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Ton macht nun einmal die Musik, wie die Anregung, so die Wirkung. — Im Theaterlokal zu Glauchau fand am Montag Abend unter Leitung des Herrn Kirchschullehrer Otto Ludwig in Hohndorf eine Gesangsaufführung des Glauchauer Lehrergesangvereins statt, welche sich eines sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen hatte. An Chor» compositionen brachte der erste Theil einen Männer chor „Viel schöner Blümelein" von E. Göttl, Hegars „Schlafwandel", „Tanz und Gesang" von Zander. Den Höhepunkt erreichte die Aufführung mit dem Vortrage der dramatisch bewegten gewaltigen Frithjofscenen; zur Durchführung der Solostimmen waren auswärtige Kräfte gewonnen, und zwar für die Partie der Ingeborg Frau Schrader-Röthig, Leipzig, für den Frithjof Herr Hungar, Leipzig. Als Liedersängerin bot Frau Schrader-Röthig noch im Einzelvortrag eine Composition von Wolf „Zur Ruh", ein Lied ihres Gatten, des Kapellmeisters Schrader, „Liebe", und ein Lied van der Strückens „Fallih, Fallah." Herr E. Hungar sang noch von Prosca „Schon wieder bin ich fortgerissen" und Zöllners „Warnung vor dem Rhein . Tie Begleitung am Klavier hatte Herr Cantor Franz übernommen, der seiner Aufgabe musterhaft gerecht wurde. Sämmtliche Darbietungen, auch die des Eilhardtschen Stadtorchesters, ernteten reichen Beifall. An das Conecrt schloß sich ein von dem Vorsteher des Vereins, Herr Schuldiecrtor Oßwald, geleiteter Commers. — Der Arbeiter Cotecka in Zwickau erstach im Laufe eines beim Kartenspiel entstandenen Streites seinen Schwager. Er stellte sich den Behörden. — Die Königin Marienhütte in Cainsdorf bearbeitet gegenwärtig die Projecte für die geplanten Thalfperren im Gebiete der Zwickauer Mulde von deren Ursprung bis Zwickau, nebst Zuflüssen. Nach Weihnachten wer den drei Commissionen sich in das in Aussicht ge nommene Sperrgebiet begeben. Aus dem Sachseulande. — Tie 1. Kammer nahm am Mittwoch im Beisein der Prinzen Georg und Friedrich August den Antrag der ersten Deputation, die Kammer wollen beschließen, die Wahlen der Rittergutsbesitzer Landesbestalten, Re gierungsraths a. T., Grafen und Edlen Herrn zur Lippe- Biesterseld-Weißenfeld auf Döberlitz, Grafen v. Brühl auf Seifersdorf, Or. Hübel auf Sachsendorf, Oberhof marschalls Grafen Vitzthum v. Eckstädt aus Lichtenwalde, Kasten auf Rosenberg, Hüttner auf Pirk zu Abgeordneten für die 1. Kammer als giltig zu erklären, an. Annahme fand auch der Antrag, die Kammer wolle mit den in den Jahren 1899 und 1900 vorgenommenen Verände rungen am Staatsgut sich einverstanden erklären und denselben, soweit solches verfassungsmäßig nöthig, ihre Genehmigung ertheilen. — Tie Dresdner Handelskammer erklärte sich gegen die Einführung einer Vermögenssteuer und für Beibe haltung der Grundsteuer. — Um in Anbetracht der ungünstigen wirthschaftlichen Lage den Gewerbetreibenden Verdienst zu verschaffen, beschlossen die Stadtverordneten in Dresden die AuS- stattung einer neuen Bürgerschule und den Bau und die Ausstattung eines Krankenhauses in mehreren hundert kleinen Antheilen zu vergeben. Stadt und Regierung haben bereits eine große Anzahl Hoch- und Tiefbauten in Angriff nehmen lassen und schon begonnene Bauten beschleunigt. Eine große Zahl Arbeitsloser hat dadurch für längere Zeit lohnende Beschäftigung erhalten. — In Leipzig fand man auf dem Thüringer Bahn hofe einen schwer betrunkenen Arbeiter auf, der alsbald infolge Alkoholvergiftung verstarb. — Zu dem an der Trödlerin Lory in Leipzig ver- übten Raubmord ist nunmehr festgestellt worden, daß die mit entwendete goldene Uhr die Fabriknummer 134,352 trägt. Es sind zahlreiche Verdächtigungen beim Polizeiamt ausgesprochen und auch schon verschiedene Verhaftungen vorgenommen worden, die aber alle er folglos gewesen sind. — In der Trunkenheit ergriff am Sonnabend Abend ein Arbeiter in Grotzenhai« ein Fläschchen mit Arznei, die seiner Frau verordnet war, und leerte es in einem Zuge. Er mußte sein Thun mit dem Tode büßen. Sonntag früh starb er, als man ihn nach dem Kranken hause bringen wollte. — In dem von etwa 40 jungen Mädchen besuchten Töchterpensionat in Neudietendorf ist ein» Scharlach, epidemie ausgebrochen. Die noch nicht von der Krank heit befallenen Pensionärinnen wurden sofort in ihre Heimat beurlaubt. — In Rathendorf wurde am Montag Abend bei dem aufgetretenen Gewitter eine dem Gutsbesitzer Benn- dorf gehörige Kuh im Stalle vom Blitz getödtet. — Einer der Blitzschläge während des Winterge- Witters am Montag ging in Niedersedlitz dicht an der Villa der Eisenwerke von Kelle und Hildebrandt nieder. Während die Villa im vorigen Sommer, noch im Neu bau begriffen, durch Blitzstrahl ziemlich zerstört wurde, fuhr der Blitz diesmal, ohne Schaden anzurichten, in «in Lager von Eisenträgern. — Jn'Wvrzbach bei Lobenstein ist in der Nacht zum Mittwoch um 12 Uhr Feuer ausgekommen, das zwei Ge höfte in Asche legte. Der Landwirth Heinrich Horn, in dessen Anwesen das Feuer auskam, hatte dasselbe an gelegt und sich dann erschossen. Er ist mit verbrannt. Der verkohlte und verbrannte Leichnam wurde in den Trümmern aufgefunden. — In öffentlicher Versteigerung erstand am Diens tag der in Rotzwetn wohnende Althändler Lindner die alten Amtsgerichtsgedäude in der Dresdnerstraße daselbst für den Preis von 22,1o0 Mark. Deutscher Reichstag. 110. Sitzung vom 11. December. 1*/i Uhr: Die Berathung der Zolltarifvorlage wird fortgesetzt. Abg. Graf Kanitz (cons.) beginnt damit, er und seine Freunde wüßten ganz genau, wie schwer die Landwirthschaft an der Industrie und besonders den Eisenzöllen zu tragen habe, und wie schwer durch diese Zölle der Ackerbau und allerdings auch das Brot belastet sei. Aber wir wollen diese Belastung auf uns nehmen um der Solidarität willen. Herr Bebel hat in Versammlungen und hier die Getreidezölle be kämpft mit Schilderungen über hungernde Kinder, Kinder sterblichkeit u. s w. Nun, England hat keine Gelreidezölle, und wie groß ist beispielsweise in London die Mortalität von Kindern infolge Mangels an Nahrung, Mangels an Pflege! Redner giebt bezügliche Auszüge aus Londoner Statistiken. In Wirklichkeit Hilst billiges Brod dem Arbeiter nichts, wenn er nichts verdient. Deswegen wollen wir durch diesen Zolltarif dem deutschen Arbeiter Verdienst verschaffen, und wir sind deshalb die besten Freunde der Arbeiter. (Ge lächter links.) Ob uns in Deutschland das System der ge bundenen Tarife genützt hat, will ich dahingestellt sein lassen, aber aus jeden Fall ist dieser Nutzen überschätzt worden. Und sicher ist ferner: Durch langfristige Tarifverträge geben wir die besten Waffen aus der Hand. Die beste Deckung ist der Hieb. Der schlimmste Fehler, den wir auch jetzt wieder begangen haben, ist, daß die Kündigung der Meistbegünstigungs- Verträge unterblieben ist. Alle Concessionen, die wir irgend einem Staate gewähren, fallen auch den Meistbegünstigungs- Staaten ganz von felber zu, während sie ihre eigenen General tarife nach Belieben erhöhen können. Das zeigt uns ja die Erfahrung, die wir mit Amerika gemacht haben. Man sagt ja nun zwar, das Pnncip ist eine große Errungenschaft, daß wir von Amerika die Meistbegünstigung haben, Aber Frank reich ist bei seinem Separalvertrage mit Amerika viel besser weggekommen. Amerika hat sich mit seinen Handelsverträgen gegenüber Europa ungebührlich bereichert. Und Europa ist aus dem besten Wege, zu verarmen. Nun ist ja freilich richtig, daß trotzdem auch noch große Goldausfuhren von Amerika nach Europa stattgefunden haben. Aber dafür wissen die Volkswirthschaftler eine ganz triftige Erklärung. Amerika hat einen ganz gewaltigen Goldüberfluß. Und außerdem beginnt auch bereits wieder der Goldrückfluß von Europa nach Amerika. Wie Amerika uns wirthfchastlich erdrückt, das gehl auch hervor aus den gerade gegenwärlig zu Tage tretenden Bemühungen Amerikas, auch unsere großen Schiff- fahrlsgesellschaften in seine Hände zu bekommen und sich da durch des ganzen Handelsverkehrs mit uns zu bemächtigen. Wir dürfen dieses Toleranz-System Amerika gegenüber nicht weiter sorlsetzen. Wir müssen uns auch gegen die amerikanische Rohproductisn mehr ablehnend verhalten- Bezüglich der Aussichten aus neue Handelsverträge bemerkt Redner, diese seien überhaupt nicht so große, daß wir in unserm neuen Zoll tarif darauf auch nur die mindeste Rücksicht zu nehmen hät ten. In Oesterreich beispielsweise würden wenigstens die Vertreter der Landwirthschaft im Abgeordnetenhaus sicher gegen jeden Handelsvertrag mit uns stimmen, denn schon 1892 hätten sie für den damaligen Vertrag mit Deutschland nur unter der in einer Resolution ausdrücklich niedergelegten Voraussetzung gestimmt, daß Deutschland einen Handelsver trag mit Rußland keinesfalls abschließen werde, ohne sich über dessen Grundlagen vorher mit Oesterreich zu einigen. Und in dieser Voraussetzung hätten sich die österreichischen Landwirthe gründlich getäuscht. Das System der WerthzLlle wolle er an sich nicht fo sehr preisen, aber es habe große Vortheile gegenüber Staaten, die ihrerseits uns mit Werth- züllen und daraus entstehenden Zollpleckereien belästigen. Deshalb habe er auch einen entsprechenden Jnitiativ-Antrag eingebracht. Im Allgemeinen wolle er sich aus diese kurzen Bemerkungen beschränken, da ja in der siebentägigen Debatte schon alles Wesentliche gesagt sei. Aber das müsse er doch noch sagen, daß es einen landwirthschaftlichen Nothstand gebe, daran bestehe kein Zweifel. Und Mommsen selber habe ge schrieben, daS einzige Mittel, dem italienischen Bauer zu helfen, wäre die Einführung von Getreidezöllen gewesen. Unsere Nährkraft, unsere Wehrkraft, so schließt Redner, unsre politische und wirthschastliche Selbständigkeit hängt von dieser Zollreform ab (Beifall rechts, Gelächter links). Abg. Singer (Socdem.): Auf die Mittel, die auch dem ländlichen Arbeiter helfen, werden wir gern eingehen. Wir wollen aber nicht, daß unter dem Deckmantel „Hilfe für die Landwirthschaft" Maßnahmen getroffen werden, welche nur 25,OM Großgrundbesitzern Geld in die Tasche schaffen. Graf Kanitz sucht die Ursache alles Elends in dem Industriestaat. Aber sehen Sie doch auf Rußland, das doch gewiß ein Agrarstaat ist, dort ist doch die Hungersnoth, das Elend unter den Arbeitern in Permanenz. (Rus des Grafen Kanitz: Zu billige Preise!) Mit theuren Nahrungsmitteln ver schlimmern Sie nur noch das Elend; deshalb werden wir Socialdemokraten uns mit aller Energie diesem System widersetzen. Ein Wort an Graf Arnim und dessen Zwischen ruf. Ihr Zwischenruf enthielt keine Frage, sondern vielmehr die Behauptung, der Vater des Kindes habe vielleicht Alles vertrunken. Das zeigt, mit welchem Hohn und Spott Sie die Leiden der Arbeiter behandeln. (Präsident Graf Balle- strem: Herr Abgeordneter, Sie dürfen eine solche Be merkung nicht gegen ein Mitglied des Hauses richten.) Ich meint» damit nicht eine Person, sondern die Partei (Ruse rechtS: außerhalb des Hauses! Heiterkeit.) Ich will hier nicht die persönlichen Verhäitnisse des Abg. Graf Arnim be rühren, aber jedenfalls ist er Großgrundbesitzer und hat als solcher Bortheil von den Zöllen. Und das macht seinen Zwischenruf nicht schöner und nicht seiner! Herr Speck hat neulich behauptet, in der Münchener Gemeindevertretung hätten die Genossen v. Vollmar und Segitz den städtischen Octroi auf Nahrungsmittel als etwas ganz Harmloses be zeichnet. Herr v. Vollmar hat mich ausdrücklich autorisirt, diese Behauptung als eine Unwahrheit zu bezeichnen. Man hat ferner, und zwar that dies Herr v. Heyl, uns nach ¬ gesagt, wir hätten ja selber 1894 für Zölle aus Getreide ge stimmt, indem wir damals sür den russischen Handelsvertrag eintraten. Wir haben aber damals den Handelsvertrag angenommen, weil er den Kornzoll von 5 aus 3'/- Mk. herabsetzte. Uns deshalb als Brodvertheurer und Brod- Wucherer anzusehen, geht denn doch nicht an. Wenn wir einmal die Macht dazu haben, werden wir selbstverständlich alle solch^MahrungSmittelzölle beseitigen und wir werden dann sicherlich auch den erforderlichen Ersatz sür das Reich in Steuern zu finden wissen. Herr v. Heyl wird dann freilich nicht mit lumpigen 5 Einkommensteuer davonkommen. (Heiterkeit.) Sie thun hier immer so, als hätten Sie die Majorität des Volkes hinter sich. Sie haben aber nur dis Majorität hier im Reichstage, aber nicht im Volke. Und das würde sich sofort zeigen, wenn die Regierung den Reichstag nach Hause schicken und Neuwahlen anordnen wollte, damit die Wähler einmal gründlich ihre Abgeordneten in dieser Zollsrage ins Examen nehmen. Gegen die Cal- werschen Ausführungen in Lübeck, aus die sich mehrere Herren Redner hier berufen haben, hat sich die weit über wiegende Mehrheit unsres Parteitages ausgesprochen. Auch der Handelsminister hat sich mit diesem Parteitage beschäf tigt, ich glaube aber mehr als Polizeiminister, denn alS Handelsminister. Der Herr Finanzminister v. Rheinbaben glaubte «inen Witz zu machen, als er sagt:-, die Regierung beabsichtige nicht, sich bernsteinern zu lassen. Nun, der Minister wird ja unsern Genoffen Bernstein sehr bald hier im Hause sehen, und ich glaube nicht, daß er dann viel Freude an ihm erleben wird. (Heiterkeit.) Er wird ihn dann an unsrer Seite gegen die Vorlage kämpfen sehen. Der Herr Finanzminister hat auch gemeint, wir sollten nur mit Aufruhr kommen, wir würden dann mit heißen Köpfen abziehen. Ja, das ist das Charakteristikum sür diese Herren: erst die Arbeiter hungern lassen, und dann sie zusammen- schießen. Herr v. Rheinbabsn hat sich bei seiner Verthei- digung der Vorlage auch auf die Statistik berufen. Nie mals aber ist mit der Statistik ein größerer Unfug getrieben worden, als in diesem Falle. Wie für diese Vorlage von oben gearbeitet worden ist, zeigt u. a. die Thatsache, daß der Bürgermeister von Landeshut im Auftrage des LandratHS Flugblätter vertheilen ließ, die aus der bekannten Hülle'schen Fabrik stammten. Wahrscheinlich Hal sich auch hier ein Jemand gefunden, der die nöthigen 12,000 Mark spendete. Redner wendet sich dann zur Frage der Noth der Land wirthschaft und verliest eine Reihe Namen deutscher Fürst lichkeiten, aus Prof. Conrads „Studium der politischen Oekonomie" entnommen, um daran zu beweisen, daß diese Fürsten Millionen aus der Erhöhung der Getreidezölle ziehen würden. Das sei eigentlich die größte Beleidigung, daß der Bundesrath sie in die Lage versetze, aus der Besteuerung des Hungers so ungeheure Summen zu ziehen. Dasselbe „Adreßbuch Nothleidcnder" nenne noch andere zahlreiche Großgrundbesitzer, adelig oder nicht adelig, die ebenso mehr oder weniger große Vortheile von der Vorlage hätten. Und es gebe noch einen großen Grundbesitzer, der letzt schon, wenn kapitalisirt würde, von den bestehenden Zöllen 9'/' Millionen Mark Nutzen habe und dem die Vorlage den Nutzen aus 15'/» Millionen Mark erhöhe. Und dieser Herr sei der deutsche Kaiser, der bekanntlich keinen Brodwucher will. (Vicepräsident Graf Stolberg: Ich muß den Vor redner ersuchen, Se. Majestät den Kaffer nicht in dieser Weise in die Debatte zu ziehen.) Weiter beleuchtet Redner den internationalen Charakter des Agrarierthums unter Hin; weis auf den Congreß im letzten Sommer in Versailles, bei dem auch der Abg. Rösicke-Kaiserslautern in hervorragender Weise betheiligt gewesen sei. Alles wolle man verzollen, nur Caviar, Austern und Hummer nicht. Und alles das mache das Centrum mit, das ja auch die Interessen der Arbeiter wahrzunehmen vorgebe. Das Cemrum werde Alles aus bieten müssen, um die rebellischen katholischen Arbeiter zu beruhigen. Diese Politik aber müsse dem Centrum die Arbeiter entfremden. Die Herren vom Bundesrath seien jetzt zum größten Theil wieder abgereist, ihre Tagegelder werden sie wohl eingestrichen haben (Pfui! rechts); ja die Herren beziehen doch Diäten, während man den Abgeord neten die Diäten verweigert. Wo sei übrigens der Vertreter von Gotha, der doch die Aufgabe bekommen, gegen die Vor lage zu stimmen! Der bürgerlichen Gesellschaft müßten doch endlich die Augen darüber aufgehen, welches Verbrechen sie gegen die Arbeiter begeht. Redner schließt seine Ausfüh rungen mit den Worten: Nieder mit dem Hungertarif, nieder mit dem Brodwucher! Abg. Heim (Ctr.) findet den Standpunkt Gotheins noch unbegreiflicher als den Singers. Denn Thatsache sei doch nun einm l, daß die bestehenden Handelsverträge die In dustrie einseitig bevorzugt und die Landwirthschaft in den Schatten gesetzt hätten. Man sage zwar, bei Handelsver trägen müßten beide Theile nachgeben und sich in dem einen oder anderen Punkte Nachtheile gefallen lassen. Aber sollte es denn wirklich nicht möglich sein, Handelsverträge abzu- schließen, bei denen lediglich das Ausland den Schaden trägt? Wie unrentabel die Landwirthschaft gegenüber der In dustrie sei, gehe daraus hervor, daß es zahllose industrielle Actiengesellschaften gebe, während sich memals eine Actien- gesellschast auf den landwirthschaftlichen Betrieb verlegt habe. Meine Parteifreunde in Bayern haben sich niemals in Extremen bewegt. Ich habe von Anfang an gesagt, wir dürfen nicht mit dem Feuer spielen. Aber die Landwirth schaft muß existenzfähig bleiben. Und wir in Bayern wollen deshalb eine Gleichstellung von Gerste und Hafer mit den beiden eigentlichen Ärodgetreidearten im Zoll. Und außer dem ist doch das Aeußerste, was wir verlangen müssen, die Aufnahme der Viehzölle und der thierischen Products in die Minimalsätze. Nachdem noch der Landwirthschaftsminister von Podbielski in eindringlicher Weise für den Regierungs entwurf eingetreten, vertagt sich das Haus, Donnerstag 11 Uhr: Fortsetzung. Schluß gegen 7 Uhr. Vermischtes. Allerlei. Der Begleiter des in Peking ermor deten deutschen Gesandten v. Ketteler auf dessen Todes ritt, der damals selbstverwundete Legationssekretär und zweite Dolmetsch H. Cordes, hat nach der „Augsb. Abdztg." seinen Abschied aus dem diplomatischen Dienst genommen. Er wird an die Spitze eines industriellen Unternehmens in den Colonien treten. — Bei Helgo land sank der Hamburger Fischdampfer „Erna" nach Zusammenstoß mit einem anderen Dampfer. Von den