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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Lberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Kerrrsprecher Nr. s. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 267. 1901. Freitag, de« IS. November Witterungsbericht, ausgenommen am 14. November, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 746 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstan- st- 8" 6. (Morgens 8 Uhr -f- 9,s° 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 46"/o. Thaupunkt — 3" 0. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 4,z MM. Daher WittertMgsanssichten für den 15. November: Trübe bis halbheiter, Niederschläge nicht ausgeschlossen. ^Waldenburg, 14. November 1901. Die heute in so vielen Bezirken des deutschen Reiches bestehende Arbeitslosigkeit hat eine interessante Er örterung verursacht, nämlich darüber, ob nicht diejenigen, welche in der guten Zeit vom flotten Geschäft den meisten Gewinn hätten, auch bis zu einem gewissen Grade zu verpflichten seien, für die Folgen der Arbeitslosigkeit einzutreten. Mit anderen Worten: Die Unternehmer oder die Betriebsgesellschaften, welche den guten Verdienst gehabt, müßten auch für die Arbeits losen, welche zum großen Theil der Landwirthschaft entrissen seien, einstehen. Der Gedanke ist kühn, man kann ihm theoretisch auch eine gewisse Folgerichtigkeit nicht absprcchen, aber praktisch ist es damit nichts. Wir würden zu ganz unhaltbaren Zuständen, zu einer finanziellen Belastung jedweder Arbeitsthätigkeit kommen, welche die Lust zu größeren Unternehmungen ver scheuchte. Es ist richtig, eine unerfreuliche Thatsache ist es, daß ein jeder industrielle Aufschwung der Landwirthschaft Tausende von Arbeitern kostet, die in der Mehrheit dem Ackerbau für immer verloren sind. Wer erst ein mal für ein paar Jahre aus dem landwirthschaftlichen Betrieb heraus gewesen ist, der gewöhnt sich schwer wieder hinein; so schnell wie die industrielle Luft die treuherzigen ländlichen Anschauungen verscheucht, so schwer wird es der ländlichen Stimmung, später über die in industrieller Arbeit gewonnenen Eindrücke wieder Herr zu werden. So bleibt die ländliche Arbeiterfrage in jedem Falle eine der wichtigsten volkswirthschaftlichen Fragen, die nicht mit der einfachen Behauptung: Höherer Lohn beseitigt diese Frage! gelöst ist. Wenn gesetzlich ein landwirthschaftlicher Minimal-Lohn und demgemäß ein gesetzlicher Preis für landwirthschaftliche Producte normirt werden sollte, so würde es reichlich Ach und Weh geben! Toch diese Thatsache kann noch nicht dahin führen, die Fürsorge für die Arbeitslosen zwangsweise auf die privaten Unternehmungen abzuwälzen. Zum guten Theil besteht eine solche Fürsorge bereits freiwillig, denn die Arbeitgeber beschäftigen oft ihre Angestellten weit länger und in weit größerer Zahl, als es sich mit ihrem wirk lichen Nutzen verträgt. Die Arbeiter-Entlassungen und die Kürzungen der Arbeitszeit sind in der Regel erst dann im größeren Umfange eingetreten, als wir schon tief drin in der ungünstigen Konjunktur waren, lange Zeit sind die Betriebe ganz oder fast ganz im vollen Umfange fortgeführt worden, um die Leute nicht dem Küchenmeister Schmalhans zu überweisen. Spare in der Zeit, so hast Du in der Noth! Man könnte dies treffende Wort einem Jeden, nicht etwa bloß den Arbeitern, in der Zeit guten Verdienstes zu rufen, und es hat auch an Warnungen und Mahnungen zur Vorsicht nicht gefehlt. Sie sind nicht in gewünsch tem Maße beachtet worden, denn sonst hätte der Ver lust bei den stattgehaben Krach's uicht so groß sein können. Hierzu kommt aus noch, daß sich in den guten Zeiten die Ausgaben für die Lebenshaltung bedeutend vermehrten, daß sich die Preise gar vieler Bedarfs artikel, häufig auch die Wohnungsmiethe», steigerten. Selbst bei gutem Gewinn ist es nicht für Jeden leicht gewesen, die geschätzte Tugend der Sparsamkeit in be sonderem Maße zu üben. . , Man darf nichts Unmögliches verlangen, und dahm gehört eine Fürsorge, wie die oben erwähnte. Weiß man doch, wie schwer es schon ist, auch nur eine Ver sicherung gegen Arbeitslosigkeit zusammenzubringen, und zwar nicht blos aus finanziellen Gründen. Man weiß sehr wohl, daß neben Tausenden von tüchtigen Leuten sich auch genug minder Befähigte, selbst Drückeberger finden, die in gar zu weitgehender Fürsorge ohne langes Bedenken eine Special-Rücksichtnahme auf sich erblicken würden, so daß so ziemlich das Gegentheil von dem, was man erstrebt, erreicht werden würde. Damit ist nichts anzufangen, wenigstens heute noch nicht. Wie Von jedem Arbeitgeber verlangt wird, daß er genau calculiren und rechnen kann, ebenso kann man auch vom Arbeiter fordern, daß er nechnet, nicht nur von heute auf morgen, sondern von heute auf später. Es ist nicht damit gethan, daß man sich für einen Stellen-Wechsel entscheidet, weil man auf dem neuen Posten pro Woche so und so viel mehr verdient, es bleibt zu überlegen, ob nicht steigende Ausgaben den steigenden Einnahmen gegenüberstehen, ob die letzteren auch für eine solche Zeit gewährleistet sind, daß der Sprung vom Gewissen ins Ungewisse lohnt. Darin ist viel gefehlt, darin muß es anders werden. Nicht blos ein Unternehmer kann sich verspeculiren, auch dem Arbeiter kann das passiren und ist das passirt! Politische Unn-schan. Deutsches Reich. Der Kaiser hörte Mittwoch Vormittag den Vortrag des Chefs des Civilcabinets und empfing später den preußischen Gesandten in Darmstadt. Dienstag Nach mittag hatte seine Majestät den Vortrag des Reichs kanzlers entgegengenommen und abends den Fürsten von Monaco empfangen, der seinen Plan der Begründung einer internationale» Marine-Vereinigung in Monte Carlo vortrug. Am heutigen Donnerstag begiebt der Monarch sich mit dem Großfürsten Wladimir von Rußland nach Letzlingen in der Provinz Sachsen zur Jagd. Dem König von England hat der Kaiser als Geburtstags geschenk jenes silberne Tafelgeschirr übersandt, von dem schon mehrfach die Rede war. Ein demnächstiger Besuch des deutschen Kaisers am Zarenhofe wird von den „Münch. N. N." an gekündigt. Tas Blatt sagt, der Plan werde ganz geheim gehalten, und es wüßten bisher überhaupt erst vier Personen davon, außer den beiden Kaisern und vielleicht einem Minister nur noch der Berichterstatter des ge nannten Münchener Blattes. Also ganz gewiß ist die Sache noch nicht. Dagegen besteht wohl kein Zweifel darüber, daß die persönlichen Beziehungen der beiden Kaisern, wie das Blatt weiter erzählt, die denkbar herz lichsten und freundschaftlichsten feien, als je zuvor. Die Ernennung des Grafen Wolff-Metternich, gegenwärtigen preußischen Gesandten in Hamburg, zum deutschen Botschafter in London ist einer Meldung des „Voss. Ztg." zufolge bereits vollzogen. Die Wahl des Grafen Wolff-Metternich findet die Zustimmung der jenigen Kreise, die aufrichtig wünschen, daß die unter dem bisherigen Botschafter, Grafen Hatzfeldt, betriebene Politik zwischen Deutschland und England erfolgreich fortgeführt werde. Graf Wolff-Metternich ist aus der Zeit wo er der Londoner Botschaft als erster Sekretär angehörte, in England als ein sehr unterrichteter und gewandter Diplomat, sowie als genauer Kenner der eng lischen Politik bekannt. Ter Reichstagsabgeordnete Lehr, welcher den 10. sächsischen Kreis (Döbeln) vertrat, ist am 12. d. ge storben. Er hat ein Alter von 62 Jahren erreicht. Die Vorarbeiten für einen Gesetzentwurf zur Be seitigung des fliegenden Gerichtsstandes der Presse gehen ihrem Abschlusse entgegen, so daß mit der Einbringung genannten Entwurfs an den Reichstag schon in der bevorstehenden Session mit voller Sicher heit gerechnet werden darf. Tie Acten über den Krosigk-Prozeß sind erst jetzt aus Gumbinnen in Berlin eingetroffen. Da das Material ein sehr weitschichtiges und sein Studium also ein zeit raubendes ist, nimmt man an, daß die Verhandlung vor dem Reichsmilitärgericht in diesem Jahre überhaupt nicht mehr stattfinden, sondern erst im neuen Jahre er folgen wird. Das Urtheil des Oberkriegsgerichts, das den Unteroffizier Marten der Ermordung des Rittmeisters v. Krosigk für schuldig befand und gegen Marten daher die Todesstrafe aussprach, während der Sergeant Hickel der Mitthäterschaft nicht für schuldig befunden und daher freigesprochen wurde, wurde am 20. August gefällt. Die endgültige Entscheidung über Tod und Leben der beiden Genannten hängt aber erst von dem Spruche des Reichsmilitärgerichts ab. Der Freigesprochene wie der Verurtheilte müssen auf diese Entscheidung recht lange warten. Ueber die Behandlung betrunkener Soldaten durch ihre Vorgesetzten wurde bei den diesjährigen Haupt- control-Versammlungen in Elbingen den Unteroffizieren in Gegenwart der Offiziere in besonderer Versammlung ein Erlaß des Kriegsministers vorgelesen, in dem es heißt: Man solle durch Güte versuchen, die Betrunkenen zum Nachhausegehen zu bewegen und nur, wenn alle guten Worte nichts nützen, von Machtmitteln Gebrauch machen. In der Betrunkenheit befinde sich der Mensch in einem solchen Zustand der Erregung, daß er sich den Vorschriften der Disciplin und der militärischen Pflichten nicht immer bewußt sei und zu Ausschreitungen und Thaten neige, die für ihn von den schwersten Folgen begleitet sein können. Der Erlaß wird hoffentlich ge wissenhaft beachtet werden. Eine Angliederung der Türkei an den Dreibund, viel leicht nach Austritt Italiens aus demselben, wird von einem Pariser Blatt als unmittelbar bevorstehend an gekündigt. Dieser kleine Schwindel ist natürlich nichts anderes als eine der bekannten alten Revanche hetzereien, die durch die falschen Vermuthungen der Franzosen über ein angebliches Eingreifen Deutschlands in den türkisch-französischen Conflict aufs Neue belebt worden sind. Ter Dreibund denkt in Wirklichkeit natürlich nicht im entferntesten daran, sein Schicksal mit dem der schwankenden und machtlosen Türkei zu verketten. Gegen allzu viele Offizier-Pensionirungen hat die bayrische Abgeordnetenkammer Stellung genommen. Sie genehmigte einen vom Centrum eingebrachten An trag, der die Regierung ersucht, die Pensionirung von Offizieren künftig nur aus dienstlichen Gründen eintreten zu lassen und vor Allem den Grundsatz aufzugeben, daß ein Offizier wegen Nichtvorrückens zu pensioniren sei. Zum Zolltarifentwurs wird der „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß auf Veranlassung des Reichskanzlers die Drucklegung des Entwurfs nebst Begründung nach Möglichkeit beschleunigt wird, damit die betreffenden Materialien den Mitgliedern des Reichstags, wenn an gängig, noch vor dessen Zusammentritt zur Verfügung gestellt werden können. Inwiefern das technisch durch führbar ist, läßt sich allerdings noch nicht übersehen. Aus dieser Mittheilung erhellt, wie sehr der Reichsre gierung an einer möglichst schnellen Erledigung des