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Zolltarifentwurfs gelegen ist. Geht den Abgeordneten der Entwurf schon vor dem Zusammentritt des Reichs tages zu, und sei es auch nur einige Tage früher, dann haben diese Gelegenheit, die Vorlage nebst Begründung zu studiren, so daß sofort mit der ersten Lesung derselben begonnen werden kann. Tann wird es möglich, den Entwurf noch vor Weihnachten an die Commission zu geben, so daß, den guten Willen des Reichstags voraus gesetzt, die Verabschiedung des Zolltarifentwurfs nicht nur rechtzeitig, sondern sogar ohne eine besondere Aus dehnung der Session erfolgen kann. Tie „Deutsche Tagesztg." fordert eine sofortige amtliche Veröffentlichung des Zolltarifentwurfs in der vom Bundesrath ange nommenen Fassung. Weiter erwartet das Blatt eine Unterbrechung der zweiten Lesung der Seemannsordnung zu Gunsten des Zolltarifs und empfiehlt endlich noch eine Abkürzung der Weihnachtsferien, wenigstens insofern, als die Berathungen schon am 7. Januar wieder aus genommen werden möchten. Ueber die Lage des Kleinhandels bemerkt die Handelskammer in Schweidnitz (Schlesien) in ihrem all gemeinen Bericht: „In der Lage des Kleinhandels haben sich die im zweiten Vierteljahr eingetretenen Schwierigkeiten noch weiter verschärft. Die geringe Kaufkraft der Landwirthe, sowie besonders die Be schränkung des Verdienstes der Arbeiter in verschiedenen größeren Industriezweigen waren die natürlichen Ur sachen eines schlechten Geschäftsganges. Einzelne Branchen haben unter dem Syndikatswesen sehr schwer zu leiden, wobei besonders der Handel mit Zucker hervorzuheben ist." Nähere Mittheilungen über die deutsche Auswan derung im October liegen jetzt vor und bestätigen die Erwartung, daß die Zahl der deutschen Auswanderer nach langem Sinken jetzt wieder steigen werde. Es sind im October d. I.. 2639 Deutsche ausgewandert oder 323 mehr als im Vorjahr, und in den ersten zehn Monaten zusammen 19,659, was eine Zunahme um 1226 Personen bedeutet. Frankreich. Die Pariser Presse fährt fort, den wenig rühm lichen Ausgang der Caillardschen Flottendemon stration im Aegäischen Meere zu bekritteln und dabei die Behauptung zu erheben, daß sich Deutschland in den Conflict eingemischt habe; sobald vom Protectorat die Rede war, habe die französische Regierung nicht mehr dem Sultan Abdul Hamid, sondern dem deutschen Kaiser gegenübergestanden. Nun, wenn die Presse Frankreichs glaubt, der Minister Telcasse habe sich beim Erscheinen Kaiser Wilhelms in der türkischen Frage sofort zurückgezogen, so könnte uns das ja wohl recht sein. Daß sich Deutschland in die Sache garnicht ein gemischt hat, ist allerdings Thatsache, so daß wir das indirecte Lob der französischen Blätter leider garnicht einmal annehmen können. Auf die inneren Zustände Frankreichs wirft die That sache ein bezeichnendes Licht, daß der socialistische Ab geordnete Basly, der gleichzeitig Bürgermeister von Lens ist, sich weigerte, die Ankündigung des Kriegs ministers anschlagen zu lassen, nach der die in den Bergwerken designirten Truppen das Recht haben, Quartier zu fordern. Niederlande. Tie Königin der Niederlande ist am 10. November vorzeitig entbunden worden. Der Leibarzt Or. Pot hatte am Sonntag Morgen eine Consultation mit dem Gynäkologen Prof. Habertsma. Der Zustand- der Königin ist nicht besorgnißerregend. Spanien. Die Cabinetskrise ist nach Möglichkeit aufgehalten worden, jetzt läßt sie sich aber nicht länger mehr hinaus schieben. Ter Ministerpräsident Sagasta sieht ein, daß er mit seiner Politik festgelaufen ist und nicht mehr rück- noch vorwärts kann. Er ist daher schleunigst er krankt und hat sich zur Fortführung der Geschäfte außer Stande erklärt. Der unglückliche Nachfolger verdient tiefstes Mitgefühl, denn die Zerfahrenheit innerhalb der politischen Parteien Spaniens ist derart, daß eine be denkliche Periode im Anzuge ist, wer immer auch die Zügel der Regierung in Händen halten mag. Afrika. Tie englische Berichterstattung über die Kriegslage in Südafrika steht hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit doch noch tiefer unter dem Nullpunkt, als man bisher all gemein geglaubt hatte. Auch die selbstbewußten und hochtönenden Reden der englischen Minister Chamberlain und Lord Salisbury sind in Wahrheit nichts anders gewesen, als Sand in die Augen. Sobald sich die Buren einmal zur Sache äußern, dann schwindet die dicke Auftragung der Engländer wie Butter in der Sonne, und man sieht den Dingen wieder einmal auf den Grund. Dazu ist durch die jüngste Erklärung Wolmorans Gelegenheit geboten worden, wonach die Buren gegenwärtig garnicht an Friedensver handlungen denken und keinen Zweifel darüber lassen, daß der Krieg solange fortdauern werde, als England auf dem von seinen Ministern gekennzeichneten Standpunkt verharre. Mit welcher Zuversicht die Buren dem Fort- und Ausgange des südafrikanischen Krieges entgegensehen, geht auch aus der Erklärung Wolmorans hervor, daß gegenwärtig von einer Abtretung der Gold minen an England gar keine Rede mehr sein könne. Die Aussichten der Buren haben sich also im Laufe der letzten Monate wesentlich günstiger gestaltet, denn es hat eine Zeit gegeben, in der sie den Engländern die Minen abgetreten hätten, wenn damit der Krieg zu beendigen gewesen wäre. Heute aber machen sich die Buren keinerlei Selbstüberhebung schuldig, wenn sie sich anschicken, den Engländern ihre Bedingungen zu dictiren. Ist doch auch die ganze Kapcolonie im Aufstande. Das erfährt man sogar von den Engländern selbst, die zur Entschuldigung für die Verhängung des Kriegsrechts in der Colonie die Thatsache anführen, daß sieben Achtel der Bevölkerung der Colonie sich im vollen Aufstande befinden. Wichtig, ja von ganz hervorragender Bedeu tung ist auch der Umstand, daß General Tewet wieder im Felde steht und im Nordosten des Oranjefreistaats den Engländern ganz gehörig zu schaffen macht. Es haben, wie aus den englischen Verlustlisten ersichtlich wird, in den jüngsten Tagen eine ansehnliche Zahl kleinerer Gefechte stattgefunden, die Lord Kitchener mit Schweigen überging, da sie ausnahmslos einen für die Engländer ungünstigen Verlauf genommen hatten. Die Seele dieser Kämpfe war Tewet. Wie gern die Eng länder dem südafrikanischen Kriege ein Ende gemacht sähen, geht aus den unaufhörlichen Meldungen ihrer Blätter über Friedensbemühungen der Buren hervor. Allen diesen Mittheilungen setzt nun diejenige die Krone aus, welche allen Ernstes berichtet, daß Or. Leyds, der Gesandte Transvaals, lediglich zu dem Zweck nach Berlin gekommen sei, um eine letzte Anstrengung zu machen, die Vermittelung des deutschen Kaisers für den Friedensschluß zu gewinnen. Qr. Leyds hat dem Aus wärtigen Amte thatsächlich nicht einmal seine Anwesen heit in Berlin mitgetheilt, geschweige die Absicht, in einer so schwierigen Frage mit ihm in Verbindung zu treten. Amerika. Auch in Amerika hat die Beschimpfung des deutschen Heeres durch Chamberlain eine Protestkundgebung veranlaßt. Tie deutschen Veteranen, die sich in den Vereinigten Staaten niedergelassen, haben dem ver leumderischen englischen Minister in einer einstimmig beschlossenen Resolution sehr gründlich die Wahrheit gesagt. Die Tyroler wollen gleichfalls nichts von den Engländern wissen. In Bozen wurde eine Action ein geleitet, in der dagegen protestirt werden soll, daß den englischen Offizieren der südafrikanischen Armee, welche sich dort als Reconvalescenten befinden, Sympathie kundgebungen bereitet werden. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 14. November. Wie bereits erwähnt, wird morgen Freitag Abend im Saale des Schönburger Hofes Herr Profesfor Or. W. Tetmer von der Uni versität Jena einen vom hiesigen Gewerbeverein veran stalteten Vortrag über seine Reisen in Algerien, Tunesien und der Wüste Sahara halten. Herr Professor Tetmer hatte diese Reise im Frühjahr 1899 unternommen; er ist bekannt als ein begeisterter Freund der Natur und versteht es, das Interesse für die Wunder und die Schönheit der Natur bei der Zuhörerschaft in eigen artiger Weise anzuregen. Ein großes Gewicht legt er auf die Vorführung eines reichhaltigen Temonstrations- materials, bestehend in Abbildungen und conservirten Pflanzen. Ter Vortrag führt, wie es in einem Berichte darüber heißt, den Zuhörer in eine ganz andere Welt mit ganz anderen ungeahnten Erscheinungen, als wir sie in unserem Europa gewöhnt sind. Von der Ruinen stätte der ehemaligen glänzenden Millionenstadt Karthago giebt Redner ein anschauliches Bild und entrollt sodann mit der Genauigkeit des Fachgelehrten ein lebensvolles Bild von der unermeßlichen Wüste Sahara, von dem Leben und den Sitten der Kabylen. Detmers Vor träge erscheinen, wie weiter bemerkt wird, in den meisten Beziehungen geradezu als das Ideal des von den deutschen Volksbildungsvereinen zu Bietenden. * — Neben der bereits angekündigten Interpellation, die von konservativer Seite über die Stellungnahme der Regierung zum Zolltarif eingebracht wird, und die sich durchaus nicht nur auf die Forderungen der Landwirthe, sondern in gleicher Weise auch auf die Forderungen der Industrie und Gärtnerei bezieht, wird bereits eine zweite Interpellation der conservativen Fraktion der Zweiten Kammer angekündigt, die sich mit der für weite Kreise der Arbeiterbevölkerung eingetretenen Verminderung der Arbeitsgelegenheit beschäftigt und an die Kgl. Staats regierung die Frage richtet, welche Maßnahmen dieselbe im Interesse der Arbeiterbevölkerung zu ergreifen ge denke. * — Beim Direktorium des Vereins sächsischer Ge meindebeamten ist der Antrag eingebracht worden, den sächsischen Gemeindetag, den sächsischen Bürgermeistertag und die Vereinigung der Bürgermeister und Gemeinde vorstände zu ersuchen, Schritte zu thun behufs Ein führung allgemeiner Gemeindebeamten-Prüfungen. * — Am Bußtag (20. November) und am Todten- festsonntage (24. November) sind Concerte und andere geräuschvolle, namentlich mit Musikbegleitung verbundene Vergnügungen an öffentlichen Orten, insbesondere Tanz belustigungen, sowie Privatbälle, auch wenn diese in Privathäusern oder in Lokalen geschlossener Gesellschaften abgehalten werden, weiter theatralische Vorstellungen und sonstige Schaustellungen, Auf- und Umzüge, Vogel- und Scheibenschießen, ingleichen Schießübungen (am Todten- festsonntage jedoch mit Ausnahme theatralischer Vor stellungen in geschlossenen Räumen) untersagt. *— Die Steuerreform in Sachsen soll uns im wesent lichen bringen: 1. Ausscheidung der Grundsteuer aus dem Staatssteuersystcme unter voller Aufrechterhaltung der Grundsteuerverfassung, 2. Reform der Stufen des Einkommensteuergesetzes und 3. Angliederung der Ver mögenssteuer an das Staatsstcuersystem. — Bei dem 12. Turnfest des Westlich-Sächsischen Grenzgaues, welches in den Tagen vom 24. bis 26. August d. I. unter gleichzeitiger Mitfeier des 25jährigen Jubiläums in Glauchau gefeiert wurde und dessen prächtiger Verlauf noch in Aller Erinnerung lebt, ist es erfreulicher Weise ohne Defizit abgegangen. Tie vor Kurzem erfolgte Schlußabrechnung weist einen Ueberschuß von rund 30 Mk. auf. — Ter Verein für bergbauliche Interessen theilt mit, daß in den Zwickauer Kohlenwerken weder in den letzten Tagen, noch vorher Arbeiterentlassungen stattge funden haben. Ebenso wenig seien bisher Feierschichten eingelegt worden. Es besteht auch bei keinem einzigen der Zwickauer Werke die Absicht, in nächster Woche solche einzulegen. — Am Dienstag Abend stürzte in Zwickau der Ritterguts- und Fabrikbesitzer Alfred Dautzenberg beim Reiten in der Reitbahn, als er eine Hürde nahm, so unglücklich, daß er sofort seinen Geist aufgab. — Eine am Sonntag in Zwickau abgchaltene Berg arbeiterversammlung beschloß, dem Landtage verschiedene Forderungen und Wünsche zur Berücksichtigung zu unter breiten, auch bei dem Bergamte bezüglich der Löhne vorstellig zu werden. — Das „ Schwärzend. Tgbl." theilt nach glaubwürdigen Quellen mit, daß bei dem in Zwickau als Todten aus der Mulde gezogenen Steuerassistenten Schütz von Schwarzenberg die goldene Uhr, sowie auch der Ring fehlten; aus diesem Umstande sowohl, wie auch der Ur sache, daß der nun aus dem Leben Geschiedene mit der Absicht, in Zwickau einen Einkauf machen zu wollen, von Schwarzenberg abgereist ist, läßt sich schließen, daß durchaus nicht als feststehend zu betrachten ist, daß der selbe freiwillig aus dem Leben geschieden ist. — In der Königin-Marienhütte in Cainsdorf wird Wegen Betriebseinstellung des Hohofens, die in 14 Tagen erfolgen wird, demnächst etwa 120 Arbeitern ge kündigt werden. Um indes möglichst wenig Landes angehörige bei den jetzt allgemein bestehenden ungünsti gen Arbeitsverhältnissen außer Brot zu setzen, haben auch andere Betriebsabtheilungen den Ausländern ge kündigt und werden an deren Stelle heimische Hohofen arbeiter einstellen. — Vor einigen Tagen wurde in Colditz der Fuhr werksbesitzer Linke, welcher im dortigen königl. Staats forst mit dem Ausladen von Deckreisig beschäftigt war, von einem Hirsche, welcher nur noch drei Läufe hatte, angegriffen und hart bedrängt. Glücklicherweise ver mochte der Angegriffene einen starken Holzknüppel zu erlangen, mit dem er den Hirsch unschädlich machte und später todt an die königl. Oberförsterei ablieferte. Das Thier war wahrscheinlich bei der tags zuvor abgehal tenen Hochwildjagd angeschossen worden. Aus dem Sachseulande. — Einer der Höchstbesteuerten der Antonstadt in Dresden, der Inhaber einer florirenden Fabrik für Holzbearbeitung in der Martin Lutherstraße, Max Voigt, schoß sich am Dienstag früh r/z4 Uhr in seiner Wohnung eine Schrotladung mit seinem Jagdgewehr in den Kopf und war sofort todt. Der 36 Jahre alte, erst 2 Jahre verheiratete Mann beging die That in folge häuslicher Conflicte und wohl auch aus geschäft lichen Sorgen. — Um nicht nur den Kriegskameraden von 1870/71 und den Angehörigen der Universität Leipzig, sondern auch der gesummten Bürgerschaft daselbst Gelegenheit zu geben, der entrüsteten Stimmung über einige Zeiter eignisse Ausdruck zu verleihen, sollen in der Alberthalle des Krystallpalastes zwei große öffentliche Versamm lungen abgehalten werden. Am Sonntag, den 17. Nov., vormittags 11 Uhr, findet eine Frauenversammlung statt, d. h. eine Veranstaltung von Frauen für Frauen, in der die unmenschliche Kriegsführung der Engländer gegen die unglücklichen Frauen und Kinder der Buren be sprochen werden soll. Am Montag Abend 8 Uhr schließt sich dann eine Männerversammlung an, in der eine Verwahrung gegen die Schmähungen unserer deutschen Armee durch den englischen Minister Chamberlain be gründet und beschlossen werden soll. — Eine am Dienstag Abend im „Prater" in Plauen i. B. stattgefundene, von 2000 Personen be suchte Protestversammlung beschloß nach Ansprachen des Rechtsanwalts I)r. Müller und Prof. Martin einstimmig eine scharfe Protestresolution gegen die Verleumdungen