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NlLgS md Tageblatt Erscheint jede» WochrnUz MchnNtt. 5 Uhr für den .HO 1 »Adern Tag. Prri» vierteljährlich « Mark ?L Pf., jj zweimimamch 1 M. 50 Pf. und ewm»natiich 75 Pi. heilnahw ^ngi dies au Nachm. 9.) 1v " k. krau vo» ttbunden. Wg Nach- rrriengssfkj n^hwe bei udes »ag« »rrg Nach- e aus. Ser Bäckn m Lriki :ruiel ;W. » »» INS MM sende wd üme Kim sage» mr ««l rS er« k. tt. Durchführung gelangt sei, um so mehr, als selbst von Gegnern desselben die jetzige Borlage als weniger gut bezeichnet werde. Die Frage des Bedürfnisses habe der Abg. Richter keineswegs richtig dargestellt. Wenn bisher für die Linderung der Kommunallasten noch nichts habe gethan werden können, solle man deshalb die Hände in den Schooß legen? Zur Befriedigung der Bedürfnisse der Einzclstaaten sei man entschieden auf daS Reich angewiesen. Lr hoffe, daß die Mehrheit des Reichstages sich den An- chauungen des Abg. Richter nicht anschließen werde. Abg. Bock (Gotha) sprach gegen die Vorlage, welche dem Volk neue Lasten auferlege. Abg. Zorn von Bulach erklärte, daß man in Elsaß Lothringen für höhere Besteuerung des Branntweins sei, weil dort der AlkoholiSmus in bedenklichem Maße um sich gegriffen habe. Abg. Rickert sprach gegen die Vorlage, war aber bereit, dieselbe in der Kommission einer Prüfung zu unterziehen. Die am Tage vorher von dem Abg. Occhelhäuser proklamirte Finanzpolitik mache ein Zusammen gehen mit den Nationalliberalen für alle Zukunft unmöglich. Die Finanzlage der meisten deutschen Bundesstaaten sei eine günstige, wolle man denn hier im Reiche einzig und allein auf Preußen Rücksicht nehmen? Er erwarte in der Kommission genaue statistische Nachweise über die Bedürfnißfrage. Abg. Buhl wies die Angriffe gegen seine Partei zurück und be merkte, seine Freunde würden die Frage der Besteuerung des Branntweins in der Kommission einer eingehenden Prüfung unterziehen. Die Vorlage wurde daraus einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen. Um dieser Kommission mög lichst freien Spielraum zu lassen, vertagte sich das Haus bis auf Weiteres. Auf Vorschlag des Abg. Rickert wurde der Präsident ermächtigt, salls ein Mitglied der Kommission ausscheidet, ohne Beschluß des Hauses eine Ergänzung herbeizuführen. — Im preußischen Ab geordnetenhause ist gestern nach längeren Verhandlungen die Kanal-Vorlage fast unverändert in der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung angenommen worden. — Die bai rische Abgeordnetenkammer hat gestern das Finanz- gesctz ohne weitere Debatte definitiv genehmigt. In einem von Nizza datirten Handschreiben hat der König von Württemberg dem in den Ruhestand getretenen General von Schachtmeyer seinen Dank für seine ausge zeichneten treuen Dienste und die Hoffnung ausgesprochen, daß dem General noch viele Jahre der Ruhe und ungestörter Ge sundheit beschicken sein möchten. In australischen Blättern liegen Berichte über mehrere Expeditionen vor, welche der deutsche Kreuzer „Alba troß" zur Züchtigung von Eingeborenen des Bismarck- Archipels unternommen hat. Das energische Vorgehen deS Grasen Baudissin, des Kommandeurs des „Albatroß", wird hoffentlich auf lange Zeit den Eingeborenen der Insel „Neu- Irland" den Eindruck hinterlassen, daß etwaige Uebergriffe und Verbrechen ihrerseits, wenn sie auch zeitweilig straflos bleiben, doch mit der Zeit ernstlich und gründlich be straft werden. llbeu, v« eu. sov« as ehre» »red ruhig reu Lsdm >ruSer und uer Karl Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg nad Brand Verantwortlicher Redakteur: In Vertretung Ernst Manckisch in Freiberg. Tagesschau. Freiberg, den 26. Mai. Bei der gestern im deutschen Reichstage fortgesetzten Debatte über die Branntweinsteuer sagte Abg. Delbrück, >ie Reichspartei habe die Vorlage freudig begrüßt, finde die etzige Form derselben aber unannehmbar, da die Kontrole un« genügend sei Die Verminderung des Konsums betrachte er als kein Unglück, aber wenn sich dieselbe als zu bedeutend er weise, sei dies ein entschiedener Schaden. Seine Partei sei für )ie Beseitigung der beiden höheren Steuerstufen. Wolle man die Verwaltung nicht dem Staate überlassen, so solle man sie Genossenschaften unterstellen. Der Gedanke deS Abg. Windt horst von einem NothstandSgesetze sei ihm durchaus sympathisch, wie er auch der sofortigen Kontingentirung auf 2 bis 3 Jahre zustimme. Finanzminister v. Scholz erwiderte, daß diese Vorschläge die Brennereien begünstigen wollten. Die Streichung der beiden letzten Etappen bedeute eine schwere Schädigung des Fiskus; die Sammlung von Spiritus in Bassins sei be denklich und die Verwaltung seitens zwangsweiser Genossenschaften scheine nicht realisirbar. Die Kontingentirung liege im In teresse der kleinen Brennereien. Werthvoll sei der Regierung die Erklärung des Abg. Windthorst, daß daS Zentrum bereit sei, eine positive Mitwirkung zu leisten. Ueber die Kontrole glaubte er daS HauS beruhigen zu könne«. Die Buch- koutrole sei besser, als man glaube, zumal der Umfang der Betriebe meistens in den Gemeinden sehr bekannt sei. Di« Regierung erachte die Gefahr der Defraudationen nicht für groß, da die Strafbestimmungen sehr hoch seien. Bedauerlich sei, fuhr der Redner fort, daß der Monopol-Gedanke nicht zur r_i"enea. - > -» AA. Aabraang. - > - Donnerstag, den 27. Mai. 1888 Der Nestor der deutschen Geschichts forschung. Der größte Geschichtsschreiber der Gegenwart, Leopold von Ranke, der Mann, dessen stille, große Forscherarbeit so Bedeutendes leistete, daß man in ihm allseitig den eigent lichen Begründer der modernen deutschen Geschichtswissen schaft verehrt, ist zu Berlin in dem hohen Alter von 90 Jahren gestorben. Das Hinscheiden dieses wunderbar be gnadeten Denkers ist selbst ein geschichtliches Ereigniß; so wenigstens hat es der greise deutsche Heldenkaiser aufgefaßt, der dem Sohne des berühmten Geschichtsforschers schrieb: „Es ist ein edler Patriot zu Grabe gegangen, der mir als solcher nahe stand, aber auch durch den langen Umgang meinem Herzen verwandt war. Sein Name wird als un erreichter Geschichtsschreiber in der Welt dastehen." Als Leopold von Ranke am 21. Dezember v. I. in voller Geistesfrische seinen 90. Geburtstag feierte, da zeigten zahl lose Beweise der Verehrung von nah und fern, daß seine Wirksamkeit auch von der Mehrheit des deutschen Volkes gewürdigt wurde, des Volkes, das wie kein zweites dem ernsten Streben in Kunst und Wissenschaft Sinn und Ver- ständniß entgegenbringt. An jenem Tage sandte ihm der Kaiser, dem der rastlos fortarbeitende Forscher in den letzten Jahren alljährlich einen neuen Band seiner noch un vollendeten „Allgemeinen Weltgeschichte" auf den Weihnachts- tisch legte, ein überaus herzliches Glückwunschschreiben; der deutsche Kronprinz erschien aber selbst, um den greisen Ge lehrten zu beglückwünschen. Gerade der Lebenslauf des dahingeschiedenen Altmeisters der Geschichtsforschung beweist, wie berechtigt der deutsche Kronprinz war, in der am Sonn tag gehaltenen herrlichen Rede dem deutschen Kaiser und anderen hochsinnigen Häuptern unseres Volkes nachzurühmen, „daß sie den Genius, wie er sich gab, gewähren ließen, ihm die Aufgaben stellten, an denen er sich prüfen und erproben, dem Vaterlande zur Ehr' und Zier schaffen konnte." Leopold Ranke, am 21. Dezember 1795 als ältester Sohn eines wohlhabenden Rechtsanwalts in dem thüringischen Städtchen Wiehe geboren, erhielt seine Bildung in Schul- pforta und Leipzig, wo besonders der Philolog Herrmann großen Einfluß auf ihn ausübte. 1817 erhielt er die philosophische Doktorwürde und ein Jahr daraus eine Stelle als Oberlehrer am Gymnasium zu Frankfurt a. O. Dort schrieb er sein erstes epochemachendes Werk: „Geschichte der romanischen und germanischen Völker von 1494 bis 1553". In einer dieser bedeutsamen Erstlingsarbeit ange fügten Beilage „Zur Kritik neuerer Geschichtsschreiber" ent wickelte Ranke das große Gesetz der historiographischen Ent- wickeluug, das sich nicht nur in seinen eigenen späteren Werken glänzend bewährt, sondern auch der ganzen geschicht lichen Forschung neue Bahnen eröffnet hat. Seine seltene Fähigkeit, das Ganze der Entwickelung der Menschheit unter einem einheitlichen Gesichtspunkte und künstlerisch abgerunde in einer Weise darzustellen, bei der sich Wissenschaft und Leben eng berühren, erweckte die Aufmerksamkeit der an der neubegründeten Universität Berlin wirkenden Gelehrten Savigny und Niebuhr. Am 31. Mai 1825 wurde Ranke aus ihre Veranlassung als Professor der Geschichte an die Berliner Universität berufen, deren Zierde er fechs Jahr zehnte hindurch gewesen ist. Die glückliche Entdeckung von mehr als fünfzig Foliobänden von Berichten päpstlicher Nuntien und venetianisct er Gesandten erschloß ihm eine der reichsten Quellen für die Geschichte des 16. und 17. Jahr hunderts, die er in seinem 1827 begonnenen zweiten Werke „Fürsten und Völker von Süd-Europa im 16. und 17. Jahr hundert" glänzend verwerthete und durch die Ergebnisse einer Durchforschung der Archive von Wien, Venedig, Florenz und Rom trefflich ergänzte. Von dieser im Auf trage der preußischen Regierung unternommenen Entdeckungs reise zurückgekehrt, beschrieb Ranke 1829 zunächst erst ein Ereigniß seiner Zeit in der „Geschichte der serbischen Revo lution" und legte darauf die schönsten Früchte seiner italieni schen Reise in seinem geistvollen Werke „Die römischen Päpste" nieder, dessen erster Band im Jahre 1834 erschien. Kurz vorher war der kaum 35 Jahr alte Ranke bereits Mitglied der kgl. Akademie der Wissenschaften geworden un! 1841 wurde er zum Historiographen des preußischen Staates ernannt, als welcher er in den Jahren 1847 bis 1874 „Zwölf Bücher preußischer Geschichte" herausgab, während er vorher noch seine „Gerichte der Päpste" durch eine „deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation" ergänzt hatte. Am öffentlichen politischen Leben bethciligte sich Rank nur einmal, im Jahre 1848 als Mitglied des Frankfurter Andere werden in seinen Werken nur ungern den warmen Ton eigener Ueberzeugung und die schwungvolle Be geisterung bei großen Momenten vermissen. Seine Arbeit ruht scheinbar nur auf den Säulen der Wahrheit und Schönheit, nicht auf der jener Kraft, welche nur? aus dem warmen Herzschlag eigener innerster Empfindung empor steigt. Sein großer Wahrheitsdrang ist aver entschieden hochverdienstlich und für die neuere Geschichtsschreibung von nachhaltigem Nutzen gewesen, denn zahlreiche Schüler sind in Ranke's Fußstapfen getreten und sind auf dem von ihm gebahnten Wege erfolgreich weiter geschritten. Selten ist ein deutscher Gelehrter so innig verehrt worden wie Leopold von Ranke, der berühmte Geschichtsforscher, dessen Name nun selbst der Geschichte angehört und unvergessen bleiben wird, denn „wer den Besten seiner Zeit genug gethan, der hat gelebt für alle Zeiten". — Dienstag Abend fand in der Wohnung des großen Historikers eine Leichenfeierlichkeit statt. Auf dem Sarge ruhten Kränze, welche der Kaiser und die Kaiserin, wie die Großherzogin von Baden gesandt hatten. Der älteste Sohn des Entschlafenen, Pfarrer Otto Ranke, hielt die Trauer rede. Heute Nachmittag findet unter Betheiligung der ge lehrten Körperschaften und der Studentenschaft die feierliche Ueberführung nach der Sophienkirche in Berlin. statt, wo die Beerdigung erfolgt. — In der Nacht zum Dienstag ist ein zweiter bedeutender Geschichtsforscher, Geh. Rath Prof. Waitz in Berlin gestorben. Geboren 1813 zu Flensburg, 1842 Professor in Kiel und 1849, nachdem er der Frank furter Nationalversammlung angehört hatte, Professor in Göttingen, siedelte Waitz 1875 als Direktor der großen geschichtlichen Quellensammlung „^lonumoutu. Oorwauiuo di8torioa" nach Berlin über, wo er als eine glänzende Lehr kraft der dortigen Hochschule galt. Rrrlr'chlutz aeü kurzem uzfigeliebte, achter und St«»» t-edmraden : Kr« um Parlaments, vertiefte sich aber damals, angeregt durch leb- afte politische Bewegung, nur in gelehrte Studien, deren Frucht die „Französische und englische Geschichte im 16. und 7. Jahrhundert" war. Schon früher ein häufiger Gast m KönigSschlosse, sah Ranke nach seiner 1845 vollzogenen Zerheiralhung mit einer Engländerin die hervorragendsten Staatsmänner als Gäste in seinem Hause und wurde 1866 in den Adelsstand erhoben. 1869 veröffentlichte Ranke eine „Geschichte Wallensteins" und die kritische Untersuchung „Zur deutschen Geschichte vom Religionsfrieden bis zum dreißigjährigen Kriege"; 1871 folgten „Der Ursprung des iebensährigen Krieges" und „Die deutschen Mächte und der Fürstenbund". Trotz seines hohen Lebensalters er müdete der rastlose Gelehrte nicht und ließ 1875 „Den Ursprung und Beginn der Revolutionskriege 1791 und 1792", ein Jahr später „Zur Geschichte von Oesterreich und Preußen zwischen den Friedensschlüssen zu Aachen und Hubertusburg" und 1877 die „Denkwürdigkeiten des Fürsten Hardenberg" erscheinen. Als Greis von 81 Jahren ent schloß sich Leopold von Rank zur Herausgabe einer „all gemeinen Weltgeschichte", von der bisher sechs Bände er schienen sind, die bis zum Zeitalter der Kreuzzüge reichen. Der siebente Band dürfte aber schon zur Herausgabe vorbereitet sein. Diese Auszählung der Arbeiten deS großen Gelehrten hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und trotz dem beweist sie eine riesige unermüdliche Schaffenskraft von bedeutendster Leistungsfähigkeit. Wenn man einzelne Arbeiten durchmustert, begreift man kaum, daß Leopold von Ranke keine politisch: Thätigkeit entwickelte, denn seine ganze Art der geschichtlichen Darstellung deutet darauf, daß er alle Dinge nicht mit dem Auge des Stubengelehrten, sondern mit dem eines gewiegten Staatsmannes gesehen hat. An seiner Hand schreitet man sicher durch die Ge mächer des Vatikans oder des Eskurials und übersieht mit klarem weitem Blick die Geschicke der Völker. Das groß artigste historische Bild, das er dem Beschauer zeigt, macht immer durch die außerordentlich feine Ausführung auch den Eindruck des Genrebildes, das nur gewinnt, je länger und je näher wir es betrachten. Hand in Hand mit einer großen Glätte des Styls geht bei Ranke ein Versenken >in den Geist der Ereignisse, ein Ahnen des vorher noch unenträthselten Zusammenhangs, wie es sonst nur dem Dichter eigen ist, hier aber nur das Ergebniß einer die Thatsachen zergliedernden und aneinander reihenden Berechnung zu sein scheint. Die Gefühlswärme - des Dichters dürste Ranke versagt gewesen sein, denn er schilderte die ernstesten ergreifendsten Ereignisse mit einer so kühlen Unparteilichkeit, als ob ihm jede Antheilnahme mangele. Die Schüler und Bewunderer Ranke's nennen - das „die höchste Objektivität des Historikers," aber viele