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j 1886 — 7« - 7» — r» - 71t 8 l! ir rau. l 1886. irekor, kner. rutiL, Nach- ^auS. n Dom .IM, ispektor ., Rest. :chlenk- chmms vr.,«. d sanft l zarten Dies reundw ,d ent- o«. ete ein unserer »erttz« öebens- )en zur d bitten au, chschl-ß Sonntag , Baker, :er und L-k. »gft. 3S Jahrg««. Sonuaven-, den 4. September rs gutsi BrudaS eu, allen llachbinr ^7Wid- awie für L ie Be- - hienmt . Znr- Trosres- Kantor tbuenda Dercin Geschenk die zahl- t Fchu naen für Trauer- a seins mist den >rw aus- wge für M sehr n. 1: 1886. eks. N ! Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. 5 Uhr für den Uv andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2b Ps., -evw. zweimonatlich 1 M. SO Ps. und cinmonatlich 7ü Ps. s Inserate werden bis Vormittag 1l Uhr angcnom- , men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder deren Raum 1ü Ps. und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg nnd Brand Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. Rußland und Bulgarien. Fürst Alexander von Bulgarien ist in seine Haupt- und Residenzstadt Sofia zurückgekehrt, der er durch einen hinterlistigen Anschlag entführt worden war. Die Heimreise nach Sofia erfolgte auf seltsame Weise, indem der Fürst erst einen Umweg nach Rumclien machte, vielleicht, um sich der dortigen ihm unverbrüchlich treugebliebenen Bevölkerung zuerst zu zeigen, vielleicht auch, um den noch in Sofia vor handenen unentschiedenen Parteien Zeit zu lassen, sich in die veränderte Lage zu finden und um durch das inzwischen erfolgte Einrücken der von Mutkurow befehligten ostrumeli- schen Truppen einen ungestörten glänzenden Einzug in die bulgarische Hauptstadt zu ermöglichen. Dort harren des Fürsten die schwersten Aufgaben; es gilt zunächst die meuteri schen Offiziere unschädlich zu machen, sodann aber die bul garische Armee so zu reorganisiren, daß die russischen wie die russenfreundlichen Elemente nachsichtslos entfernt werden. Seitdem der Anschlag der Partei Zankow mißglückt ist und Fürst Bismarck sich mit dem russischen Minister von Giers in Franzmsbsd gründlich ausgesprochen hat, liegt der rus sischen Regierung nur daran, nicht als Störerin des Welt friedens zu gelten. An eine Versöhnung des Zaren mit dem ihm persönlich verhaßten Fürsten von Bulgarien ist aber nicht zu denken und der Versuch des Letzteren, den Kaiser von Rußland durch ein von Rustschuk aus nach Peiersburg abgesandtes unterwürfiges Telegramm zu ver söhnen, ist vollständig mißglückt. Die Antwort des Zaren lautete sehr unfreundlich, machte dem Fürsten wegen seiner Rückkehr nach Bulgarien heftige Vorwürfe, enthielt aber wenigstens die Zusicherung, daß keine russische Intervention beabsichtigt sei. Dem Bulgarenfürsten darf man soviel Staatsklugheit zutrauen, daß er zunächst ernste Konflikte mit dem russischen Staate vermeidet, gegen dessen Ueber- macht er nur schwer Schutz finden kann. Die Behauptung des Lemberger Korrespondenten der „Köln. Ztg.", Fürst Alexander sei gewillt, den Kampf mit Rußland bis auf den letzten Blutstropfen auszufcchten, erschien auch schon vor dem Bekanntwerden des Telegramms an den Zaren un glaubhaft. Bulgarien hat nur zwei Millionen Einwohner und würde bei einem Kampf mit Rußland bis auf den letzten Blutstropfen sehr bald zu Grunde gehen. Eine Schutznahme fremder Mächte kann aber Bulgarien schon deshalb nicht erwarten, weil dieselbe zu dem Weltkrieg führen würde, für dessen Beginn Niemand die Verantwortung über nehmen mag. Von den europäischen Staatsmännern wird jetzt nur alles Mögliche geschehen, um einen kriegerischen Zusammen stoß zu vermeiden und werden dieselben vor Allem Ruß land veranlassen, die enragirten Panslavisten aus Bulgarien zurückzurufen, welche dort beständig Aergernisse Hervor rufen. Nach den von der „Politischen Korrespondenz" mit- getheilten Aeußerungen einer hohen diplomatischen Persön lichkeit liegt es sowohl im Interesse Bulgariens wie Ruß lands, datz die aus den jüngsten Ereignissen sich ergebende Lehre nicht spurlos au den leitenden Kreisen in Petersburg vorübergehe. Abermals zeigte es sich, wie leichtfertig und falsch die mit der Vertretung Rußlands in Bulgarien be trauten Personen ihre Regierung über die Gesinnung des bulgarischen Volkes unterrichtet haben. Diese seit Jahren fortlaufende Berichterstattung ist es, welche oas russische Kabinet zu einer Reihe falscher Entschlüsse und Schritte gegenüber Bulgarien verleiteten. Die russischen Staatsmänner können es nicht unbeachtet lassen, welche Sympathien der von ihnen so sehr angefeindete Bulgaren fürst nicht nur in England, Deutschland und Oesterreich- Ungarn, . sondern sogar bei den Rumänen und Serbiern fand, denen er doch wahrlich wenig Freundliches erwiesen. Die ehrenvolle Behandlung des Fürsten Alexander auf rumänischem Gebiete und das demselben zugegangene Be- . grüßungstelegramm des Königs Mllan beweisen deutlich, daß man in Belgrad und Bukarest von der Absicht Rußlands über zeugt war, die dortigen Russenfreunde zu gleichen Ver suchen wie in Sofia aufzustacheln, wenn die Beseitigung Alexanders geglückt wäre. Die czechischen Blätter haben viel zu offen erklärt, daß Alexanders Fall eine War nung für die übrigen deutschfreundlichen Dynastien auf der Balkanhalbinsel sein sollte. Durch das Mißlingen der Verschwörung Zankows ist das Gegentheil von dem "erreicht - worden, was Rußland erhoffte; Rumänien, Serbien und Bulgarien vergessen ihre früheren Zwistigkeiten und dürften eine Balkanstaaten-Konföderation anstreben, um allen künf tigen russischen Anschlägen gegenüber gewaffnet zu sein. In diesem Falle bliebe Rußland nichts Anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Vor Allem müßte Alexander die militärischen Meuterer so strafen, daß Rußland in Bulgarien künftig keine willigen Werkzeuge mehr findet. Besonders schlimm ist es, daß der frühere russische Leiter der Junkerschule in Sofia, Zacharow, und der letzte Kommandant derselben, Major Gruew, die Zöglinge dieser Anstalt verleiteten, an der Verschwörung theilzunehmcn. Dieses 1878 gegründete Institut galt dem Fürsten als das beste Mittel, nach und nach der Armee lauter bulgarische Offiziere zu verschaffen. Die Zöglinge dieser dec preußischen Kadettenanstalt in Lichtenfelde nach- gcbildeten Junkerschule haben bekanntlich das ihnen stets von dem Fürsten erwiesene Wohlwollen mit Undank belohnt; bei einer Auflösung der Anstalt dürfte es aber in den nächsten Jahren an bulgarischen Offizieren fehlen. Noch schwerer ist die Frage zu lösen, ob und wie die Offiziere Gruew, Benderew u. s. w. zu bestrafen sind. Das „Berliner Tageblatt" veröffentlicht die Unterredung, welche ein deutscher Diplomat mit dem russischen Minister von Giers in Franzensbad gehabt haben soll. Darnach erklärte Giers, Rußland sei außer Stande, sich gänzlich von Bulgarien loszusagen und könne ebensowenig dulden, daß Fürst Alexander jene Männer hinrichten lasse, die nur aus Anhänglichkeit zu Rußland die Umwälzung vom 2l. August versuchten. Mit dieser Auslassung stimmt ein Artikel der „Moskauer Zeitung" überein, der es für ganz unmöglich erklärt, daß Rußland seine Freunde, „die besten Männer Bulgariens" im Stiche lasse. Dieselben hätten dem Fürsten nur so lauge treu bleiben können, als er dem Kaiser von Rußland t-cu war und hätten nur die Pflicht jedes ehrlichen Bulgare.- e j -!'t sich gegen die Verletzer der heiligen Bande aufzutehnen, die ihr Vaterland mit Ruß land verknüpften. Diese Sprache der russischen Regierungs organe zeigt deutlich, welchen hohen Grad von Entschlossen heit Fürst Alexander besitzen mußte, um unter solchen Verhältnissen nach Bulgarien zurückzukehren. Gerade diese Heldenkühnheit sichert ihm aber auch die allgemeinen Sympathien der Bevölkerungen, die weit inniger an seinem Schicksal Antheil nehmen, als dies von den Staatsmännern geschieht, die sich um seinetwillen nicht mit Rußland überwerfen möchten. Die „Nordd. Allg. Ztg.", welche als Lieblingsorgan des deutschen Reichskanzlers gilt, hat in einer ganzen Reihe von Artikeln die allgemeine Begeisterung spöttisch mit dem Polen-Enthusiasmus ver glichen, von dem Deutschland vor fünfzig Jahren heim gesucht worden ist. Die ursprüngliche Gleichgiltigkeit des Fürsten Bismarck soll sich in eine Abneigung gegen den Fürsten Alexander verwandelt haben, seitdem ein Heirathsprojelt zwischen dem selben und einer preußischen Prinzessin auftauchte, dem die deutsche Kronprinzessin nicht abgeneigt schien, das der Kaiser aber mißbilligt haben soll. Die Abneigung des deutschen Reichskanzlers wird aber anscheinend von dem deutschen Volke keineswegs getheilt, auch sind es nicht, wie die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt, nur Polen, Ultramontane und Fortschrittler, welche dem Fürsten Alexander ein größeres Wohlwollen der deutschen Reichsregierung gönnen. Eine von dem Pastor Wrede aus Prenzlau geleitete <<lsammlung in Stettin sandte an den Fürsten folgendes Telegramm ab: „Bei einer schon heute veranstalteten Sedanfeier versammelte tausend rcichstreue Pommern senden Eurer Hoheit nach einem donnerndem Hoch auf- cichtigen Ausdruck der Bewunderung und Zustimmung zu )er muthigen Rückkehr auf Ihren Thron und erklären ihren tiefen Abscheu gegen die gewaltsame Enthebung durch gedungene Verräther". Bei Dressel in Berlin versammelte Offiziere des ersten preußischen Garde-Regiments z. F. haben, wie die „Post" mitthcilt, am Dienstag Abend em Glückwunschtelegramm an den Fürsten von Bulgarien ge- undt und Mittwoch haben eine Anzahl Offiziere der Garde )u Corps nnd von den Kürassieren in derselben Forni ihrer freundlichen Gesinnung für den ehemaligen Kameraden Ausdruck gegeben. In der Berliner „National-Ztg." fordert „ein deutscher Patriot aus dem Süden" zu einer Massen- Adresse an den Fürsten auf, zählt alles Unrecht auf, welches Deutschland in den letzten Jahren von Rußland zugefügl worden ist und drückt schließlich die Ueberzeugung aus, daß sowohl der deutsche Kaiser wie auch der Kanzler sich des Ausbruches nationalen Stolzes bei dieser Gelegenheit freuen würden. Das Letztere ist nach den entschiedenen offiziösen Auslassungen stark zu bezweifeln. Indessen ist es schwer verständlich, wenn die Nordd. Allg. Ztg. fortwährend be ¬ hauptet, daß das deutsche Reich nur seine Westarenze zu sichern und von Rußland nichts zu befürchten habe. Ganz abgesehen davon, daß dasselbe Blatt gleichzeitig einen deutschfeindlichen Artikel Katkows über die Annäherung Rußlands an Frankreich veröffentlicht, läßt sich doch auch nicht bestreiten, daß uns die Bundesgenossenschaft mit Oesterreich Ungarn Verpflichtungen auferlegt, die sehr leicht zu Konflikten mit Rußland führen können. Fast scheint es, als wolle Fürst Bismarck nur Herrn v. Giers die Möglichkeit geben, die russischen Panslavisten zu beschwichtigen. Die Verantwortung für einen Krieg mit Rußland, bei dem dieser Staat der Beihilfe französischer Truppen ziemlich sicher ist, erscheint auch als eine sehr große. Die Führer der Opposition im deutschen Reichs tage sind aber vielleichtgar nicht abgeneigt dieseVerantwortung auf sich zu nehmen und dünkt ihnen ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Wenn Friedrich der Große den Kampf wider Oesterreich, Rußland und Frank reich wagte, braucht sich Deutschland im Bündniß mit Oesterreich-Ungarn durch kein russisch-französisches Bünd niß schrecken lassen. In den freisinnigen Kreisen wünscht man gänzliche Loslösung der deutschen Politik von jeder Rück sicht auf das automatische Rußland, in denen des Zentrums die Herbeiführung einer Situation, welche größere Schonung der Polen nöthrg macht und später eine allgemeine Ab rüstung ermöglicht. Bei einer solchen Stimmung, wie sie jetzt in weiteren Volkskreisen Deutschlands und Oesterreich- Ungarns vorhanden ist, wird Rußland jedenfalls gut thun, den deutschen Prinzen auf dem bulgarischen Fürstenthron mehr als bisher zu schonen, besonders aber der Russifizirung der deutschen und lutherischen Ostseeprovinzen Einhalt zu thun, für die man jetzt in Deutschland ähnliche Empfindungen hegt, wie ehemals für Schleswig-Holstein. Tagesschau. Freiberg, den 3. September Die alljährlich in fast gleicher Weise im ganzen deutschen Reiche am Sedantage wiederkehrenden Festlichkeiten wurden dieses Mal in einer weihevolleren Stimmung als sonst be gangen, weil alle Gemächer von der Aussicht auf neue krie gerische Verwickelungen bewegt wurden. Die Art, in welcher in den preußischen Regierungsorganen die bulgarischen Ange legenheiten behandelt werden, sowie die Nachricht, daß mit Rücksicht auf die in Frankreich herrschende Stimmung die Gcneralidee der Kaisermanöver in Elsaß abgeändert worden sei, deuten darauf hin, daß man in Berlin die Weltlage als eine sehr ernste ansieht. In ihrem letzten Artikel über Bul garien sagt die „Nordd. Allg. Ztg.", die logische Folge der allgemeinen Gemüthsaufwallung sei, „daß Deutschland an Ruß land eine Note richtet, in der es dagegen Protest cinlegt, daß der Fürst von Bulgarien irgendwie chikanirt werde, und viel leicht auch dagegen, daß Rußland irgend einen weiteren Schritt nach Konstantinopel zu mache. Eine solche Note würde noth wendig mit einer energischen Zurückweisung der deutschen An forderungen beantwortet werden. Das Vertrauen zwischen uns und unserem östlichen Nachbar würde tief erschüttert werden, die freundschaftlichen Beziehungen, die bisher bestanden haben, in das Gegentheil umschlagen. In der logischen Ent faltung derartiger Stimmungen liegt aber der Krieg; eine große Anzahl der Abonnenten der Herren Richter und Windt horst mag nicht die erforderliche Schärfe des Blickes besitzen, um auch nur die nächste Zukunft prognostiziren zu können; Jeder, der, sei es durch theoretisches Studium der Geschichte, sei cs durch praktische Beschäftigung mit Politik, die Entwicke lung derartiger Verhältnisse kennen gelernt hat, wird darüber nicht im Zweifel sein, welche eminente Gefahren für Deutsch land auf dem Wege liegen, den die ultramontane und die frei sinnige Presse unserer Politik heute vorzeichnen wollen. Sie predigen den Krieg, und zwar einen Krieg, schrecklicher und blutiger, wie alle bisherigen Kriege gewesen sind." Dagegen meint die freisinnige „Weserzeitung", von einer „Gcsühlspolitik" könne in dem vorliegenden Falle gar keine Rede sein, sondern nur von „einem Gefühle, welches zwar lebhaft genug ist, um Vas Bedürfniß der Kundgebung zu empfunden, aber nicht thöricht genug, um sich an die Stelle der verständigen Er wägung drängen zu wollen". — Wie jetzt bekannt wird, faßte die katholische Generalversammlung in Breslau folgenden wahrscheinlich auf den Gang der Verhandlungen in der nächsten Session des deutschen Reichstages zurückwirlenden Beschluß: „Die Katholiken Deutschlands müssen immer wieder erklären, daß die unbestreitbar schnell wachsende Entsittlichung und Ver rohung weiter Kreise des deutschen Volkes, daß die entsetzlich S Uhr ng swe che- durch er-