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Ar 8«. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite 2. 188«. sür neue Verhandlungen behalte, zumal sie selbst eine Revision der Maigesetze wünsche. Daraus bezeichnete von Kleist- Retzow eine baldige Beendigung des Kulturkampses als dringend nothwendig, weil der Staat den meisten Schaden dabei gelitten habe. Fürst Bismarck widersprach dieser Austastung; die Vorlage der Regierung entspringe laum der Nothlage, sondern lediglich den Friedcnsbedürsmsscn des Kaisers. Wenn Etwas Schaden gelitten habe durch den Kulturkampf, so sei es das Reich, wo daS Zentrum mit den ihm zur Seite stehenden Sozialdemokraten, Elsässern, Polen und Fort schrittlern die Mehrheit bilde. Oberbürgermeister I)r. Miquel erMrte sich gegen die Vorlage, die keinen dauernden Frieden verbürge und ersuchte um Annahme der Resolution, v. Bernuth und Graf zur Lippe sprachen für die Be schlüsse der Kommission mit dem Amendement Kopp. Die Generaldebatte wurde hierauf geschlossen und erfolgt erst heute die Einzelberathung. — Im preußischen Abgeord netenhaus« begründete gestern Abg. Wehr seine Inter pellation über die Weichsel-Ucberschwemmungen. Der Minister v. Puttkamer erklärte, nach den Berichten der Regierungs behörden erscheine Staatshilse erforderlich, über den Umfang derselben aber könne noch nichts gesagt werden. Der Minister Lucius lehnte die Verantwortung des Staates für Dcich- brüche ab. Sodann begründete Abg. Freiherr v. Min Ni ger ode seine Interpellation über die Maßregeln gegen den Preisniedcrgang der landwirthschaftlichcn Erzeugnisse und ver langte eine ausgiebige und wirksame Erhöhung der Getreide zölle, anderweite Gestaltung der landwirthschaftlichcn Produk- tionSsteuern, sowie Entlastung der Kommunen durch Ucber- weisung der Grundgebäudestcuer. Der Minister Lucius antwortete, die Erhöhung der Getreidezölle halte die Regie rung zur Zeit nicht für angezcigt; die Nothlage sei aus dem ganzen Kontinent in Deutschland am schwächsten. Der Woll zoll würde die gesammte Wollwaarenindustrie treffen. Tie Regierung verfolge die Interessen der Landwirthschast wach samen Auges und werde nicht zögern, seiner Zeit die ent sprechenden Vorlagen zu machen. Abg. v. Schorlcmer- Alst erklärte Namens des Zentrums, dasselbe halte die Interpellation sür nicht zeitgemäß und werde deshalb an der Besprechung nicht theilnehmen. Die Bcrathung der Inter pellation wird heute fortgesetzt. Die in dem italienischen Badeort Bordighera verweilende Prinzessin Elisabeth von Sachsen Weimar Verlobte sich mit dem Herzog Johann Albrecht von Mecklen burg-Schwerin, der seinerzeit das Gräfl. Vitzthum'sche Gymnasium zu Dresden besuchte. — Die ba dis ch e Ka m m er hatte gestern anläßlich des Leichenbegängnisses des vollsthüm- lichen Dichters Viktor von Scheffel die Sitzung aus gehoben. Die Leichenfeier verlief in glänzender Weife unter großartigster Betheiligung der Bevölkerung von Karlsruhe. Vertreter sämmtlicher Behörden, das gesammte Lffizicrkorps, die technische Hochschule, ein großer Theil der Studirenden Heidelbergs und alle Gesangvereine Karlsruhes bcsanden sich m dem Zuge. In der gestern in der österreichischen Hauptstadt ab- gehaltenen Sitzung des Zucker-Enqucte-Ausschusscs ist ein von dem österreichischen und dem ungarischen Minister vereinbartes neues Zuckersteuergesctz vorgclcgt worden. Darnach wird von 1888 ab eine Produklensteuer eingesuhrt und zwar für 100 Kilo gramm 10 Gulden, sür niedere Sorten 8 Gulden, außerdem eine Aussuhrvergütung von 1 Gulden 50 Kreuzer per Kilo. Die Bonifikationen dürfen aber dem Staate keine Ausgabe verursachen, welche die Summe von vier Millionen übersteigt. Bei der Abstimmung der italienischen Kammer über verschiedene Vorlagen stellte sich gestern die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Dir Abstimmung soll heute erneuert werden, wenn dieselbe sich aber wiederum als unzulänglich er weist, die Vertagung der Kammer erfolgen, deren Osterferien dann etwas früher beginnen als ursprünglich beschlossen war. Mehrere römische Blätter melden, daß Neuwahlen im Mai stattfinden werden und erklären die Nachricht, daß König Humbert mit den Führern der Ovposition konserirt habe, für unbegründet. — Dem in Rom angekommencn berühmten Kongo- ersorschcr Henry Stanley hat Kapitän Eecchi, der künftige italienische Generalkonsul im Kongostaate, sofort einen Besuch abgestattct. Abermals erhielt das französische Ministerium Freycinct und zwar diesmal anläßlich der Interpellation über die Ver haftungen in Decazeville ein glänzendes Vertrauensvotum der Deputirtcnkammer. Die dabei 419 Stimmen zählende regie rungsfreundliche Mehrheit fetzte sich zusammen aus 159 Mit gliedern der Rechten und 260 Republikanern. Die 74 Depu- tirten der Minderheit gehörten ausschließlich der äußersten Linken an. 69 Deputirte enthielten sich der Abstimmung, darunter 49 Republikaner und 20 Mitglieder der Rechten. Von den Republikanern gehörten 16 der äußersten Linken an. Clemenceau hat mit allen seinen Anhängern gegen das Mi nisterium gestimmt. Die Rechte hatte beschlossen, zum ersten Male sür das Ministerium zu stimmen, falls die Erklärungen dcs Ministers in Bezug aus die Bekämpfung der revolutionären Agitation genügend mären. Letzteres ist also allem Anscheine nach der Fall gewesen. Der griechische Ministerpräsident Dclyannis hielt in einer vorgestern in Athen stattgesundcnen Versammlung eine längere Ansprache, in welcher er die bisherige Politik seines Kabinets vcrtheidigte, Ruhe und Achtung gegenüber den geg nerischen Meinungen anempsahl. Der Minister sprach schließ lich die Hoffnung aus, daß die Mächte die Ansprüche Griechen lands berücksichtigen würden, da dieselben berechtigt seien und den allgemeinen europäischen Interessen in keiner Weise wider sprächen. Oertliches Freiberg, den 13. April. — Ihre Majestät die Königin ist mit I. K. Hoheit der Prinzessin Maria Josefa am 10. April von Venedig nach Meran wieder zurückgekehrt. — Amtliche Mittheilungen aus den Sitzungen des Stadtraths zu Freiberg: Sitzung am 30. März 1 886.*) 1) Auf eine Verordnung dcs Konigl. Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts beschließt das Kollegium, an Stelle des erkrankten Herrn Oberlehrer Oestreich Herrn Or. Peine in Leipzig vom 1. Mai d. I. ab als Hilsslehrer am hiesigen Realgymnasium anzustcllcn. 2) Herr Rechtsanwalt Blüher als uctor in der Prozeß- soche der Stadtgcmcinde Freiberg wider die an den Staat verkauften Gruben Himmelfahrt Fundgrube f. A. wegen Frei- kuxrcchts, theilt mit. daß bezüglich Himmelfahrt Fundgrube und HimmelSsürff Termin zur Verhandlung Umfang Mai vor dem hiesigen Landgericht anberaumt sei. *) Eingcgangcn am 13. April 1886. D. Red. 3) Der Entwurf des zwischen der Stadtgemeinde und dem Herrn Baumeister Börner über Areal an der Wernerstraße abgeschlossenen Kauskontrakls wird vorgetragen und genehmigt. Derselbe soll dem Stadtvcrordnetenkollegium vorgelegt werden. 4) Der Bericht über Revision der Sparkasse soll, nachdem er unter den Rathsmitgliedern zirkulirt und man ersehen, daß die Sparkasse allenthalben in bester Ordnung befunden worden, Herrn Sparkassendirektor Bousson zur Einsichtnahme und als dann den Stadtverordneten mitgetheilt werden. 5) Vorbehältlich der Zustimmung dcs Stadtverordneten- kollcgiums beschließt der Nath, die zeitherige unterste (8 ) Ge haltsklasse der Lehrer an der Volks- und den Bürgerschulen aus 1350 Mark, die nächsthöhere Klaffe auf 1450 Mark jähr lichen Gehalts vom 1. April d. I. ab zu erhöhen. 6. Die durch Pensionirung der Herren Lehrer Triebe und Nüster frciwerdenden Stellen in 8. Gehaltsklasse sind vom Schulausschuß den Herren Tetzner-Krimmitschau und Hähnig- Freiberg übertragen worden; an des letzteren Stelle ist Herr Lehrer Ziegs-Brand gewählt worden, auch wird beschlossen, sür den erkrankten Turnlehrer Herrn Fries den Herrn Böttcher- Loßnitz provisorisch anzustcllen. 7. Das Kollegium nimmt Kenntniß von der Einladung zur Schlußprüfung an der landwirthschaftlichcn Wmterschule. 8. Der Nath nimmt Kenntniß u. von einer Verordnung der König!. Krcishauptmannschast Dresden, Schenkung einer Fahne seitens Sr. Majestät des Königs an die hiesige Schützengilde betreffend, b. Von einem Dankschreiben, Verleihung eines Viatikum an einen Abiturienten betreffend, e. von einem Schreiben des König!. Amtsgerichts hier, Neuwahl des Herrn Richard Schmidt als Lokalrichter für Freiberg betreffend. 9. Herr Rechtsanwalt Blüher theilt zum Konkurs über das Vermögen des vormaligen Schulgeldeinnchmers Haase mit, daß, da Haase zu mehrjähriger Freiheitsstrafe verurtheilt worden sei, aus der Lebensversicherung desselben nur ein ge- gcringer Betrag werde gelöst werden. Außerdem wurden noch ein Bade-Unterstiitzungsgesuch und drei andere Gegenstände erledigt. — Ter Stadtrath veranlaßt diejenigen Versicherten, welche die Brandversicherungsbeiträge sür den ersten Termin d. I. noch nicht entrichteten, dieselben ohne Verzug zur Vermeidung sofortiger Zwangsvollstreckung an die hiesige Stadtstcuer-Einnahme abzusührcn. — Ferner bringt der Stadt rath zur öffentlichen Kenntniß, daß mit Genehmigung der Kgl. Krcishauptmannschast zu Dresden Herr Expedient Ernst Arthur Kießling an Stelle dcs durch Versetzung in eine andere Stelle von dieser Funktion enthobenen Herrn Expedient Grimmer als dritter stellvertretender Standesbeamter verpflichtet wor den ist. — Anläßlich der Ostcrprüsungen ist in der Mädchen bürgerschule eine Ausstellung von weiblichen Handarbeiten veranstaltet, welche von allen Besuchern die günstigste Beurthei- lung ersährt. Die strenge Einhüllung eines tystematischen Lehrplans, bei dem die ausstcigende Richtung vom Leichteren zum Schwereren unverkennbar ist, macht einen um so erfreu licheren Eindruck, als die ansgclegtcn Arbeiten vorwiegend den praktischen Lebensbedürfnissen entsprechen und deren Ausführung fast ausnahmslos einen hohen Grad von geduldigem Fleiß und gewissenhafter Ausdauer bekundet. Wenn man die Unmassen der sauber und geschmackooll gestrickten Strümpfe und Socken überblickt, fühlt man sich zu der Hoffnung berechtigt, daß die künftigen Hausfrauen unserer Bergstadt sich noch nicht zu der Aus der Jugendzeit. Roman von 12. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Es war der letzte Abend, den ich in Tante Agathe's Veilchenzimmcr verlebte. Die Märzsonne hatte Abschied nehmend noch alle Wärme ausgeströmt, Bäume und Sträucher trieben Knosvcn, ein lauer Frühlingshauch durchzog die Welt. Im Walde blühten Anemonen und Schneeglöckchen ; heute halte ich den ersten Strauß Veilchen gesammelt, er sollte mich aus der weiten Reise begleiten, ein Gruß aus der Hcimath. Ich sah sinnend in's Thal hinab, wie würde meine Zukunft sich gestalten? Da trat Tante Agathe leise an mich heran. »Komm, Kind, setze Dich zu mir, laß uns noch gcmüthlich zusammen plaudern, bis der Doktor kommt." Wir setzten uns im Dämmerlicht aus's Sopha; sie zog mich an sich und strich mit ihrer seinen, schlanken Hand lick kosend über mein Haar. Aus dem Halbdunkel schimmerte matt der Goldrahmcn herüber, der das braunlockige Knabcnlvpschen umschloß, und unwillkürlich fragte ich: .Tante Agathe, ist Dein Sohn wirklich todt?" Ich fühlte, wie sie erschrak; aber gleich daraus sagte sic ruhig: „Gewiß, er ist lange todt, weshalb fragst Du, Kind?" „Ich weiß nicht, wie es kommt, aber ich habe mir immer eingebildet, er sei gar nicht gestorben, sondern in Amerika." Diesmal erhielt ich keine Antwort, aber nicht cntmuthigt, wagte ich noch eine Frage, die mir das Dunkel, in das Tante Agathc's Vergangenheit und ihre Familie gehüllt war, erhellen sollte. „War er noch jung und war er wohl verhcirathct?" .Laß das, Magdalene, sprich nie und mit Niemandem über mich und meinen Sohn, frage nie wieder nach ihm, er ist todt für —" Sic brach plötzlich ab, als fürchte sic, schon zu viel gesagt zu haben, und erhob sich, um die Lampe anzuzünden. Ich mußte cs daher der Zeit überlasten, das Räthscl in dem Leben dieser Frau zu lösen, das sic so sorgfältig hütete. Am anderen Tage nahm ich wieder Abschied von meinen Freunden. Noch ein letzter Gruß und fort brauste der Zug in die weite Welt hmcin. Ich warf mich in eine Ecke und weinte bitterlich, fo hilflos kam ich mir vor, so allein und verlassen. Wie würde man mir begegnen? Ich schauerte innerlich zusammen, wenn ich an die Kränkungen dachte, die mir von Allen vorausgesagt wurden. Aber da war ja Johanna, meine herzige Freundin. Bei ihr sand ich allezeit liebevolle Thcil- nahme, ein gütiges, warmes Herz voll treuer Frcundschaft. Ich suchte mir ein Bild von meiner künftigen Umgebung und den Menschen, mit denen ich sortau leben sollte, zu machen Das zerstreute mich, die Thränen versiegten und bald hatte ich meinen inneren Gleichmuth wiedcrgesundcn. Die Rcile von Heidelberg nach Ostpreußen war langwierig und beschwerlich, ich konnte wenig schlafen und war todtmüke, als ich mich endlich meinem Ziele näherte. 11. Kapitel. Schloß G olzheim. „Erensdorf — zehn Minuten!" ries die rauhe Stimme des Schaffners, indem er die Thüre ausriß und mich aus meinen Gedanken ausschreckte. Erensdorf, die letzte Station! Wie eine Zentnerlast legte es sich mir auf die Brust. Noch eine halbe Stunde, und ein ganz neues Leben begann sür mich. Wie würde ich mich hmeinfinden? Die alte heiße Sehnsucht nach meinen zu früh verstorbenen Eltern, nach meinem Daheim, dem traulichen Lindenhaus, ergriff mich; mit Gewalt mußte ich die Thränen zuriickdrängen, die aus's Neue meinen Augen zu entströmen drohten. „Nur Muth, Magdalene," tröstete ich mich selbst, „sieh' dem Leben srisch und fest in's Auge und gehe unbeirrt Deinen Weg." Mit leichterem Herzen nahm ich meine Handtasche und stieg aus. Ich erwartete nicht, daß Jemand von der Golz- heim'schcn Familie mich abholen würde, deshalb schritt ich ohne Zögern einem Platze zu, aus dem mehrere elegante Equi pagen hielten. „Fräulein Werner?" tönte es da fragend hinter mir. und mich umwcndcnd, stand ich einem Herrn gegenüber, der artig grüßte. „Mein Name ist Magdalene Werner, ich suche den Wagen aus Golzheim," entgegnete ich. .Ich bm Baron Golzheim, bitte, solgcn Sie mir, Fräulein Wcrner, Johann soll sofort Ihr Gepäck besorgen." Bor einem hübschen, offenen Wagen Halt machend, be dcutete er einem reich betreßten Diener, meinen Gepäckschein zu nehmen. Dann forderte er mich auf, einzustcigen, legte jogleich eine warme Decke über meine Knice und setzte sich neben mich. Bald war Alles in Ordnung und wir flogen pfeilschnell die mit Linden besetzte Allee entlang, meinem neuen Bestimmungs ort entgegen. Ich war nur höchst selten gefahren, dies schnelle Dahin- flicgcn machte mir großes Vergnügen. Eine kurze Strecke legten wir schweigend zurück, ich hatte Muße, meine Um gebung zu mustern. Es war Anfang April; und wenn bei uns daheim, im gesegneten Ncckarthale, die Natur längst cr- wacht war, die Frühlingsblumen blühten, während Bäume und Felder im ersten Hellen Grün schimmcrten, fo war hier in dem rauheren nordischen Klima noch keine Spur vom Nahen des Lenzes zu merken. Die Felder sahen grau und unscheinbar aus, wie todcsmllde lagen die Blättchen der Winter saaten ans dcni erweichten Acker und harrten dcs belebenden Sonnenstrahls. Der Baron unterbrach meine Betrachtungen, indem er sagte: „Meine Frau wird sehr bedauern, Sie nicht begrüßen zu. können; sie hätte es sich gewiß nicht nehmen lasten, Sie selbst in Erensdorf zu empfangen." „Tie Frau Baronin ist doch nicht krank," fragte ich theil- nehmend. „Jetzt hoffentlich nicht mehr, aber sie war im Winter fo angegriffen, daß die Aerzie auf einem längeren Aufenthalt in Nizza bestanden, wo sie mit meiner ältesten Tochter nun seit einigen Wochen weilt." Ich sprach mein Bedauern aus und die Hoffnung, daß der Aufenthalt im Süden ihre Gesundheit wieder ganz Her stellen würde. „Ja, wir wollen es wünschen," sagte er leise, dabei be merkte ich, daß ein kummervoller Schatten sem srcudiges Gesicht überflog. Er hatte eine schöne stattliche Figur, aber sein Antlitz, zeigte die Spuren vieler Leiden. Auch war sein Haar schon stark ergraut. Ich machte diese Beobachtungen, als wir jetzt langsam bergauf fuhren und er schweigend vor sich nicdersah. Die Höhe war erreicht und ein Ausruf der Uebcrraschung glitt unwillkürlich über meine Lippen. Ich hatte mir die Gegend so ganz anders vorgestellt. Vor meinen Blicken breitete sich eine liebliche Landschaft aus. Bewaldete Hügel, hier und dort ein stattlichcs Schloß, besten Thürme in den blaßblauen Frühlingshimmel hmemrogten, fast wurde ich an meine Hcimath gemahnt. Mein Ausruf hatte den Baron aus seinem Sinnen ausgcschrcckt. „Nicht wahr, cs ist auch schön bei uns?" meinte er freundlich. „Ich denke, Sie werden n cht so große Sehnsucht nach Ihrem Vatcrlande haben," und auf den nächsten Hügel deutend, fügte er hinzu: „Das ist Golzheim." „Wie prächtig!" ries ich bewundernd aus, und wirklich gewährte das altersgraue stolze Schloß, das aus einem Walde mächtiger Bäume emporragte, einen imposanten Anblick. Von dem höchsten der vier Thürme wehte eine wciß-rothe Fahne, die in jedem Felde ein Schwert und ein Kreuz zeigte. Am Fuße dcs Hügels zog sich silberglitz-rnd un Sonnenstrahl ein schmaler See lang hin und am User wiegten sich, leise vom den Wellen bewegt, buntbcwimpelte Kähne. (Fortsetzung folgt )