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Der zweite Erfolg endete ebenso diister, ebenso blutig. Eine liocbgestellte nnd dabei wunderbar schöne Frau weilte zitr Stärkung ihrer Nerven aus einer Insel der Nord-ce; Tag iiir Tag miiszte sie ein junger Schiffer, ein echter Nordlandsiohn im Boote spazieren fahren. Anfangs tnerkte der harmlose Mann nicht, dass ihn die sciiorie Frau iiiir zum-Seit vertreib in ihre Netze zog; er ahnte nicht, daß er nur ihr armseliges Spielzeug war, dass das Leuchten und Schmachten ihrer Angen, das Schmeicheln, Girren »und stosen ihrer Lippen nichts bedeutete, als eine elende Komödie Jhr bereitete diese Komödie Pergniigen ihm brach sie das Herz, ihm raubte sie den Verstand. Als die schöne Frau nämlich den Zehnter satt hatte utid mit eitlem Franzosen das gleiche Tändeln begann, als iie vollends ziir««2lbrei:e mit dein Franzosen rüsten-, dein Schiffer jedoch vorher- eine mit Gold gestillie Burse kaik , lächelnd zuwars, kannte sein Schmerz, seine Erbitterung seine Wut kein Mtgii.«zahneileischend gelobte er ihr Rache. Zwei Jahre später wurde sie zum allgemeinen Entsetzen in einein anderen Badeorte von einem lliibekannten erdolcht. Ter Unbekannte sprang nach seiner un seligen Tat ins Meer und die Wogen bedeckte-n ihn mitleidig. « , . Lb sich derartige Romaiie setzt tioch iti unseren L uxu sb ad e rn abspielen,·werden die ständi, en Besucher derselben am besten u beurteilen vermögen. Jn starb adern, in denen ckörperlich Kranke weilen, dringen hoffentlich keine ansregenden Seiisatignsrpinane, sondern nur kleine amiisante Anekdoten iind Humoresken ins Publikum. lTie Einrichtung der Kurbäder weist schon darauf hin, dasz man hier anders, solider, zielbewiifzter denkt und handelt als in Luxusbäderir Hier tritt der roniatitische Zug, der Vielen Menschen inne wohnt, ganz iiiid gar iii den Hintergrund vor deti praktischen, dann und wann sogar niichtetriien Vor kehriingen, die im Interesse Kranker und Leideiider getroffen worden sind. Hier siihrtnicht der ;3«lirt, nicht die Spekulation, nicht die Sucht nach Abenteiierii das-L Wort, hier doniiniert nicht die Eleganz, hier spricht einzig utid alleiti die Beaue nilich keit, hier steuert man nur ein em Ziele zu, hier will man nichts weiter, als g e sit nd w erden, g e und und frisch heimkehren. Das Verlangen, das sich auf jedem Antlitz, selbst »aus idem ver wittertsten, ausprägt, der Hoffnitiigsjchitiimer, der sich an das Verlangen schmiegt, ver klären, die Kranken iiiid Leideiiden erscheinen hier unantastbar wie ein Heiligtum Ein Mittelding zwischen Kurs und Ltixusbad ist die Sommerreise mit ihren tage- oder wocheiilangen Ruhepausen, und die Som m e rfr ifch e. Auf die Sommerreise darf sich lediglich der wenn auch erholungsbediirstige,» aber immerhin bis zu einem gewissen Grade abgehä r t e t e Mensch begeben; er niusz seinem störperzustande je weilige uner w a r t«e t e Strap a z e n und Zufälle jeder Art zumuten können, eine schlaflose Nacht, eine schlechte Gasthausinahlzeit darf nicht ini stande sein, ihn aufs Kranken lager zu werfen: seine Ansprüche in bezug auf»Reisegesellschast uiid Reisegliick diirfen das bescheidene Durchschnitts-mass nicht übertresfem sein Wissensdurst und sein Schaiiverlangen dürfen nicht gürnem wenn an Stelle eines herrlichen Sonnenaufganges ein Landregen erster -Giite tritt o er wenn der Führer, der die Gegend beleben soll, stocktan ist und die ver kehrtesten Antwortenableiert »Mein Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt« h»e»iszt’s im Liede, aber es heißt auch weniger poetisch als vielbedeutend: »Wenn einer eine Reise tut, st) kann er ’was erzjjhlen.« Beide Zitate passen vortrefflich fiir die Sominerreise. Für die Soinmerfrisch e möchte ich sie mit Vorbehalt angewendet wissen. Es mag nicht immer eine Gunst sein, voni Doktor in ein weltentlegenes Dorf ge· schickt zu werden, in dem der Briesträger nach Belieben atiftaurht und eine etwaige Tepesche durch die lahine Botensrau Erledigung findet. Es mag nicht immer eine Gunst sein, iti enger, niedriger Stube zu sitzen und mit den aufdringlichen Kulistallfliegeii aus einer Schüssel und von einem Teller zu essen;· es mag nicht immer Gunst sein, im Gärtchen beim Anblick der regelrecht gepflanzten Zwiebelreilien oder in der Nähe des Tiiiigerhaiifens Natur zu schwelgten Dasiir bietet aber der Wald am Linde des Dorfes, bieten die Felder tiud Wiesen tausendfache Giinit.»—— Die soeben mit eiii paar Strichen geschilderte Somnierfrische gehört übrigens zu den Erinnerungen an die alte gute Zeit. Unsere modernenSouimerfrifchen haben iiiit ihr nur eine ganz» erin e Faiiiilienähnlichkeit, die ich nicht hervorheben möchte. Unsere modernen Sommerfrisähen sind nachdcn modernen Männern und Frauen und Kindern zu csehnitten, sie sind mit wenig» ruhmlichen Ausnahmen W t rtsh ä ii ser im städ t isch e tt Eti l, in denen einem das landlich einfache Leben geradezu unmöglich gemacht wird. lind doch bedarf gerade der moderne Mensch, der im geschäftlichen und eselligen Treiben vor zeitig seiiie·.störper-·ii·tid Geistes-kraft abniitzt, der lii n d l i ch e i nds a eh e ii L e b e n s w ei se, sie ist für ihn Medizin, Lebensmin Etliche Monate wirin ie r Soininersrisihe können ihn Vor langem Siechtumbewahreih von heimtiickisch keimendeti Nervenkrankheiten erretten. Wenn das die Leute doch in Erwägung zögen, wenn sie doch den Aufenthalt in der Sommer frischc, der-fr u h er zum guten Ton geliörtelje tzt aber zur unabioeisbaren Notwendigkeit geworden ist, dazuberwendetem mit denbisierigen gesiindheitsioidrigeti Gewohnheiten zu brechen. Gesundheitswidrig ist das s·päte»;3ubett·gehen nnd das damit verbundene späte Aus stehen; ·?esuxidl,iei·tsniidrig ist das· Einzwangen in Rorsette itnd enge Kleider; gesiindheitss widrig it die mit scharfen Gewurzen zubereitete Rost und der Alkoholaenits;; gesuiidheitzs widrig ist die —; Tragheit. Stunde der,Sta"dter, der sein Heil in der Sommerfrische sucht, so zeitig aus,«wie die ·Landbewohner, kleidete er sich» leicht und bequem, wie diese, äsze und tränke er so einfach, wie sie essen und trinken, a r b e i t e t e er auf dem Felde, auf der Wiese,