der ich selbst bisher nichts ahnte und die mir Isa in ihrer Sterbestunde in unauslöschlichem Haß offenbarte, wieder gut zu machen. Deshalb wollte ich Sie bitten, sich noch weiter meines armen Kindes anzunehmen, bis ich wiederkebre." (Fortsetzung folgt.)